Max Gasser
· 02.10.2024
Spätestens wenn sich die beiden verbliebenen Herausforderer aktuell täglich pünktlich um 12:15 Uhr, begleitet von einem enthusiastisch-dröhnenden Schiffshupenkonzert, auf den Weg in Richtung Rennkurs begeben, füllt sich auch das America’s Cup Race Village am Port Vell mit Leben. Es ist die größte der drei offiziell eingerichteten Fanmeilen während des 37. America’s Cup in Barcelona. Der Eintritt ist jeweils kostenlos.
Bis zu 9.000 Zuschauer kann das 25.000 Quadratmeter große Gelände fassen. Sogar Gary Chapman, langjähriger Wegbegleiter und wichtiger Unterstützer von Kiwi-Boss Grant Dalton, mischte sich zuletzt unter die Fans, um das Geschehen auf einer der fünf riesigen Leinwände zu verfolgen. “Es sind großartige Rennen, die Boote sind sehr schnell und werden die ganze Zeit noch besser”, so der Neuseeländer, der natürlich seinen Landsleuten die Daumen drückt. “Es ist immer schwer zu sagen, bis sie zum Finale antreten, aber wie ich das Emirates Team New Zealand kenne, haben sie sicher ein paar Überraschungen in petto.”
Egal auf wen sie im America’s Cup Match treffen werden, wird ein harter Weg zur erneuten Verteidigung der bodenlosen Silberkanne erwartet. Darin sind sich alle Experten und Fans einig, die derzeit das Duell zwischen Luna Rossa Prada Pirelli und Ineos Britannia verfolgen. “Es ist das spannendste Louis-Vuitton-Cup-Finale seit einer wirklich langen Zeit”, sagte auch der britische Steuermann Ben Ainslie beim Stand von 4:4.
Das bringt Spannung in die Fanlager, doch in Barcelona treffen sie weiterhin harmonisch aufeinander. Dazu gesellen sich neutrale Beobachter und Unterstützer der bereits ausgeschiedenen Teams sowie Interessierte ohne Segelbezug. Darunter alle Geschlechter und Altersgruppen, Familien und ganze Schulklassen. Denn geboten wird auch neben den Wettfahrten einiges.
Zu den Highlights zählen sicherlich die zahlreichen Simulatoren, die den Besuchern das Segeln auf einem derartigen Geschoss, wie es die aktuelle Generation der Cupper sind, so nahe bringen wie nur irgend möglich. Darunter ein echter, für jedermann zugänglicher AC40-Simulator, wie ihn das deutsche Youth- und Women’s-America’s Cup-Team zur Vorbereitung nutzte. Per VR-Brille kommt man zudem sogar an Bord eines der Wasserstoff-Chaseboote. Diese haben eine Höchstgeschwindigkeit von über 50 Knoten, um überhaupt mit den Segelyachten mithalten zu können.
Des Weiteren ein Radfahr-Simulator, bei dem die Besucher in einem 30-sekündigen Rennen ihre Leistung messen und mit den Profis an Bord der AC75-Yachten vergleichen können. Diese bringen in der Regel eine Leistung von 450 Watt über 20 Minuten und schaffen in einem derart kurzen Sprint bis zu 1100 Watt.
Für die nötige Stärkung und Erfrischung nach einer solchen Anstrengung ist im Renndorf selbstverständlich ebenfalls gesorgt. Die Besucher erwarten nicht nur mehrere Getränkebars, sondern auch eine wechselnde Anzahl von Essensständen, die eine große Auswahl an lokalen, regionalen, nationalen und internationalen Speisen anbieten. “Ich bin eine Australierin, die in Spanien japanisches Essen kocht”, sagt Jasmine Angel lachend. Mit Segeln hat die 35-Jährige nichts zu tun, hat allerdings bereits als Deckshand und Köchin auf Yachten gearbeitet, bevor sie sich vor einem halben Jahr mit ihrem Catering selbstständig machte. Ihre Spezialität: Takoyaki (japanisch: “Gebratener Krake”). Die Zubereitung der kleinen gefüllten Teigkugeln erlernte sie vor zwei Jahren in deren Ursprungsort Osaka. Besonders gut ankam in den vergangenen Tagen beim America’s Cup allerdings ihr Fusion-Burger mit Wagyu-Rindfleisch. “Ich war heute schon ausverkauft. Ich musste den Metzger anrufen, damit er zurückkommt”, so Angel.
Verkaufsschlager im modischen Bereich sind die Kleidungsstücke von Luna Rossa Prada Pirelli und überraschenderweise auch die des bereits ausgeschiedenen American Magic Teams. “Ich habe schon so viele Sachen gekauft”, verrät eine US-Amerikanerin vor einem der offiziellen America’s-Cup-Stores. Extra für den Cup aus New York angereist beobachtet sie das Geschehen nach dem Ausscheiden von “Patriot” aus neutraler Perspektive: “Die Briten konnten nicht mehr gewinnen, nachdem sie die Trophäe im 18. Jahrhundert verloren haben. Es wäre wundervoll für sie, wenn sie es diesmal schaffen würden. Aber ich habe italienische Freunde. Ich werde mich also so oder so freuen!”
Wenn auch Luna-Rossa-Steuermann Jimmy Spithill gestern ein wenig seine eigene Wahrheit kreierte – “Wir haben ganz klar die größte Fangemeinschaft hier. Ich glaube nicht, dass ich schon mal eine britische Flagge gesehen habe, seit ich hier bin” – scheinen die Fans des italienischen Rennstalls bei seinem 7. Anlauf tatsächlich in der Überzahl zu sein. Viel grün-weiß-rot ist auch in den zusätzlich zum Official Race Village eingerichteten Fanzonen an der Plaça del Mar und am Bogatell zu sehen. Dort haben die Zuschauer nicht nur große Leinwände, sondern auch direkten Blick auf das Renngeschehen auf dem Wasser. Auch hier wird für Verpflegung und andere Unterhaltung gesorgt.
Des Weiteren bietet sich zusätzlich auch der Nachbarhafen Port Olímpic an, von dem aus man einen guten Blick auf den Start und das Renngeschehen an den Wendemarken hat. Am Plaça de la Rosa dels Vents kann man die Teams zudem gut beim Auslaufen beobachten. An den Aussichtspunkten empfiehlt es sich, zusätzlich ein Smartphone mit ausreichend Netz und Datenvolumen zur Hand zu haben, um parallel den YouTube-Livestream der Wettfahrten verfolgen zu können. Dieser startet an Renntagen ab 14 Uhr.