Sailart 20Beliebter Kleinkreuzer aus dem Rheinland stellt sich Gebrauchtboot-Test

Alexander Worms

 · 10.10.2024

Heeger Meer in Herrlichkeit: Die friesischen Gewässer sind der ideale Spielplatz für die Sailart 20. Allerdings verfügt sie auch über genügend Stabilitätsreserven für größere Gewässer wie IJsselmeer oder Ostsee
Foto: YACHT/Bertel Kolthof
Seit 1993 baut die Werft Sailart in Erftstadt kompakte Segelboote. Die 20 markiert die Mitte des Angebots. Was kann der Kreuzer als Gebrauchtboot?

Ein netter Wind weht, wie er das meistens tut, aus Südwesten das Heeger Meer hinauf. Wunderbare Bedingungen für einen Test. Und die Sache wird noch besser, als sich, ganz zufällig, wie Eigner Andreas Delfosse versichert, ein Schwesterschiff hinzugesellt. Natürlich stellt sich alsbald ein gewisser Ehrgeiz ein und die beiden Zwanziger zeigen, was sie können. Am Ruder möchte die Sailart bitte konzentriert geführt werden, kleinste Ausschläge werden sofort in Schiffsbewegungen umgesetzt. Die kleine Selbstwendefok steht gut, fällt aber gleich ein, wenn man es an der Windkante überreizt. Logisch. Also: Fäden beachten, Wasseroberfläche lesen und in den Moment eintauchen.

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Und schwupps bleibt der Kontrahent achteraus. Das Segeln macht dabei einen Riesenspaß. Einfach, direkt und pur. Böe – Druck – Speed. So wunderbar simpel. Kleinkreuzerfeeling, aber gepaart mit der Gewissheit, dass genug aufrichtendes Moment vorhanden ist, wenn der Windstoß doch mal heftiger daherkommt, als zunächst gedacht. Die Sailart strahlt dann eine erstaunliche Souveränität aus. Das ist fast schon jollenartiges Segeln mit Ballast-Airbag, der das nur sechs Meter lange Schiff nötigenfalls aufrecht hält, sozusagen. Das Beste aus beiden Welten.

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Gebrauchtboot-Steckbrief Sailart 20

  • Konstrukteur: Marc Oliver von Ahlen
  • Abmessungen: 6,30 x 2,50 m
  • Gebaut: 2002 bis heute
  • Stückzahl: 217
  • Neupreis 2002: 20.000 €
  • Gebrauchtpreis: 25.000–30.000 €
  • Neupreis heute: 42.500 €

Stand 2024


Kein Wunder, dass die Zwanziger so beliebt ist. Vor Kurzem wurde aus der Werft in Erftstadt, die das Schiff jetzt seit 2002 anbietet, Baunummer 217 ausgeliefert. Die Schiffsbauer unter der Leitung von Frank Störck bauen seit Jahr und Tag sehr hochwertig in Handarbeit mit NPG-Gelcoat und Divinycell-Schaumkern. So werden die Schiffe leicht und dennoch robust. Das bringt eine ganze Reihe an Vorteilen mit sich. Mit Trailer wiegt die Sailart 1200 Kilogramm. Das zieht jeder Mittelklassewagen ins Urlaubsrevier.

Der Mast kann leichter ausfallen, sodass er von einer Person zügig gesetzt werden kann und das für die Unsinkbarkeit erforderliche Schaumvolumen kann kleiner ausfallen, da es ja vom Auftrieb her nur dem Schiffsgewicht entsprechen muss. Als positiven Nebeneffekt isoliert der Schaum auch noch gut. Gepaart mit dem zeitlosen Design, wirkt das Schiff auch heute noch frisch. Die „Momo“ von Eigner Delfosse sieht nach 14 Jahren aus wie neu. Der hat sie natürlich gut gepflegt und regelmäßig durch die Werft checken lassen.

Sicherer Familienkreuzer

Allerdings spricht der Zustand auch für eine solide Bauausführung. Die zeigt sich auch in der Beschlagsausstattung: Hochwertiges allerorten und das immer ausreichend dimensioniert. So macht das Schiff richtig Spaß. Nichts geht mühsam, alles ist da, wo es sein soll. So braucht man auch vor etwas mehr Wind keine Angst zu haben. Fix gerefft und weiter geht’s. Beim Test wird es ebenfalls etwas böig. Um hierbei die Kontrolle zu behalten, muss vor allem das mächtige, ausgestellte Groß pariert werden. Dafür stehen nur die Großschot und ein kleiner Niederholer zur Verfügung.

Traveller oder Achterstag gibt es nicht. Macht aber nichts, denn die Einfachheit bereitet auch Spaß. Pinne und Schot, eine Vorschot muss man dank Selbstwendefok nicht dauerhaft bedienen und fertig. Das ist maximal simpler Segelspaß. Dabei lassen sich die Leistungen durchaus sehen. Bei den 12 bis 14 Knoten Wind liefert der Kleinkreuzer rund fünf Knoten bei einem Wendewinkel von unter 90 Grad. Das ist solide. Mit großem, bunten Vorsegel macht die Sailart vermutlich auch richtig viel Spaß. Der ist aber nicht an Bord. Also geht es retour mit dem Großsegel.

Auch fallen die guten Sitzmöglichkeiten im Cockpit auf. Egal ob auf den Duchten oder auf dem Süll, dank Pinnenausleger lässt sich die Sailart dort überall bestens steuern. Hinter dem Aufbau kann man sich geschützt vor dem Wetter verstecken, auch eine Sprayhood ist möglich, unter der gäbe es dann auch Stehhöhe im Niedergang. Die Werft nennt die Sailart 20 dann auch zu Recht den „sicheren Familienkreuzer“. Die Segeleigenschaften jedenfalls bestätigen das schon mal.

Und der Familienkreuzer? Tatsächlich finden sich Schlafgelegenheiten für vier Personen. Und die sind ganz schön groß: Im Vorschiff ruhen zwei auf der zwei Meter langen und 1,83 Meter (!) breiten Koje. Am vordersten Ende sind allerdings nur noch 44 Zentimeter Breite vorhanden. An Steuerbord ist achtern eine 2,45 Meter lange und 75 Zentimeter breite Koje eingebaut. Backbord ist das Gegenstück zwar genauso breit, allerdings 50 Zentimeter kürzer. Grund dafür ist der kleine Küchenschrank. Hier befinden sich auf der „Momo“ die Kochutensilien, ein kleiner Kocher, Waschbecken mit Mini-Wassertank und sogar eine Kühlbox.

Sailart 20 wird heute noch gebaut

Unter dem Niedergang wäre Platz für ein Porta Potti oder Ähnliches. Nur Privatsphäre gibt es nicht. Unter den Kojen befinden sich sehr sauber verarbeitete Stauräume. Das Gepäck für die Familie lässt sich gut stauen. Mit einer Kuchenbude erhöht sich der Lebensraum weiter. Natürlich darf man nicht erwarten, auf 20 Fuß den Komfort einer großen Yacht zu erhalten, für ein langes Wochenende aber reicht es. Zu zweit auch länger. Eigner Delfosse verbrachte schon mehrere Wochen auf seiner „Momo“.

Genau wie an Deck zeigt sich auch im Inneren, wie durchdacht alles ist. Die Dinge befinden sich dort, wo sie sein sollen und funktionieren einfach gut. Das Gleiche gilt auch für die Stauräume im Cockpit. Das offene Heck ist freilich nicht jedermanns Sache, praktisch ist es allemal, denn das Boot benötigt so keine Cockpitlenzer und der Außenborder ist gut zugänglich. Auch Badestopps machen dank Badeleiter und niedrigem Einstiegs Spaß.

Wer sich für eine Sailart 20 interessiert, kann diese immer noch neu ordern. Das kostet dann ab 42.500 Euro. Gebraucht sind die Schiffe je nach Alter und Ausstattung zwischen 20.000 und 30.000 Euro zu haben. Allerdings ist der Markt sehr knapp. Werftchef Störck berichtet, dass es eine Liste mit Interessierten gibt und dass die meisten Schiffe binnen eines Tages verkauft sind. Da viele Sailarts auch in der Werft überwintern, ist er die erste Adresse bei Interesse an Gebrauchtbooten.

Die Schiffe sind sehr sorgfältig gebaut, Probleme sind demnach kaum bekannt. Das Fall für den Schwenkkiel, dessen Talje in der Maststütze verläuft, hatte früher einen Drahtvorlauf. Der sorgte schon mal dafür, dass sich die Talje verdrehte und dadurch schwergängig wurde. Die Werft hatte dafür aber eine Lösung. Ein weiterer Punkt ist der Mastfuß. Er ist mit Holz verstärkt. Auf der „Momo“ musste er überarbeitet werden, weil Feuchtigkeit eingedrungen ist. Das soll aber ein Einzelfall sein.

Alternativen zur Sailart sind die First 210 oder später First 20, ein kleiner Backdecker, der in großer Stückzahl gebaut wurde. Allerdings ist die Beneteau einige Hundert Kilogramm schwerer. Auch eine Jantar 21 oder die Mariner 20 aus Polen sind zumindest von Länge und Auslegung vergleichbar. Was die Sailart aber nur für sich hat, ist die zeitlose Form, die anderen Schiffe unterliegen im Design dem Zeitgeist ihrer Entstehungsjahre. Selten ist die exquisite Bauqualität gepaart mit konsequentem Leichtbau. Das und die guten Segeleigenschaften sowie das durchdachten Layout unter Deck generieren zusammen ein Gesamtpaket, das die hohen Gebrauchtbootpreise rechtfertigt.

Übrigens: Glaubt man den Angaben der Werft zu den erzielbaren Tarifen für Zweite-Hand-Schiffe, dann hat zumindest Eigner Delfosse 14 Jahre lang eine echte Geldanlage gesegelt. Ein weiterer recht angenehmer Nebeneffekt bei einem Kleinkreuzer, der ohnehin schon viel richtig macht.

Modellhistorie und Bauweise

Die Sailart 20 wird seit 2002 nahezu unverändert gebaut. Es gibt eine Version mit einem Fester je Seite und eine mit je zwei Fenstern im Aufbau, wovon dann eines zu öffnen ist. Eine Premiumversion hat Teak im Cockpit und einen Ausbau aus Mahagoni. Gebaut wird mit Divinycell-Schaumkern von Hand. Das ist leicht, steif und langlebig.

Marktsituation

Gebraucht ist die Sailart 20 schwer zu bekommen. Wer eine sucht, sollte sich am besten an die Werft wenden. Viele Schiffe kommen zur Wartung dorthin. Wenn ein Kunde verkaufen will, weiß Werftinhaber Störck das meist und kann vermitteln.

Darauf achten

In den Mastfuß kann Feuchtigkeit eindringen, wenn dort Schrauben lose sind oder zum Beispiel Stecker falsch montiert wurden. Im Deck ist eine Verstärkung einlaminiert, die dann weich werden kann, so geschehen bei Eigner Delfosse. Die Reparatur ist nicht schwierig, aber wichtig. Wenn das Kielfall schwergängig ist, liegt das am Drahtvorlauf am Ende der Talje in der Maststütze. Die Reparatur ist simpel: einfach den Drahtvorlauf durch Dyneema ersetzen.

Die Messwerte zum Test der Sailart 20

Bild 1

Die Sailart 20 im Detail

yacht/riss_7f4a7b4324a8b7230d5cbd7d8544e83fFoto: YACHT/N. Campe

Technische Daten der Sailart 20

  • Konstrukteur: Marc Oliver von Ahlen
  • CE-Entwurfskategorie: C
  • Rumpflänge: 6,00 m
  • Gesamtlänge: 6,30 m
  • Wasserlinienlänge: 5,80 m
  • Breite: 2,50 m
  • Tiefgang/alternativ: 1,30/0,60 m
  • Masthöhe über WL: 9,00 m
  • Theor. Rumpfgeschwindigk.: 5,9 kn
  • Gewicht: 820 kg
  • Ballast/-anteil: 180 Kg/22 %
  • Großsegel: 12,2 m2
  • SW-Fock: 5,8 m2
  • Maschine: Außenborder
  • Kraftstofftank: 10 l
  • Frischwassertank: 10 l
  • Fäkalientank: Chemie-WC

Preis und Werft

  • Grundpreis 2002: 20.000 €
  • Gebrauchtpreis: 25.000–30.000 €
  • Neupreis 2024: 25.000–42.500 €

Werft

Sailart, Erftstadt, www.sailart.de

YACHT-Bewertung der Sailart 20

Solide Segeleigenschaften und viel Komfort für die Größe. Ein prima Kleinkreuzer-Paket

Konstruktion und Konzept

  • + Leicht und solide gebaut
  • + Unsinkbar

Segelleistung und Trimm

  • - Trimmeinrichtungen Großsegel

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Üppige Kojenmaße

Ausrüstung und Technik

  • + Sehr hochwertige Beschläge

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