Welches MOB-Manöver ist am erfolgversprechendsten, welches Rettungsmittel bringt das Crewmitglied am sichersten wieder an Deck? Und klappt das alles nicht, mit welchem Notfallsender an der Rettungsweste findet man die Person im Wasser wieder? Oder welcher Feuerlöscher erstickt die Flammen am zuverlässigsten? Häufig testet die YACHT Ausrüstung, die nach Unfällen oder in akuten Gefahrensituationen helfen kann. Es geht darum, Probleme zu lösen. Noch besser wäre es, diese Probleme würden an Bord erst gar nicht entstehen. Um Unfälle zu vermeiden, ist es wichtig, die Ursachen zu kennen. Also: Was kann alles passieren?
Übrigens: Falls schon etwas passiert ist, finden Sie in diesem Ratgeber Tipps zur Versorgung der häufigsten Verletzungen an Bord.
Grob unterteilen lassen sich die Bereiche an Deck und unter Deck. Dort können Situationen entstehen, bei denen Personen verletzt werden oder der Verlust der Yacht droht. An Deck steht an erster Stelle die Stolper- und Sturzgefahr. Die geht häufig von Beschlägen wie Relingstützen oder Schienen aus. Dabei kann es ohne Schuhe zu Verletzungen an den Füßen kommen. Außerdem besteht immer die Gefahr, dabei über Bord zu fallen. Hinzu kommen Verletzungen der Hände an Winschen, Hebelklemmen oder Muringleinen. Im Rigg geht die größte Gefahr vom Großbaum aus. Hier sind auch Traveller und Großschot im Manöver zu berücksichtigen.
Obendrein droht beim Aufentern in den Mast Absturzgefahr. Wie Sie sicher in den Mast kommen, wird in diesem Artikel in 14 Tipps zum Aufentern erklärt. Abstehende Kardeele an defekten Drahtfallen sind zudem ein großes Verletzungsrisiko für die Hände.
Unter Deck gibt es drei Hauptbereiche: Pantry, Installation und die allgemeine Sturzgefahr. Manchmal ist es auch eine Mischung, so kann es zu schweren Verbrühungen führen, wenn man beim Kochen mit einem Topf kochenden Wassers das Gleichgewicht verliert. Installation für Gas, Elektrik und Maschine bergen bei Fehlfunktionen Gefahr und dann kann schnell der Verlust der Yacht die Folge sein. Damit verwandt ist das Gefahrenpotenzial durch Gas: Kohlenmonoxid, das extrem toxisch, und Propan, das hoch entflammbar ist.
Viele dieser Empfehlungen halten Segler automatisch ein. Dennoch kann es helfen, sich zu vergegenwärtigen, was alleine das Missachten der ersten Regel für schlimme Folgen haben kann. Viele Gefahren lassen sich durch gute Vorbereitung ausräumen. So wächst etwa die Brandgefahr durch vernachlässigte Wartung, ist hier alles auf Stand, sinkt auch das Risiko enorm. Sind alle sicherheitsrelevanten Vorbereitungen getroffen, kann die Zeit auf dem Wasser genossen werden, ohne sich Horrorszenarien auszumalen.
Manöver und Rettungsmittel sollten erprobt sein. Besser aber ist es, den Fall ganz zu verhindern.
Umsicht und eine Hand am Schiff helfen nicht immer. Besonders bei schwerem Wetter oder nachts sollten sich Crewmitglieder zusätzlich per Leine sichern. Dabei müssen Sicherheitsleinen griffbereit und auch Rettungswesten mit Gurtzeug getragen werden. Zudem müssen die Strecktaue an Deck sinnvoll platziert werden. Zu locker und zu dicht an der Bordwand verhindern sie einen Sturz eventuell gar nicht. Immerhin besteht dann zwar eine Leinenverbindung, aber die Person hängt dennoch im kalten Wasser, und der Weg zurück an Deck kann zur Herausforderung werden.
Besser die Positionierung der Strecktaue schon im Hafen überprüfen und gegebenenfalls verbessern. Außerdem kann es ratsam sein, in Luv aufs Vorschiff zu gehen, weil man dann aufs Deck fällt, wenn man das Gleichgewicht verliert und nicht außenbords. Leinen, die einmal ruckartig belastet wurden, müssen ausgetauscht werden. Mehr über den richtigen Umgang mit Lifelines erfahren Sie hier.
Liegt ein Crewmitglied im Wasser, ist bei der Gefahrenvermeidung schon etwas erheblich schiefgegangen. Dennoch sollten Segler auch darauf vorbereitet sein. Eine gute Rettungsweste erhöht hier die Chance, lebend gefunden zu werden, enorm. Alle Modelle der Auftriebsklasse mit 275 Newton und mehr sollen auch ohnmächtige Personen auf den Rücken drehen. Ein Notlicht oder Sender erleichtert dann das Wiederfinden. Eine Spraycap ist bei rauer See unerlässlich, um ungehindert atmen zu können, ohne sich an Spray zu verschlucken und daran zu ertrinken. Hier finden Sie unseren großen Rettungswesten-Vergleichstest.
Konventionelle Karabiner an Sicherheitsleinen können sich in Padeyes oder unter Klampen so verhakeln, dass sie sich bei Belastung öffnen oder aufbiegen. Besser sind Haken mit einer zusätzlichen Sicherung, Strecktaue sind so zu führen, dass solche Gefahrenstellen möglichst vermieden werden.
Bei Katamaranen liegen die Antriebe meist sehr weit achtern und können mit den Füßen erreicht werden. Bei MOB-Situationen ist deswegen besondere Vorsicht beim Manövrieren neben Personen nötig. Besonders wenn Crewmitglieder über die Badeleiter aus dem Wasser aufentern: Maschine auskuppeln.
Ein Brand ist die wohl größte Katastrophe auf einem Boot. Löschversuche sind sehr gefährlich.
Ein außer Kontrolle geratener Brand zwingt die Crew, das Boot sofort zu verlassen. Löschversuche sind wegen der meist eingeschränkten Deckenhöhe gefährlich, weil die Flammen, statt sich nach oben auszubreiten, zurückschlagen. Brennt es auf dem Herd, sollte zuerst das Gas abgestellt werden. Wenn das Absperrventil in der Nähe der Kochstelle erreichbar ist, umso besser. Sonst im Gaskasten an der Flasche abdrehen. Unsere Löschversuche bei Fettbränden haben gezeigt, dass schon das Ausschalten des Herdes und ein Deckel über den Flammen einen Entstehungsbrand löschen können. Auf gar keinen Fall Wasser in brennendes Fett gießen, es besteht große Explosionsgefahr!
Die zweite häufige Brandursache ist fehlerhafte Elektroinstallation. Regelmäßige Kontrolle ist aber auch bei gut ausgeführter Verkabelung ratsam. Denn Korrosion oder durch Vibration gelöste Verschraubungen können zu hohen Übergangswiderständen und somit Hitzeentwicklung führen. Für den Notfall müssen Feuerlöscher an mehreren Stellen griffbereit sein.
Wie Sie im Notfall reagieren und welche Maßnahmen Sie schon präventiv ergreifen sollten, lesen Sie in diesem Artikel.
Propan und Butan sind schwerer als die Umgebungsluft, sammeln sich also in der Bilge. Um das Brandrisiko zu verringern, die Entlüftung des Gaskastens überprüfen. Ein Gaswarner ist eine sinnvolle Investition.
In der Pantry droht dreifaches Ungemach: Bei Seegang die Töpfe gut sichern, eine Ölhose hilft gegen Verbrühungen. Unbeaufsichtigte Pfannen sind eine Fettbrandgefahr. Zudem kann Kohlenmonoxid entstehen: Niemals mit Herd heizen!
Eine lockere Schlauchschelle am Krümmer reicht, und es gelangen Kühlwasser und Abgase ins Schiff. Außerdem kann von Dieselleckagen ein Brandrisiko ausgehen. Etwa wenn der Kraftstoff in die Motorraumisolierung zieht und dann durch einen Kurzschluss entzündet wird. Dagegen hilft, den Motorraum sauber zu halten, um Lecks schnell erkennen und beseitigen zu können. Außerdem sollten die Kanten des Dämmmaterials mit Tape versiegelt werden.
Fällt die Stromversorgung aus, fehlen auch Navigation oder Beleuchtung. Zudem können lockere Kabel- und Quetschverbindungen große Hitze bis hin zum Brand verursachen. Bei großen Verbrauchern müssen auch die Kabelquerschnitte passen.
Schoten und Fallen sind vor allem für die Hände riskant. Wenige Regeln schützen vor Verletzungen.
Welches Gefahrenpotenzial von Tauwerk ausgeht, wird häufig unterschätzt. Das Problem: Unter Last kann sich das eigentlich geschmeidige Material zu einer wahren Hautfräse entwickeln, wenn es durch ungeschützte Hände slippt. Schwielen und Blasen sind eher harmlose, heftige Schürf- und Brandwunden schwerwiegendere Folgen.
Segelhandschuhe verringern das Verletzungsrisiko, wichtiger noch ist der richtige Umgang mit dem Tauwerk. Das fängt beim Greifen an. Ein beliebter Fehler ist es, die Leine für mehr Grip um die Hand zu schlingen. So kann sie aber nicht vollständig freigegeben werden und frisst sich ins Fleisch. Besser: wie ein Mikrofon im Faustgriff halten. Öffnet man die Faust, fällt die Leine aus der Hand und läuft ohne Verletzungen aus.
Zudem sollte es immer ausreichend Sicherheitsabstand zu Winschen, Klemmen und Klampen geben, damit die Hand nicht in den Beschlag gezogen wird, bevor sie die Leine freigeben kann.
Wer die Leine zu dicht an der Trommel fasst, riskiert beim Fieren mit der Hand hineingezogen zu werden. Außerdem sollte die Schot nie um die Hand geschlungen werden. Denn so lässt sie sich im Notfall nicht einfach loslassen. Beginnt die Leine dann zu slippen, schneidet sie schmerzhaft ins Fleisch. Besser mit der Faust fassen, wie es unten zu sehen ist.
Taljen-Untersetzungen verwandeln Kraft in Weg, das hilft beim Dichtholen. Im Umkehrschluss erzeugt der Schotzug beim Fieren enorme Seilgeschwindigkeiten, daher sollte die Leine nur Hand über Hand gefiert oder komplett losgelassen werden. Ein durch die Hand rutschendes Tau erzeugt derart viel Reibungswärme, dass schnell Verbrennungen entstehen, außerdem schleift sich die Leine blitzschnell durch die Haut. Segelhandschuhe und der Faustgriff verringern die Verletzungsgefahr deutlich.
Wie viel Last auf einer im Stopper fixierten Leine ist, wird häufig unterschätzt. Öffnet man die Klemme, leidet nicht nur das Tau, es kann auch durch die Hand gezogen werden, was wie an Schoten und Winschen zu Brand- und Schürfwunden führen kann. Daher sollte das Fall auf die Winsch gelegt und angekurbelt werden. Anschließend wird es bei geöffneter Klemme kontrolliert über die Winde gefiert.
Metallische Fallen sind nur noch selten an Bord - gut so, denn sie neigen dazu, Fleischerhaken zu bilden. Speziell der Bereich direkt hinter dem Schäkel ist gefährdet, er liegt bei gesetztem Segel auf der Fallscheibe und wird mit jeder Laständerung durchgewalkt, das lässt das Material ermüden und einzelne Kardeele brechen. Diese dünnen Drähtchen stehen dann als Spitzen hervor. Handschuhe tragen oder auf Dyneema-Fallen umrüsten.
Die Festmacher liegen die meiste Zeit auf dem Grund und sind entsprechend verschmutzt sowie häufig mit scharfkantigen Muscheln und Pocken bewachsen. Da sie beim Anlegen zügig zum Bug geführt werden müssen, besteht Schnittgefahr. Am besten pickt man die Mooring mit einem Haken auf und trägt zum Belegen Handschuhe.
Lange Landleinen werden schnell zur Fußfessel, wenn man beim Hantieren in eine an Deck liegende Schlaufe tritt. Zudem sollte das Tauwerk um eine Klampe gelenkt werden, damit man plötzliche Belastungen nicht aus Hand und Rücken abfangen muss.
Wenn Prophylaxe nicht hilft und doch etwas passiert, ist in „Medizin auf See“ von Jens Kofahl nachzulesen, wie die Crew diverse Verletzungen unterwegs auf See ohne Arzt behandelt. Delius-Klasing, 59,90 Euro.