KlassikerMit Stil ins Ziel bei Regatten am Mittelmeer

YACHT-Redaktion

 · 03.02.2024

Die von Germán Frers nach Plänen seines Vaters gebaute „Recluta“ segelt seit der Saison 2022 im Mittelmeerzirkus mit
Foto: YACHT/T. Madsen
Nirgendwo auf der Welt ist die Klassikerszene so groß und aktiv wie auf dem Mittelmeer. Der dänische Fotograf Thomas Madsen hat sie im vergangenen Sommer besucht. Sein ganz persönlicher Report

Text von Thomas Madsen

Es ist Ende Mai. Im blauen Wasser der Bucht von Cannes spiegeln sich die Rümpfe unzähliger kleiner und großer Klassiker unter gigantischen Wolken von weißen Segeln. Ein herrlicher Anblick, der an die Anfänge des Segelsports erinnert.

Die Geschichte der Segelregatten an der Côte d’Azur reicht bis in die späten 1850er Jahre zurück. Die heutigen Klassiker erlebten ihre größte Blüte in den 1920er und 1930er Jahren. Hundert Jahre später ziehen ihre Wettfahrten wieder große Menschenmengen und begeisterte Segler an die Mittelmeerküste. Wie hier nach Antibes zur Les Voiles d’Antibes.

Die zauberhafte Stimmung am Hafen wird von den Klängen eines Dudelsacks untermalt und plötzlich übertönt vom Böllerschuss einer Bordkanone. Abgegeben wurde er an Deck eines großen Schoners, dessen Crew ihre Rückkehr nach Port Vauban ankündigt, dem Hafenbecken von Antibes, wo das imposante Schiff inmitten der Teilnehmerflotte festmachen wird, direkt vor der pittoresken Kulisse der alten Stadtmauern.

Mit 60 bis 70 teilnehmenden Yachten ist es die größte Regatta der Frühjahrssaison im Mittelmeer und gleichzeitig die erste des beteiligten Internationalen Mittelmeerkomitees CIM und des Vintage & Classic Yacht Club (VCYC). Beim CIM handelt es sich um einen altehrwürdigen Zusammenschluss zur Förderung von Hochseeregatten auf dem Mittelmeer, der schon 1926 gegründet wurde und von Anfang an Offshore-Rennen organisiert, reguliert und harmonisiert hat.

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Vintage & Classic Yacht Club stark im Mittelmeer vertreten

Der erst Ende 2019 neu gegründete VCYC, der 2021 seine erste Klassikerregatta auf dem Mittelmeer ausrichtete, ist heute mit jährlich fünf Veranstaltungen in Frankreich, Spanien und Italien ein fester Bestandteil der dortigen Klassikersaison. „Im Jahr 2018 hat sich der Uhrenhersteller Panerai nach vielen Jahren als Hauptsponsor mehrerer Klassikerregatten im Mittelmeerraum aus der Szene zurückgezogen. Damals haben wir beschlossen, einen Club zu gründen, um eine Regattaserie für klassische Yachten im Mittelmeerraum zu entwickeln“, so Jonathan Greenwood, Mitbegründer und Präsident des VCYC. „Während in den späten 1990er Jahren eine wahre Renaissance der großen Yachten stattfand, haben wir in den letzten zwei Jahrzehnten zunehmende Teilnehmerzahlen kleinerer Klassiker. Und es werden immer noch in jedem Jahr mehr“, sagt Greenwood.

Hier in Antibes kann man sich am Anblick so atemberaubend schöner Yachten erfreuen wie der legendären „Moonbeam of Fife“, Olin Stephens’ berühmter „Stormy Weather“, des Schoners „Cambria“, der als das Meisterwerk von William Fife III. gilt, sowie der prominenten „Manitou“, die einst dem damaligen amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy gehörte, oder der „Lulu“, der ältesten französischen Segelyacht, die 1898 gebaut wurde und 1900 an den Olympischen Spielen in Paris teilnahm.

Cannes legt Grundstein für klassische Regatten

Auf der Bucht von Cannes segelte die erste Yacht schon in den 1850er Jahren. Als 1859 dann die erste Regatta stattfand, wurde auch die Regatta-Gesellschaft in Cannes gegründet. Das war der Grundstein für eine Tradition, die heute noch in der alljährlich im September ausgesegelten Régates Royales fortlebt. Denn in den folgenden Jahren veranstaltete die Gesellschaft regelmäßig Wettfahrten auf der Bucht vor Cannes.

Die zogen in den wilden 1920er Jahren Segler aus ganz Europa an, und 1928 bat der dänische König Christian X. darum, es möge eine Regatta organisiert werden, auf der er mit seiner 6-mR-Yacht „Dana“ antreten könne. Das ließ man sich nicht zweimal sagen, veranstaltete im September des folgenden Jahres eine ganze Regattawoche und nannte sie königliche Regatta.

Heute strahlt ganz Cannes im Glanz der Klassiker, wenn sie den Hafen bevölkern. Am Quai Labeuf herrscht reges Treiben. In den Cafés frühstücken Segler neben Einheimischen, während sich im Hafen alles auf die nächste Wettfahrt vorbereitet.

Regatta ohne Wind

Leicht ist eine Heuer zu finden. Ein Bier am Kai, eine kurze Frage an den Skipper, und schon besteht die Gelegenheit, an Bord der „Tuiga“ mitzusegeln, einer sehr erfolgreichen 15-mR-Yacht, die 1909 von dem legendären William Fife III. gebaut wurde und seit 1995 das Flaggschiff des Yachtclubs von Monaco ist.

Am Freitag laufen wir aus, machen „Tuiga“ für die Regatta klar und warten auf Wind. Der aber kommt nicht, der Start wird abgesagt. Auch am letzten Tag der Regatta ist es flau. An Deck der „Elena of London“ ist es so heiß, dass einige Crewmitglieder ins Wasser springen, um sich abzukühlen. Doch dann kommt ein wenig Wind, genug zumindest, um die meisten von „Elenas“ Segeln zu setzen und an den letzten Start des Rennens zu gehen.

Nur ein paar Tage später wird mit Saint-Tropez ein weiterer Ort an der Côte d’Azur zur Bühne für die Klassiker. Mit der Les Voiles de Saint-Tropez findet dort die überregional bekannteste der Mittelmeerregatten statt. Vor rund 40 Jahren begann die Geschichte des Events mit einem privaten Rennen zwischen der Swan 44 „Pride“ und dem Zwölfer „Ikra“.

Am Mittelmeer lösen Klassiker Begeisterung aus

Damals gab es in Frankreich weder Regatten für Klassiker noch für Maxi-Yachten. Nach und nach haben die Wettfahrten von Saint-Tropez – die damals La Nioulargue hießen – große Begeisterung für die Restaurierung klassischer Segelyachten ausgelöst. Heute wird es in dem ehemaligen Fischerdorf voll, wenn rund 250 Schiffe mit ihren Besatzungen hierherkommen und täglich 50.000 Besucher anlocken.

Wie an all den anderen Orten am Mittelmeer auch, wenn die Klassiker dort einlaufen. Und das tun sie den ganzen Sommer über, von Anfang Mai bis Anfang Juli. Nach einer Sommerpause sind die Regatten Ende August wieder in vollem Gange, angefangen mit der Corsica Classic, gefolgt von den Régates Royales Ende September und zum Abschluss der Saison mit der großartigen Les Voiles de Saint-Tropez.

The French Circuit in 2024

3.–5. Mai DAMES DE SAINT-TROPEZ – Saint-Tropez info@snst.org – www.snst.org

10.–12. Mai LES VOILES DE CASSIS – Cassis www.portdecassis.com

20.–25. Mai LES REGATES NAPOLEON – Ajaccio www.corsica-classic.com

29. Mai–2. Juni LES VOILES D’ANTIBES – Antibes www.voilesdeantibes.com

6.–9. Juni PORQUEROLLE’S CLASSIC – Porquerolles www.yachtclubporquerolles.fr

10.–12. Juni COUPE DE PRINTEMPS DU YACHT CLUB DE FRANCE www.ycf-club.fr

14.–16. Juni CALANQUES CLASSIQUE – Marseille www.lanautique.com

22. Juni–6. Juli TROPHEE BAILLI DE SUFFREN – St.-Tropez – Alghero – Bizerte – Malta; www.tropheebaillidesuffren.com

21.–29. August CORSICA CLASSIC – Corsica www.corsica-classic.com

23.–28. September REGATES ROYALES – Cannes www.regatesroyales.com

29. September COUPE D’AUTOMNE DU YACHT CLUB DE FRANCE Cannes – Saint Tropez; www.ycf-club.fr

30. September–6. Oktober LES VOILES DE SAINT-TROPEZ Saint-Tropez; www.snst.org


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