TauwerkkundeSoftschäkel aus Dyneema selbst herstellen

Hauke Schmidt

 · 25.08.2025

Hier wurden mittels Softschäkel die Genuaschoten angeschlagen
Foto: YACHT/Nico Krauss
Günstiger, fester, leichter handhabbar: Softschäkel oder Tauwerkschäkel für Fallen, Blöcke und Strecker aus Dyneema sind die bessere Alternative zu Verbindungen aus Metall. So lassen sie sich einfach selbst herstellen. Die Anleitung.

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Die Idee ist alles andere als neu; leicht zu öffnende Verbindungen aus Tauwerk gab es schon zu Zeiten der gewerbsmäßigen Segelschifffahrt. Aus geschlagenen Naturfaserseilen gespleißt, ließen sie sich schnell anfertigen und vielerorts einsetzen. Allerdings waren Bruchlast und Dauerhaltbarkeit gering, weshalb sich Metallschäkel letztlich durchgesetzt haben. Mit den heutigen hochfesten Dyneema-Geflechten als Grundmaterial sieht die Sache aber ganz anders aus. Tauwerkschäkel eignen sich ideal, um Verbindungen herzustellen, die den üblichen Edelstahlschäkeln deutlich überlegen sind.

Die Funktion eines Tauwerkschäkels

Das Auge wird aufgezogen, dabei staucht sich das äußere Geflecht
Foto: YACHT/K. Andrews

Die Vorteile von Tauwerkschäkeln

Und zwar sowohl, was das Gewicht angeht, als auch in der Bruchlast. Durch die enorm hohe Festigkeit der Dyneema-Fasern wiegt ein Tauwerkschäkel nur ein Zehntel eines vergleichbar belastbaren Metallverbinders. Und auch über die Dauerhaltbarkeit eines Dyneema-Softschäkels braucht man sich kaum Gedanken zu machen. Die Faser ist sehr UV-beständig und hält dem Sonnenlicht selbst ohne Schutzmantel mehrere Jahre stand. Einzig bei der Scheuerbeständigkeit ist Edelstahl im Vorteil. Scharfe Kanten sollten daher gebrochen oder der Tauwerkschäkel zumindest mit einem Schutzmantel versehen werden.

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Neben dem geringen Gewicht und der hohen Festigkeit zeichnen sich Tauwerkschäkel aber vor allem durch den angenehmen Umgang im Bordalltag aus. Da sich der Softschäkel unter Last immer stärker zusammenzieht, schließt er sicher und löst sich auch bei schlagenden Segeln nicht von selbst. Entlastet lassen sich die Tauwerkschäkel aber jederzeit mit bloßen Fingern aufziehen, und im Notfall kann die Verbindung sogar unter Last blitzschnell mit dem Bordmesser getrennt werden. Ersatz ist ja preiswert und einfach selbst wieder herzustellen.

Zudem verhindern geringes Gewicht und die weiche, flexible Konstruktion der Softschäkel Verletzungen oder Schäden am Rigg. Kratzer durch herunterfallende oder übers Deck rutschende Schäkel gehören der Vergangenheit an, weshalb sich die Tauwerkschäkel auch auf Holzyachten großer Beliebtheit erfreuen. Hinzu kommt die völlige Korrosionsbeständigkeit des Materials. Verbindungen von Alu und Edelstahl sind kein Problem.

Verwendung von Tauwerkschäkeln

So vielfältig wie die Vorteile sind auch die Einsatzmöglichkeiten der Tauwerkschäkel. Neben den klassischen Funktionen wie dem Anschlagen von Schoten, Fallen oder Blöcken gibt es eine Reihe unkonventioneller Anwendungen. So lassen sich Tauwerkschäkel beispielsweise als mobile Lippklampe an der Fußreling nutzen. Im Gegensatz zu einem Metallschäkel wird weder das Eloxal beschädigt noch entstehen Quietsch- oder Klappergeräusche. Wird der durch die Reling geführte Bereich des Schäkels mit einem zusätzlichen Scheuerschutz versehen, hält die Lippklampe auch in unruhigen Häfen.

Eine noch ungewöhnlichere Anwendung sind die sogar für professionelle Einsatzzwecke angebotenen Stagreiter aus mit Gurtband modifizierten Schäkeln. Auch hier ist das geringe Gewicht entscheidend. Hinzu kommt noch, dass die textilen Stagreiter selbst bei ruppigem Umgang keine Schäden am Deck oder in der Segellast verursachen können.

Wer sich erst einmal an die im Vergleich zum Gewicht ungewöhnlich hohe Haltbarkeit der weichen Tauwerkschäkel gewöhnt hat, kommt ständig auf neue Einsatzideen. Dabei ist es ein großer Vorteil, dass sich jede beliebige Größe mit simplen Mitteln selbst fertigen lässt.

Woraus die Tauwerkschäkel sind

Einfaches Dyneema-Geflecht ohne Mantel eignet sich am besten. Es wird von vielen Tauwerkherstellern angeboten. Diese Leinen sind meist mit einer Polyurethan-Imprägnierung versehen, wodurch die einzelnen Fasern gut zusammenkleben. Das vereinfacht den Spleißvorgang und erhöht die Haltbarkeit des fertigen Softschäkels, weil nicht einzelne Fasern irgendwo hängen bleiben können.

Bei der Wahl des erforderlichen Durchmessers hilft ein Blick auf die Spezifikation des Tauwerks. Eine 4 Millimeter starke Dyneema-Leine hat üblicherweise eine Bruchlast von etwa 1.200 Dekanewton, was in etwa 1,2 Tonnen entspricht. Die Bruchlast daraus gespleißter Schäkel liegt im Bereich des 0,8- bis 1,5-Fachen der Tauwerk-Spezifikation, also bei etwa einer Tonne. Ein Tauwerkschäkel aus 6 Millimeter starker Leine kommt bereits auf etwa 2,2 Tonnen Bruchlast und dürfte damit für die meisten Anwendungen an Bord einer 35-Fuß-Fahrtenyacht ausreichen.

In diesem Zusammenhang sollte aber auch einer der wenigen Nachteile der Tauwerkschäkel erwähnt werden. Während sich die zeitweise Überlastung eines Metallverbinders durch einen schwergängigen Bolzen oder die Verformung des Schäkelkörpers erkennen lässt, hält die Dyneema-Version praktisch bis zum schlagartigen Versagen ohne erkennbare Veränderung. Deshalb sollte immer die nächstgrößere Version für den Tauwerkschäkel gewählt werden. Aus Gewichtsgründen spielt die Dimensionierung sowieso keine Rolle, und auch optisch bleibt ein 5er- statt eines 4er-Schäkels elegant.


Welche Versionen für Tauwerkschäkel gängig sind

Der klassische Tauwerkschäkel

Prinzipiell gibt es verschiedene Möglichkeiten, einen Tauwerkschäkel zu spleißen. Es haben sich aber zwei Varianten durchgesetzt. Zum einen der klassische Tauschäkel. Hierbei wird das nötige Auge erzeugt, indem das Seil in sich selbst zurückgeführt wird. Diese Schäkel sind schnell zu spleißen und sehr kompakt. Sie lassen sich aber ohne zusätzliches Zugbändsel nach starker Belastung zuweilen nur mit sehr spitzen Fingern wieder öffnen.

Für den Knoten 20 Zentimeter vom Ende her abmessen und …
Foto: YACHT/K. Andrews

Der Tauwerkschäkel mit 2 Parten

Bei der zweiten Variante wird das Tauwerk nicht in sich selbst gesteckt, sondern nur mehrfach durcheinandergefädelt. Das hat zur Folge, dass der Schäkel aus zwei parallel liegenden Parten besteht und sehr lehnig ist. Auch lassen sich die Parten zum Öffnen getrennt greifen, und der Schäkel ist einfach aufschiebbar.

20 Zentimeter vom Ende her abmessen und kennzeichnen
Foto: YACHT/K. Andrews

Diamantknoten als Abschluss

Den Abschluss beider Schäkel bildet jeweils ein Diamantknoten, der zweisträngige Diamantknoten hat sich in der Praxis am besten bewährt. Zudem ist er leicht zu knüpfen, da er lediglich aus einem Trossenstek besteht, bei dem die losen Tampen noch einmal um den Knoten herum und dann durch die Mitte nach oben geführt werden.

Daumen und Mit­tel­finger greifen den Rohling, der Zeigefinger teilt die Parten
Foto: YACHT/K. Andrews

Herstellen eines Schäkelöffners

Ein kleines Zugbändsel aus einem Millimeter starken Geflecht erleichtert die Bedienung.

Mit einer Nadel werden etwa drei Kardeele der inneren Part aufgefädelt
Foto: YACHT/K. Andrews

Aufbringen eines Scheuerschutzes

Mit einem Abschnitt Mantelgeflecht als Überzug wird der Tauwerkschäkel noch robuster.

Am besten ist ein bis zwei Millimeter dickeres Tau geeignet
Foto: YACHT/K. Andrews

Werkzeugtipps für den Tauwerkschäkel

Egal, für welche Sorte Sie sich entscheiden, mit etwas Übung gelingen beide Schäkel in wenigen Minuten. Einfach-Geflechte lassen sich extrem leicht verarbeiten; es ist noch nicht einmal spezielles Werkzeug nötig, lediglich eine scharfe Schere oder ein Messer, ein Feuerzeug und eine simple Spleißahle.

Bei der Ahle kann auf eine ganze Reihe von Modellen aus dem Takelbedarf zurückgegriffen werden. Eine Drahtkonstruktion, wie wir sie verwendet haben, reicht aber auch. Dazu wird ein 1,0 bis 1,5 Millimeter starker Draht U-förmig zusammengebogen. Gut eignet sich zum Beispiel eine G-Gitarrensaite, diese ist zudem rostfrei.

Wer es besonders luxuriös haben will, fädelt anschließend noch ein durchbohrtes Rundholz als Zuggriff auf, dieser wird mit dem Innenleben einer Lüsterklemme auf dem Draht befestigt. Gute Dienste beim Arbeiten mit Kunstfaserleinen leistet ein mobiler Gaslötkolben. Auf diesen wie ein sehr dicker Kugelschreiber aussehenden Brennern können verschiedene Aufsätze montiert werden, sodass neben einer offenen Flamme auch Heißluft, diverse Lötspitzen und ein Heißschneider zur Verfügung stehen.

Wirklich nötig sind nur ein scharfes Messer und eine Spleißahle
Foto: K. Andrews

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