Swan 128Erste Bilder vom Nautor-Flaggschiff

Martin Hager

 · 19.07.2025

Leichter Wind beim Probeschlag auf dem Bottnischen Meerbusen sorgten für einen ersten Eindruck des 136 Tonnen verdrängenden Nautor-Flaggschiffs
Foto: Eva-Stina Kjellman
Mitte Juni ging es für die YACHT ins finnische Pietarsaari, um das knapp 39 Meter lange Nautor-Flaggschiff “Be Cool” zu segeln. Hier erste Eindrücke der Swan 128, die für einen erfahrenen Eigner entstand, der das Schiff ausgiebig als Blauwassercruiser und Regattayacht nutzen möchte.

Der Name der knapp 39 Meter langen Swan könnte kaum besser gewählt sein, hier oben in Finnland, rund 200 Kilometer nördlich des Polarkreises. Es ist wenige Tage nach Mittsommer, dem längsten Tag des Jahres und Hochsommer heißt hier ganz offensichtlich: “Be Cool”. Vier Grad Celsius zeigt das Thermometer um 8:30 Uhr am Morgen auf dem Deck der zweitgrößten je gebauten Swan. “Unsere größte je gebaute Yacht ist die Swan 131 ,Aristarchos’, die 42 Meter lang ist und die wir schon 2006 gewassert haben”, erklärt Nautor-CEO Giovanni Pomati, während wir dabei zusehen, wie die Crew das nach einem Blockbuster mit Uma Thurmann und John Travolta benannte Schiff zum Auslaufen vorbereitet. Auf Nachfrage, was es mit dem Namen auf sich hat, lässt der Geschäftsführer der seit kurzem zu Sanlorenzo gehörenden Werft wissen: “Der Eigner ist leidenschaftlicher Kino-Fan, sein zweites Schiff, eine Clubswan 50, heißt ,Django’, nach einem Tarantino-Film.”

Der Unterschied des vor 19 Jahren gewasserten Einzelbaus “Aristarchos” zum neuen Flaggschiff ist die Positionierung. Das neue 38,98-Meter-Modell krönt die aktuelle Swan Maxi-Reihe, zu der die Swan 88, 98, 108 und 128 gehören - allesamt als Semicustom-Yachten ausgelegt und damit im weitesten Sinne Serienschiffe mit einem hohen Grad an Personalisierung. Besonders viel Aufmerksamkeit bekam die Werft im hohen Norden kürzlich dank der Schlagzeile Hollywood-Star Tom Cruise ordert eine Swan 108”. ”Kein Kommentar” heißt es nur von Pomati und seinem Team.

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Als Vorbild diente eine Swan 120 und 108

Doch zurück zu “Be Cool”, die mit einer Länge von 38,98 Metern und einer Verdrängung von 136 Tonnen (mit vollen Tanks) das mit Abstand größte Modell der Swan Maxi-Linie ist. “Der Eigner hatte vorher eine Swan 98 mit Eignerkabine im Heck und hatte ursprünglich vor, auf eine Motoryacht zu wechseln”, so Giovanni Pomati. Doch dann sah er die Swan 120 “Audrey the First” mit Mastersuite im Bug und war begeistert. Er briefte die Werft und wünschte sich eine Maxi-Swan im Stil der Swan 108, nur größer. Die Swan 108 ist Nautors erste Maxi, die Germán Frers und Exterieur-Designer Lucio Micheletti schufen. Der Architekt verlieh der 36-Meter-Slup eine dynamische Note und holte traditionelle Formen zurück. Die Entwicklung des Swan 128-Giganten stellte aufgrund seiner technischen Komplexität und schieren Größe eine enorme Herausforderung für das gesamte Werft- und Designteam dar. In wenigen Wochen startet die 8,65 Meter breite Slup die Überführung in den Heimathafen Porto Cervo. Neben ausgiebigen Sommertörns sind für diesen Sommer auch Regatten geplant, im März 2026 geht es an die Startlinie der St. Barth Bucket, die YACHT- und BOOTE EXCLUSIV-Leser übrigens wieder im Rahmen unserer Leserreise an Bord von Sea Cloud II aus der ersten Reihe erleben können.

Design und Konstruktion

Für die Konstruktion der Swan 128 zeichnete Yachtdesigner Germán Frers verantwortlich. Das Deck und die Aufbauten wurden von Micheletti+Partners entworfen, die die bei der kleineren Swan 108 eingeführten Formen weiterentwickelten. Das Interieurdesign stammt von Misa Poggi in Zusammenarbeit mit dem werfteigenen Design- und Produktentwicklungsteam. Auch hier diente die Swan 108 als Inspirationsquelle. Bei der Gestaltung der Swan 128 lag ein noch stärkerer Fokus auf Leistung, Ästhetik und Innenraumkonzept. Besondere Aufmerksamkeit wurde dem Eigner-Bereich gewidmet, der einen Großteil des Vorschiffs einnimmt und frei von strukturellen Einschränkungen vollständig individualisierbar ist.

“Happy Place” bei 6 bis 12 Knoten TWS

Die Swan 128 verkörpert perfekt das Swan-Konzept eines sportlichen Cruisers - eine Yacht, die sowohl für ausgedehnte Reisen als auch für internationale Maxi-Regatten konzipiert wurde, ohne dabei Kompromisse bei ihren Kerncharakteristiken einzugehen. Die Doppelruder-Anlage gewährleistet optimale Kontrolle auch bei hohen Geschwindigkeiten und liefert präzises Feedback. Der moderate Krängungswinkel von etwa 20° unter optimalen Bedingungen erhöht den Komfort an Bord unter Segeln deutlich und ermöglicht die problemlose Nutzung aller Bereiche der Yacht. Mit einer Amwind-Segelfläche von 845 Quadratmetern verspricht der Segelplan stattliche Etmale und hohe Geschwindigkeiten selbst bei leichteren Winden, bleibt dabei aber gut beherrschbar unter anspruchsvollen Bedingungen. Während des ausführlichen Testschlags auf dem Bottnischen Meerbusen mit schwachem Wind zwischen 6 und 10 Knoten zeigte der formschöne 39-Meter-Schwan was in ihm steckt. Bei 6 Knoten wahrem Wind und einem Winkel zum scheinbaren Wind (AWA) von 30 Grad zeigten die extragroßen Sailmon-Displays am Mast einen Boat Speed von 7 Knoten. “Zwischen 6 und 12 Knoten TWS ist ihr ,happy place’, hier fliegt sie richtig”, verrät Kapitän Luca Sera, der noch dabei ist seinen neuen Arbeitsplatz kennenzulernen.

Einfaches Segelhandling

Für eine Maxi-Yacht ungewöhnlich ist der Verzicht auf ein Kutter-Rigg. “Wir können nur ein Vorsegel am 58 Meter in den Himmel ragenden Southern Spars-Mast setzen, entweder Gennaker, Genua oder Fock. Um keine Backstagen einsetzen zu müssen, verzichtete der Eigner zudem auf ein Square-Top-Großsegel, stattdessen fragte er die Rigger nach einem drei Meter höheren Mast, um trotzdem auf die gleiche Segelfläche zu kommen”, ergänzt Projektmanager Kim Sundquist. Auch der Bugsprit wurde auf expliziten Wunsch gestrichen. Fünf Crewmitglieder werden permanent an Bord von “Be Cool” arbeiten, wobei zum Segeln dank Selbstwendefock und Schoten, die auf kaptive Winschen laufen, nicht alle Hände an Deck gebraucht werden. “Wir verbauen normalerweise keine Selbstwendefock auf unseren Modellen,”, lässt Sundquist wissen. “Der Eigner wünschte es explizit, um das Segelhandling beim Cruisen maximal zu vereinfachen.” Bei 8 Knoten TWS beschleunigen die 136 Tonnen mit Großsegel und Genua kurzzeitig auf über zehn Knoten, was bei der Crew im Cockpit für Jubel sorgt.

Deck und Innenausstattung

Die Swan 128 verfügt über einen erhöht gelegenen Salon und ein flaches Deckshaus , was der Nautor-Neuheit ein sportliches und dynamisches Erscheinungsbild verleiht. Designer Lucio Micheletti legte den Fokus auf ein perfektes Gleichgewicht von Volumen, Formen und Details. Das Ergebnis ist eine elegante Mischung aus traditionellem Styling und modernen Elementen, verstärkt durch ein interessantes Zusammenspiel von Materialien, das einen lebendigen Effekt erzeugt und ein Gefühl von Geschwindigkeit vermittelt. Der erhöhte Salon, der über einen extra breiten Niedergang zugänglich ist, profitiert von drei Ebenen natürlichen Lichts und bietet Panorama-Ausblicke. In der Standardkonfiguration sind die beiden Hauptbereiche - Lounge und Essbereich - klar voneinander getrennt, wobei das Layout zahlreiche Anpassungsoptionen erlaubt.

Ein ausführliches Yachtporträt im Rahmen unserer Rubrik “Das besondere Boot” folgt in einer der kommenden YACHT-Ausgaben und dann natürlich auch hier auf yacht.de

Technische Spezifikationen Swan 128 „Be Cool“:

  • Länge über alles: 38,98 m
  • Länge Wasserlinie: 35,94 m
  • Breite max: 8,65 m
  • Tiefgang (Standardkiel): 4,70 m
  • Tiefgang (Teleskopkiel, optional): 5,70 m / 3,70 m
  • Verdrängung (leicht): 122.8 kg
  • Verdrängung (beladen): 136.2 kg
  • Ballast: 39,5 t
  • IG: 48,00 m
  • J: 15,37 m
  • P: 47,50 m
  • E: 15,80 m
  • Vorsegel: 368,9 m²
  • Großsegel (ORC): 443,8 m²
  • Genua (ORC): 401,5 m²
  • Asymmetrischer Spinnaker: 1180 m²
  • Treibstoff: 5500 l
  • AdBlue: 550 l
  • Wasser: 2650 l
  • Dieselgeneratoren: 2 x 230/400V 32kW 3-phasig

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