MeinungAus den Augen, aus dem Sinn?

YACHT-Redaktion

 · 25.10.2025

Meinung: Aus den Augen, aus dem Sinn?
YACHT-Woche – Der Rückblick
yacht/bullseye-yacht-woche-pascal-2000x500_2683dec8a262dde7db485dd4b291ca30

Liebe Leserinnen und Leser,

​zwei Jahre ist es nun her, dass eine Ostsee-Sturmflut in mehreren Häfen insbesondere an der schleswig-holsteinischen Küste schwere Schäden verursacht hatte. Allein im Olympiahafen in Kiel-Schilksee waren 48 Yachten auf Tiefe gegangen und die Steganlagen und Steinmolen teils völlig zerstört worden. Die Wiederaufbauarbeiten verschlangen in Kiel mehrere Millionen Euro.

Noch schlimmer hatte es den Hafen von Damp getroffen. Er ist bis heute noch nicht wieder hergerichtet. Einen Report über die Geschehnisse von damals haben wir zu Beginn dieser Woche veröffentlicht.

Zwar blieb ein ähnlich zerstörerisches Wetterereignis im letzten Herbst/Winter an den deutschen Küsten aus. Dennoch kann jederzeit erneut ein heftiger Sturm über Nord- oder Ostsee aufziehen und den Häfen und Orten – wie selbstverständlich auch den Küstenbewohnern – gefährlich werden.

Umso erstaunlicher, dass nach wie vor nicht wenige Bootseigner ihre im Hafen liegende Schiffe sich mehr oder minder selbst überlassen, auch wenn viel Wind und stark schwankende Wasserstände angesagt sind.

Erst vorvergangene Woche war in mehreren Häfen im westlichen Teil der Ostsee infolge anhaltenden Starkwinds der Wasserstand rapide gesunken. Auf Facebook kursierten kurz darauf Fotos von Yachten, die in viel zu dicht gesetzten Festmachern fast in der Luft hingen, als das Wasser unter ihren Kielen wich. Über herausgerissene Klampen hätte sich der ein oder andere Bootsbesitzer nicht zu wundern brauchen.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Es mag nachvollziehbare Gründe geben, bei einem nahenden Sturm am Boot nicht nach dem Rechten sehen zu können. Sprich, den Sitz der Fender und auch den der Persennings zu überprüfen oder die Länge der Festmacher anzupassen. Etwa, weil die Anfahrt zum Schiff lang wäre oder man terminlich verhindert ist, sich auf den Weg zum Hafen zu machen.

Und dennoch: Eigentum verpflichtet!

Schließlich geht es nicht nur um die eigene Yacht, sondern gegebenenfalls auch um die der Nachbarlieger. Bei der eingangs erwähnten Sturmflut waren viele Schiffe unter anderem deshalb beschädigt worden, weil einige Boote nicht vernünftig festgemacht waren. Sie rissen sich los, gingen auf Drift und prallten auf andere Yachten.

Ein zu langer Anfahrtsweg oder Termingründe dürfen keine Argumente sein, sich nicht um sein im Hafen liegendes Schiff zu kümmern. Wenn man es selbst nicht kann, besteht häufig die Möglichkeit, andere darum zu bitten – oder damit zu beauftragen -, bei schwerem Wetter die Fender und Leinen zu checken. Ob es Bekannte in Hafennähe sind oder die an Bord lebenden Stegnachbarn oder der ansässige Bootsservicebetrieb.

Den Hafenmeister hingegen sollte man mit einem solchen Anliegen nicht behelligen. Und erst recht nicht erwarten, dass er von sich aus aktiv wird. Es ist schlicht nicht sein Job, sich um die Versäumnisse von allzu sorglosen Bootsbesitzern zu kümmern. Auch wenn es viele Hafenmeister dann doch tun – ihnen ein herzliches Dankeschön dafür an dieser Stelle!

Neben schlichter Gedanken- oder Sorglosigkeit ist bei manchen Eignern leider auch eine gewisse Vollkaskomentalität zu beobachten. Frei nach dem Motto: Geht am Schiff etwas im Sturm kaputt, zahlt es ja die Versicherung. Ein egoistisches Verhalten. Die Zeche dafür zahlen am Ende auch andere. Sei es, weil infolge zunehmender Schäden die Versicherungsprämien für alle steigen.

Oder weil das eigene Schiff zwar kaskoversichert ist, das des Stegnachbarn aber eventuell nicht. Reißen im Sturm dann die Festmacher des versicherten Schiffs und treibt das auf den nicht versicherten Nachbarlieger und zerschrammt dessen Bordwand, bleibt der Geschädigte auf den Reparaturkosten sitzen.

Da aufgrund höherer Gewalt den ersten Eigner formal keine Schuld am Reißen der Festmacher trifft, muss er für den Schaden, den sein Boot an anderen Booten anrichtet, nicht haften. Glücklich, wer dann selbst ebenfalls kaskoversichert ist!

Mehr zum Thema:

Dessen sollte man sich immer bewusst sein, wenn man das nächste Mal angesichts eines herannahenden Unwetters die Augen verschließt und denkt, dass schon alles irgendwie gutgehen wird. Und dass im Zweifel halt die Versicherung den eigenen Schaden ersetzt.

Im Übrigen gilt das Vorgenannte nicht nur für die Zeit, in der das Schiff im Wasser liegt. Auch im Winterlager ist man nicht seiner Verantwortung als Eigner enthoben. Das gilt vor allem dann, wenn das Schiff in einem Außenlager überwintert, womöglich gar mit stehendem Mast.

Vor einem schweren Sturm noch einmal den Sitz der Stützen und die Verzurrung der Abdeckplanen zu prüfen und gegebenenfalls eine Zusatzsicherung des Riggs anzubringen, sollte selbstverständlich sein. Am besten auch dann, wenn das Boot in einem kommerziell betriebenen Winterlager an Land steht und folglich der Lagerbetreiber für die sichere Aufbewahrung der von ihm eingelagerten Schiffe verantwortlich ist.

​Denn Letzteres ist leider nicht allen Lagerbetreibern bewusst. Andere versuchen, sich vor der Verantwortung mit entsprechenden Ausschlüssen im Winterlagervertrag zu drücken – womit sie spätesten vor Gericht allerdings wenig Erfolg haben, wie erst kürzlich das Landgericht Hamburg urteilte. Wir hatten darüber berichtet.

Wenn sich jeder seiner Verantwortung bewusst ist und entsprechend handelt, können alle ruhiger schlafen. Auch bei Sturm. In diesem Sinne: Kommen Sie und Ihr Boot gut durch den Herbst und Winter!

Pascal Schürmann

YACHT-Textchef


​Sie haben abgestimmt – das Ergebnis der vergangenen Woche:


Lese-Empfehlungen der Redaktion

yacht/Myproject-122_588dd1e2bf08c53ce7f0b81757956597

Globe40

Burke und Fink halbieren 500-Meilen-Rückstand in drei Tagen

yacht/250904g40-3jml8992bd-1024x683_75e3b0a550655c79b3009460db6670b4

Lennart Burke und Melwin Fink erleben auf Etappe zwei im Globe40 furiose Tage. Zum Kap der Guten Hoffnung haben sie einen 500-Meilen-Rückstand halbiert.


Boris Herrmann

“Feuer frei” – neues Boot, neues Buch, viele Pläne

yacht/boris20herrmann20faces20c2a9erwin20lanzensberger202025_24b627d68a12316cb9f9634ff6857394

Boris Herrmann ist wieder in aller Munde: Der Malizia-Gründer und sechsmalige Weltumsegler stellt ein neues Buch vor, hat spannende Pläne für die Zukunft.


Pure Yachts

Erste Alu-Deckssalonyacht aus junger Kieler Werft

yacht/kyle-40-kopie_af41ccac78d43ec8e7a4e2bfa84091de

Die Pure 42 schwimmt. Boot und Werft haben ersten Testschlag hinter sich und stellen sich nun vor Barcelona der Konkurrenz bei der Wahl zu Europas Yacht des Jahres.


Kleinkreuzer

Sieben auf einen Streich – welche Spaßkiste schneidet im Vergleich am besten ab?

yacht/M4285542-DDH1kOOi

Moderne, leistungsfähige Kleinkreuzer variieren stark zwischen Sportlichkeit und Komfort. Sieben solcher Spaßkisten im Vergleich


400 Islands Race

Neues Bucketlist-Rennen vom Kieler Yacht-Club

yacht/mailingassets52946125_5961f57b7c2a2dc215c352c5e911f07d

Der Kieler Yacht-Club bringt mit dem 400 Islands Race eine neue Bucketlist-Ostseeregatta ins Seesegelspiel. 2026 soll das 700-Seemeilen-Rennen starten.


Garmin OnBoard

Kabelloses MOB-System mit Motorabschaltung

yacht/garmin-onboard-c-garmin-deutschland-gmbh-1_b9a26c6bee1d2adbfdba78815fce706b

Garmin stellt mit OnBoard ein kabelloses Mann-über-Bord-System vor, das im Notfall den Motor abschaltet und die Position speichert. Das System kann bis zu acht Personen oder Gegenstände gleichzeitig überwachen.


Die Jahrhundertflut

Die Sturmflutnacht vom 20. Oktober 2023 an der Ostsee

yacht/damp-sturmflut-2023-2_88c300a9e3c6dd512c9267e8cae9e752

In der Nacht zum 20. Oktober 2023 erlebte die Ostseeküste die schwerste Sturmflut seit 150 Jahren – Häfen wie Schilksee und Damp glichen einem Schlachtfeld, über 150 Yachten sanken, Hunderte wurden zerstört. Der Wiederaufbau kostete mehr als 200 Millionen Euro und dauert teilweise bis heute an. Zwei Jahre danach ziehen wir Bilanz: Was geschah in jener Horrornacht, wie verlief der Wiederaufbau, und sind wir für die nächste Jahrhundertflut besser gewappnet?


Nautitech 41 Type S

Neue Standards für die kleine Einsteigerklasse

yacht/nautitech-41-type-s-8_60a2c4609d83c0ede91aa92f751d2754

Nautitech Catamaran bringt ein neues Modell für die beliebte und hart umkämpfte Einsteigerklasse. Und die Werft legt auch bei der markentypischen Sportlichkeit weiter nach.


Langfahrtsegeln

Achtung, Steuerfalle!

yacht/sas3_b74bf7d9c448ad70c914ec40028fc31e

Wer mit einer Yacht nach längerer Zeit in EU-Gewässer zurückkehrt, muss mit unangenehmem Besuch vom Zoll rechnen. Ein aktueller Fall und die Hintergründe.


YACHT-Leserreise

Auf der „Sea Cloud II“ 900 Seemeilen durch die Karibik

yacht/seacloudii-caribbean-st-lucia-002-kopie_9dfaa542338e808da69f8dfaf51f07a3

Die vielseitige YACHT-Leserreise durch das karibische Traumrevier startet am 6. März und führt uns in zehn Tagen durch eines der schönsten Segelreviere der Welt.



Newsletter: YACHT-Woche

Der Yacht Newsletter fasst die wichtigsten Themen der Woche zusammen, alle Top-Themen kompakt und direkt in deiner Mail-Box. Einfach anmelden:

Meistgelesen in der Rubrik Allgemeiner Service