Tatjana Pokorny
· 07.02.2023
An Spannung fehlt es der finalen Phase von Etappe zwei im Ocean Race nicht: Nach imposanter Aufholjagd ringt Team Malizia an Tag 13 mit den neuen Spitzenreitern vom US-Team 11th Hour Racing und dem Schweizer Team Holcim – PRB um die Führung. Malizias Segler gaben bei einer Pressekonferenz Einblicke in ihren Kampf
Skipper Will Harris machte einen ruhigen und optimistischen Eindruck, als er sich am 13. Tag der zweiten Etappe bei einer kleinen Pressekonferenz von See den Fragen der Journalisten stellte. Das Team habe im Ocean Race “einen guten Rhythmus gefunden und eine großartige Dynamik an Bord”, versicherte Boris Herrmanns Stellvertreter. Souverän kommentierte der erst 29 Jahre alte Brite, der Team Malizia seit 2019 angehört, die Ereignisse der vergangenen Tage, die “Malizia – Seaexplorer” zu den Top-Booten aufschließen ließen.
Zur gelungenen Aufholjagd seiner Mannschaft sagte Harris: “Wir haben uns sehr gut positioniert. Es sah auf dem Tracker oft weiter hinten aus, als wir es in Wirklichkeit waren. Nico (Red.: Navigator Nico Lunven) hatte uns in eine hübsche westliche Position gebracht. Mit der Zukunft im Visier.”
Weiter berichtete Harris: “Als wir am Hoch vorbei waren, konnten wir in mehr Wind segeln als die anderen. Sie mussten von der Ziellinie weghalsen. Als sie das taten, haben sich mehrere Hunderte Seemeilen Rückstand für uns in 30 verwandelt. Dann kamen wir ins Szenario mit windigen Bedingungen und mehr Welle. Das ist es, was unserem Boot liegt. So war es uns gelungen, auch das letzte bisschen aufzuholen und in Führung zu gehen.”
Der Foil-Schaden sorgt allerdings weiter dafür, dass Team Malizia Vorsicht walten lassen und mit leicht angezogener Handbremse segeln muss. Will Harris erklärt: “Der Zustand hat sich in den aktuellen Wellen leicht verschlechtert. Wir mussten das Foil etwas einziehen und die Lasten etwas reduzieren, um es in einem Stück nach Kapstadt zu bringen. Das kostet uns etwa fünf Prozent der möglichen Geschwindigkeit, aber wir sind immer noch schnell unterwegs. Es ist nicht ideal, aber machbar. Wenn wir es so bis ins Ziel benutzen können, sind wir zufrieden.”
Die bereits begonnene Proviant-Rationierung bezeichnete Will Harris als “heißes Thema”. Er habe am Tag der Pressekonferenz seine letzte reguläre Verpflegungstasche geleert. “Ab jetzt gibt es die kommenden Tage eher zwei als drei Mahlzeiten am Tag. Dazu Snacks und Reste, die wir nicht so mochten. Wir haben genug Essen für die letzten fünf Tage bis Kapstadt. Es ist nicht unser Lieblingsessen, aber akzeptabel. Und ein zusätzlicher Motivator, schneller nach Kapstadt zu segeln.”
Das Ziel ist nah, aber gleichzeitig fern. Alle Teams haben das Flautenband im Visier, das sich vor dem Etappenhafen Kapstadt immer weiter ausdehnt. Navigator Nico Lunven sagte: “Wir müssen es sehr genau im Auge behalten und schauen, wo genau wir es durchqueren. Das ist aktuell noch schwer zu sagen. Wir müssen beobachten und dann entscheiden.”
Auf die rückblickende Frage, ob er seiner Sache bei der extrem westlichen Positionierung von “Malizia – Seaexplorer” auch in Zeiten sicher gewesen sei, in denen sein Team mit mehr als 200 Seemeilen Rückstand an letzter Position lag, sagte Nico Lunven in der Pressekonferenz von See: “Wir haben in den Doldrums die Entscheidung getroffen, das westlichste Boot zu sein. Wir haben es als gute Option gesehen. Alle an Bord haben das verstanden. Es war dabei wichtig, nicht so sehr auf die Platzierung, sondern auf das vorausliegende Wetter zu achten. Ich weiß nicht, ob wir zu jeder Zeit sicher mit dieser Option waren, aber wir haben uns alle dafür entschieden.”
Die Strategie war erfolgreich. “Das hat uns viel Sicherheit gegeben”, erklärte Malizia-Seglerin Rosalin Kuiper. Wie ihre Crew-Kameraden hat auch die Niederländerin in den vergangenen Tagen nur sehr wenig geschlafen. “Ihr seht ja die Bewegungen, die das Boot macht”, sagte sie.
Für den Abend des 7. Februar rechnet Team Malizia damit, dass alle vorderen Boote noch einmal tiefer in den Süden eintauchen. “Danach nehmen wir Kurs auf Kapstadt”, sagte Will Harris, “alle Boote werden ähnliche Routen segeln. Es wird ein mindestens interessantes Finale, denn wir segeln auf ein Leichtwindband zu. Wir können davon ausgehen, dass es am Ende sehr eng wird. Wichtig wird es sein, das Boot bis zum Ende zu pushen. Seid sicher, dass wir bis zuletzt kämpfen werden.”