HavarieMotorausfall auf der Überführung – wo der Fehler häufig zu finden ist

Johannes Erdmann

 · 12.10.2023

Die bei der Überführung havarierte deutsche Yacht
Foto: Sæby Redningsstation
Es passiert immer dann, wenn man es gar nicht gebrauchen kann: Erst nimmt der Motor kein Gas mehr an, dann beginnt er zu stottern – und geht aus. Wo der Fehler gerade bei unbekannten Booten zu suchen ist und wie Sie auf Nummer sicher gehen

Gestern vermeldet die dänische Zeitung “Nordjyske” die Rettung einer Yacht vor Sæby. Eine deutsche Crew hatte das Boot gerade kurz zuvor in Schweden nahe Göteborg gekauft und war damit auf der Überführung zum neuen Heimathafen in Deutschland, als der Motor zehn Meilen vor Asaa plötzlich den Dienst quittierte. Bei sieben Windstärken und bis zu zwei Meter hohen Wellen war es der Crew zu heikel, die Segel zu setzen. Über Lyngby Radio alarmierte sie deshalb einen dänischen Rettungskreuzer. Ein Seenotretter sprang an Bord der Segelyacht, um eine Leinenverbindung herzustellen, danach konnte die Yacht in den Hafen von Asaa geschleppt werden.

Motorausfall beim neuen Segelboot: ein klassischer Fall. Beim Blick in das Logbuch der dänischen Seenotretter steht vor fast jedem zweiten Rettungseinsatz “Motorstop” oder “Motorproblem”. Immer wieder bereiten die Motoren der mittlerweile 20, 30 oder gar über 40 Jahre alten Segelboote an der Ostsee Probleme.

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Verunreinigungen im Tank: Das sind die möglichen Folgen

Ohne die genauen Hintergründe des Falls im Kattegat zu kennen, passiert es relativ häufig, dass Verunreinigungen im Tank bei Wellengang aufgewirbelt werden und den Weg in das Saugrohr des Tanks finden. Dort blockieren sie dann den Fluss des Treibstoffs. Entweder sofort, indem sie das Rohr verschließen – oder indem sie sich vor dem Dieselfilter anhäufen, bis kaum mehr Diesel hindurchgelangt.

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Tückisch dabei ist, dass selbst ein Probelauf im Hafen oder längere Probefahrten bei leichtem Seegang meist nicht auf mögliche Probleme hinweisen. Denn die Verunreinigungen liegen auf dem Boden des Tanks, meist ein paar Zentimeter unterhalb des Saugrohrs. Erst in rauer See werden die kleinen Schwebeteile und dicke “Plocken” aufgewirbelt, treiben umher und werden früher oder später angesaugt.

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Die möglichen Folgen sind vielfältig: Kleine Schwebeteile lagern sich nach und nach vor dem Filter an, bis nichts mehr durchgeht, dicke Stücke verschließen den Schlauch häufig komplett. In manchen Fällen bleiben mittelgroße Stücke auch im Saugrohr stecken und lassen bei kleiner Motordrehzahl genug Diesel hindurch. Bei mehr Gas aber zu wenig, sodass der Motor kein Gas mehr annimmt oder ins Stottern kommt.

So oft sollten Sie Ihren Tank auf Verunreinigungen oder Dieselpest kontrollieren

Boote haben nicht so einen hohen Durchsatz an Kraftstoff wie Autos. Häufig reicht eine Tankfüllung beim Segelboot eine ganze Saison. Das bedeutet, dass der Kraftstoff das ganze Jahr im Tank steht, sich in der Sommerwärme Algen bilden, im Winter Schwitzwasser. Ein Vorfilter, etwa von Separ oder Racor, trennt Wasser und filtert Schmutz auf dem Weg zum Feinfilter des Motors. Aber ist “die Pest” erst einmal im Tank, dann setzen sich auch Vorfilter schnell zu.

Gerade bei älteren Booten ist es deshalb gut, wenn der Tank alle paar Jahre auf Verunreinigungen oder Dieselpest kontrolliert wird. Das geht freilich nur, wenn auch ein Inspektionsluk vorhanden ist. Und selbst dann bleiben häufig Verunreinigungen unentdeckt, etwa wenn sie sich hinter Schwallblechen angelagert haben. Um sicherzugehen, dass der Tank wirklich sauber ist, kann es dann nicht schaden, das ganze Kraftstoffsystem, also den Tank samt Vorfilterhalter und Schläuchen, einmal komplett zu reinigen. Früher war es sogar gang und gäbe, einen Tagestank (etwa 30 bis 40 Liter) an Bord zu haben, in den jeweils der Diesel für den täglichen Gebrauch gepumpt und dabei durch einen Filter gereinigt wurde. Bei größeren Tanks konnte die Crew dann sicher sein, dass der Diesel, der im Tagestank schwappt, auch wirklich sauber ist.

Motorausfall verhindern: Wie handelt man bei der Überführung eines unbekannten Bootes richtig?

Wer ein unbekanntes Boot überführen will und nicht weiß, wie es im Inneren des Tanks aussieht, der kann den Motor dann im Zweifel auch direkt aus einem neuen Tank betreiben. Ein Außenborder-Tank (12 bis 25 Liter) genügt für die Überführung oder alternativ ein 10-Liter- oder besser 20-Liter-Kanister. Im Zubehörshop für Ölheizungen gibt es sogar einen vorgefertigten Deckel, der auf gewöhnliche Kanister geschraubt werden kann, um eine Heizung aus dem Kanister zu betreiben. Alternativ reicht es auch, den Kraftstoffschlauch in den Kanister zu hängen. Dafür sollte der Deckel aber durch Bohrungen modifiziert werden, damit der Schlauch auch straff darin sitzt. Sonst besteht die Gefahr, dass der Diesel bei Seegang herausschwappt.

Beim Betreiben des Dieselmotors aus dem Extratank oder Kanister sollte immer darauf geachtet werden, dass auch der Rücklauf des Motors in den Kanister geführt wird. Die Kraftstoffpumpe fördert nämlich immer mehr Diesel, als der Motor bei kleiner Drehzahl benötigt. Unverbrauchter Diesel wird über die Rücklaufleitung zurück in den Tank befördert. Und bleibt die Rücklaufleitung an den Haupttank angeschlossen, dann ist der Kanister ruckzuck leer – und ein Großteil des sauberen Diesels im verunreinigten Tank.


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