Bernd Schreyer hat sich ein Boot gebaut. Vor vielen Jahren schon. So weit, so gut. Allemal ungewöhnlich ist hingegen, worauf der Hobby-Konstrukteur damals zurückgriff: auf Holzpaletten, Alteisen und jede Menge Schrott – auf Dinge, die andere wegwerfen wollten. Zugegeben, das Ergebnis mutet rustikal an. Dafür hat es so gut wie nichts gekostet. Außer Schreyers Arbeitszeit. 14 Jahre tüftelte er an seiner „Cadler“. Aus Paletten wurden Planken, aus rostigen Eisenstangen Beschläge, aus alten Tüchern Segel. Und tatsächlich, es klappte, am Ende schwamm das Schiff nicht nur, es segelte sogar. Nicht schnell, aber immerhin.
Kaum zu glauben: In dem von David de Rothschild vor etwa 15 Jahren initiierten 60 Fuß langen und zwölf Tonnen schweren Katamaran „Plastiki“ stecken 12.500 Zweiliter-Kunststoff-Einwegflaschen. Der Erbe eines Finanzimperiums wusste die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um den eigenen Abenteuerdrang mit seinem Anliegen, auf die Bedrohung unseres Planeten aufmerksam zu machen, öffentlichkeitswirksam zu verknüpfen. Wie einst Thor Heyerdahl mit seinem Balsafloß „Kon-Tiki“ sollte „Plastiki“ auf große Ozean-Expedition gehen. 2010 hissten Rothschild und seine Crew die Segel und überquerten den Pazifik. Von San Francisco legten sie 8.000 Seemeilen bis Sydney zurück.
Selbst an abgelegensten Stränden sind sie zu finden: die millionenfach hergestellten und in nahezu aller Welt beliebten Gummisandalen. Verloren gegangene oder ausgediente Exemplare landen allzu oft im Meer und werden mit der Strömung davongetragen. Unter anderem nach Afrika. Dort, im kenianischen Küstenort Lamu, entstand die Idee, den Flipflops ein zweites Leben einzuhauchen. Aus ihnen sowie aus anderem angeschwemmten Plastikmüll bauten Mitglieder einer vor Ort gegründeten Umweltinitiative eine Dhau. Mit der segeln sie seit 2019 die ostafrikanische Küste ab, an Bord die Botschaft: „Vermeidet Plastikabfälle. Schützt unseren Planeten!“
Auf der Bathô-Werft südlich von Nantes werden die Rümpfe ausgedienter Boote in Gästezimmer, Gartenhäuser, Büros oder auch in Tagungsräume verwandelt. Dem Ideenreichtum sind keine Grenzen gesetzt. Nur eines tun die Schiffe nicht mehr: in See gehen. Dennoch allemal besser als beim Abwracker zu enden.
Bei dieser in ein Outdoor-Spielzeug umgewandelten Jolle darf man wohl getrost von Upcycling sprechen: So gut in Schuss sah das Boot zuletzt nicht mehr aus, als es in einem Hafenbecken vor sich hin rottete. Nun dürfen kleine Kapitäne das Steuer ergreifen und zu Abenteuern auf hoher See aufbrechen – oder auch einfach nur vergnügt im Sand buddeln.