Jochen Rieker
· 21.01.2018
Die US-Werft spricht von einem Offshore-Speedster. Aber sie folgt nicht dem Trend zu breiten Hecks, Chines und Doppelrudern. Stattdessen an Bord: Wasserballast
Der Markt für regattafähige, seglerisch spannende Yachten ist stark im Umbruch. Das hat auch J/Boats erkannt, eine der am meisten profilierten Marken im Bereich von Performance-Booten und Racer/Cruisern. Ihr neuestes Modell, die J/121, ist auf den Betrieb mit kleiner Crew hin optimiert und soll auch auf Langstrecken, also jenseits der klassischen Dreieckskurse und Up-and-Downs, Spaß machen.
Wer jetzt radikale Linien erwartet, wird jedoch überrascht sein. Die J/121 sieht auf den ersten und zweiten Blick aus wie ihre sportlichen Schwestern, etwa die J/111. Keine Chines, kein Delta-förmiger Rumpf mit maximal breitem und flachspantigem Heck, keine Doppelruder. Sie wirkt bei aller gespannten Eleganz geradezu verstörend normal.
Angesprochen auf die fast völlig Abwesenheit der heute üblichen Konstruktionsmerkmale, sagte Werftchef Jeff Johnstone gegenüber YACHT online in Düsseldorf: "Wir haben das alles überlegt. Wir haben auch Foils und Neigekiel ernsthaft diskutiert. Aber wir glauben, dass wir mit dem jetzigen Paket die beste Balance zwischen Leistungsfähigkeit, Funktionalität und Kosten gefunden haben."
Typisch für eine J sollte die 121 auf allen Kursen zum Wind gut funktionieren. Deshalb blieb das Längen-Breiten-Verhältnis relativ moderat. Es ist kaum anders als bei der J/125. Das verspricht gute Amwind-Eigenschaften, die das Boot bei Tests in den USA bereits unter Beweis gestellt hat.
Um den Mangel an Breite und damit Formstabilität auszugleichen, verfügt die J/121 zum einen über einen mit 2,36 Meter sehr tief gehenden Kiel mit Bleibombe, zum anderen – und das ist eine Premiere – über Ballasttanks auf beiden Seiten. Sie fassen jeweils 400 Liter und ersetzten vier bis fünf Crewmitglieder auf der hohen Kante – mit dem Vorteil, das Extragewicht bei Leichtwind binnen zwei Minuten loswerden zu können.
Das System wird mit drei Dyneema-Leinen gesteuert, die Ventile am Rumpfboden betätigen. Eine leistungsfähige Pumpe drückt das Wasser in das Rohrsystem. Das Umleiten von einer auf die andere Seite kann per Schwerkraft oder ebenfalls mit Pumpenunterstützung erfolgen. "Das geht in ca. 45 Sekunden, dauert also kaum länger als eine Wende oder Halse", sagt Jeff Johnstone.
Den Innenraum beeinträchtigen die Tanks nur in der Achterkammer merklich. Sie sind seitlich an der Bordwand anlaminiert, etwas achtern des Niedergangs. Sie verfügen über große Inspektionsfenster. Die Installation der Zu- und Ableitung befindet sich im Technikkanal hinter der Einbaumaschine. Das Tankmanagement über Leinen mag etwas improvisiert wirken, ist tatsächlich aber eine simple, durable und leicht zu wartende Lösung, die den großen Vorteil bietet, dass zur Bedienung niemand unter Deck muss.
Der Ausbau wirkt ansonsten reduziert, bietet gleichwohl alles, was man zum Segeln und Touren benötigt – nur eben nicht in der sonst üblichen Verfeinerung. So ist das Laminat des Kajütdachs nur leicht geschliffen und mit Topcoat beschichtet worden, um das Zusatzgewicht von Innenschalen oder Verkleidungen zu vermeiden. Sandwichplatten ersetzten schweres Sperrholz an Schotten und Möbelfundamenten. In Pantry und Navi sorgt Sichtcarbon für einen Kontrast zu den wenigen Vollholz-Teilen unter Deck.
Mit 5,85 Tonnen ist die J 121 ziemlich leicht geraten. Zum Vergleich: Eine Pogo 12.50 verdrängt mit 5,5 Tonnen nicht viel weniger. Daraus und aus der großzügigen Besegelung entsteht viel Potenzial. Die Segeltragezahl des Offshore-Speedsters liegt mit knapp 5,4 im deutlich sportlichen Bereich.
Im Segelplan entspricht die sonst eigenständige J/121 den gängigen Trends. Rollbare Vorsegel vereinfachen die Anpassung an sich verändernde Windverhältnisse oder Kurse. Hinterm Ankerkasten lässt sich eine Stagfock anbauen; der Beschlag dafür ist Teil der Standard-Spezifikation. Code Zero und Gennaker werden am ausfahrbaren Kohlefaser-Bugspriet angeschlagen. Auch bei der Deckshardware ist die Neue in der Jetztzeit angekommen – 3D-Holepunkte für die Vorsegel erlauben eine schnellere Feinjustierung, hübsche Tauwerkspleiße und Kauschen ersetzen einiges an massiven Beschlägen.
Die J/121 kostet derzeit 368.900 Euro in der Standardkonfiguration, ohne Segel und Elektronik. Das scheint kein Hinderungsgrund zu sein für eine rasche Verbreitung. Kaum präsentiert, sind schon 16 Boote verkauft – für einen Hochsee-Speedster dieser Machart und Preisklasse ein sehr respektables Debüt.
Weitere Informationen und erste Segelfotos finden Sie auf der Homepage von J/Boats
Anmerkung: In einer früheren Version dieses Artikels war das Gewicht der J 122 angegeben, nicht das der J 121. Wir bitten, diese Verwechslung zu entschuldigen!