Als die Ära der großen frachttragenden Segelschiffe in den Zwanzigerjahren dem Ende entgegenging, trotzte ein Mann dem Trend: Gustaf Eriksson kaufte nicht mehr benötigte Windjammer zu Spottpreisen. Künftig segelten sie unter der Flagge der Ålandinseln, darunter viele ehemalige Flying P-Liner der legendären Hamburger Reederei F. Laeisz, wie die Viermastbarken „Pommern“, „Pamir“ und „Passat“. Die beiden letzten gehörten zu den sogenannten acht Schwestern, teils baugleichen Schiffen aus der Blütezeit von F. Laeisz zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Eingesetzt wurden sie in den Dreißigerjahren von dem geschäftstüchtigen Gustaf Eriksson auf der letzten Route, auf der sie noch wettbewerbsfähig waren: der Weizenfahrt von Australien nach Europa. Regelrechte Regatten wurden jährlich abgehalten. Diese Rennen liefen von Australien nach Europa über das berüchtigte Kap Hoorn.
Ruhm und Ehre standen im Vordergrund, doch auch finanzielle Prämien für die schnellste Überfahrt erhöhten den Anreiz. Die Regatten begannen nach der Weizenbeladung im Spencer-Golf und stellten die Schiffe auf eine harte Probe. Die letzte dieser prestigeträchtigen Regatten via Kap Hoorn fand 1949 statt - von “Pamir” und “Passat”. Die “Passat” entschied dieses letzte Duell für sich. Insgesamt gewann sie diese verbliebene Trophäe der Frachtsegler viermal.
Doch selbst als Gustav Eriksson die Schiffe nicht mehr profitabel in Fahrt halten konnte, war ihre Karriere noch nicht vorüber. Statt beim Abwracker zu landen, wurde das Paar nun zu Schulschiffen. Eine engagierte Interessengemeinschaft sicherte die Zukunft der “Passat” zusammen mit der “Pamir” und überführte sie nach Travemünde.
Mit Unterstützung der Howaldtswerke in Kiel wurden sie zu frachttragenden Segelschulschiffen umgebaut - inklusive Einbau je eines Krupp-Diesels mit 900 PS. 1952 startete die "Passat" unter Kapitän Hermann Heuer ihre erste Reise als Segelschulschiff mit dem Ziel Südamerika.
Doch dass sie auch Fracht trugen, wurde ihnen zum Verhängnis: 1957 sank die „Pamir“ im Südatlantik, als in einem Hurrikan ihre Ladung verrutschte. 80 Seeleute starben. Die „Passat“ entging nur mit Glück dem gleichen Schicksal: Im November des gleichen geriet sie auf der Rückreise von Buenos Aires in einen schweren Sturm südwestlich der Biscaya.
Vier Tage kämpfte sie gegen einen Orkan, wobei ihre Gerstenladung verrutschte und das Schiff in eine gefährliche Schräglage brachte. Das Kentern konnte jedoch verhindert und Lissabon angelaufen werden. Nach Umladen der Gerste setzte sie ihre Reise nach Hamburg fort, wo die “Passat”, dem Schicksal gerade so entronnen, nun dennoch außer Dienst gestellt wurde.
1959 erwarb die Hansestadt Lübeck die „Passat“ und brachte sie zu ihrem jetzigen Liegeplatz am Priwallufer in Travemünde. Zunächst diente sie als Schulstätte der Schleswig-Holsteinischen Seemannsschule. Ab 1966 wurde sie als Museum und internationale Begegnungsstätte genutzt, später als Jugendherberge mit modernen Einrichtungen, wobei originale Details wie die Schweineställe auf dem Vorschiff erhalten blieben.
Mitglieder des Lübecker Sportausschusses gründeten schließlich 1979 den Verein „Rettet die Passat“, der sich um ihren Erhalt kümmert. Während von der „Pamir“ nur ein zerschlagenes Rettungsboot in der Lübecker Jakobikirche geblieben ist existiert, besteht die „Passat“ als lebendiges Denkmal ihrer Epoche und deutscher Seefahrtsgeschichte weiter.
Anhand von Tagebucheinträgen erzählt die Ausstellung vom Leben und Arbeiten eines Schiffsjungen auf dem legendären Flying P-Liner. Das Travemünder Wahrzeichen ist Museumsschiff, Veranstaltungsort und Unterkunft. Von April bis Oktober kann man sich in einer der 102 Kojen einquartieren. Der Verein Rettet die Passat e. V. bietet Führungen an (max. 25 Personen): 70 Euro zzgl. Besichtigungsentgelt. E-Mail: fuehrungen@rettetdiepassat.de
Öffnungszeiten: 01.04.– 04.05. u. 29.09.–31.10. von 11 bis 16:30 Uhr; 05.05.–28.09. von 10 bis 17 Uhr.
Preise: Erwachsene: 7 Euro, Kinder von 6 bis 17 Jahre: 3,50 Euro, Rabatt für Gruppen und Familien, freier Eintritt für Kinder unter 6 Jahren und Inhaber des Lübecker Ferienpasses.
Anreise per Boot: Passathafen auf dem Priwall. Tel.: 0451/ 12287610, Mobil: 0151/ 20402479. Infos erhält man auf der Seite der Stadt Lübeck. luebeck.de