PraxisSegeln mit Hund – die besten Tipps für Mensch und Tier

Michael Rinck

 · 20.06.2023

Sehr erfahrene Bordhunde können auch mal an Deck mitsegeln. Eine Rettungsweste ist aber empfehlenswert
Foto: Cavan Images / Alamy Stock Photo / mauritius images
Hunde sind die treuen Begleiter des Menschen. Mit etwas Übung werden sie auch zu verlässlichen Crewmitgliedern. Wir zeigen, wie Mensch und Hund zusammen segeln können!

In diesem Artikel:

Bei vielen Crews werden nach dem Festmachen nicht sofort die Segel aufgetucht und das Cockpit aufgeklart, sondern es geht als Erstes mit dem vierbeinigen Mitsegler auf einen kleinen Spaziergang an Land. Danach erst kommt das Boot dran, und anschließend wird auf einen gelungenen Törn angestoßen und Essen gekocht. Der Bordhund liegt dann ruhig und entspannt an Deck in der Abendsonne.

So ist zumindest die Wunschvorstellung, die Realität kann aber auch ganz anders aussehen. Der Bordhund springt – die Festmacherleinen sind noch nicht belegt – auf den Steg und macht keine Anstalten, freiwillig wieder an Bord zu kommen. Dazu bellt er vorbeikommende Personen an, und Körbchen, Napf und Spielzeug blockieren den Durchgang. Das sorgt für Unmut bei anderen hundelosen Seglern – zu Recht.

Da immer mehr Crews mit Hunden auf Törn sind, wächst auch das Konfliktpotenzial im Hafen. Wir haben die Inhaberin und Hundetrainerin Sonja Schmied von der Hundeschule Dogs-Schmiede in Lübeck gefragt, wie es mit dem verträglichen Miteinander zwischen Zwei- und Vierbeiner im Hafen und auf dem Wasser klappen kann.

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Am wichtigsten für den Hund sind Übung und Struktur

Der Schlüssel zum Erfolg sind Übung und Struktur. Der Vierbeiner muss sich in der neuen Umgebung wohlfühlen, dann bleibt er ruhig und entspannt. Das Üben beginnt bereits beim Gang auf den Steg. Führt der Weg über eine steile Rampe oder ungewohnten Untergrund (zum Beispiel ein Riffelblech), kann das die erste Herausforderung für den Bordhund werden. Hier darf er nicht schnell an der Leine hinübergezogen werden, denn das wäre direkt eine negative Erfahrung und bedeutet Stress für Hund und Herrchen. Lieber die neue Umgebung langsam erkunden, mit Leckerli bestätigen, sobald die Pfoten auf den Steg gesetzt sind, und so dem Tier spielerisch den neuen Weg zeigen.

Wichtige Voraussetzung ist aber, dass der Hund generell schon an der Leine gehen kann und auf grundsätzliche Kommandos hört. Auf dem Steg sollte er an der Leine geführt werden. Wegen des begrenzten Raumes sind Begegnungen eher problematisch. Kommt ein anderer Hund entgegen, den eigenen Vierbeiner außen führen, so positioniert man sich dazwischen als räumliche Trennung. Die nächste Herausforderung kann der Schritt an Bord sein. Über die Badeplattform ist das kein Problem, muss der Vierbeiner aber hochgehoben werden oder (bei größeren Rassen) über eine Rampe aufentern, ist auch hier wieder Übung gefragt. Sonja Schmied empfiehlt, den Gang über die Planke schon zu Hause zu trainieren. Anfangen kann man auch mit einer Luftmatratze, um Bewegung auf wackeligem Untergrund zu üben. Dann mit der Rampe an Land beginnen, bevor tatsächlich die Lücke zwischen Steg und Boot überwunden werden soll.

Der beste Platz für den Bordhund

An Deck angelangt, muss ein guter Platz für den Bordhund gefunden werden. Das kann eine Decke oder ein Kissen sein, ein Ort, den der Hund mag. Die Positionierung ist sehr wichtig: Zu dicht am Steg platziert, gibt dem Vierbeiner das Gefühl, er müsse eventuell das Boot bewachen. Das führt dazu, dass andere Menschen, die das Schiff auf dem Steg passieren, angebellt werden. Also lieber einen Platz weiter achtern (wenn mit dem Bug voran angelegt wurde) suchen, so kann der Hund entspannen und fühlt sich nicht in der Pflicht. Ist er dennoch schnell abgelenkt von Stegnachbarn und fängt an zu bellen, sei es auch aus Freude, kann das stören. Dagegen hilft generell Training der Impulskontrolle.

Das kann spielerisch geschehen, etwa wenn der Hund auf der Wiese abgelegt, ein Ball geworfen wird und er diesem erst auf ein Kommando hin nachjagen darf. Anfangs mag ihm das sehr schwerfallen, der Ball sollte daher zunächst nur wenige Meter weit geworfen werden. Doch schnell lassen sich hier Erfolge erzielen, sodass sehr neugierige und aufgeweckte Hunde auch in anderen Situationen kontrollierter reagieren.

Ein sicheres Zeichen, dass sich der Hund an Bord entspannen kann, ist, wenn er sich hinlegt, den Kopf ablegt und nicht sofort bei jeder Bewegung seiner zweibeinigen Bezugsperson aufspringt. Besonders erschwert wird das durch Stegnachbarn, die den an Deck dösenden Vierbeiner anlocken und möglicherweise vom Steg aus streicheln wollen. Der Fehler ist verzeihlich, denn wer streichelt nicht gern einen Hund, dennoch sollten Frauchen oder Herrchen vorher gefragt werden. Ist der Hund allein an Deck, lieber weitergehen, denn man kann nie genau wissen, wie er reagiert. Selbst wenn die Reaktion freundlich ist, kann ein größerer Hund vor Freude auch beim Hochspringen kratzen.

Abwesenheiten mit dem Hund üben

Hunde fühlen sich mit ihren Bezugspersonen am wohlsten, deswegen ist Alleinbleiben für sie schwer. Doch beim Gang zum Hafenmeister muss der Bordhund nicht immer mit dabei sein. Auch hier gilt, mit kurzen Abwesenheiten zu üben. Voraussetzung ist, dass der Hund einen Rückzugsort wie beispielsweise ein Körbchen oder eine Decke an Bord hat, wo er sich wohlfühlt.

Das Ziel ist, dass der Bordhund beim Segeln im Schiffsinneren schläft.

So ein Platz ist auch besonders wichtig, wenn es auf Törn geht. Hier ebenfalls zuerst mit einer kleinen Ausfahrt beginnen. Vor dem Ablegen einen Spaziergang machen, dann den Hund in sein Körbchen unter Deck legen. Ein Kauknochen kann das Wohlbefinden noch erhöhen und sorgt für eine positiv besetzte Routine. Das Ziel ist, dass der Bordhund beim Segeln im Schiffsinneren schläft. Klappen kurze Törns, steht auch einer längeren Strecke nichts im Weg.

So klappen auch längere Schläge mit Hund

Die Vorbereitung auf den Törn ist einfach, sollte aber unbedingt berücksichtigt werden

Planen: Das Wohlergehen des Hundes muss in der Törnplanung berücksichtigt werden
Foto: YACHT/ B. Scheurer

Laut Hundetrainerin Schmied können Hunde bis zu 20 Stunden am Tag (meistens aber nicht am Stück) schlafen, somit sind einige Stunden auf See kein Problem, vorausgesetzt das Tier fühlt sich an Bord wohl. Dennoch ist gute Planung wichtig. Vor langen Tagen auf See ist ein großer Spaziergang Pflicht, dazu noch Spielen, was den Vierbeiner geistig auslastet und ihn später tief schlafen lässt. Dann sind auch mal zehn Stunden auf See gut möglich. Danach ist natürlich wieder viel Bewegung an Land wichtig. Die Törnplanung sollte zudem so gestaltet werden, dass sich solche langen Tage nicht zu oft hintereinander wiederholen und im Zweifel ein alternatives Ziel unterwegs angesteuert werden kann, wenn der Hund sichtbar gestresst ist.

Das äußert sich unterschiedlich. Ein erster Hinweis darauf ist, dass er nicht ruhig liegen bleibt, auf und ab läuft oder jault. Aber auch Schmatzen, exzessives Gähnen oder Niesen können Anzeichen für Stress sein. Manche Rassen neigen zudem zu sogenannter Spontanschuppung: Dann bilden sich innerhalb weniger Augenblicke weiße Pünktchen im dunklen Fell. Das Phänomen geht zumeist schnell vorbei. Solche Hinweise sollten aber ernst genommen werden, eine Pause an Land ist dann ratsam.

Für die meisten Hunde sind Training und Strukturen wichtig

Natürlich gibt es auch die Vierbeiner, die selbst ohne Leine nicht von Frauchens Seite weichen, auch dann nicht, wenn ihnen ein anderer Hund entgegenkommt. Diejenigen, die, einmal auf ihre Decke geschickt, dort bleiben und unter Segeln brav an Deck liegen, ohne dass sich die Crew sorgen muss, dass sie gleich wegen einer vorbeifliegenden Möwe einen Hechtsprung außenbords machen. Für diese Ausnahmetalente kann die Leinenpflicht etwas gelockert werden, auch Deckentraining, Impulskontrolle und Dingifahrstunden sind hier dann nicht so entscheidend

Für die allermeisten Hunde sind das Training sowie die sehr klaren Strukturen und Regeln aber wichtig, denn sie geben ihnen die Sicherheit, um sich an Bord entspannen zu können. Klappt das nicht, bellt der Hund Artgenossen oder Menschen an, geht nicht gern an Bord, ist gestresst oder aggressiv, dann können Trainingseinheiten in einer Hundeschule unter Umständen die rettende Lösung sein. Denn viele der Fähigkeiten, die im Hafen und an Bord wichtig sind, können schon zu Hause an Land geübt werden. Dennoch sind sie auch danach vielleicht nicht direkt übertragbar, die Übung auf dem Steg, an und unter Deck ist dann trotzdem unentbehrlich.

Die richtige Ausrüstung für den Hund an Bord

Mit dem Vierbeiner kommt auch einiges an zusätzlichem Equipment an Bord

Safety first! Das Wichtigste an der Weste ist nicht der Auftrieb, sondern der Griff am Rücken
Foto: YACHT/ B. Scheurer

Ebenfalls ein wichtiger Faktor für gelungene Törns mit Hunden ist die Ausrüstung für das Tier. Ist der Bordhund an Deck, sollte eine Rettungsweste angelegt werden. Die hält den Vierbeiner im Ernstfall über Wasser, erhöht die Sichtbarkeit und bietet einen Griff am Rücken, um ihn aus den Fluten zu fischen. Auch im Alltag kann dieser Griff hilfreich sein, wenn der Abstand zwischen Steg und Bugkorb sehr groß ist. Trainerin Sonja Schmied rät zwar, den Hund auf den Arm zu nehmen und mit der anderen Hand unterzufassen. Das ist aber nicht immer möglich, wenn man sich selbst festhalten muss. In dem Fall werden kleine Vierbeiner unter den Arm geklemmt oder kurzerhand am Griff der Rettungsweste übergeben. Mit etwas Übung halten sie dabei still und zappeln nicht. Dann ist der Aufstieg im Handumdrehen erledigt.

Doch auch das Tragen der Rettungsweste kann den Hund erst mal stören, sodass er daran schrittweise gewöhnt werden sollte. Leine, Spielzeug, Kotbeutel und Körbchen verstehen sich als selbstverständliche Ausrüstung an Bord wie an Land. Zusätzlich kann bei größeren Rassen eine klappbare Rampe sehr hilfreich sein. Hier eignen sich Modelle, die auch zum Einsteigen in den Kofferraum des Autos angeboten werden. Sie sind leicht und nehmen nicht so viel Platz weg.

Wenn der Hund bockt, kann niemand den Törn genießen

Ein spezielles Handtuch kann helfen, den Hund nach dem Landgang zu trocknen und so das Verteilen von Sand unter Deck zu minimieren. Auch spezielle Wassernäpfe, die selbst bei starken Schiffsbewegungen nicht überschwappen, helfen das Boot unter Deck trocken zu halten. Eine für den geplanten Törn ausreichende Menge Futter muss selbstverständlich ebenfalls mitgenommen werden – nicht in jedem Supermarkt findet sich die passende Sorte.

All diese Dinge brauchen etwas Platz an Bord. Sie dienen aber dem Wohlergehen des Hundes. Was nicht nur aus Gründen des Tierwohls wichtig ist, sondern sich auch direkt auf die Qualität der Freizeit aller auswirkt. Denn nehmen Segler zu wenig Rücksicht auf ihren felligen Mitsegler, wird er den Aufenthalt an Bord zunehmend als stressig wahrnehmen und eben nicht entspannt in der Abendsonne an Deck liegen oder nach der morgendlichen Gassirunde freudig an Bord steigen. Wenn der Hund dann bockt und bellt, kann niemand mehr den Törn genießen.

Der größte Fehler: Lange Törns ohne ausreichend Übung

Der größte Fehler wäre deswegen, ohne ausreichende Übung ambitionierte Törnpläne durchzusetzen: Hektisch an Bord, chaotisch ablegen, und erst spät abends fällt dann der Anker. Der Hund muss dringend an Land, ist aber zuvor noch nie im Beiboot gefahren. Jetzt ist jedoch kein Hafen in der Nähe, es muss also auf Krampf funktionieren. Worst Case!

Kleine Erfolge statt hochgesteckter Ziele

Auch die Fahrt im Dingi sollte im Hafen geübt werden. Das Einsteigen kann sogar zuerst mit dem an Land stehenden Beiboot probiert werden. Die allermeisten Hunde haben daran dann sogar Spaß. Dennoch kann man es ohne Training nicht wissen. Statt mit zu hochgesteckten Zielen dem Vierbeiner (und damit auch der Crew) den Segelsport nachhaltig zu vermiesen, sind kleine Trainingserfolge wichtig. Etwa wenn an Bord nur etwas vorbereitet werden soll, wie das Trimmen des Riggs oder das Einräumen der Backskiste: den Bordhund mitnehmen, auf seinen Platz legen und einfach gemeinsam Zeit auf dem Boot verbringen, auch wenn die Leinen gar nicht losgeworfen werden. Schon nach wenigen Stunden an Bord fühlt sich der Vierbeiner sicher und wird zusehends entspannter.

Und nur segelnde Hundehalter können die Freude nachvollziehen, wenn der vierbeinige Begleiter erstmals ganz relaxed auf der Seite an Deck schläft. Und auch nur sie kennen die widersprüchliche Gefühlsmischung aus Ärger und Stolz, wenn der Stegnachbar den schlafenden Hund anlockt und streichelt. Ärger, weil der Hund plötzlich aus tiefster Ruhe vor Freude völlig aufdreht. Stolz aber, weil man die Zuneigung des Nachbarn zum Vierbeiner verstehen kann. Der eigene Hund ist natürlich auch der Beste und Süßeste. An Land sowieso, aber an Bord umso mehr.


Tipps von einer Hundetrainerin

Hundetrainerin Sonja SchmiedFoto: YACHT/ B. ScheurerHundetrainerin Sonja Schmied

Sonja Schmiedt ist Hundetrainerin und Inhaberin der Lübecker Hundeschule Dogs-Schmiede. Sie hat uns für diese Geschichte fachlich unterstützt. Die meisten Fertigkeiten, die Hunde an Bord beherrschen müssen, können auch an Land geübt werden. Dennoch sind die ersten Male an Bord wichtig, damit das Tier die Umgebung in Ruhe erkunden kann. Ein entspannter Hund stört auch nicht andere Segler durch Bellen oder Fiepen. Klappt nicht alles auf Anhieb, ist es wichtig, die Stresssignale des eigenen Vierbeiners zu erkennen und durch Übung und Routine für Entspannung zu sorgen. Struktur ist das Wichtigste für den Hund. Das betrifft zeitlich wiederkehrende Abläufe wie Spaziergang, ins Körbchen gehen, Kauknochen zur Belohnung und Ablegen genauso wie räumliche Aspekte, also einen sicheren Rückzugsort an Bord. In schwierigen Fällen kann auch Expertenrat weiterhelfen.


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