Es gibt Boote, die kennt jeder. Die Fisher 25 ist so eines, und das, obwohl sie nur 270-mal gebaut wurde. Doch die markante Erscheinung der kleinen Fischkutter-Nachbildung prägt sich einfach jedem ein, der das individuelle Gefährt im Hafen oder auf See einmal zur Kenntnis nahm. Und das kann überall passieren, denn der in den Jahren 1975 bis 2008 in Südengland gebaute Motorsegler wurde weltweit ausgeliefert – stets auf eigenem Kiel.
Das erstaunt angesichts der Bootsgröße, denn mit ihren 25 Fuß hat die Mini-Ketsch noch die Abmessungen eines Kleinkreuzers. Doch wer an Bord kommt, vergisst schnell, dass der Rumpf nicht länger ist als ein Folkeboot. Das Backdeck ergibt eine große Vorschiffsfläche, die hohe Schanz kaschiert einen gewaltigen Aufbau, und durch Plicht, Deckshaus und Kajüte ergeben sich mehrere Lebensräume völlig eigener Atmosphäre. Kurz – man wähnt sich tatsächlich auf einem echten Schiff. Dem vielleicht kleinsten der Welt, auf dem ein solches Gefühl überhaupt aufkommen kann.
So ging es auch den Testern der YACHT. „Wer Fischkutter liebt, wird auch die Fisher 25 lieben“, schrieb Chefredakteur Harald Schwarzlose schon vor mehr als vierzig Jahren in Ausgabe 4/1976 und führte aus, dass auch die äußerst solide Bauweise dem optischen Vorbild folge. Ein Bootsgewicht von 4,5 Tonnen, zwei davon im Kiel, verblüffte bei der Größe schon damals.
Doch das Konzept sichert Langlebigkeit, wie ein Besuch in Rerik zeigt. „Erst nach vielen Jahren im täglichen Einsatz kann durch eine fachkundige Prüfung Qualität und Wert einer Segelyacht beurteilt werden“, schrieb YACHT-Leser Kurt Ledtje und lud zum Gebrauchtboot-Test seiner 25 Jahre alten „Rodina“ ein. „Hier knarzt und knackt nirgends etwas“, sagt der überzeugte Eigner zur Begrüßung an Bord.
Ledtje hatte sein Boot auf der Londoner Ausstellung besichtigt und in Auftrag gegeben. Im April 1995 überführte er es – natürlich auf eigenem Kiel – in fünf Tagen aus dem Solent auf die Elbe nach Hamburg, wo er seinerzeit zu Hause war.
Ein Jahr beträgt damals die übliche Lieferzeit, Sonderwünsche hatte Ledtje nicht. Er hätte auch eine Slup-Takelung mit weißen Segeln oder unter Deck zum Beispiel einen Salon mit Dinette bekommen können. Bei der Northshore Yachts Yard Limited in Itchenor, wo auch die Southerly- und die Vancouver-Yachten entstehen, ist fast alles möglich. 1981 hat man dort die Produktion von Fairways übernommen, wo die von Gordon Wyatt und David Freeman erdachte Fisher 25 seit 1975 gebaut wurde.
Damals wollten die beiden Yachtkonstrukteure an ihren Erfolg mit der Fisher 30 anknüpfen. Dieser konsequent für wetterunabhängiges Bordleben auf See und im Hafen – auch in extrem kalten und heißen Regionen – erdachte Motorsegler fand mit Kutter-Optik, Ketschtakelung, Kanuheck und Ruderhaus schnell seine Fangemeinde, der er bis heute als das Blauwasserschiff dieser Größenordnung schlechthin gilt. Unter Kennern genießen die später bei Northshore entstandenen Boote den Ruf, qualitativ höherwertig ausgebaut zu sein als die der ersten Jahre. Echte Veränderungen hat es allerdings nicht gegeben.
Vor etwa zehn Jahren ist die Form an die größte Werft Asiens, Neil Marine auf Sri Lanka, verkauft worden, wo man die Fisher 25 immer noch bauen lassen kann. Von ihren Konstrukteuren Wyatt und Freeman wurde eine leichte Modellpflege vorgenommen. Dabei ist etwa der WC-Raum von vorn nach mittschiffs gewandert, was einen veränderten Salon ergibt. Die Fotos des Prototyps sind auf der Internetseite der Werft (www.neilmarine.com) zu sehen.
Es ist bereits spät im Oktober, als Eigner Kurt Ledtje an Bord willkommen heißt und übers Deck nach achtern führt. Als Einzige in der Fisher-Familie hat die 25er kein Kanu-, sondern ein Spiegelheck, sodass sich eine äußerst geräumige, selbstlenzende Plicht ergibt, die den gesamten Raum des Rumpfes hinter dem Steuerhaus einnimmt.
Durch eine Schiebetür geht es in das Innere des Steuerhauses. Hier sitzt der Rudergänger auf einer kleinen Bank hinter Rad und Armaturen an Backbord und hat durch Scheiben und Dachluke gute Sicht in alle Richtungen. Die Stehhöhe ist mit etwa 1,80 Meter eingeschränkt. An Steuerbord befindet sich eine Sitzbank, die hervorgezogen werden kann, um ihre Fläche zu vergrößern. Zwei, notfalls drei Personen haben in dem Deckshaus Platz, aus dem es sich auch unter Segeln gut steuern lässt.
Der Ausbau aus massivem Teak und Teak-furniertem Sperrholz macht den hohen Anspruch der Werft und das Vorbild skandinavischen Bootsbaus deutlich. Offensichtlich wird mit dem vermeintlichen Gegensatz zwischen Arbeitsfahrzeug und Yacht kokettiert, wie schon aus den ersten Sätzen der Werbebroschüre hervorgeht. Dort wird – im absoluten Grenzbereich britischen Understatements – ausgeführt, die Fisher-Yachten seien „von ihren Eignern als die feinsten ihres Typs empfohlen“.
Viel beeindruckender aber ist dabei das Raumangebot und dessen Nutzung. „Wir halten die Konzeption der Fisher 25 in Relation zu ihrer Größe für optimal“, schrieben schon die Tester 1976. „Mehr Komfort kann man wohl kaum aus einer solchen Bootsgröße herausholen.“
Der Salon bietet eine Stehhöhe von 1,80 Meter und drei Personen ausreichend Platz. Eine große L-Sofakoje an Backbord kann zur Doppelkoje umgebaut werden. Dazu wird die standardmäßige, lange Back abgesenkt, die auch am achteren Schott hochgeklappt werden kann, was dann einen völlig freien Raum unter Deck ergibt. Auf dem Testschiff wurde ein fester Tisch nachgerüstet, der eine großzügige U-Sofakoje ermöglicht.
An Steuerbord befindet sich eine Hundekoje mit darüber ausziehbarem Navigationstisch. Davor, an dem auf See ruhigsten Punkt des Schiffes, eine komfortable Pantry mit Spüle, halbkardanisch aufgehängtem Herd mit Ofen, Schubladen und Ablagefächern für Geschirr. Werftseitig ist unter der Hundekoje ein Kühlfach eingebaut.
Vor dem Salon ist an Backbord ein WC-Raum untergebracht, der naturgemäß sehr klein ausfällt, aber sämtliche üblichen Funktionen bietet. Gegenüber gibt es einen Spind mit Lamellentür und davor ein geräumiges Vorschiff mit sehr hoch liegenden Kojen, zwei Bullaugen in der Bordwand und Ablagen. Die Tankkapazitäten sind mit 180 Litern für Frischwasser und Diesel reichlich.
Die Maschine wird am Innensteuerstand bedient. Der Yanmar 3 GM bringt mit seinen 27 PS gute 5 Knoten Marschfahrt bei 2200 Umdrehungen. Verbaut ist die Antriebstechnik unter dem Ruderhaus, wo sich der Boden mit wenigen Handgriffen vollständig entfernen lässt. So entsteht ein Motorraum mit viel Platz für Wartungsarbeiten.
Als die Maschine läuft, beginnt hier am Rad im Ruderhaus ein ungewöhnlicher Segeltag – denn das Wetter ist nicht dabei; es spielt sich vor dem Fenster ab. Es ist zu sehen, wie sich die Bäume am Ufer biegen, wie Regenschauer über das Salzhaff jagen, aber die Tür ist zu, und hier drinnen stört das alles nicht. Die Komfortzone muss nur für die Segelmanöver verlassen werden.
Die handlichen Tücher sind schnell gesetzt, und es geht zunächst an den Wind. Rund 50 Grad am wahren Wind sind möglich. Doch unter Segeln weite Strecken gegen den Wind aufzukreuzen, das entspricht nicht dem Anforderungsprofil des kleinen motorisierten Gefährts. Und auf allen anderen Kursen werden ihm gute Reisegeschwindigkeiten und angenehmes Seeverhalten unter Segeln attestiert.
Der Tag auf dem Salzhaff bestätigt das. Unaufgeregt bewegt sich die „Rodina“ wie eine größere Yacht. Zum Segeln wird die Mechanik des Innensteuers abgekoppelt, mit der Pinne lässt sich das Boot dann sehr direkt segeln, wobei der Rudergänger an den Aufbauten vorbei freie Sicht nach vorn hat. Da sie sehr kursstabil ist, kann das Ruder dabei auch kurzzeitig sich selbst überlassen werden.
Wie sich die Fisher 25 bei „richtigem Schietwetter“ segelt, beschreibt der damalige Tester Schwarzlose in YACHT 4/1976. Seinerzeit muss die Besatzung vor Damp „mit 7–8 Beaufort und grober, auflandiger See“ fertig werden. Dabei benehme sich der kompakte Motorsegler wie ein typischer Kutter, behäbig und gutmütig. „Hektik kennt man an Bord nicht. 4,5 Tonnen Gewicht bestimmen die Bewegungen. Auch mit der Krängung lässt sich das Boot Zeit. Es segelt eher aufrecht, ähnlich wie eine holländische Flachboden-Yacht, und so ist der Aufenthalt in der Kajüte und im Steuerhaus stets angenehm.“
Aufgrund der soliden Bauweise sind nur wenige der üblichen Alterungserscheinungen typisch für in die Jahre gekommene Exemplare der Fisher 25. Von den vor 1990 gebauten Booten ist bekannt, dass die Fensterrahmen im Ruderhaus durch Korrosion undicht werden und dann getauscht werden müssen. Im gleichen Zeitraum wurde auch der Decksbelag aus Treadmaster noch nicht mit Epoxidharz aufgeklebt, und es kommt dort zu Ablösungserscheinungen. Strukturelle Probleme, die üblicherweise nach einer bestimmten Nutzungsdauer an neuralgischen Stellen auftreten, sind hingegen nicht bekannt.
Wer ein solides und kompaktes Schiff zum wetterunabhängigen Fahrtensegeln sucht, der sollte sich den kleinen Kutter genauer anschauen. Mit den üblichen Maßstäben ist er dabei vielleicht nur schwer zu messen. Unter ihren Fans aber genießen die Fisher-Motorsegler seit dem ersten Tag Kult- Status. In Großbritannien, Holland und Kanada existieren aktive Eignerzusammenschlüsse. Doch auch hierzulande werden bisweilen Treffen organisiert. Kurt Ledtje war stets dabei. Seit 25 Jahren verbringt der Ersteigner den Sommer auf seiner „Rodina“, rund 1000 Seemeilen ergeben sich dabei pro Saison. Ein anderes Schiff käme für ihn dazu nicht in Frage – was ja auch eine Art Testergebnis ist.
Stand 02/2025, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, lesen Sie hier!
Echtes Charakterschiff für wetterunabhängiges Fahrtenschippern unter Segeln und Motor. Komfortabel und seetüchtig
Äußerst solide Bauweise
Gelungener Kompromiss aus Motor- u. Segelboot
Bei allen Bedingungen gut von innen zu steuern
Großes Cockpit
Angenehmes Seeverhalten
Für einen Motorsegler gute Allroundeigenschaften
Wenig Höhe am Wind
Hochwertiger Ausbau in Teak
Wenig Stehhöhe im Ruderhaus
Sehr kleiner WC-Raum