Martin Hager
· 08.08.2016
Vitters realisierte für „Unfurled“ ein Antriebssystem aus hydraulisch versenk- und drehbaren Strahlrudern.
Die Supermaxi-Szene wird – das ist keine Neuigkeit – immer kompetitiver. Eigner, die sich ihre Yachten für Regattakurse optimieren lassen, wollen gewinnen. Dafür werden die segelnden Großformate schon während der Konstruktionsphase eingehend untersucht. Mittels Schlepptankversuchen und komplexen Geschwindigkeitsprognose-Programmen prüfen Ingenieure und Hydrodynamik-Spezialisten alle Parameter, die Einfluss auf die Geschwindigkeit haben, und filtern so die Kombinationen mit dem größten Speed-Potenzial heraus. Besonders durch die Reduktion des Rumpfwiderstands lässt sich viel Performance gewinnen. Je weniger Anhänge (Ruderblätter, Kielfinne, Kielbombe, Propellerwelle, Propeller) eine Yacht hat, umso schneller segelt sie. Was mit der Einführung von Faltpropellern, die sich unter Segeln hydrodynamisch günstig nach hinten klappen, begann, wird heute mit komplett versenkbaren Antriebssträngen auf die Spitze getrieben.
Für den sehr regatta- und segelerfahrenen Eigner des 46 Meter langen Germán-Frers-Designs "Unfurled" entwickelte die Werft Vitters gemeinsam mit den niederländischen Thruster-Experten von Hydrosta ein Antriebssystem bestehend aus zwei hydraulisch im Rumpf versenkbaren Strahlrudern, die sich ausgefahren um je 90 Grad nach außen drehen lassen. Dadurch ersetzen sie während der Hafenmanöver ein konventionelles Heckstrahlruder. Zwei Scania-Diesel mit je 368 Kilowatt geben ihre Leistung über ZF500-Getriebe an die zwei Zugpropeller mit 1050 Millimeter Durchmesser weiter und garantieren "Unfurled" unter Motor einen Topspeed von 14 Knoten. Die Reisegeschwindigkeit liegt bei effizienten zwölf Knoten.
Per Knopfdruck schwingen die Thruster laut der Hydrosta-Ingenieure bis zu einer Geschwindigkeit von zehn Knoten aus dem Rumpf heraus und bei Bedarf wieder zurück. Segelt "Unfurled" schneller, bleiben die Propeller ausgefahren. Eine Klappe verschließt die Öffnung, aus der sich die Antriebseinheiten absenken, bündig mit dem Rumpf. Dass die 255 Tonnen leichte "Unfurled" schnell segeln kann, bewies sie schon bei ihrem Regatta-Debüt während des St. Barth Bucket. Dort feierte das Frers-Design mit Oliver-Stirling-Interior einen fulminanten Racing-Einstand und gewann die Klasse "Les Gazelles des Mers" sowie die Gesamtwertung.
Wie viel Einfluss das versenkte Antriebssystem an dieser Leistung hat, lässt sich kaum sagen. Der Eigner ist jedenfalls mit seiner neuen Yacht und dem Regattaerfolg zufrieden. Das und der Spaß auf dem Weg zum Sieg sind schließlich das, was zählt …