Besonderes BootScow FR 18 ist Spaßkiste für Liebhaber

Jochen Rieker

 · 02.03.2025

Lächeln im Gesicht. Nicht nur die Crew hat Freude – auch der Bug des Bötchens scheint zu grinsen.
Foto: EYOTY/B. Kolthof
Franck Roy baut in seiner kleinen feinen Werft an der Biskaya Daysailer mit klassischen Linien. Aber er hat auch eine moderne Scow im Programm. Die ist hübsch anzusehen – und äußerst temperamentvoll

Manchmal hat es sein Gutes, wenn etwas gründlich danebengeht. So jedenfalls war es bei der Entstehungsgeschichte der Scow FR 18. Und die verlief so: „Ein Eigner, der schon zwei Boote von mir gekauft hatte, bekniete mich vor ein paar Jahren, ihm so etwas zu bauen“, erzählt Franck Roy, Chef der nach ihm benannten und in Frankreich hochgeachteten Werft Construction Navale Franck Roy.


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Das Ufo-ähnliche Boot mit extrem flachem Rumpf und plattem Bug passt eigentlich nicht in sein traditionell inspiriertes Modellprogramm, in dem sich neben ele­gan­ten Daysailern auch Nachbauten von Herreshoff-Designs finden. Aber Monsieur ließ nicht locker, und der Auf­trag reizte Roy wohl selbst so sehr, dass er sich schließlich an die Arbeit machte.

Als er fertig war, kannte die Begeisterung kaum Grenzen. Obwohl so exotisch wie ein Einhorn in einer Büffelherde, so gänzlich ungewohnt in Form und Proportionen, obendrein in kupferfarbener Metallic-La­ckie­rung statt in gewohntem Weiß gehalten, gewann die Scow auf Messen vom Fleck weg die Herzen vieler Segler. Selbst die Jury von Europas Yacht des Jahres zollte der Baunummer 1 Respekt und nominierte sie 2016 auf Anhieb für die Kategorie Besondere Boote.

Die Scow entstand aus Versehen

Nur ihr Eigner, der sie sich so sehr gewünscht hatte, wurde nicht recht warm mit ihr. Das freilich lag nicht an ihrem Äußeren. Vielmehr erschien ihm das Boot, das nur auf sein Drängen hin entstanden war, nach den ersten Probeschlägen als zu sportlich. Eine eigentümliche Volte: Ausgerechnet für den, auf dessen Initiative die Entwicklung zurückging, erwies sich die Scow als Fehlkauf.

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Gleich­wohl kann man die Genese auch als Glücksfall betrachten. Denn andernfalls hätten Franck Roy und seine Bootsbauer die einzigartige Konstruktion mit der sympathisch lächelnden Bugsektion wohl nie in Angriff genommen. Und das wäre, so viel sei an dieser Stelle schon gesagt, ein Jammer.

Scows sind, auch wenn sie hierzulande vielen fremd vorkommen, durchaus etabliert. Seit mehr als hundert Jahren zählen sie auf den großen Binnenseen Amerikas zu den aktiven Regattaklassen. Erst in jüng­ster Zeit tauchen sie diesseits des Atlantiks vereinzelt auf. So hat Quant Boats mit einer Scow auf Foils für Furore gesorgt. Erwähnt sein soll auch die E-Scow von Melges. Von einem Trend zu sprechen wäre jedoch übertrieben.

Der Plattbug immerhin, das wohl charakteristischste Merkmal der Flundern, hat es auch außerhalb der Rennjollen-Szene zu wachsender Popularität gebracht. David Raison war der Erste, der das Potenzial dieser Rumpf­form erkannte. Sein Sieg im Mini­­-Tran­sat-Rennen 2011 auf „TeamWork“ machte das Konstruktionsprinzip einer größeren Öffentlichkeit bekannt – und sorgte zugleich für große Kontroversen ob seiner gewöhnungsbedürftigen Ästhetik. Durchgesetzt hat sich die Breitmaulfrosch-Optik nichtsdestotrotz. Inzwischen gibt es die ersten Serien-Mini 6.50, die so gebaut sind, und auch die Class 40 geht in die Richtung.

Was für die Konstruktionsart spricht, ist ihre hohe Formstabilität und der große Auftrieb im Vorschiff, der ein Vertrimmen bei Lage verhindert. Auch minimiert sie auf schnellen Raumschotskursen die Gefahr von „Steckern“. Es waren aber nicht nur diese Vorteile, die Franck Roy dazu bewogen, die moderne Va­riante einer Scow zu ent­wickeln. Vielmehr hat er sich seit jeher der Kunst verschrieben, zeitgemäß segelnde Boote zu bauen, deren Linien von klassischen Vorbildern geprägt sind.

Relief gegen die Beliebigkeit

Das 18-Fuß-Gefährt, das halb Jolle, halb Kielschwerter ist, sieht von weitem wie eine segelnde Sandkiste aus – so flach der Freibord, so rechtwinklig die Plicht. Gezeichnet haben das Boot Mortain & Mavrikios, ein französisch-griechisches Konstrukteurs-Team im nahen La Rochelle, das gern solche Spezialaufträge übernimmt.

Konzipiert für geschützte Küstenreviere und Binnenseen, trägt die Scow FR 18 ein vergleichsweise mächtiges Rigg mit im Kopf weit ausgestelltem Groß und einer schlanken, vorflügelgleichen Selbstwendefock. Schon in der Standardkonfiguration mit Alumast erreicht sie die Segeltragezahl einer Rennyacht: 6,6; die meisten Sportboote haben weniger Tuch gemessen an ihrem Gewicht. Das Testboot mit Carbonspieren und größeren Foliensegeln schafft sogar einen Wert von 7,1 – kein Wunder, dass der Erst­eigner Respekt bekam.

Diese Daten und die damit einhergehende Vortriebsleistung stehen in einem koketten Widerspruch zur Zierlichkeit des Bootskörpers. Mehr noch als Riss und Bilder vermuten lassen, bezaubert das Geschöpf in natura durch seine anrührend zarte, feingliedrige Gestalt. Es liegt nicht im Wasser, es scheint darauf zu schweben.

Und obwohl die Form mangels Zuspitzung an den Enden eher plump anmuten könnte, geht ein besonderer Reiz von ihr aus. Der Rumpf bezieht aus dem negativen Deckssprung und den gegenläufigen Kimmkanten eine feine Spannung. Diese wird von filigran modellierten Details der Konstruk­tion verstärkt, etwa den angeschrägten Kanten des Sülls und der leicht vertieft an­ge­setz­ten Eindeckung des Spiegels, unter der Platz für Festmacher und Fender bleibt. Selbst die Lettern des Bootsnamens unterstreichen die Besonderheit der Konstruktion. Sie sind nicht aus Folie gestanzt, sondern einzeln aus Bronze gegossen und verchromt – ein Relief gegen die Beliebigkeit.

Welle mag die Scow 18 FR nicht

Beim Anbordgehen erweist sich die Hübsche als erstaunlich unprätentios. Sie sackt beim Tritt aufs Vorschiff nicht weg und neigt sich auch kaum zur Seite, wenn man nach achtern in die Plicht geht. Es ist der erste leise Wow-Effekt, den die Scow FR 18 vermittelt. Obwohl durchaus moderat in ihrem Längen-Breiten-Verhältnis, profitiert sie von der enormen Formstabilität ihres kistenartigen, an allen Enden lotrechten Rumpfes.

Franck Roy bietet auf Wunsch auch einen kleinen Elektroantrieb an. Zwingend nötig erscheint der nicht. Beim Test ließ sich das nur 280 Kilogramm wiegende Bötchen problemlos auch unter Segeln an- und ab­legen. Es ähnelt im Handling tatsächlich mehr einer Jolle, vermittelt gleichzeitig aber die Stabilitätsreserven einer kleinen Yacht.

Dank gut arrangierter Leinen und Beschläge lässt sich die Scow sicher einhand bedienen. Das durchgelattete Groß geht etwas sperrig ins Rigg. Dafür rollt die Fock wie von allein aus. Selbst der Gennaker ist rasch gesetzt und fast genauso schnell wieder geborgen; er liegt in einem Sack unterm Vordeck und wird vom Cockpit aus bedient. Eine große, trichterähnliche Luke neben dem Vorstag erleichtert die Manöver. Sie sorgt jedoch auch dafür, dass auf Am- und Halbwindkursen bei Welle kleine Fluten durch die Plicht nach achtern laufen.

Welle mag die Scow 18 FR ohnehin nicht. Schon 30 Zentimeter Windsee quittiert sie mit gelegentlichem Nicken und Bocken. An der von uns gesegelten Baunummer 1 ließ sich diese Eigenart nicht einmal durch ex­tremen Gewichtstrimm nach Lee und nach achtern beseitigen. Deshalb modifizierte Franck Roy die Bauform ab dem zweiten Boot deutlich. Der ausgeprägte U-Spant ist insbesondere im Heck jetzt weicher gerundet, was einen spürbar positiven Effekt hat, wie Kollegen aus Frankreich berichten. Rutscht die Crew nach achtern, hebt sich der Plattbug nun deutlich; er fährt mehr über als gegen die Welle.

Scow FR 18 kann süchtig machen

Und wie er fährt! Bei 12 bis 15 Knoten Wind lässt sich die Flunder noch ohne Weiteres unter Vollzeug segeln, sofern man Gebrauch von den gut platzierten Ausreitgurten macht. Raumschots kommt die Scow dann unter Groß und Selbstwendefock ins Gleiten. Mit Gennaker gelingt das sogar bereits ab etwa 8 Knoten Wind.

Es ist ein magischer Moment. Plötzlich wird es ganz ruhig. Das Wasser trennt sich strudelfrei vom Spiegel, die fest unterm Rumpf montierten Ruder reagieren noch direkter. Ein faszinierendes Equilibrium, das süchtig machen kann, eben weil alles scheinbar mühe-, ja schwerelos zu sein scheint.

Natürlich kann man die Scow auch fordern, treiben, pushen. Und sie quittiert das, ohne zu murren oder umzufallen, durchaus mit noch mehr Fahrt. Aber dafür ist sie eigentlich viel zu schade, zu elegant, zu sensibel. Genauso viel Spaß macht es, im Cockpit sitzend den letzten Windhauch zu fangen und auf einem Feierabendschlag mit ihr am Ufer entlangzugleiten.

Technische Daten der Scow FR 18

Riss der Scow FR 18Foto: WerftRiss der Scow FR 18
  • Konstrukteur: Mortain & Mavrikios
  • Rumpflänge: 5,50 m
  • Breite: 1,92 m
  • Tiefgang (max./min.): 1,10/0,44 m
  • Gewicht: 280 kg
  • Ballast/-anteil: 60 kg/21 %
  • Segelfläche: 18,8 m²

Der Artikel erschien zum ersten Mal 2019 und wurde für diese Onlineversion überarbeitet.

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