Martin-Sebastian Kreplin
· 22.08.2012
Viel Performance, aber komfortabel leben – der immerwährende Wunsch engagierter Segler. Das Simon-Rogers-Design Carbon Ocean 82 ist eine neue Interpretation dieses Spagats.
Es scheint, als streckten sie ihre Decks am Liegeplatz um die Wette. Endlos lang Teak, flush und nur selten von Luken unterbrochen. Das Freibord gering, der Sprung dezent, das Design schnörkellos schlicht. Hätte William Fife „Moonbeam 4“ nicht 1920, sondern knapp 90 Jahre später gezeichnet – sie hätte so aussehen können wie „Aegir“, die erste Carbon Ocean 82. Nun liegen sie beide nebeneinanderim Hafen von Palma, der Cruiser-Racer aus den Goldenen 20ern und der Performance-Cruiser des Karbon-Zeitalters. Die eine aus dem Segelsport-Mekka der Alten Welt, konstruiert und gebaut am Firth of Clyde, die andere entstanden in Newport, Rhode Island, dem langjährigen Hausrevier des America’s Cup.
Doch während der große Gaffelkutter noch liebevoll von seinem Bootsmann den Lack ausgebessert bekommt, macht die Crew nebenan das Schiff bereits auslauffertig. „Die Sonne scheint, wir werden ein wenig Thermik bekommen“, weiß der Skipper, während der Windex in knapp 40 Metern Höhe noch unmotiviert herumpendelt.
Viel Wind wird es nicht brauchen – der reine Kohlefaserbau, im Vakuum und einer Negativform aus Prepregs laminiert, wiegt nur knapp 40 Tonnen, ein Drittel davon in der 4,5 Meter tief gehenden Bleibombe. Zusammen mit der Tatsache, dass das von der International Superyacht Society (ISS) zur Yacht des Jahres 2011 nominierte Design von 380 Quadratmetern Segeltuch am Wind und bis zu 845 raumschots befeuert wird, ist es kaum zu glauben, dass die Werft den Löwenanteil der Nutzungszeit beim Cruising sieht.
Schwer zu fassen auch deshalb, weil die Yacht förmlich dazu animiert, aktiv zu segeln. Im noch zarten Windstrich auf der Bucht von Palma angekommen, werden die Segel gesetzt. Auf dem Vordeck übernimmt ein flush montierter Reckmann-Furler die Arbeit, das Großsegel stemmt eine verdeckt montierte Dreigangwinsch von Lewmar in weniger als einer Minute aus dem Park-Avenue-Baum ins Rigg. Sofort beginnt das in Tanktests und CFD-Analysen optimierte Simon-Rogers-Design zu leben und strebt am Wind mit soliden acht Knoten raus aufs Mittelmeer. Die Rückmeldung am Ruder und das Umsetzen von Böen entspricht in ihrer Lebendigkeit eher einer deutlich kürzeren Yacht. Dazu passt es, entspannt mit dem Rad in der Hand auf dem Seitendeck sitzen zu können, die Windfäden des Vorsegels im Blick und die Trimmelemente in Griffweite. Hier ist es schade um jeden Moment, den man andere segeln lässt.