The Ocean Race“Böse Wolken” – Malizia fällt zurück und kämpft weiter

Tatjana Pokorny

 · 08.05.2023

"Mālama" und ihr US-Team 11th Hour Racing führen das Feld im Endspurt der vierten Etappe nach Newport an
Foto: Amory Ross/11th Hour Racing/The Ocean Race

Das war keine glückliche Nacht für Team Malizia im Nordatlantik. Gerade erst hatte die Crew um Etappen-Skipper Will Harris um 3 Uhr morgens die Führung im Endspurt auf Ocean-Race-Etappe vier von 11th Hour Racing zurückerkämpft. Dann hatte der deutsche Imoca eine ungute Begegnung mit einem großen Wolkenfeld und verlor 25 Seemeilen. Was den Kampfgeist im Duell mit den Amerikanern nur noch mehr anheizt

So schnell kann es gehen im hochkomplexen Endspurt der vierten Ocean-Race-Etappe: Eben noch hatte sich Team Malizia am frühen Morgen des 8. Mai die Führung von 11th Hour nach harter Arbeit zurückerkämpft. Doch dann wurde “Malizia – Seaexplorer” von einem garstig großen Wolkenfeld ausgebremst. Das hat die Crew um Etappen-Skipper Will Harris mal eben 25 Seemeilen gekostet, bevor sie wieder volle Fahrt aufnehmen konnte.

Erst Sturm, dann ein Flauten-Poker im Finale?

Am Montagmittag jagte Team Malizia 11th Hour Racing weiter mit knapp 25 Seemeilen Rückstand hinterher. Da hatte Charlie Enrights führendes US-Team noch rund 650 Seemeilen bis ins Ziel zu absolvieren. Zeitgleich bewegte sich ein lang gezogenes Sturmtief von Süden nach Norden über den finalen Kursabschnitt der vierten Ocean-Race-Etappe nach Newport. Nach seinem Abzug bleiben voraussichtlich flaue Bereiche, in deren Fallen keine Mannschaft tappen will. Dazu kommen die vielen Sperrgebiete rund um den Zielhafen Newport, die nicht jede sinnvolle Ansteuerung möglich machen.

Die letzten beiden vollen Tage der vierten Ocean-Race-Etappe nach Newport stecken also voller Ungewissheiten. Doch zunächst ist die Flotte in den kommenden 24 Stunden dem kraftvollen Tief ausgesetzt. “Guyot”-Skipper Ben Dutreux scherzte mit schwarzem Humor: “Die Amerikaner freuen sich schon sehr auf uns. Sie begrüßen uns mit einem riesigen Tiefdruckgebiet. Einige Prognosen sagen bis zu 60 Knoten Wind vorher.”

Team Malizia ersetzt geborstene J2-Schot

Auch Malizia-Navigator Nico Lunven glaubt: “Es wird ziemlich extrem.” Heftigen Seegang jedoch erwartet Nico “The Brain” Lunven eher nicht: “Ich glaube, das wird nicht so schlimm, weil es ein recht junges Tiefdrucksystem ist. Der Seegang wird nicht die Zeit haben, sich zu entwickeln.”

Die Ocean-Race-Veranstalter erwarten die beiden führenden Boote weiter am Morgen des 10. Mai im Zielhafen. Bis dahin hofft vor allem Team Malizia, dass die reparierte J2-Großschot hält, die bereits am Samstag zerborsten war und auch einige Meilen gekostet hatte. “Das kam etwas überraschend”, erklärte Nico Lunven. Das Boot segelte in Winden um 20 Knoten mit einer Geschwindigkeit von 18, 19 Knoten, als die Schot versagte.

Team Guyot greift Team Biotherm an

Rosalin Kuiper erklärte kurz und bündig: “Das war die J2-Schot. Zu viel Last. Puff!” Das Anbringen der Ersatzschot sei keine große Sache gewesen, hieß es vom Team. Nico Lunven sagte aber: “Auch die Ersatzschoten weisen alle die gleiche Bruchlast auf. Wir hoffen also, dass das nicht noch einmal passiert.”

Indessen hat Schlusslicht Team Guyot davon profitiert, dass Team Biotherm den Spitzenreitern gefolgt und nach Westen gehalst ist. So konnte die Mannschaft um “Guyot”-Skipper Ben Dutreux und Co-Skipper Robert Stanjek im Osten Boden gutmachen.

Diese nicht gewählte Option hatte auch die “Biotherm”-Crew in ihre Entscheidung einbezogen. Ocean-Race-Novize Alan Roberts erklärt, warum sein Team dennoch 11th Hour Racing und Team Malizia folgte: “Gehst du nach Westen, verlierst du vielleicht kurzfristig etwas. Aber wenn du dafür das Boot bis zum Ziel in gutem Zustand wahrst, ist das eine gute Sache. Und vielleicht wird man in den stürmischen Winden und Wellen auch gar nicht die Geschwindigkeiten erreichen können, die die Routing-Software vorhersagt.”

Der aktuelle Rennreport vom 8. Mai aus dem Ocean-Race-Hauptquartier in Alicante mit Stimmen von See:

“Puff!” – hier geht’s zum Video mit der Erklärung zur geborstenen J2-Schot auf “Malizia – Seaexplorer”:

“Happy Birthday, Robert Stanjek!” – Team Guyots Co-Skipper feierte am 8. Mai seinen 42. Geburtstag. Einen Tag zuvor wurde Navigator Seb Simon 33 Jahre alt. Das Video zu beiden Ehrentagen veröffentlichte die Crew jetzt: