Lars Bolle
· 22.10.2025
Ein kleines, ehemals wichtiges Segment des Yachtbaus erwacht zu neuem Leben. Gemeint sind Boote, die nicht für die große Fahrt, nicht für den ständigen Urlaub auf dem Wasser gedacht sind. Die vor allem leichten, schnellen Segelspaß bieten sollen, mit mehr oder weniger Komfort für ein Wochenende oder auch mal eine Woche am Stück, die trailerbar sind, um das Ein- und Auswintern zu erleichtern und auch fremde Reviere über Asphalt problemlos zu erreichen.
Eine genaue Definition dieses Segments ist schwierig, irgendwo zwischen reinem Regattasegeln und vollzeitlichem Cruisen. Daysailer werden solche Boote gern genannt, auch Weekender, Sportboote oder schlicht Spaßkisten.
Sie repräsentieren ein heterogenes Segment, das für diverse Geschmäcker ein Angebot bereithält. Für einen Vergleich hat die YACHT diese Spaßkisten an die Schlei eingeladen. Mit kleinen Abweichungen: Statt der Seascape 27 (heute First 27) war die neuere Seascape 24 (First 24) dabei, ein Kandidat sagte mangels Vorführboot ab, dafür wurde der JK 28 hinzugenommen. Die sieben Boote vertreten das komplette Spektrum moderner, sportlicher Kleinkreuzer, sowohl in der Länge als auch im Segelpotenzial und hinsichtlich der Preisgestaltung.
Das Wort Vergleichstest wird an dieser Stelle bewusst nicht verwendet, denn wegen der großen Unterschiede wäre es ein Äpfel-Birnen-Wettkampf. Es soll hier vielmehr ein Konzeptvergleich geboten werden, eine Entscheidungshilfe, wenn es kein vollständig ausgebautes, kleines Fahrtenboot sein soll. Davon gibt es auch zuhauf, speziell aus Polen. Aber diese Mini-Yachten spielen zumeist in einer anderen Liga.
Wer vor allem Segelspaß möchte, dicht am Wasser sein, kein Wohnmobil kutschieren, kommt an Abstrichen beim Komfort nicht herum. Auf allen sieben Kandidaten kann die Crew zwar auch schlafen, das war es dann aber schon. Kochen, wohnen, leben: All das geht zwar meist auch, jedoch nur im rudimentären Campingstil. Denn der Segelspaß wird durch eine einfache Formel generiert: möglichst wenig Gewicht bei möglichst großer Segelfläche. Segeltragezahlen von deutlich über fünf, teils weit über sechs belegen dies in Ziffern, nämlich das Verhältnis von Segelfläche zur Verdrängung.
Die Gruppe der Vergleichsboote lässt sich in drei Kategorien aufteilen, die jedoch auch wieder Überschneidungen aufweisen. Da wären zunächst die Semi-Jollenkreuzer JK 28 und Lago 26. Ihnen gemein ist der variable Tiefgang dank Ballastschwert. Beim JK 28 ist die Symbiose zwischen klassischem Jollenkreuzer-Wandersegeln und gesteigerter Sicherheit durch Ballast überzeugend gelungen.
Die Lago 26 rangiert dagegen an der sportlichen Obergrenze, ist eindeutig mehr Spaß- oder Sportgerät als Wanderboot. Mit Trapez ausgestattet, konnte diese Groß-Jolle durch viel Speed bei den Leichtwindbedingungen auf der Schlei überzeugen, war dabei jedoch einfacher zu beherrschen und dank großer Formstabilität steifer, als es die filigrane Anmutung im Hafen vermuten ließ. In puncto Komfort jedoch geht es auf dem Jollenkreuzer mit nur einer festen Vorschiffskoje äußerst spartanisch zu. Da hat der JK 28, nur gut einen halben Meter länger, mit zwei zusätzlichen „Salon“-Kojen mehr zu bieten.
In die zweite Gruppe lassen sich Seascape 24, Saphire 27 und LA 28 zusammenfassen, sie tendieren zum Sportboot. Diese Gefährte verfügen zwar auch über variablen Tiefgang, jedoch keinen so einfach handhabbaren wie bei den Semi-Jollenkreuzern. Während bei der Seascape der Schwenkkiel noch relativ problemlos gehoben werden kann, ist das bei Saphire und LA nur zum Trailern sinnvoll. Allerdings gibt es die LA 28 mittlerweile in einer Hubkielvariante.
Alle drei Boote verfügen über vier Kojen und minimalen Komfort unter Deck. Dieser wurde bei der Saphire Cruise noch etwas erhöht. Sie alle sind auf maximalen Segelspaß vor allem raumschots ausgelegt – Gennakergrößen zwischen 65 (LA 28) und 70 Quadratmetern (Saphire 27) sind eine klare Ansage. So fuhren diese drei den anderen meist davon, einzig der Lago 26 war ebenbürtig wie auch, mit leichten Abstrichen, der JK 28. Dafür bieten die drei Sportboote die Sicherheit echter Kiele. Die große Überschneidung hier ist das Speedpotenzial, alle fünf bringen richtig PS aufs Wasser, die Trennung findet bei der Variabilität des Tiefgangs statt.
Eine besondere Erwähnung verdient jedoch die LA 28, die nicht nur auf allen Kursen durch ihre Ausgewogenheit und ihren enormen Speed überzeugte – wobei sie allerdings auch die größte Wasserlinienlänge aller sieben Boote hatte –, sondern ebenso hinsichtlich ihrer Bauweise etwas Besonderes ist. Nicht nur wegen der edlen Mahagoni-Optik, vor allem die gerundeten Seitendecks fallen ins Auge. Sie ermöglichen viel Höhe unter Deck und kaschieren dabei den mächtigen Freibord. Ein guter Vergleich dazu ist die Saphire, die ebenfalls viel Raum unter Deck bietet, bei der aber auf einen sichtbar hohen Freibord gesetzt wurde.
Ein ähnlicher Design-Trick wurde bei der Bente 24 angewendet, doch statt Rundungen sind Ecken zu sehen. Auch sie ist quasi ein Backdecker, mit abgeschrägtem Übergang zwischen Rumpf und Deck. Die obendrein üppige Breite von 2,75 Metern ermöglicht auf der Bente das größte Raumangebot. Sie ist damit auch am besten für längere Törns geeignet, allerdings mit Abstrichen beim Geschwindigkeitspotenzial. Zumindest bei leichten Winden hatte sie keine Chance gegen die fünf zuvor beschriebenen Boote. Der Fairness halber muss jedoch erwähnt werden, dass sie mit rund 300 Kilogramm Ausrüstung und Verpflegung vollgepackt war.
Sehr ähnlich zur Bente ist die SixFor4, nur eben mit knapp sechs Meter Rumpflänge deutlich kleiner. Durch einen sehr bullig wirkenden, im Verhältnis breiten Rumpf und hohe Aufbauten wird viel Raum unter Deck gewonnen, zudem hatte die kleine Polin einen für ihre Länge vollwertigen Ausbau. Umso erstaunlicher war, wie gut sie seglerisch mithalten konnte.
Wie heterogen das Segment der „Spaßkisten“ ist, zeigt sich auch bei den Preisen. Da liegt die Polin vorn, nicht nur wegen ihrer geringen Größe, auch beim Preis pro Meter Bootslänge. Ganz oben auf der Skala rangiert die LA 28 – in Anbetracht des Werkstoffs und der Bootsbaustunden kein Wunder. Doch auch beim Vergleich scheinbar ähnlicher Boote ist Vorsicht und Akribie geboten. So sind teils Kohlefasermasten und hochwertige Segel im Grundpreis enthalten, bei anderen dagegen Aluminium und Cruising-Tücher.
Stand 2025, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, finden Sie hier!
Auch in der Ausstattung sind die Unterschiede enorm. Um halbwegs Fairness herzustellen, wurde beim angegebenen segelfertigen Preis das E-Kühlfach nicht berechnet, da manche es gar nicht anbieten. Auch der Fäkalientank wurde nicht berücksichtigt. Dafür ist bei allen das Gennakerpaket addiert, und es wurde nur von einem Standard-Außenborder ausgegangen statt, wie bei einigen möglich, vom E-Motor- Paket.
Und wer ist nun der Sieger? Das Boot mit einem Preis-Leistungs-Verhältnis wie die SixFor4, mit einem Raumangebot wie die Bente 24, einer Anmutung wie der LA 28, einem variablen Tiefgang wie Lago 26 und JK 28, dazu leichtgängig wie Seascape 24 und Saphire 27. Doch dieses Juwel gibt es nicht. Jeder Anbieter versucht, in der Nische noch seine eigene Nische zu kreieren. Was es Käufern nicht einfacher macht, jedoch auch die Chance bietet, das ideale Boot für die eigenen Ansprüche zu finden.
Der Artikel erschien erstmalig 2016 und wurde für diese Onlineversion überarbeitet.