StilikonenMotorbootklassiker von Riva lassen Herzen höher schlagen

YACHT-Redaktion

 · 31.05.2025

Perfekt in Pose: eine Riva während der Monaco Classic Week beim Fotoshooting.
Foto: dpa/pa
Wenige Motorbootmarken lassen Segler ins Schwärmen geraten. Die Stilikonen vom italienischen Iseosee zählen zweifellos dazu. Seit den Fünfzigerjahren steht der Name Riva für technische Raffinesse und unnachahmliche Eleganz. Eine Hommage an „La Famiglia“.

Hinreißende Linien, edelst verarbeitete Hölzer, chromblitzende Armaturen, feinste Lederbezüge, satte Motoren und ein unvergleichliches Fahrverhalten: Riva-Boote sind bis heute der Inbegriff italienischen Chics und Stils. Die formvollendeten, exquisiten Konstruktionen umgibt eine Aura von unerschwinglichem Luxus und ungezügelter Lebenslust. Schon früh unterlagen Fürsten und Prinzessinnen, Modezaren und Industrielle ihren Reizen, schmückten sich Vermögende, aber auch Rennsport-Enthusiasten mit Riva-Booten, feierte der internationale Jetset auf den so unnachahmlich lässig dahinbrausenden Boliden sich selbst und das schöne Leben.


Lesen Sie auch:


Ob Fürst Rainier von Monaco oder der französische Chansonnier Gilbert Bécaud, ob Lebemann Gunter Sachs oder Filmstars wie Sophia Loren, Brigitte Bardot, Anita Ekberg und Peter Sellers, ob die Verlegerfamilie Axel Springer oder in jüngeren Jahren Popstars wie Bono und Elton John, Designer Tommy Hilfiger, Regisseur Steven Spielberg oder Fußballstar David Beckham – sie alle verhalfen Riva zu Weltruhm und nutzten umgekehrt die Popularität der Marke, um sich selbst gekonnt in Szene zu setzen. Auch in zahlreichen Filmen waren und sind Rivas präsent, von frühen Hollywood-Klassikern wie „Mambo“ über spätere Kinohits wie „French Connection“, „La Grande Bellezza“ und mehrere James-Bond-Streifen bis hin zu Blockbustern unserer Zeit à la „Men in Black“.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Beginn einer Ära

Die Ursprünge der bis vor wenigen Jahren noch durchgehend familiengeführten Werft reichen weit zurück. Alles begann mit Pietro Riva, der 1822 in Laglio bei Como geboren wurde. Als Jugendlicher erlernte er von seinem Vater, wie auch von den Schiffbauern, die am See ansässig waren, das Tischlerhandwerk. Im Frühjahr 1842 ergab sich dann eine Gelegenheit, die sein Leben für immer verändern sollte: Nach einem schweren Sturm im Norden Italiens kam ein Fischer aus am Iseosee gelegenen Sarnico an den Comer See. Dort lernte er den jungen Pietro kennen. Als er dessen handwerkliche Fähigkeiten entdeckte, beauftragte er ihn mit der Reparatur seiner Boote. Und so machte sich der 20-jährige Pietro Riva auf den Weg zu dem Abenteuer, das sein Leben verändern sollte.


Zum Weiterlesen

yacht/100120000_17f84004d75666ae15c06692f37b0a90Foto: Delius Klasing Verlag

Das faszinierende Buch über die komplette Riva-Geschichte von der Gründung bis in die Gegenwart. 240 Seiten mit vielen großformatigen Fotos; 75 Euro. shop.delius-klasing.de


Er reiste nach Sarnico und begann in einer Industriehalle am Fluss Oglio mit den Reparaturarbeiten an den vom Sturm beschädigten Booten. Dies unter den neugierigen und aufmerksamen Augen der Einheimischen, die das Geschick des jungen Zugezogenen schnell zu schätzen wussten. Bald erhielt er auch von anderen Männern Aufträge, Boote zu reparieren oder sogar neue zu bauen. Zu seinen ersten Anfertigungen zählten ein Fischerboot – bekannt als „Naet“ – und ein Beiboot im Como-Stil, also in der Version der berühmten „Inglesina“, die in der Gegend von Como gebaut wurde. Ein Auftrag führte zum nächsten, und Pietro ließ sich schließlich dauerhaft in Sarnico nieder, wo er seine Familie gründete. Eines seiner Kinder – Ernesto – erbte seine Leidenschaft für Boote. Er experimentierte insbesondere mit verschiedenen Antriebsarten, unter anderem mit den damals neuartigen Verbrennungsmotoren. Bald entwarf er ein erstes Motorboot. Es war der Beginn einer neuen Ära.

Bei Riva drehte sich alles um Rennboote

Damit einhergehend gründeten Vater Pietro und Sohn Ernesto um 1860 gemeinsam die erste Riva-Bootswerft. Die fand anfangs Unterschlupf in einem Schuppen und wurde wegen dessen Blechdach (italienisch: „tesa“) von den Ansässigen vor Ort kurzerhand Tesone genannt. Neben kleinen Fischer- und Beibooten konnten nun auch große Passagierboote zu Wasser gelassen werden. Eines der ersten dieser ungleich aufwendigeren Projekte war ein dampfgetriebenes Boot für den Transport von Waren und mindestens 25 Passagieren, das von einem Geschäftsmann aus Como in Auftrag gegeben wurde. Die Werftbelegschaft wuchs in der Folge von vier auf zehn Mitarbeiter, und Riva entwickelte sich mehr und mehr zu einem richtigen Unternehmen. 1907 dann übernahm mit Serafino Riva die nächste Generation die Familiengeschäfte. Er führte das Werk seines Vaters fort, konzentrierte sich zusätzlich aber auf die Entwicklung von Rennbooten.

Nach dem Ersten Weltkrieg wuchs die Zahl der Motorbootsport-Begeisterten schlagartig. Auch Serafino war fasziniert von den Geschwindigkeiten, die sich auf dem Wasser erzielen ließen. Er beteiligte sich an der Entwicklung des ersten Außenborders und stellte in den 1920er-Jahren schließlich den Bau großer Schiffe komplett ein. Fortan drehte sich bei Riva alles nur noch um Rennboote. Es dauerte nicht lange, bis der Werftchef begann, mit Ole Evinrude, dem Erfinder kleiner, leichter und preiswerter Außenbordmotoren, zusammenzuarbeiten, um sein erstes eigenes Rennboot zu bauen. In den Folgejahren nahm Serafino an zahlreichen Rennen teil, sowohl als Konstrukteur als auch als Fahrer. Daneben stellte er ein Team werfteigener Fahrer zusammen, darunter viele berühmte Namen der damaligen Zeit.

Bis Ende der Dreißigerjahre fuhren Riva-Rennboote Sieg um Sieg ein und stellten beinahe unablässig neue Geschwindigkeitsrekorde auf. Allein die Brüder Augusto und Renzo Romani, europäische Spitzenfahrer in der Kategorie Outboard Racing, Klasse X-1000, waren mit fünf Riva-Motorbooten erfolgreich. Bis in die 1950er-Jahren fuhren sie 104 Siege ein, gewannen sechs europäische und elf italienische Meisterschaften und stellten zwei Weltrekorde auf – eine unglaubliche Bilanz!

Ein Leben voller Leidenschaft für schöne Boote – auch wenn mit Carlo Riva die Familiengeschichte der Werft endete, hat er doch Bleibendes erschaffen.

Fokussierung auf Holzboote

Der Zweite Weltkrieg brachte eine Zäsur auch für die Riva-Werft. Die Begeisterung für den Rennsport schwand viele Jahre lang. 1949 übernahm Serafinos ältester Sohn Carlo im Alter von 27 Jahren das Familienunternehmen – und läutete wiederum eine neue Ära für die Werft am Iseosee ein: In Anlehnung an die offenen amerikanischen Motorboote von Chris-Craft begann er mit der Produktion von Holzbooten. Diese Runabouts wurden neben den weiterhin gebauten Rennbooten die zweite Säule des Betriebs. Mit ihnen traf Carlo Riva instinktsicher einen Nerv der Zeit.

Seine Corsaro, Ariston, Tritone und Florida setzten anfangs zielgenau neue Trends. Ihr unverkennbares, einzigartiges und geradezu ikonisches Design erregte bald schon die Aufmerksamkeit der Schönen und Reichen. 1956 begann L’Ingegnere, wie Carlo Riva längst ehrfurchtsvoll genannt wurde, die Zusammenarbeit mit Designer und Architekt Giorgio Barilani. Dessen grafisches und gestalterisches Können sollte fortan die Exklusivität der Marke prägen.

1962 dann enthüllte Riva auf der dritten Mailänder Bootsmesse mit der Aquarama ein neues Modell, dass ihn endgültig unsterblich machen sollte. Eine Legende war geboren. Mit ihrer fugenlosen, tiefroten Mahagonibeplankung aus einem einzigen Mahagonibaum, mit ihren starken Innenbordmotoren samt dem typisch satten Klang, mit viel blank poliertem Chrom, mit der unverwechselbaren Panoramascheibe, mit dem klassischen Armaturenbrett samt weißem Steuerrad, mit den weißen Ledersitzen und der ins Heck eingelassenen gepolsterten Liegefläche setzte die Aquarama neue Maßstäbe.

Familienunternehmen Riva wird verkauft

Sie war das Motorboot, das von dem jungen Gianni Agnelli, dem späteren Fiat-Boss, zum ersten Mal Probe gefahren und das zum Symbol Rivas wurde, bis heute. Im Jahr 1963 wurden 21 Aquaramas ausgeliefert, im Jahr darauf eine Super-Version entwickelt, 1971 folgte die Special-Version. Bis 1996 wurde das Modell in den unterschiedlichen Varianten unglaubliche 765-mal gebaut. Die Auswahl edler Materialien, die Handwerkskunst und die Liebe zum Detail machten die Boote zu Objekten der Begierde für Königinnen und Könige, für Hollywoodstars, Geschäftsleute und Champions.

Carlo Riva ging ab 1969 zudem mit den Bedürfnissen der Zeit, als er beschloss, das erste Boot aus Glasfaser zu bauen. Gleichzeitig gründete er die Riva Boat Services, um seine Boote weltweit zu verkaufen und technische Unterstützung für die Eigner anzubieten. Trotzdem kam es in diesem Jahr zu einem Bruch, der das Ende des Familienunternehmens einläuten sollte: Infolge gewerkschaftlicher Unruhen verkaufte Carlo die Werft im September 1969 an den US-Konzern Whittaker. Seit 2000 gehört sie zur Ferretti-Gruppe.

Carlo blieb noch bis 1972, dann verließ er Riva und verlagerte seine Interessen auf den Porto Turistico Internazionale di Rapallo, der 1975 nach ihm benannt wurde. 2005 ehrte ihn Albert II. von Monaco im Fürstentum mit dem Titel „Personnalité de la Mer“. Carlo Riva starb am 10. April 2017 in Sarnico, vielleicht „mit einem Hauch von Nostalgie für ein großartiges Leben, das ich in vollen Zügen gelebt habe; mit hoher Geschwindigkeit und umgeben von Booten“, wie er selbst einst sagte.

Ikonische Modelle der Riva-Werft

Riva Tritone (1950–1966)

yacht/000859_9f66df0bab8f554d86a467c9df65b1a1Foto: Bellinni

Die Tritone, benannt nach dem Sohn des griechischen Meeresgottes Poseidon, stellte für Riva in zweifacher Hinsicht eine Revolution dar: Das Boot war das erste Modell mit Doppelmotorisierung und kleiner Kabine unter dem Vordeck. 1950 vorgestellt, folgte bereits 1956 eine verlängerte „Super“-Version.


Riva Ariston (1953–1972)

yacht/000857_2c2038d4bdce715e65657883d032ef90Foto: Bellinni

Die Ariston, übersetzt „die Beste der Besten“, ist mit mehr als 1.000 gebauten Booten eines der am weitesten verbreiteten Riva-Modelle. Im Laufe der Jahre stieg die Motorleistung von 140 PS auf bis zu 275 PS. Damit waren Geschwindigkeiten bis zu 70 km/h drin. Ab 1960 kam die „Super“-Version hinzu.


Riva Aquarama (1962–1971)

yacht/000862_cc15719f0135089766d9baad9a719d3dFoto: Bellinni

Die Aquarama ist das bekannteste Boot der Werft und bis heute Inbegriff eines klassischen italienischen Runabouts. Giorgio Barilani entwickelte dafür die Super-Tritone weiter. Bis zu 320 PS starke Riva-Motoren trieben das Boot an. Ab 1972 folgte eine leicht veränderte und verlängerte „Special“-Version.


Riva Junior (1966–1972)

yacht/000861_9d9adfcf1b59eb84d7c4db72d9452805Foto: Bellinni

Die mit rund 200 PS überaus sportlich motorisierte Junior sollte Einsteigern und jungen Leuten die Welt der Riva-Boote näher­bringen. Die zentrale Mittelsitzbank, das fast mittig angeordnete Steuerrad sowie das Cockpitlayout waren fürs Wasserskifahren ausgelegt, eine Zugöse am Heck daher Standard.


Riva Olympic (1969–1979)

yacht/000860_31bf889999439257343b45235d4996e9Foto: Bellinni

Die Olympic wurde nach den Spielen 1968 in Mexiko eingeführt. Als familientaugliches Freizeitboot ausgelegt, schloss sie die Lücke zwischen den luxuriösen Doppelmotor-Modellen wie Tritone oder Aquarama und der Junior als Spaßboot. Dank 270 PS konnte sich die Fahrleistung durchaus sehen lassen.

Britta Flöring und Torsten Moench


yacht/100132219_d7503ca704922c07c69d39bd55431630Foto: YACHT

Die Historie der Riva-Boote ist in der aktuellen Ausgabe der YACHT classic erschienen, die seit dem 21. Mai im Handel ist. Abonnenten der YACHT bekommen das Heft gratis nach Hause geliefert. Lesen Sie außerdem darin das Porträt des Werftgründers Henry Rasmussen, die Geschichte der „Nordwest“ und lassen Sie in Fotos von Nico Krauss die Classic Week 2024 Revue passieren.

Meistgelesen in der Rubrik Yachten