UntergangBergung der “Bayesian” verzögert sich

Lars Bolle

 · 06.02.2025

Die "Bayesian" stand auf Platz 42 der größten Segelyachten der Welt.
Foto: Michael Kurtz
Die Bergung der 56 Meter langen Segelyacht „Bayesian“, gebaut von Perini Navi, wurde verschoben und wird voraussichtlich erst im April 2025 beginnen. Obwohl die Arbeiten diesen Monat starten sollten, hat die "Komplexität der Operationen" laut italienischen Medien zu Verzögerungen geführt.

Der Untergang der „Bayesian“

Die Yacht liegt seit über drei Monaten in 50 Metern Tiefe. Am 19. August 2024 sank die „Bayesian“ etwa 0,8 Seemeilen vor der Küste von Porticello, Sizilien, in einem Sturm. Offenbar hatte sich eine Windhose gebildet. Von den 22 Personen an Bord konnten 15 sicher evakuiert werden, während eine Such- und Rettungsmission später die Leichen von sieben Personen barg, darunter die des „Bayesian“-Eigners Mike Lynch, ein britischer Tech-Millardär, sowie vermutlich seiner 18-jährigen Tochter Hannah.


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Spekulationen zum Untergang

Die Alu-Yacht sank innerhalb weniger Minuten. Dieses schnelle Sinken wirft etliche Fragen auf. Eine Theorie geht von offenen Rumpfklappen aus. Doch selbst wenn die große Heck- sowie die seitliche Boardingplattform offen gewesen sein sollten, grenzt die Lazarette ein wasserdichtes Schott vom Motorenraum ab, der wiederum über ein weiteres wasserdichtes Schott von den Kabinen abgetrennt ist. Das Volllaufen einer einzelnen Sektion hätte kaum zu einem Untergang geführt, es sei denn, die Tür im Schott zum Motorenraum war geöffnet. Oder es gelangte zusätzlich Wasser über das 436 Quadratmeter große Deck in die Innenräume. Das hätte aber vorausgesetzt, dass die 540 Tonnen verdrängende Yacht ohne ein einziges gesetztes Segel sehr stark krängt.

Das wiederum wird nicht für unmöglich gehalten. Der 73 Meter lange Mast bietet selbst ohne die knapp 3.000 Quadratmeter großen Segel eine nicht unerhebliche Windangriffsfläche. Eine vom Mast erzeugte Krängung könnte den 11,52 Meter breiten Rumpf luvseitig etwas angehoben haben, sodass sich dem Wind in Orkanstärke zusätzliche Teile des Unterwasserschiffs als Angriffsfläche boten. Zudem könnte ein aufgeholter Liftkiel das aufrichtende Moment zusätzlich verringert haben. Mit vollständig ausgefahrenem Kiel kam „Bayesian“ auf 9,38 Meter Tiefgang, eingefahren waren es 4,05 Meter.

Die Bergung der „Bayesian“

Um die genaue Untergangsursache zu klären und damit auch etwaige Verantwortlichkeiten der Crew, soll die riesige Yacht gehoben werden. Die Bergungspläne wurden offiziell im Dezember 2024 von einem Konsortium von Versicherern unter der Leitung von British Marine eingeleitet. Diese Pläne beinhalteten das Drehen des Schiffs auf seinen Kiel und das Anheben mit Kränen oder "innovativen Auftriebssystemen".

Die italienische Küstenwache muss den Bergungsvorschlag ebenfalls genehmigen. Nach der Bergung soll die Bayesian vermutlich zur forensischen Untersuchung nach Palermo gebracht werden.

In Italien läuft eine Untersuchung wegen Totschlags und Mordes, während im Vereinigten Königreich eine Untersuchung der Todesfälle von vier Opfern des Unglücks vor dem Coroner's Court in Ipswich eröffnet wurde. Die Todesursache von Michael Lynch wurde als "Ertrinken" ermittelt, aber die Todesursachen der drei anderen Personen werden noch untersucht.

Dazu hofft das Gericht auf weiteres Beweismaterial sowohl von den italienischen Behörden als auch der Marine Accident Investigation Branch (MAIB). Mit der Verzögerung der Bergung könnte sich auch die für April 2025 angesetzte Untersuchung verzögern. Bis diese erfolgt ist, bleiben wohl alle Theorien zum Untergang Spekulation.


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