„Nilaya“Neue 47-Meter-Slup gleitet über die Nordsee

Sören Gehlhaus

 · 09.06.2023

Die 47 Meter lange Alu-Carbon-Slup aus den Royal-Huisman-Hallen zeigte sich auf der Nordsee antriebsstark und gleitfreudig
Foto: Tom van Oossanen
Royal Huisman baute den Performance-Cruiser aus Aluminium und Carbon nach Plänen von Reichel/Pugh. Segeltests zeigten, dass die 47 Meter lange und 10 Meter breite „Nilaya“ bei 18 Knoten Wind im Handumdrehen 17 Knoten schnell wird

Am 1. Juni händigte Royal Huisman „Nilaya“ an ein Eignerpaar aus, das sowohl große Reisen als auch Regattateilnahmen mit der 47-Meter-Slup plant. Zuvor standen ausgiebige Tests der Segelsysteme an, bei denen auch Mario Pedol von Nauta Design an Bord war. Die Mailänder ersannen das allgemeine Konzept, das Außendesign und die Inneneinrichtung. Pedol berichtet von einem Tag mit 18 Knoten Wind:

„,Nilaya‘ ist nicht gut ... sie ist großartig! Wir erreichten mit Großsegel und Code Zero raumschots schnell eine beeindruckende Bootsgeschwindigkeit von 17 Knoten“

Nigel Ingram von MCM Newport, der als Projektmanager für die Eigner fungierte, bekräftigt: „Für eine so große Yacht ist die Beschleunigung aufregend, es werden schnell hohe Geschwindigkeiten erreicht. Die zwei Ruder und die leichte Steuerung sorgen für beste Manövrierfähigkeit. ,Nilaya‘ hat alle Projektziele mit Leichtigkeit erreicht.“

„Featherlight“ nennt Royal Huisman die an „Nilaya“ erstmals erprobte Hybrid-Konstruktion aus Alu und Carbon, die insgesamt elf Prozent Gewichtsersparnis gegenüber einer reinen Aluminium-Bauweise einbringen soll. Wobei die Traditionswerft mit Alustar ohnehin schon auf einen Werkstoff setzt, der eine 20 Prozent höhere Zugfestigkeit als herkömmliches Aluminium besitzt. In einigen Strukturbereichen wird die zusätzliche Steifigkeit der Komponenten nicht durch mehr Metall erreicht, sondern durch das Verkleben von Carbonmatten mit Aluminium unter Verwendung neuester Klebetechniken. Auch in anderen Bereichen wird geklebt, etwa um zusätzliches Gewicht von Verbindungselementen einzusparen. Hingegen vollständig aus Kohlefasern besteht etwa der 17,50 Meter lange Aufbau.

Digitales Prototyping als Konstruktionshilfe

Fundamental waren Berechnungen nach der Finite-Elemente-Methode (FEA). Damit ließ sich vorhersagen, wie ein Teil oder eine ganze Yacht auf Belastungen wie Last, Kraft, Hitze oder Vibration reagiert. Durch die dreidimensionale Betrachtung eines Teils kann auch prognostiziert werden, wie es sich verhält, wenn dieselben Belastungen auf benachbarte Teile einwirken, sodass potenzielle Schwachstellen oder anfällige Punkte identifiziert und in der Konstruktion korrigiert werden können. Kurzum: eine Art digitales Prototyping, nur viel genauer und schneller. Lösungen können angewendet werden, ohne dass neue physische Modelle gebaut und getestet werden müssen. Royal Huisman nutzte FEA für „Nilaya“, um die Feinabstimmung der Konstruktion auf ein „viel höheres Niveau“ zu bringen, so Jim Pugh, der die Plattendicke im Computer anpasste und die Längssteifigkeit oder Durchbiegung vorhersagte, ohne das erste Stück Material auch nur anzufassen.

Jan Timmerman, CEO von Royal Huisman, empfand „Nilayas“ Abreise als bittersüß: „Wir sind immer ein bisschen traurig, wenn eine unserer Yachten wegfährt; es ist ein bisschen wie ein Kind, das sein Zuhause verlässt. Gleichzeitig sind wir stolz darauf, ein weiteres einzigartiges Schiff ausgeliefert zu haben, vor allem eines, das innovative Konstruktions- und Fertigungstechnologien vorantreibt. Wir wünschen den Eignern und allen an Bord eine gute Weltumsegelung und viele spannende Regatten.“


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