Neptun 20Der Bulli für binnen und buten im Gebrauchtboot-Test

Kristina Müller

 · 28.03.2024

Bei leichter Brise lässt sich die Neptun 20 gut unter Spi segeln. 3 bis 4 Beaufort sind für das Boot optimal, ab 5 ist ein Reff nötig
Foto: YACHT/M. Strauch
Ob Feierabendschlag oder Fahrtentörn mit kleiner Crew: Der trailerbare Kielschwerter Neptun 20 hat sich vielfach bewährt. Sein Clou ist das Hubdach, das unter Deck fast für Stehhöhe sorgt

Die Frage „Kommt das Dach von einem VW-Bus?“, kennen Neptun-20-Segler gut. Denn das Hubdach des Kleinkreuzers erinnert durchaus an den Kultbulli T1 – und an Camping auf dem Wasser. Zwar haben einige der zwischen 1973 und 1982 rund 1900-mal gebauten Boote ihren Sieb­ziger-Jahre-Look im Laufe der Zeit ein­gebüßt: Serienmäßig war der Rumpf weiß, auf Wunsch auch gelb oder grün; unter Deck waren Orange und Braun bei Polstern und Wandverkleidung angesagt. Das Testboot aus dem Baujahr 1973 kommt aber in zeit­loseren Farben und Ausstattungsdetails. Der Rumpf ist blau, und der Außenborder sitzt nicht mehr wie werftseitig vorgesehen im Schacht, sondern hängt am Heck. Außerdem wurden die Fenster erneuert.

Die patentierte Hubdach-Konstruktion allerdings ist unverändert und immer noch unverkennbares Markenzeichen der Neptun 20 und der größeren Modelle der Werft, auch wenn das Patent längst ausgelaufen ist. Pate bei der Konstruktion stand der Bestseller von Neptun-Yachten: die N22, die nach Angaben von Junior-Werftchef Pascal Ernst bis heute über 8.000-mal gebaut wurde.

Deren Verkaufszahlen gingen zurück, als die N20 kam – eine etwas günstigere Konkurrenz für das Top-Modell im eigenen Haus. Folglich wurde die Form der kleinen Schwester zersägt, die Produktion eingestellt. Die Werft aber, die bis 1981 unter dem Namen Neptun Boote GmbH firmierte, lebt weiter. Heute sitzt sie im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück und bietet Refits und auf Kundenwunsch Neubauten der größeren Modelle an. Auch Ernsts Großvater, der das Unternehmen 1983 kurz vor dem Konkurs übernahm, ist noch im Betrieb.

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Neptun 20 ist gutmütig unter Segeln

Auf der Weser bei Bremerhaven weht eine leichte bis schwache Brise – Bedingungen, bei denen die Neptun 20 nicht wirklich lossaust, unter Spinnaker aber immerhin auf knappe 4 Knoten Fahrt durchs Wasser kommt. Am Wind unter Groß und Genua zeigt das GPS 3,7 Knoten an und der Kompass einen Wendewinkel von satten 120 Grad. Höhe laufen ist definitiv keine Stärke des kleinen Kielschwerters, dafür steckt er auch Böen von 5 bis 6 Beaufort weg, ohne sich sofort auf die Seite zu legen.

Das toppgetakelte Rigg bietet wenig Trimmmöglichkeiten, es gibt lediglich verstellbare Holepunkte für die Vorschot und immerhin einen Großschottraveller, der bei Neubooten auf der Optionsliste stand. Es ist somit schwer, etwas falsch zu machen. Ein wenig segelt sich die Neptun 20 wie eine gemütliche Wanderjolle: unproblematisch, relativ wendig in Manövern. Bei Welle gelangt aber schnell Spritzwasser über den flachen Aufbau ins selbstlenzende Cockpit. Dann macht sich der geringe Lateralplan bemerkbar: Kurze, steile Wellen mag das Boot nicht.


Mögliche Schwachstellen der Neptun 20

Hubdach-Scheren: Bei langer Nichtbenutzung kann die Hebemechanik eingerostet sein, sie sollte daher gelegentlich geölt werden. Wird der Stoff im Winter nicht abgenommen, spakt er
Foto: YACHT/M. Strauch

Bei der Besichtigung sollten Kaufinteressenten vor allem auf die Hubdach-Scheren, die Backskistendeckel, die Fensterdichtungen und das Schwert achten. Details finden Sie neben den Fotos.


Im recht geräumigen, gut organisierten Cockpit finden zwei bis vier Crewmitglieder Platz. Auf den 1,79 Meter langen Duchten kann man sich ausstrecken und anlehnen; die Sülls sind höher als auf vielen aktuellen 32-Fuß-Booten. Das Schwert wird vor dem Brückendeck per Leinenzug aufgeholt und mittels einer Curryklemme fixiert.

Anders als die Neptun 22 ist die N20 ausschließlich als Version mit zwei Längskojen ausgebaut; eine Dinette gibt es hier nicht. Die Schlafplätze sind jeweils 210 Zentimeter lang und 68 Zentimeter, direkt vor dem Schott immerhin noch 60 Zentimeter breit. Große Menschen liegen hier besser als in der Vorschiffskoje, da diese an den Füßen spitz zuläuft und in der Mitte nur 180 Zentimeter lang ist. Auf Schulterhöhe misst sie etwa 160 Zentimeter in der Breite. Für kleine Kinder reicht das allemal.

Wohnlich unter Deck

Durch die Backdeck-Konstruktion lässt es sich im Salon bequem sitzen, auch bei nicht aufgestelltem Hubdach, wenn etwa 1,40 Meter zwischen Bodenbrett und Kajütdecke liegen. Wird das Dach hochgefahren und mit zwei Bügeln von außen arretiert, was man am besten zu zweit hinkriegt, bietet der Kleinkreuzer mit 1,75 Metern annähernd Steh­höhe. Im abgesenkten Zustand wird das Dach mit Haken von innen befestigt. Dabei wird der Kunststoffrand, der die Hubdachkante umsäumt, so dicht auf das Deck ge­zogen, dass selbst überkommende Wellen nicht den Weg ins Bootsinnere finden.

Platz für Ausrüstung ist in Schwalbennestern entlang der Bordwand, seitlich des Niedergangs sowie in Schapps darunter vorhanden. In die Längskojen ist dank Innenschale zudem je ein Staufach eingelassen, das mit 90 mal 37 Zentimetern auch Platz für größere Gegenstände bietet. Und im Cockpit gibt es noch geräumige Backskisten.

Gebraucht wird die Neptun 20 derzeit für 3.500 bis 6.500 Euro angeboten, meist mit Straßentrailer und Außenbordmotor.

Die Neptun 20 im Detail

Riss der Neptun 20 | Zeichnung: YACHT/N. CampeRiss der Neptun 20 | Zeichnung: YACHT/N. Campe

Technische Daten der Neptun 20

  • Konstrukteur: Lothar Leichtfuß
  • Rumpflänge: 6,00 m
  • Wasserlinienlänge: 5,15 m
  • Breite: 2,35 m
  • Tiefgang: 0,50–1,00 m
  • Gewicht: 900 kg
  • Ballast: 225 kg
  • Segelfläche am Wind: 20,0 m²
  • Segelfläche Spinnaker: 26,0 m²

Rumpf- und Decks­bauweise

Massives GFK mit Innenschale, Schaumfüllung um den Mastfuß und in den Laufflächen. Im Handauflegeverfahren gefertigt

Preise

  • Basispreis ab Werft (1973): 10.574 DM
  • Preis gebraucht (Stand 03/2024): zwischen 3.500 € und 6.500 € inkl. Trailer

YACHT-Bewertung der Neptun 20

Gutmütiges, trailerbares Einsteigerboot auch für flache Reviere. Günstig bei Kauf und im Unterhalt

Konstruktion und Konzept

  • + Viel Innenraum durch Backdeck und Hubdach
  • + Variabler Tiefgang dank Kielschwert

Segelleistung und Trimm

  • + Gutmütiges Segelverhalten
  • - Läuft wenig Höhe

Wohnen und Staumöglichkeiten

  • + Schwenkbarer Salon- und Cockpittisch
  • + Lange Längskojen
  • + Große Backskisten
  • - Vorschiffskoje recht kurz

Der Artikel erschien erstmals in YACHT 20/2017 und wurde für die Online-Version aktualisiert.


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