Die Bundesregierung hat ihre Konjunkturprognose für das laufende Jahr deutlich gesenkt. Nach dem vor wenigen Tagen vorgelegten Jahreswirtschaftsbericht wird nur noch ein Wachstum von 0,3 Prozent erwartet. Im Herbst hatte die Regierung noch mit einem Plus des Bruttoinlandsprodukts von 1,1 Prozent gerechnet. Im vergangenen Jahr schrumpfte die Wirtschaftsleistung von Europas größter Volkswirtschaft das zweite Jahr in Folge. Die Erwartungen für 2026 wurden ebenfalls abgesenkt.
Was bedeutet das für die Wassersportbranche hierzulande?
Kurz gesagt: Sie bleibt davon nicht unberührt. Im Gegenteil. Das mehr oder minder stagnierende Wirtschaftswachstum, die unbefriedigende Zinsentwicklung und vor allem der akut drohende Verlust von Tausenden Industriearbeitsplätzen bringt Werften, Händler, Ausrüster, Servicebetriebe, Segelschulen, Hafenbetreiber und Charterunternehmen unter teils erheblichen Druck.
Das zeigen vom Bundesverband Wassersportwirtschaft (BVWW) erhobene Zahlen für 2024. Mit am stärksten betroffen sind die Hersteller und Händler kleiner und mittelgroßer Segelboote. Die Absätze in diesen beiden Segmenten seien nach Angaben der befragten Unternehmen 2024 wie schon im Jahr zuvor rückläufig gewesen oder allenfalls gleichbleibend, das aber dann zumeist auf niedrigem Niveau.
Etwas besser sah es allein bei den Verkäufen von Yachten ab zwölf Meter Länge aus. Für diesen Bereich konnten zumindest 20 Prozent der Befragten von gegenüber 2023 gestiegenen Umsätzen berichten.
BVWW-Geschäftsführer Karsten Stahlhut macht für diese Entwicklung neben der allgemeinen Konsumzurückhaltung zuallererst die stark gestiegenen Kaufpreise für Segelyachten verantwortlich. Das hat gravierende Folgen insbesondere für den Chartermarkt, der traditionell der größte Abnehmer von in Großserie produzierten Schiffen ist.
„Die mittlerweile sehr hohen Neubootkosten führen im Bereich der Charterboote kaum noch zu einem auskömmlichen Return on Investment.“
Den Grenzpreis für neue Charterboote, also jene Kostenschwelle, bis zu der Kunden bereit sind, ein Boot zu mieten, könne man nicht unendlich nach oben verschieben. Stahlhut: „Dann buchen die Kunden lieber das zwei Jahre ältere Modell, das 30 Prozent günstiger ist. Dieses Verhalten schlägt den Großserienwerften sicher stark ins Kontor, entgegenwirkende Maßnahmen sollten ergriffen werden.“
Auch viele Segelschulen, die in der Vergangenheit zumeist selbst dann noch Zuwächse verzeichneten, wenn alle anderen Segmente der Wassersportbranche über Geschäftseinbußen klagten, mussten zuletzt laut der BVWW- Umfrage rückläufige Teilnehmerzahlen bei den Führerscheinkursen hinnehmen. Ein Drittel der Ausbildungsbetriebe habe Ende 2024 schlechter dagestanden als im Jahr zuvor.
„Allerdings muss hierzu gesagt werden, dass die Schulen in den Coronajahren einen unglaublichen Boom erlebt haben. Das relativiert die gegenwärtigen Rückgänge in diesem Bereich.“
Zumindest stabil liefen hingegen die Geschäfte für die deutschen Vercharterer. Die größten Flottenbetreiber sind hierzulande an der Ostsee ansässig. 77 Prozent von ihnen gaben an, das Jahr 2024 weder schlechter noch besser als 2023 abgeschlossen zu haben. 15 Prozent berichteten von Einbußen, acht Prozent von einer Absatzsteigerung.
„Insgesamt lässt sich festhalten, dass nur 46 Prozent aller befragten Unternehmen angeben, gegenüber dem Vorjahr besser oder mindestens gleich gut abgeschnitten zu haben. Bei 54 Prozent war die Entwicklung hingegen negativ“, fasst Stahlhut die Umfrageergebnisse zusammen.
Immerhin sind die meisten Unternehmer der Ansicht, dass der Abwärtstrend 2025 allmählich enden wird. Zwar gehen weiterhin rund 43 Prozent davon aus, dass die Konjunktur dieses Jahr weiter auf Talfahrt sein wird. Im Vorjahr waren mit 60 Prozent aber noch deutlich mehr dieser Ansicht. 37 Prozent (2023: 32 Prozent) gehen nun von einer wirtschaftlichen Stagnation als wahrscheinlichster Variante aus. Und sogar ein Fünftel hofft, dass der Markt leicht anzieht (2023: 18 Prozent).
Eine entsprechende Entwicklung konnte man nach Angaben einiger Marktakteure bereits beobachten. Karsten Stahlhut: „Während monatelang bei vielen im Handel gar nichts ging, gab es im Spätsommer und Herbst eine kleine Zwischenbelebung, die sowohl im stationären Handel als auch auf den Herbstmessen zu spüren war.“ Ob es sich dabei um eine langfristige Tendenz oder nur ein Strohfeuer handele, müsse sich erst noch zeigen. Fakt sei, dass viele Händler aktuell mit relativ großen Rabatten arbeiteten, um ihre hohen Bestände abzubauen.
„Für den Moment ist das sicher hilfreich“, so der Verbandsgeschäftsführer, „auf Dauer wird das aber kaum durchzuhalten zu sein.“