Lars Bolle
· 11.09.2025
Die drei installierten Carbonmasten ragen beeindruckende 69 Meter (226 Fuß) in die Höhe und erreichen mit der gigantischen Yacht eine Gesamthöhe von 100 Metern (328 Fuß) über der Wasserlinie. Die Masten sind neig- und schwenkbar konzipiert, was eine optimale Ausrichtung der Segelfläche zum Wind sowie eine Reduzierung der Brückendurchfahrtshöhen ermöglicht. Die Masten werden jeweils starre Segel mit der gewaltigen Fläche von je 1.500 Quadratmetern tragen. Unter optimalen Windbedingungen kann das Schiff ausschließlich mit Segeln navigieren und Geschwindigkeiten von bis zu 17 Knoten erreichen – und damit sogar die standardmäßige Motorantriebsgeschwindigkeit übertreffen.
Das SolidSail-Konzept wurde in den vergangenen zehn Jahren von Chantiers de l'Atlantique entwickeltund ist eine neue Technologie im Bereich der Segelantriebe. Im Gegensatz zu herkömmlichen Textilsegeln besteht das SolidSail-System aus starren Paneelen, Rechtecken, gebildet aus einem Carbonrahmen und Glasfaser-Flächen. Die Paneele sind durch Gelenke verbunden.
Die starren Segel sind auf einem sogenannten Balestron-Rigg montiert. Ein Balestron-Rigg zeichnet sich durch einen Baum aus, der sich bis vor den Mast erstreckt und an diesem drehbar gelagert ist. Diese Konstruktion ermöglicht es den Masten, sich um 360 Grad zu drehen und bis zu 70 Grad zu neigen, was unter anderem das Passieren von Brücken erleichtert.
Ab etwa zwölf Knoten Wind soll das SolidSail-System eine Leistung erreichen, die mit konventionellen Segeln vergleichbar ist. Ein weiterer Vorteil soll die Langlebigkeit sein: Die erwartete Lebensdauer beträgt etwa 25 Jahre, liegt damit deutlich über der von herkömmlichen Textilsegeln und soll die Wartungskosten erheblich reduziert.
Die Entwicklung dieses Systems stellte die Ingenieure vor erhebliche Herausforderungen, da es keine vergleichbaren Konstruktionen in dieser Größenordnung gab. Es musste ein perfektes Gleichgewicht zwischen Stabilität und Flexibilität gefunden werden, um den enormen Kräften standzuhalten, die auf die Masten und Segel wirken. Zudem muss das Rigg der von der regulären Schiffsbesatzung bedient werden können, ohne dass zusätzliche Segelexperten benötigt werden. Dies erforderte ein hohes Maß an Automatisierung und benutzerfreundlicher Steuerung.
Die Entwicklung von starren Segelpaneelen war auch nötig, um das Killen der Segel zu eliminieren, was bei traditionellen Segeln dieser Größe gefährlich werden kann. Bei den enormen Segelflächen können die Kräfte, die durch flatternde Segel entstehen, so stark sein, dass sie eine erhebliche Gefahr darstellen.
Das Segel-System wird durch eine Hybrid-Antriebslösung unterstützt, die mit Flüssigerdgas (LNG) betrieben wird und im Vergleich zu traditionellen Schiffskraftstoffen eine erhebliche Emissionsreduzierung bietet. Außerdem wird ein KI-gesteuertes Erkennungssystem installiert, welches das Risiko von Kollisionen mit Meeressäugetieren minimieren soll. Eine dynamische Positionierungstechnologie soll zudem die Notwendigkeit des Ankerns eliminieren und empfindliche Meeresböden schützen.
Mit nur 54 Suiten auf 220 Metern Länge zielt die “Orient Express Corinthian” auf ein exklusives Publikum ab. Die Größe der Unterkünfte reicht von 45 bis zu 230 Quadratmetern – die Präsidentensuite soll sogar mehr als 1.400 Quadratmeter bieten.
Ab 2026 soll die Orient Express Corinthian über das Mittelmeer und in der Karibik kreuzen. Die erste Saison startet im Mai 2026 im Mittelmeer und der Adria. Die Kreuzfahrten haben eine Dauer von zwei bis acht Nächten und können für längere Erlebnisse kombiniert werden. Die Routen der Orient Express Corinthian werden vom Wind bestimmt und versprechen ein authentisches Segelerlebnis. Das Schiff wird 35 Häfen anlaufen, darunter bekannte Luxusziele wie Monte Carlo, Portofino und Saint-Tropez, aber auch kleinere Städte wie Portoferraio auf Elba, Saint-Florent auf Korsika und Lerici an der italienischen Riviera.