Ratgeber EinwinternGut vorbereitet in den Winter

Michael Rinck

 · 24.09.2022

Ratgeber Einwintern: Gut vorbereitet in den WinterFoto: ULTRAMARIN
Auf Wiedersehen im nächsten Jahr! Doch bevor es ans Auskranen geht, sollten wichtige Dinge erledigt werden.

Bevor der Mast gelegt wird und das Boot zum Einwintern an Land kommt, gibt es einige wichtige Aufgaben zu erledigen. So sparen Sie Zeit, Geld und unnötige Überraschungen

Auch wenn man es noch nicht richtig wahrhaben möchte, die Saison geht ihrem Ende entgegen. Sicher wird es noch einige schöne Segeltage geben, aber dennoch kann es helfen, schon jetzt für die kommende Winterlagersaison und fürs Frühjahr zu planen. Dabei muss es nicht um Projekte in der Halle gehen, sondern um deren Vorbereitung. Denn einige Aufgaben lassen sich am besten erledigen, wenn das Schiff schwimmt und der Mast noch steht. Dann nämlich kann man etwa Riggmaße am besten nehmen, sofern in diesen Bereichen Neuanschaffungen oder Modifikationen anstehen. Auch Form und Länge von Bugtritten oder -leitern sind am besten zu bestimmen, wenn Freibordhöhe und die Höhe des Stegs am Liegeplatz genommen werden können.

Das sollten Sie schon vor dem Einwintern erledigen:

Wichtige Maße etwa für eine Persenning oder neue Segel nimmt man besten im Wasser, bei stehendem Rigg
Foto: YACHT/N. Krauss

An der Höhe des Großbaums orientieren sich Sprayhood, Kuchenbude, Sonnensegel oder Bimini. Bei letzteren drei ist auch die Position des Achterstags entscheidend. Bei neuen Segeln versteht es sich von selbst, dass das Aufmaß am besten bei stehendem Mast möglich ist. Auch die Nachrüstung von Trimmeinrichtungen wie Barberholern lässt sich sinnvoll nur unter Segeln planen. Das gilt genauso für die Länge von Schoten, Fallen und Streckern. Wer hierzu die letzten Törns vor dem Einwintern nutzt, erspart sich im Winter beim Tauwerktausch das sonst nötige „Aufrunden“, was in der Regel zu unnötig langen Enden und damit zu teils erheblichen Mehrkosten führt – oder, noch schlimmer, zu Leinen, die genau die ein, zwei Meter zu kurz ausfallen. Dann reicht das Großfall so gerade eben bis hinter den Stopper, aber nicht mehr um die Winsch, und die Genuaschot landet bei jeder Wende auf dem Laufdeck, statt in der Plicht und damit in Griffweite zu bleiben.

Nicht vom Rigg, aber von der Rumpfhöhe und der Schwimmwasserlage hängt die Installation einer Bugplattform oder Gangway ab. Besser an und von Bord zu kommen ist besonders am eigenen Liegeplatz wichtig. Trotzdem sollte die Leiter variabel genug sein, um auch in fremden Häfen den Schritt auf den Steg zu vereinfachen.

Sowohl exakte Maße des Riggs als auch des Freibords im Wasser sind nötig, soll eine Vollpersenning angefertigt werden. Besonders bei Holzbooten ist dies eine gute Möglichkeit, den Lack vor vorzeitiger Alterung durch UV-Strahlung zu schützen. Dabei kommt es sowohl auf die Höhe des Baums, die Position des stehenden Guts und den exakten Freibord an. Das lässt sich nach dem Einwintern nicht mehr korrekt messen.

Die Wasserlinie als wichtiges Kriterium für viele Arbeiten

Die Wasserlinie kann aber auch bei Installationen im Schiff wichtig sein: so etwa, wenn ein Kühlwasserfilter nachgerüstet werden muss. Sind im Maschinenraum transparente Schläuche verbaut, kann die Wasserlinie sofort erkannt und markiert werden. Gibt es Probleme mit Echolot und Logge, ist es für die Fehlersuche ebenfalls von Vorteil, wenn das Boot noch schwimmt.

Auch Leckagen lassen sich im Wasser am besten ergründen. Undichtigkeiten, die nur auf Amwind-Kursen mit überkommendem Wasser oder bei starkem Regen auftreten, sind bei Booten mit Innenschale meist nur schwer zu lokalisieren. Die Suche mit pützweise Wasser übers Deck würde in der Halle wesentlich mehr Aufwand erfordern und für eine ziemliche Pfütze sorgen, sehr zum Missfallen der Nachbarlieger.

Die entscheidende Vorarbeit sollte daher während oder am Ende der Saison erledigt werden, noch vor dem Einwintern. Das gilt umso mehr, als durch gestörte Lieferketten, Materialknappheit und Fachkräftemangel bei Bestellungen von Segeln, Leinen, Beschlägen oder Elektronik heute generell ein zeitlicher Puffer empfehlenswert ist. Lastminute-Bestellungen im Frühjahr könnten den Saisonstart sonst um Wochen oder sogar Monate verzögern. Auch das spricht dafür, früh tätig zu werden.

Im Herbst erledigt, im Frühjahr schneller aufs Wasser

Durch rechtzeitiges Planen und Bestellen lassen sich eventuell auch typische Frühjahrsarbeiten schon im Herbst abhaken. Manchmal geht es sogar besser, weil im Herbst die Lufttemperaturen wegen des moderierenden Einflusses der See meist höher sind, die Kiele nicht erst „auftauen“ müssen. Das Unterwasserschiff mit Antifouling streichen und den Rumpf polieren, das lohnt sich vor dem ersten Frost definitiv. Allerdings setzt das einen Hallenplatz oder eine beständige Hochdrucklage voraus.

Schön, wenn diese Aufgaben schon im Herbst erledigt sind; sollte das nicht klappen, bleibt dafür im Frühjahr noch Zeit. Nicht verhandelbar hingegen ist das Einwintern der Maschine mit Frostschutz im Kühlkreislauf. Biologisch abbaubare Mittel können sogar direkt unterm Kran eingefüllt werden. Dazu wird das Seeventil geschlossen und der Frostschutz in den geöffneten Kühlwasserfilter geschüttet. Sobald das am Auspuff austretende Kühlwasser die Farbe des Frostschutzes hat, ist das Mittel gut im Kühlkreislauf verteilt, und die Maschine kann ausgeschaltet werden. Kühlerfrostschutz, der nicht ausgewiesenermaßen umweltverträglich ist, muss am Auspuff aufgefangen werden. Dann kann das Einwintern auch noch an Land erledigt werden.

Neben den großen oben genannten Umbauvorhaben, Nachrüstungen und Maßnahmen können die letzten Segeltage der Saison auch für vorausschauende Wartung genutzt werden. Es hilft, mit wachen Sinnen übers Boot zu gehen: Klingt die Winsch komisch? Läuft das Fall schwergängig über die Mastrolle? Zeigt das Tauwerk Scheuerstellen? Zickt das Bus-System der Navigationselektronik? Müssen die elektronische Seekarte oder das Betriebssystem im Plotter aktualisiert werden?

Dokumentation vor dem Einwintern

Jede dieser Beobachtungen sollte auf einer Prüfliste landen, die man am besten in den letzten Segelwochen vor dem Einwintern permanent an Bord mitführt, um gegebenenfalls Ergänzungen vornehmen zu können. Dann fällt es leichter zu entscheiden, was noch vor dem Auskranen zu erledigen ist und was im Winterlager oder im Frühjahr ansteht. Auffällige Veränderungen oder knifflige Aufgaben außerdem per Foto oder Sprachnotiz mit dem Smartphone dokumentieren. Das erleichtert die Arbeit später ungemein.

Aus diesen Aufzeichnungen ergeben sich dann die Punkte für die To-do-Liste: Ersatzteilbestellungen, Termine mit Mechanikern oder Segelmachern und Planung von Aufgaben. Je früher ein Problem erkannt wird, desto einfacher lässt es sich hoffentlich noch selbst lösen. Taucht es erst in der kommenden Saison auf, dauert die Reparatur unter Umständen länger und verkürzt damit die Freizeit an Bord.

Auf dem wirklich letzten Törn vor dem Einwintern können dann alle Lebensmittel und Konserven, die im Winter ablaufen oder durch Frost Schaden nehmen könnten, verbraucht oder vom Boot geschafft werden: weniger einkaufen für das Wochenende und weniger auszuräumen nach dem Krantermin – eine Winwin-Situation also. Und vergessen Sie über dem Notieren, Fotografieren und Suchen nach potenziellen Problemen auf keinen Fall, die letzten Tage an Bord zu genießen!

Tatsächlich können Sie das umso mehr, je besser vorbereitet es auf den Krantermin zugeht. Denn mit einem Überblick über die nötigen Punkte arbeitet es sich gleich viel entspannter am Boot – mit der Gewissheit nämlich, dass im Frühling keine unangenehmen Überraschungen warten und es zeitig losgehen kann.

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