Johannes Erdmann
· 19.08.2025
(per Klick geht es zu den ausführlichen Einzelbewertungen)
Egal ob als Antrieb für das Dingi oder als Flautenschieber – auf vielen Segelbooten finden Außenborder Verwendung. Je nach Zweck und Fahrtgebiet besteht die Wahl zwischen verschiedenen Größen. Als Dingimotor sind kleine 2-PS-Außenborder gefühlt im ganzen Mittelmeer vertreten, auf Charter- wie auch Eigneryachten. Die Größe reicht völlig aus, um ein voll bepacktes Beiboot bei ruhigem Wetter vom Ankerplatz zur nahen Hafenpromenade zu bringen. Und der Antrieb ist zugleich so leicht, dass er bequem mit einer Hand über die Reling an Bord gehoben werden kann.
Doch immer dann, wenn ein wenig Wind aufkommt oder die zurückzulegende Strecke etwas länger ist, hilft es, wenn der Schlauchbootmotor ein paar Leistungsreserven besitzt. Das Gleiche gilt für die Nutzung als Schubmotor am Kleinkreuzer: Bei ruhigem Wetter würden auch 2 PS ausreichen, um das Boot aus der Box und durch den Hafen zu manövrieren. Doch oft ist eine Sicherheitsreserve nicht schlecht, damit es auch sicher zurück in den Hafen gelangen kann, wenn der Wind zunimmt.
Eine optimale Größe für alle Wetterlagen und Anforderungen – sowohl als Kleinkreuzer-Antrieb als auch als Dingimotor – besitzen Außenborder mit einer Leistung von 5 PS, weil sie vom Gewicht (25 bis 29 Kilogramm) her gerade noch ohne Motorkran oder größere Anstrengungen vom Beiboot an Bord gehievt werden können und als Flautenschieber das Schiff nicht zu hecklastig werden lassen.
Ab der nächsten Größe von (je nach Hersteller) 6 oder sogar 8 PS sind die Motoren häufig als Zweizylinder ausgeführt, was zusätzliches Gewicht mit sich bringt und die Antriebe für die Nutzung auf Segelbooten immer unattraktiver werden lässt. Zumindest wenn das Dingi nicht an Davits gefahren wird, sondern ständig für jede Etappe vom Motor befreit und an Deck gehoben werden muss.
Aus diesem Grund haben wir vier der verbreitetsten Außenborder unter die Lupe genommen und sie einheitlich an einem durchschnittlichen Dingi (Talamex Comfortline TLA 250) getestet, dazu den Spritverbrauch und die Reichweiten mit einer Tankfüllung gemessen. Die Motoren besitzen allesamt einen internen Tank mit einem Fassungsver-mögen zwischen 1,2 und 1,5 Litern, was das Mitführen des sperrigen, aber optionalen Zusatztanks oftmals unnötig macht. Der interne Tank ist bei allen Testkandidaten ausreichend dimensioniert, um bis zu eine Dreiviertelstunde lang Vollgas zu fahren.
Zwei Modelle im Test sind nahezu baugleich: Der Motor von Tohatsu und der von Mercury unterscheiden sich lediglich durch einen zweiten Tragegriff am hinteren Ende des Kraftkopfs, durch den sich der Antrieb deutlich angenehmer tragen und einhängen lässt. Der Deckel hat eine geringfügig andere Form, ist bei Tohatsu achtern ein wenig spitzer und schmaler zulaufend, bei Mercury etwas runder. Von den Abmessungen größer und schwerer sind die Modelle von Yamaha und Honda.
Alle Motoren sind durchweg sehr gut und qualitativ hochwertig gefertigt, wobei jedoch der Honda in vielen Details den Eindruck erweckt, als sei man in der Produktion die Extrameile gegangen. Sowohl im Finish als auch in Detaillösungen, wie etwa dem kleinen Schlauch, den man bei Bedarf auf den Vergaser stecken kann, um den Sprit aus der Schwimmerkammer abzulassen, damit er nicht verkleckert.
Während bei der Verwendung eines externen Tanks der Sprit per Pumpball in der Leitung angesaugt und bis in den Vergaser gepumpt wird, sind bei Nutzung des internen Tanks nach dem vollständigen Leerlaufen für gewöhnlich einige Startversuche am Seilzugstarter nötig, bis der Vergaser vollständig gefüllt ist. Bei Yamaha gibt es deshalb unter der Kappe einen kleinen Pumpball, um den Sprit aus dem internen Tank vorzupumpen. Der Kraftstoffhahn selbst sitzt jedoch etwas ungewohnt nicht an der Seite des Kraftkopfes, sondern unterhalb der Vorderseite, sodass man das erste Mal ein wenig suchen muss. Gut: Ein Aufkleber weist auf die richtige Schalterstellung hin, sodass klar wird, dass er sich zumindest in der Nähe befinden muss.
Eine Beschriftung für das korrekte Ablegen, etwa beim Transport im Kofferraum, besitzen nur der Mercury und der Honda. Dabei ist solch ein Hinweis sehr wichtig, weil das Motoröl bei falscher Lagerung auslaufen oder in den Brennraum gelangen kann. Bei Tohatsu muss im Handbuch geblättert werden, um herauszufinden, dass der Motor auf der rechten, linken oder der Vorderseite abgelegt werden darf. Trotz Baugleichheit mit dem Mercury, der lediglich auf der linken Seite liegen darf. Bei Yamaha ist solch ein Aufkleber nicht nötig, denn laut Herstellerangaben ist es völlig egal, wie er gelagert wird – solange es nicht kopfüber ist.
Sowohl beim Tohatsu als auch beim fast baugleichen Mercury gefällt, dass sich die Schaltung an der Vorderseite befindet. Damit ist sie am Heck eines Segelboots angenehmer zu erreichen, ohne sich weit über die Reling beugen zu müssen.
Beim Test der Motoren begnügten wir uns mit den mitgelieferten Original-Propellern, die optimal für die Erprobung am Schlauchboot ausgelegt sind. Für die Nutzung als Hilfsantrieb an einem Segelboot bieten viele Hersteller alternativ Schubschrauben an, die über eine größere Blattfläche und flachere Steigung verfügen, um die Eigenschaften beim Beschleunigen und Aufstoppen zu verbessern. Die Schubschrauben sind jedoch bei dieser Motorklasse auch nur Kompromisse, weil sich die kleinen Einzylinder-Aggregate mit ihren 5 PS nur bedingt dafür eignen. Tohatsu etwa liefert mit dem getesteten Motor einen Propeller der Größe 7,8 x 8, wobei die erste Zahl den Durchmesser in Zoll angibt, die zweite die Steigung. Dieser Propeller ist optimal für ein Ruderboot oder Dingi, für ein Segelboot rät Tohatsu jedoch zu einem Typ der Größe 7,9 x 6, der etwas mehr Durchmesser und weniger Steigung besitzt.
Erst die Modelle ab 6 PS (Yamaha) oder 8 PS sind mit ihren zwei Zylindern wirklich stark genug, um effektive Schubschrauben mit entsprechenden Blattflächen nutzen zu können. Was beim Motoren ein Vorteil ist, kann zudem beim Segeln zum Nachteil werden, wenn der Außenborder nicht aus dem Wasser geklappt werden kann. Die großen Blattflächen erzeugen dann einen nicht unerheblichen Widerstand. In der Praxis wissen viele Segler nicht um die Unterschiede und nutzen deshalb einen Standard-Propeller.
Bei der Pfahlzugmessung, in der die Motoren mit voller Kraft an einer elektronischen Waage ziehen müssen, erwies sich der Tohatsu mit einem Zug von 0,61 Kilonewton (kN) als stärkster Kandidat. Der Yamaha erzeugte mit 0,58 kN nur leicht weniger Kraft, dicht gefolgt von dem Tohatsu fast baugleichen Mercury mit 0,57 kN und dem Honda mit 0,55 kN.
Um bei der Testfahrt realistische Kraftstoffverbräuche zu ermitteln, entschieden wir uns für drei Geschwindigkeiten: langsame Fahrt von fünf Stundenkilometern, schnelle Verdrängerfahrt von neun Stundenkilometern, bei der das Schlauchboot knapp unter der Angleitgeschwindigkeit bleibt, und die Fahrt unter voller Kraft.
Da wir den Test mit einem Dingi durchgeführt haben, das bei zehn Stundenkilometern zu gleiten beginnt, verbraucht der Außenborder bei Volllast weniger Kraftstoff pro Kilometer, weil das Boot gleitet und den Widerstand der eigenen Welle überwunden hat. Bei Volllast an einem verdrängenden Segelboot wird der Verbrauch jedoch exponentiell höher sein. Alle Antriebe sind in Sachen Spritverbrauch sehr günstig unterwegs. Bezogen auf die Reichweite eines Motors unterscheiden wir dabei die Reichweite mit einem Liter Benzin (um den direkten Vergleich zu ermöglichen) und die praktische Reichweite mit den unterschiedlich großen Tanks.
Rein rechnerisch der sparsamste Antrieb ist der Yamaha. Mit einem Verbrauch von nur 0,14 Litern pro Kilometer in schneller Verdrängerfahrt legt er mit einem Liter Super 7,0 Kilometer zurück und schafft es damit am Weitesten. Allerdings knapp gefolgt vom Mercury und Tohatsu, die mit einem Verbrauch von 0,15 Litern pro Kilometer und einer Reichweite von rund 6,5 Kilometern (mit einem Liter Sprit) dicht auf sind. Der Honda ist ein klein wenig durstiger als seine Kollegen und benötigt 0,18 Liter bei einer Reichweite von nur 5,5 Kilometern. Bei Vollgasfahrt und im Gleiten setzt sich der Tohatsu an die Spitze, der mit 27 Stundenkilometern der Schnellste ist und damit bei einem Vollgas-Verbrauch von 0,06 Litern pro Kilometer bei größerer Geschwindigkeit auch eine Reichweite von 16,6 Kilometern besitzt. In der Praxis würde er mit seinem eingebauten 1,2-Liter-Tank sogar bis zu 20 Kilometer weit kommen. Der Yamaha erreicht hingegen nur einen Topspeed von 24,5 Stundenkilometern bei einem Verbrauch von 0,07 Litern und damit eine Reichweite von 13,7 Kilometern. In der Praxis würde er mit seinem kleinen 1,1-Liter-Tank 15,1 Kilometer schaffen. Der Honda benötigt zwar ein wenig mehr Kraftstoff, hat aber auch mit 1,5 Litern den größten Tank, was ihm eine Reichweite von 15,3 Kilometern beschert.
Damit erzielen fast alle Motoren eine praktische Reichweite bei Vollgas von 15 Kilometern oder eine Fahrtzeit zwischen 36 (Yamaha) und 44 Minuten (Tohatsu), was für die meisten Einsatzzwecke ausreichend sein dürfte.