Max Gasser
, Lars Bolle
· 25.05.2023
Wer zwischen 1960 und 1980 mit dem Segeln in Kontakt kam, wird wohl kaum an den braun-gelblichen Tufnol-Blöcken und -Klemmen vorbeigekommen sein. Bis heute sind die Beschläge immer wieder zu sehen, doch Hersteller HYE stellt seine Produktion nun ein
Am “Wunderstoff” Tufnol, auch bekannt als Pertinax, war lange Zeit kein Vorbeikommen. Die charakteristischen braunen Blöcke und Curry-Klemmen dürfte noch heute fast jeder Segler kennen. Die Beschläge gehörten bereits in den sechziger Jahren zur Grundausstattung vieler Yachten und Jollen und kamen vielfach zum Einsatz: ob als Backen für Curry-Klemmen, Scheiben für Blöcke oder alle denkbaren Beschläge.
Bei Tufnol, so der Markenname, oder auch Pertinax, handelt es sich um Hartgewebeplatten oder Blöcke aus Phenolharz und Baumwollgewebe oder Hartpapier. Es ist ein sehr hartes und widerstandsfähiges Material, das sich durch seine hohe Druckfestigkeit und gute elektrische Isolation auszeichnet.
Das seewasserbeständige harzgetränkte Hartgewebe kann in Kombination mit Edelstahl zu fast allem verarbeitet werden. Denn der sehr verarbeitungsfreudige Kunststoff konnte auf der Bank gedreht, im Schraubstock gefeilt, in fast jede Form gebracht werden. Mit heutigen Kunststoffen oder Metall-Legierungen ist das Material schwer vergleichbar. Etwa die Curry-Klemme. Wer nicht aufpasste und erst zu spät merkte, dass die selbst gefeilten Zähne vom Tauwerk schon rund geschliffen waren, landete, etwa in Einhandklassen, schnell mal im Wasser, wenn sich die Großschot plötzlich löste.
Dennoch hat Pertinax viele Segler lange Zeit begleitet. Es war der Billigwerkstoff gegenüber Aluminium, Edelstahl oder wertigeren Legierungen. Dazu relativ leicht, aber dennoch robust und langlebig. Die unscheinbare, an Holz erinnernde Optik, verbunden mit den Vorteilen von Kunststoff, ließen die Blöcke über die Jahrzehnte zu einem echten Klassiker werden.
So wird es wohl bei manchem Segler Nostalgie-Gefühle auslösen, wenn ein Pertinax-Beschlag plötzlich im Keller oder auf dem Dachboden auftaucht. Der typische Geruch wird noch in vielen Jahren Erinnerungen an längst vergangene Segeltage beschwören.
Doch mit neueren Materialien wurden immer weniger Tufnol-Beschläge gefertigt, zuletzt nur noch aus optischen Gründen für klassische Yachten.
Nun hat auch der niederländische Hersteller Holland Yacht Equipment (HYE) überraschend die Produktion der Beschläge eingestellt. Seit 1954 hatte das Traditionsunternehmen mit Sitz in Monnickendam Blöcke und Beschläge hergestellt. Auch die moderneren Offshore-Modelle sind vom Produktionsende betroffen.
Derzeit sind die Blöcke bei SVB, Toplicht und Co. allerdings noch zu haben, schnell sein könnte sich hier lohnen.