AntriebWelche Werft bietet E-Motoren an? Die Marktübersicht

Alexander Worms

 · 03.08.2023

Beneteau Oceanis 30.1/34.1.  Konzept: rein elektrisch, Akkukapazität: 2x 5 kWh, Motorleistung: 10 kW, Generatorleistung: entfällt, Rekuperation: nein
Foto: YACHT/Andreas Lindlahr
Diese Modelle werden mit E-Antrieb angeboten (Auswahl)
Immer mehr Hersteller setzen auf alternative Antriebe. Bei einigen ist der E-Motor sogar schon serienmäßig verbaut. Zeit für einen Überblick

Elektroautos sind entweder groß und teuer oder klein und für Kurzstrecken gedacht. Die Ersteren werden von Menschen gekauft, die E-Mobilität als Statussymbol sehen und denen die lokale Emissionsfreiheit wichtig ist. Der Preis spielt dabei weniger eine Rolle. Die Zweitgenannten werden erworben, weil es einfach sinnvoll ist, auf kurzen Strecken elektrisch zu fahren. Dank einer nur geringen erforderlichen Reichweite können die Akkus entsprechend kleiner ausfallen. Das macht die Fahrzeuge einigermaßen erschwinglich.

So ist es auch mit den Booten. E-Antriebe haben sich zuerst bei kleineren Yachten durchgesetzt. Daysailer, die nur mal eben aus dem Hafen geschoben werden müssen oder sogar an einer Boje liegen, benötigen keine Riesenreichweiten. So kann für lediglich geringen Aufpreis ein E-Antrieb an Bord kommen.

E-Motoren kommen auch auf große Yachten

Die andere Seite der Medaille sind große, teure Yachten. Auch hier setzen sich alternative Antriebskonzepte durch. Katamarane scheinen dafür besonders geeignet, weil sie, wenn sie denn segeln, dies oft schneller tun als Monohulls. Dabei lässt sich durch Rekuperation besser nachladen. Außerdem sind zwei Antriebe vorhanden, was doppelte Ladepower bedeutet. Und: Katamarane sind teuer. Dabei fällt ein Mehrpreis von 100.000 Euro für einen Elektroantrieb weniger ins Gewicht. Gleiches gilt zum Beispiel für eine Contest 49. Die hat ebenfalls optional einen Hybridantrieb mit E-Motor. Bei einer Yacht für 1,6 Millionen Euro ist der Aufpreis für viele Eigner verschmerzbar.

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Auch die Schweden von Arcona Yachts bieten vollelektrische Antriebe an. Hier gilt ebenso: Die Boote sind im gehobenen Preissegment angesiedelt, die Kunden sind bereit dafür. Und Arcona geht noch einen Schritt weiter: Die neue 415 ist die erste Serienyacht in der Größe, die serienmäßig mit einem E-Antrieb von Oceanvolt ausgeliefert wird. Der Diesel ist eine Option.

So weit ist es bei X-Yachts noch nicht. Dennoch: Die X 4.9 kommt auf Wunsch ebenfalls mit einem Antrieb der finnischen Experten von Oceanvolt und hat, wie die Arcona, eine optimierte Rekuperation im Gepäck, die bei einem Schiff mit dem Speedpotenzial der Skandinavierin auch durchaus sinnvoll ist.

Die XC 47 wird gleichfalls mit einem 30-kW-Antrieb von Oceanvolt in Verbindung mit einem 11-kW-Generator angeboten, der die rein elektrische Reichweite des 46,4-kWh-Akkus vergrößert. Wieder spielt der Aufpreis bei den ohnehin hochpreisigen Schiffen eine untergeordnete Rolle. Die Geräusch- und die Wartungsfreiheit sowie das Prestige eines Elektroantriebs stehen im Vordergrund.

Auch die Großserie bietet E-Motoren an

Anders sah das bislang bei Booten aus der Großserie aus. Hanseyachts hat sich als erster großer Hersteller herangetraut und die 315 mit E-Antrieb angeboten. Der war ins Ruder integriert und mithin etwas sonderbar. Ob das der Grund war, dass nur eine Handvoll davon verkauft wurden? Vielleicht.

Die Reichweite ging mit rund 40 Seemeilen bei vier Knoten Fahrt in Ordnung. Solche Boote werden für preissensible Eigner und noch preissensiblere Charterflottenbetreiber gebaut. Deren Kunden sind nur bedingt bereit, für eine Woche an Bord mehr zu zahlen, wenn die Schiffe einen E-Motor haben.

Dennoch kündigt auch Hanseyachts für die neue 410 einen revolutionären E-Antrieb an. Was genau das bedeutet, mochte das Unternehmen noch nicht sagen. Vorgestellt wird die 410 im Spätsommer dieses Jahres. Die elektrische Antriebsoption in solch einem Volumenmodell ist jedoch schon erwähnenswert.

Bei Bavaria denkt man ebenfalls über E-Antriebe nach. „Konkrete Projekte oder Boote sind gerade aber nicht in der Pipeline“, so Marcus Schlichting, der Pressesprecher der Werft.

Breite Palette an Modellen mit E-Antrieb in Frankreich

Anders bei Beneteau: „Die 30.1, 34.1 und 37.1 wird es mit einer E-Antriebsoption von Torqeedo geben“, so Valentin Moreau, verantwortlich für Segelyachten bei den Franzosen. „Der Aufpreis beträgt etwa fünf bis sechs Prozent zum Diesel, allerdings dann lediglich mit einer vollelektrischen Reichweite von etwa zwei Stunden bei Marschfahrt. Mehr Autarkie kostet auch mehr, ist aber möglich“, so Moreau.

Des Weiteren wird es auch für die First 44 einen Hybridantrieb geben, der wird gerade getestet. Auf die Frage, warum die Werft erst recht spät auf den Zug aufsteigt, erklärt Moreau: „Wir sind kein Handwerksbetrieb. Wenn wir eine Lösung anbieten, muss sie funktionieren. Das dauert manchmal etwas. Jetzt haben wir mit Torqeedo einen guten Partner dafür.“

Auch bei Dufour wird die Modellpalette auf elektrische Antriebe als Option umgestellt. „Wir wollen maximale Flexibilität in den Entwürfen. Durch Lieferkettenprobleme nach Corona haben wir die neuen Modelle jetzt so gestaltet, dass es egal ist, ob ein grüner oder grauer Diesel verbaut wird oder ob es ein E-Motor ist. Das wird also für alle neuen Modelle eine Option sein“, sagt Verkaufsleiter Nicolas Béranger.

Keine Subventionen für E-Antriebe

Es tut sich also was im Bereich E-Antriebe, auch in der Großserie. Natürlich ist aber die Angebotsseite nur ein Teil der Geschichte. Gefragt nach dem derzeit größten Hindernis für die weitere Entwicklung von E-Motoren, antwortet Marcel Schwarzenberg-Unruh von Fischer Panda: „Das ist die landseitige Infrastruktur. Über Schnellladen müssen wir ja gar nicht reden, aber nicht mal 16 Ampere findet man an jeder Hafensteckdose. Das ist dann schwierig, wenn man mit 1.000 Watt laden soll. Norwegen hat gerade angekündigt, dass es 400 Schnellladestationen ans Wasser bauen will. Da sind wir noch weit von entfernt.“

Schaut man auf den Automobilsektor, so haben Subventionen den Weg für eine weitere und anhaltende Verbreitung von E-Autos geebnet. Das wird es für Boote nicht geben. Man stelle sich die Diskussion vor, wenn Freizeityachten auf Staatskosten unterstützt würden.

Ob die Initiativen der Hersteller gewürdigt werden und die Kunden E-Antriebe bestellen, bleibt indes abzuwarten. Die Vorteile jenseits jeder Ideologie liegen auf der Hand: Leise, gut zu manövrieren und ohne Wartung und Gestank – das macht schon Spaß.

Auch das Thema Reichweite ist finanziell lösbar. Wer in große Akkus investieren kann, kommt auch einigermaßen weit. Einstweilen jedoch ist die Marktentwicklung vom Wohlwollen der Eigner abhängig: Man muss es wollen. Dann geht’s.


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