Bente 24 im YACHT-TestMarkanter Kleinkreuzer von Seglern für Segler

Fridtjof Gunkel

 · 13.05.2015

Merkmale: feste Spritzkappe, Schrägen und Kanten, Wavepiercer-Bug. Viele Komponenten befanden sich noch in der Erprobung
Foto: YACHT/Archiv
Klein, bezahlbar, sexy, innovativ: Mit der Bente 24 setzte ein junges Team, unterstützt durch die Konstrukteure Judel/Vrolijk und andere namhafte Branchenvertreter, frische Akzente. Die YACHT segelte 2015 den Prototyp

An Selbstbewusstsein mangelte es der Truppe schon mal nicht. „Wir retten die Welt“, war da auf der Website zu lesen oder auch konkreter sowie möglicherweise einfacher durchzuführen: „Vorgabe: ein 24-Fuß-Kleinkreuzer. Innovativ, bezahlbar und sexy.“ Stephan „Digger“ Boden aus Hamburg, Werbefilmer und Autor hatte sich in seinem damaligen Blog immer wieder der Idee eines neuen Bootes für junge Segler gewidmet – eines, das Segeln für nachwachsende Eignergenerationen wieder attraktiv und cool macht. Er entwickelte den Gedanken auf seiner Webseite und auf Facebook sowie in Foren weiter.

Die Idee kommt ins Rollen

Zufällig entstand ein Kontakt zum Weltumsegler Professor Michael Adlkofer aus Hannover, der in der Folge 18 Studenten für Produktdesign Ideen und Konzepte entwickeln ließ. Es entstand eine bis heute ungebrochene Eigen­dynamik. Boden traf auf Konstrukteur Alexander Vrolijk, Designer bei Judel/Vrolijk. Die beiden entschieden sich für eine Koopera­tion, konkretisierten die Vorstellungen. Immer mehr Partner kletterten ins noch nicht existente Boot, Ausrüster, Segelmacher, Materiallieferanten. Auf Messen wurde getrommelt, diskutiert, fabuliert. Jeder Besucher durfte mitreden, Meinungen und Feedback abliefern, fühlte sich ernstgenommen und einbezogen. Boden und Vrolijk investierten mit bewundernswerter Energie eigene Zeit ins Open-Source-Projekt und wurden belohnt mit einer wachsenden Sympathiewelle.

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Die dann auch Neider mit sich zog. Gegner monierten, dass andere Werften nicht diese Unterstützung aus der Industrie oder von den Messen erhalten würden, sprachen gar von Wettbewerbsverzerrung. Ein Hersteller konnte zunächst nicht gefunden werden, große Werften scheuten kleine Boote, ein vermeintlicher Widerspruch, aber jedenfalls Tatsache. Dann kam die polnische Werft Yachtservice aus Stettin von selbst auf Boden und Vrolijk zu, fertigte aus dem auf der damaligen Hanseboot ausgestellten, von Lieferant von der Linden gebauten Mockup einen Prototypen. Mit dem Entstehungsweg von der Idee bis zum ersten Test hatte die junge Gruppe bereits mehr Zeit in Präsentationen und Marketing gesteckt als so manche große Werft in eine Neuentwicklung.

Prototyp zum Weiterentwickeln

Für die Tests 2015 auf der Schlei ist die Bente 24 (benannt übrigens nach der Frau des Co-Konstrukteurs Jan Kuhnert, der bei der Konzeption stets auch die weibliche Sicht ein­forderte) vor dem Arnisser Segel-Club in Kappeln an der Schlei stationiert. Auf dem Steg häufen sich Werkzeug und Ausrüstungs­teile, offenbar ist das Team noch nicht ganz am Ziel. Stephan Boden wiegelt ab: „Das ist ein echter Prototyp, wir sind selbst am Testen. Das Boot ist noch zu schwer, es kann mehr Tuch vertragen, und das Ruderblatt braucht Vorbalance.“ Alexander Vroloijk ergänzt: „Wir sammeln alle Meinungen und Eindrücke, sortieren das, und dann fließt das Feedback, soweit möglich, in die Serie ein.“

Aber das Grundkonzept steht 2015. Das Boot provoziert eine klare Meinung, es polarisiert, wie das ganze Projekt. Mit komplett von achtern bis vorn durchgezogenen Chines und einem gefasten Übergang vom Rumpf zum Deck wirkt es, unterstützt durch die panzergraue Farbe, sehr maskulin, beinahe martialisch. Vrolijk: „Die Chines sind nicht nur Optik, die Knicke verstärken den Rumpf auch, ohne sie hätten wir innen mehr aussteifen müssen.“ Der negative Steven mit weiter zurückversetztem Deck und das offene breite Heck wirken ebenfalls kräftig.

Dodger der Bente 24 ist charaktergebend

Herausragendes Merkmal im Wortsinn ist jedoch der sogenannte Dodger, eine durchsichtige Kappe aus Polycarbonat, die über dem Niedergang installiert ist. Ähnlich einer festen Sprayhood, schützt das Teil den Innenraum und die Crew vor überkommendem Wasser. Jedoch langt das prägnante Stück weniger nach achtern als eine Spritzkappe, wirkt weniger effektiv als diese, wie sich zeigt. Sie soll denn auch überarbeitet werden.

Jedenfalls bringt der Dodger Höhe ins Schiff, hier steht man noch mit 1,84 Meter Größe aufrecht und genießt bei Schlechtwetter geschütztes Hafenkino; ansonsten betragen die Innenraumhöhen lediglich gut sitzbare 1,45 Meter. Andere Ausguckmöglichkeiten sind nicht vorgesehen; auf Rumpffenster wurde ebenso verzichtet wie auf Sehschlitze im flachen Aufbau. Dennoch ist es durch den großen Niedergang, zwei Cockpitfenster sowie den weitgehenden Verzicht auf Ausbauten unten hell und luftig.

Zurück nach oben. Bente ist, anders als die überwiegende Zahl der Kleinkreuzer, ein Boot von und für Segler, das macht der Blick auf den flachen Rumpf, das hohe ach­terstaglose Rigg mit einfachen, 27 Grad gepfeilten Salingen und das geräumige Cockpit deutlich. Vrolijk junior bestätigt: „Das Boot ist von außen nach innen konstruiert, nicht umgekehrt.“ Rumpflinien und Abmessungen nach segeltechnischen Anforderungen, nicht aus Platz- und Komforterwägungen heraus. Dazu passt auch das Decks­layout in einem Ausrüstungsstil, den man früher als französisch bezeichnet hat, der sich aber mittlerweile international etabliert. Sprich: Viel Tauwerk statt Metallschäkel, ein fliegendes Dreieck aus offenen Dyneema-Schlaufen ersetzt den Traveller, Alukauschen verdrängen Umlenkblöcke. Das Ziel: Teile, Material, Gewicht und möglichst Geld sparen.


Abwechslungsreiche Dichte in der 24 Fuß-Klasse: Die Konkurrenz der Bente 24


Große Auswahl

Mithilfe des optionalen Elektro-Quirls von Torqeedo und Leinenunterstützung drücken wir die Bente gegen die einwärts fließende Strömung aus dem Hafen. Kurz danach macht der Motor den GDL-Weselsky; Streik, kein Saft mehr; offenbar war das Ladekabel über Nacht nicht richtig angeschlossen. Die Anlage soll aber eine Marschfahrt von 4,5 Knoten liefern, dies über knapp fünf Stunden, hofft Stephan Boden. Neben dem teureren Elektro- wird das Schiff auch mit einem Benzin-Außenborder angeboten, ein Innenborder ist nicht gelistet. Aber sie arbeiten an einem einziehbaren Torqeedo, der aus- und hochgefahren mit je einer Rumpfplatte bündig abschließen soll.

Segel hoch. Etwas mehr Reibung als mit Umlenkblöcken ist spür-, aber noch vertretbar. Angeschlagen sind die serienmäßigen Dacron-Tücher von Lee Sails. Die bieten vom Stand her noch Potenzial nach oben, wie sich zeigt. Es wird auch Crusing-Segel von Doyle geben. Das Team offeriert obendrein höherwertige Membran-Sätze von Banks oder Doyle mit mehr Fläche in beiden Segeln und Fathead-Groß sowie gemäßigte Laminattücher, die zwischen den Crui­sing- und den Race-Produkten liegen. Aber auch mit simpler Ware: Das Boot segelt bei rund 3 bis 4 Beaufort, wie es soll. Zügig, agil, um die sechs Knoten Speed und mehr lassen sich an der Kreuz erzielen, dann jedoch mit Abstrichen an die Höhe.

Segelleistungen werden Zielgruppe gerecht

Mit bestem VMG liegen die Wende­winkel bei knapp unter 90 Grad. Die Ruderlage von rund drei Grad ist ideal, damit sollte der Ruderdruck stimmen. Tut er allerdings nicht, da das Blatt nicht genug vorbalanciert ist. Will sagen: Der Kraftaufwand beim Steuern ist noch zu groß. Das Problem wurde behoben. Schön: Das Boot verträgt Druck und Lage. In den Böen oder mit provozierter übergroßer Krängung packt es sich weg, schießt aber selbst bei rund 30 Grad Lage und mehr nicht in den Wind. Das passiert erst unter Gennaker mit noch mehr Krängung und einem im Leeliek zu stark schließenden Gennaker. Das Verhalten passt zur berechneten Stabilität. Das maximale aufrichtende Moment wird bei 70 Grad Lage generiert; die Stabilität steigt in der Hebelarmkurve schön kontinuierlich an.

Das Boot segelt schnell, aber nicht giftig, wird damit der Zielgruppe gerecht. Das Deckslayout funktioniert. Die 1:2 untersetzten Fockschoten lassen sich per Zug über die Winschen kraftarm dichtholen. Die Höhe des Großschotfußblocks ist durch die offenen Spleiße des Leinendreiecks variabel, so lässt sich für wenig Wind der Baum nach Luv ziehen, um das Segel oben nicht zu sehr zu schließen. Die Schot endet am Baum, wird von oben gefahren wie auf modernen Gleitjollen. Das ist ergonomisch sinnvoll und funktioniert auch raumschots ganz gut.

Unter Gennaker prescht das Boot erfrischend los, will und kommt schnell ins Gleiten: Über zehn Knoten loggt die Bente 24 am Testtag. Mit rund 1,5 Tonnen Gewicht und etwa 74 Quadratmeter Tuch raumschots liegt sie im Mittelfeld sportlicher kleiner Yachten, das passt gut. Alles fein unterwegs also bis auf das Ruder? Noch nicht. Es fehlen im Test 2015 Fußleisten an Deck, ebenso Halt für die Füße, wenn der Steuermann auf dem schön abgeschrägten Süll sitzt.

Boot segelt, macht Spaß, alles gut

Systembedingt liefert der Dodger ein kleines Manko im Handling: Der Gennaker lässt sich schlechter im Niedergang bergen, weil er um die Ecke gehüsert werden muss. Natürlich ist das Tuch auch durchs Vorluk zu bergen, aber das ist kaum kleincrew- oder gar einhandtauglich. Vrolijk: „Wir wollen den Dodger künftig so montieren, dass er für Regatten schnell abzubauen ist.“ Egal ob mit oder ohne Kappe: Boot segelt, macht Spaß, alles gut.

Das Cockpit bietet durch den Dodger aber auch einfache Anschlussmöglichkeiten für eine Kuchenbude und mit 2,20 Meter langen Duchten reichlich zusätzlichen Wohnraum. Die feste Spritzkappe ließe sich auch als Symbol verstehen für die geistige Nachbarschaft zu Dehlers ähnlich konzipiertem Rotkäppchen. Das ist der Vorläufer von Bodens Varianta 18, gleichfalls von Judel/Vrolijk konstruiert und damals eben mit einer namensgebenden roten Niedergangskappe ausgestattet.

Zurück zu den Fakten: Der Niedergang ist asymmetrisch ausgeschnitten, das bringt mehr Luft unter Deck und Dampf aus der Pantry. Die liegt an Backbord und ist in guter alter Kleinkreuzer-Manier verschiebbar. Gegenüber, ganz Bente-esk, ein winziger und nur durch Segeltuch abgeschotteter, so doch vorhandener Toilettenraum, bestückbar mit einem Chemie- oder einem Pump-WC.

Ansonsten ist der Innenraum offen und großzügig gestaltet, Stauraum entsteht im Wesentlichen unter den Kojen und durch innen an die Bordwände geklettete Taschen. Stehen ist nicht, aber sitzen geht gut. Auch auf der Vorschiffskoje gibt es genug Sitzhöhe und groß, nein üppig ist diese mit einer Breite von 1,70 Meter auch. Weiter ist eine Salonkoje vorhanden, ein Sofa gegenüber und zwei Achterkojen. Der Platz unter den Cockpitduchten wird jedoch je nach gewählter Ausstattungsoption partiell für die Schiebepantry oder als Backskiste genutzt.

Dicht am Ziel

Sie segelt, sie ist irgendwie cool, sie hat was. Zwar erfanden Boden und Judel/Vrolijk & Co. weder den tiefen Teller noch das belegte Brötchen neu. Aber ihr Baby bereicherte den Markt, zweifelfsfrei. Den variablen, modernen und schicken Performance-Cruiser aus namhaftem Konstruktionsbüro zum Preis eines Mittelklassewagens gab es seinerzeit nicht, abgesehen vielleicht von der gescheiterten SQ 25. Eine Tatsache, unabhängig von der persönlichen Einstellung zum Hype um das Projekt.

2020 geriet das Unternehmen in Schieflage und es wurde ein Insolvenzverfahren beim Amtsgericht Bremerhaven beantragt. Bereits wenige Wochen später erwarb die Firma Ultramarin Meichle & Mohr in Kressbronn am Bodensee Benteyachts und ist weiterhin mit den Modellen 24, 28 und 29 am Markt.

Die Messwerte zum Test der Bente 24

Bild 1

Die Bente 24 im Detail

Riss der Bente 24 | YACHT/B. RothenbergRiss der Bente 24 | YACHT/B. Rothenberg

Technische Daten den Bente 24

  • Konstrukteur: Judel/Vrolijk & Co.
  • CE-Entwurfskategorie: C, opt. B
  • Rumpflänge: 7,55 m
  • Wasserlinienlänge: 7,15 m
  • Breite: 2,75 m
  • Tiefgang/alternativ: 1,45/1,80 m
  • Theor. Rumpfgeschwindigkeit: 6,5 kn
  • Gewicht: ab 1,6 t
  • Ballast/-anteil: 0,5 t/40 %
  • Masthöhe ü. WL/Opt.: 11,15/11,90 m
  • Maschine (Benzin-AB.): 3,73 kW/5 PS
  • Maschine (Elektro-AB.): Torqeedo 2.0

Rumpf- und Decks­bauweise

Rumpf und Deck GFK-Sandwich mit Schaumkern, Handauflegeverfahren. Schotten und Deck-Rumpf-Verbindung geklebt. Kielfinne aus Gusseisen, Bombe aus Blei. Kollisionsschott

Preis und Werft

  • Grundpreis ab Werft: 75.595 € brutto inkl. 19% MwSt.
  • Garantie/gegen Osmose: 2/5 Jahre

Stand 03/2024

Werft

Yachtservice, Stettin/Polen; www.yachtservice.com.pl

Vertrieb

Judel/Vrolijk Brokerage, 27568 Bremerhaven, Tel. 0471/308811-0; www.judel-vrolijk.com/brokerage

YACHT-Bewertung der Bente 24

Frische, wenn auch polarisierende Optik, gute Optionen für Ausbau, Kiele und Segel, ein fairer Preis: Die Bente 24 leistet das, was sie soll. Der getestete Prototyp ließ jedoch noch keine finalen Aussagen hinsichtlich Finish und Bauqualität zu, und auch das Gewicht wird in der Serie noch abweichen

Konstruktion und Konzept

  • + Modernes, frisches Design
  • + Segelflächen und Kiele wählbar
  • + Günstiger Grundpreis

Segelleistung und Trimm

  • + Hohes Potenzial
  • + Gleitfähigkeit
  • + Gutes Deckslayout mit Optionen

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Viel Platz und Kojen
  • + Großes Cockpit
  • - Wenig Stauraum innen

Ausrüstung und Technik

  • + Weitgehend hochwertiges Zubehör
  • + WC-Raum auf Wunsch
  • + Dodger serienmäßig

Die Bente 24 im Video

Der Artikel erschien erstmals in YACHT 13/2015 und wurde für die Online-Version aktualisiert.


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