America's CupVerteidiger enthüllt neue Yacht – Konkurrenz geschockt?

Flog nahezu selbstverständlich bereits am ersten Tag über das flache Wasser vor Auckland: der neue neuseeländische America's-Cupper
Foto: Hamish Hooper / Emirates Team New Zealand
Die ersten Eindrücke vom neuen AC75 des Emirates Team New Zealand – auf Kurs Cup-Verteidigung?
Es kommt in jeder America’s-Cup-Kampagne der Zeitpunkt, an dem ein Team einige seiner Karten offenlegen muss. Bei den Cup-Verteidigern war das heute in Auckland der Fall. Weil die neue AC75-Yacht ihr Rigg bekommen hat, wurde sie in Auckland noch vor ihrer Taufe in diesem Monat aus der Halle geholt und sogar erstmals aufs Wasser geschickt

Roter Bug, schwarzer Rumpf und das bereits bekannte türkis-schwarze Kiwi-Design mit leuchtenden Foils: So war die neue AC75-Yacht vom Emirates Team New Zealand an diesem Freitag auf dem Freigelände des neuseeländischen Team-Camps zu sehen. Kurz vor der Taufe des “Roten Mondes” vom italienischen Team Luna Rossa Prada Pirelli an diesem Wochenende und der Taufe des neuen Boliden von Alinghi Red Bull Racing in der kommenden Woche zeigten die Kiwis ihren Stolz unter blau-weißem Himmel. Trotz der überraschenden Enthüllung ohne Ankündigung dürfte die Konkurrenz vom Design nicht allzu sehr geschockt sein.

Wichtiger Schritt in Richtung 37. America’s Cup: “Ein sehr bedeutender Moment”

“Das ist immer ein sehr bedeutender Moment für jedes Team. Das erste Mal, dass das Rennboot aus der Halle kommt und das Licht der Welt erblickt”, sagte Kevin Shoebridge, COO des Emirates Team New Zealand, beinahe ein wenig andächtig. Nicht nur der Mann, der Teil jedes neuseeländischen Teams war, das den America’s Cup seit dem ersten Sieg 1995 insgesamt viermal gewinnen konnte, weiß: “Diese Momente gehören zu den aufschlussreichsten in jeder Kampagne. Ein großer Teil der America’s-Cup-Kampagne findet hinter verschlossenen Türen und unter strengster Geheimhaltung der Entwürfe und Pläne statt, aber es kommt immer ein Zeitpunkt, an dem man seine Karten offenlegen muss.”

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“Es” ist die neue Kiwi-Rakete, die den America’s Cup vom 12. bis 21. Oktober vor Barcelona verteidigen soll. Erste ernsthafte Aufschlüsse über ihr Leistungsvermögen wird die dritte und letzte Vorregatta zum 37. America’s Cup vom 22. bis 25. August auf Barcelonas Cup-Bühne geben, wenn die Kiwis erstmals gegen alle Herausforderer auf deren neuen Booten antreten. Die Herausfordererserie Louis Vuitton Cup beginnt danach ab 29. August.

Vor der heutigen Enthüllung war der AC75-Einrumpof-Foiler der Neuseeländer im Schutz der Dunkelheit von der Werft des Teams in North Shore zum Team-Camp bei Wynyard Point transportiert worden, wo ein intensives Ausstattungsprogramm durchgeführt wurde. Kevin Shoebridge erklärte: “Wir haben den heutigen Tag schon lange als das Datum im Kalender stehen, an dem wir das Rigg ins Boot stellen wollen. Es ist immer wichtig, diese bedeutenden Meilensteine zu erreichen, die natürlich ein großes Maß an Hingabe, Engagement und harter Arbeit des gesamten Teams erfordern.”

Kein Quantensprung: sinnvolle Modellevolution von “Te Rehutai”?

Weiter sagte Shoebridge: “Es ist also ein stolzer Tag, aber wir haben in den nächsten sieben Monaten noch einen Berg zu erklimmen, um den America’s Cup im Oktober erfolgreich zu verteidigen, es liegt also noch viel vor uns, worauf wir uns als Team freuen.” Teil der Arbeit wird auch der Transport des Bootes nach Barcelona sein.

Wann dieser erfolgt, ist bisher nicht bekannt. Der jetzt vollzogene Launch kam zumindest überraschend und ohne jegliche Ankündigung oder großes Tamtam. Die Neuseeländer setzen damit zweifellos ein Ausrufezeichen und bieten ein starkes Kontrastprogramm zum Alinghi-Launch, der unter anderem mit der Showeinlage einer Theatergruppe für Aufsehen sorgte.

Auf Design-Seite bot Team New Zealand ebenfalls deutlich weniger Überraschungen, auf den ersten Blick wirkte das neue Fluggerät nahezu identisch mit der als Trainingsboot überarbeiteten Siegeryacht der vergangenen Ausgabe. Auch auf den zweiten Blick entdeckt man keine radikalen Neuerungen, statt eines Quantensprungs wirkt die bisher noch namenlose Yacht eher wie die sinnvolle Modellevolution von “Te Rehutai”.

Diese Neuerungen zeichnen die Rennyacht für den 37. America’s Cup aus

“Obwohl wir heute nicht alle unsere Karten aufgedeckt haben, gibt es jedem einen Hinweis auf unseren Designweg”, sagte auch Kevin Shoebridge. Der offensichtlichste dieser Hinweise ist die deutlich rundere Formsprache in beinahe allen Bereichen des Bootes. Weder am Decksübergang noch in der Heckpartie, noch am Bustle findet sich eine harte Kante. Der neue AC75 wirkt stromlinienförmig und wie aus einem Guss. Minimal davon ab weicht der V-Bug mit extrem scharfer Unterwasserkante, die in einen angedeuteten Mini-Bustle mündet. In deutlich aggressiverer Form war das auch bei Alinghis “BoatOne” zu sehen.

Der eigentliche Bustle, also der wie ein Langkiel anmutende Auswuchs am Unterwasserschiff, ist zudem ebenfalls weniger ausgeprägt und integriert sich stattdessen eher in die allgemeine Rumpfform. Weiter heckwärts wirkt er jedoch zunehmend markant. Im Allgemeinen soll dieser für Auftrieb sorgen und in erster Linie Windzirkulation unterhalb des Rumpfes verhindern. So wirkt die Rennyacht mehr als Gesamtheit zum Wind, der Druckausgleich zwischen Luv- und Leeseite wird bestmöglich unterbunden. Der Cupper wird also möglichst flach über der Wasseroberfläche geflogen, was auch auf einem Video des ersten Testschlags zu sehen ist.

Trotz der schwierigen Wellenbedingungen, die mehr Volumen in der Bugsektion erwartbar machen, wirkt Team New Zealands Cupper in genau diesem Bereich schnittiger und flacher als der Vorgänger. Dieser Eindruck könnte allerdings auch lediglich aufgrund der sich dann etwas höher erhebenden Cockpits entstehen, was anhand des bisher veröffentlichten Bildmaterial jedoch nicht aufzulösen ist. Logisch erklärbar wäre das allerdings mit der größeren Platznachfrage für die wieder zugelassenen Radfahrer.

Werden neue Foils für die Mission Cup-Verteidigung entscheidend?

Im gleichen Zuge wurde die Crewanzahl für den 37. America’s Cup von zwölf auf acht Segler reduziert, was Gewicht einspart und ein aerodynamischeres Heck-Design erlaubt. Davon machen auch die Neuseeländer Gebrauch und verkürzen die seitlichen Kapsel-Cockpits deutlich, lassen die Verkleidung dann aber langsam bis zum Spiegel abfallen. Alinghi hatte hier den radikalen Weg gewählt und das Cockpit mit einer harten Kante abgeschlossen, womöglich, um noch mehr Gewicht und Volumen einzusparen.

Derweil kürzer und dünner gestaltet haben die Neuseeländer ihren Bugspriet. War man in der Cup-Vorbereitung für Auckland 2021 noch davon ausgegangen, an ihm größere Vorsegel oder gar Code Zeros anzuschlagen, hat man sich von diesem Gedanken offensichtlich vollkommen verabschiedet. Stattdessen dient er nur noch für eine gute Positionierung der Messgeräte, unter anderem zur Fluglagenkontrolle und der Windparameter.

Da aus Kostengründen nur ein Satz Foils erlaubt ist und der neue Cupper bereits mit Tragflächen aus dem Hangar kam, ist davon auszugehen, dass es sich hierbei um Foils von “Te Rehutai” handelt. Die Flügel der neuen Rennmaschine werden dagegen vermutlich noch geheim gehalten. Alinghi hatte sie zwar bereits montiert, dann aber mit einem klobigen Sichtschutz verborgen.



In diesem Clip sieht man die neuseeländische Rennyacht für den 37. America’s Cup erstmals unter Segeln:

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