Fregatte „L’Hermione“Ein historisches Juwel in der Krise

Lars Bolle

 · 27.09.2025

Die "Hermoine"
Foto: dpa/pa
​Die Zukunft der symbolträchtigen französischen Fregatte „L’Hermione“ ist ungewiss. Die Vereinigung „L’Hermione“-La Fayette kämpft mit einem doppelten Problem: dem Befall durch holzzerstörende Pilze sowie fehlenden Mitteln für die enormen Restaurierungskosten von zehn Millionen Euro.

Die Fregatte „L’Hermione“ steht vor einer ungewissen Zukunft. Das Handelsgericht in La Rochelle hat den betreibenden Verein Hermione-La Fayette unter gerichtliche Sanierung gestellt. Der Betreiber des historischen Dreimasters, der mit technischen Problemen kämpft, hat nun vier bis sechs Monate Zeit, um seine finanzielle Situation zu stabilisieren und einen tragfähigen Rettungsplan vorzulegen. Die Entscheidung wirft Fragen zur langfristigen Überlebensfähigkeit dieses bedeutenden maritimen Kulturprojekts auf.

​Die Fregatte „L’Hermione“

Die „L’Hermione“ ist eine 65 Meter lange 32-Kanonen-Fregatte der Concorde-Klasse, die 2014 in Rochefort fertiggestellt wurde. Sie ist eine originalgetreue Reproduktion der „L’Hermione“ von 1779, die berühmt wurde, als sie 1780 General La Fayette über den Atlantik brachte, um sich im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg auf der Seite der Amerikaner am Kampf zu beteiligen.

Die „L’Hermione“-Lafayette-Vereinigung wurde 1992 von einer Gruppe von Meeresgeschichte-Enthusiasten gegründet. Der Bau begann 1997 in Rochefort und wurde größtenteils mit traditionellen Schiffbautechniken durchgeführt. Nach ihrer Fertigstellung unternahm die „L’Hermione“ mehrere symbolträchtige Reisen, darunter eine Atlantiküberquerung nach Amerika im Jahr 2015, die den historischen Weg Lafayettes nachzeichnete. Das Schiff wurde zu einem Botschafter französischer Geschichte und Handwerkskunst und zog bei seinen Hafenbesuchen Hunderttausende Besucher an. Diese kulturelle und historische Bedeutung würde den möglichen Verlust des Schiffes besonders schmerzlich für die maritime Gemeinschaft und Kulturerbe-Enthusiasten machen.

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​Kampf gegen Pilzbefall

Bei einer Inspektion im Jahr 2021 wurden umfangreiche Schäden durch Fäulnis an der Beplankung der „L’Hermione“ festgestellt. Die Reparatur der Schäden erfordert einen vollständigen Wiederaufbau, der in diesem Jahr abgeschlossen sein sollte. Die Fregatte ist vor allem im Heckbereich von zwei Pilzen befallen, die Fäulnis verursachen, Porling und Lenzites. Sieben Prozent der Holzstruktur müssen ausgetauscht werden. Dies entspricht einem Volumen von 40 Kubikmetern Holz. Aus Kostengründen und wegen der besseren Widerstandsfähigkeit soll nicht mehr Vollholz, sondern formverleimtes Holz verwendet werden. Doch wegen fehlender Finanzieller Mittel mussten die Arbeiten vorerst eingestellt werden.

​Finanzielle Krise

Die Kosten für Instandhaltung, Reparatur und den laufenden Betrieb des historischen Nachbaus übersteigen bei weitem die Einnahmen, die durch Besichtigungen und öffentliche Veranstaltungen generiert werden können. Der Verein hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach auf Spenden und öffentliche Fördergelder zurückgreifen müssen, um den Erhalt des Schiffes zu sichern. Die Kosten für die Sanierung werden auf zehn Millionen Euro geschätzt, 25 Millionen Euro hatte der Bau ursprünglich gekostet. Nur rund die Hälfte der für die Sanierung nötigen Gelder sind bisher aufgebracht worden.

Gerichtliche Aufsicht

Am 18. September 2025 verkündete das Handelsgericht in La Rochelle die Eröffnung eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens für die Association Hermione-La Fayette. Der Verein hat nun einen Beobachtungszeitraum von zunächst vier Monaten erhalten, der gegebenenfalls auf sechs Monate verlängert werden kann. In dieser Zeit muss eine tragfähige Lösung für die finanziellen Probleme gefunden werden. Die Entscheidung folgte auf eine Anhörung im Insolvenzverfahren, die Anfang September stattfand und deren Ergebnis am 22. September offiziell bekannt gegeben wurde.

Vom Gericht wurden ein Treuhänder und ein Insolvenzverwalter ernannt, die nun die Bücher prüfen und die Geschäftsführung des Vereins beaufsichtigen. Diese Maßnahme soll sicherstellen, dass die vorhandenen Mittel optimal eingesetzt werden und keine weiteren finanziellen Verpflichtungen eingegangen werden, die die Situation verschärfen könnten. Für die Angestellten des Vereins bedeutet dies eine Zeit großer Unsicherheit. Die Gehälter für September werden von der AGS (Assurance de garantie des salaires) übernommen, einer Einrichtung, die zur Absicherung von Arbeitnehmern vorgesehen ist, wenn der Arbeitgeber nicht mehr über ausreichende Mittel verfügt.

Widersprüchliche Kommunikation

Die offizielle Kommunikation des Vereins steht in deutlichem Kontrast zur Realität der Situation. Während die veröffentlichte Pressemitteilung die Kontinuität des „Abenteuers Hermione“ betont und Zuversicht ausstrahlt, ist die tatsächliche Lage deutlich besorgniserregender. Die gerichtliche Sanierung ist ein klares Zeichen dafür, dass das Projekt nicht mehr in der Lage ist, seine Schulden kurzfristig zu begleichen. Um eine vollständige Liquidation zu vermeiden und das Schiff zu retten, muss der Verein nun schnell handeln und Partner, Gebietskörperschaften und potenzielle Mäzene davon überzeugen, sich finanziell zu engagieren.

Verschiedene Rettungsszenarien sind denkbar, von einer verstärkten öffentlichen Förderung über private Sponsoren bis hin zu einer grundlegenden Neuausrichtung des Betriebskonzepts. Eine Möglichkeit wäre die Einbindung in größere touristische oder kulturelle Netzwerke, um Synergieeffekte zu nutzen und die Besucherzahlen zu steigern. Auch eine engere Kooperation mit Bildungseinrichtungen oder maritimen Museen könnte neue Finanzierungsquellen erschließen. Entscheidend wird sein, ob es gelingt, ein nachhaltiges Wirtschaftsmodell zu entwickeln, das die hohen Betriebskosten des historischen Schiffes deckt und gleichzeitig seinen kulturellen Auftrag erfüllt.

Die Krise der „L’Hermione“ wirft grundsätzliche Fragen zur Erhaltung des maritimen Kulturerbes auf. Historische Schiffe sind kostspielig im Unterhalt und stellen ihre Betreiber vor große finanzielle Herausforderungen. Ähnliche Projekte in anderen Ländern, wie die „HMS Victory“ in Großbritannien oder die „Constitution“ in den USA, werden oft durch eine Kombination aus staatlicher Unterstützung, Stiftungsgeldern und Tourismuseinnahmen finanziert. Das Schicksal der „L’Hermione“ könnte ein Präzedenzfall für den Umgang mit maritimem Kulturerbe in Frankreich und darüber hinaus werden.

Technische Daten der Fregatte

  • Typ: Nachbau einer französischen Fregatte aus dem 18. Jahrhundert
  • Baujahr des Originals: 1779
  • Baujahr des Nachbaus: 1997-2014
  • Bauort: Arsenal de Rochefort, Frankreich
  • Länge über alles: 65 Meter
  • Breite: 11,24 Meter
  • Tiefgang: 5,78 Meter
  • Segelfläche: 2.200 Quadratmeter
  • Anzahl der Segel: 19
  • Masten: 3 (Fockmast, Großmast, Besanmast)
  • Besatzung: 80 Personen (historisch: 200-250)
  • Geschwindigkeit: bis zu 14 Knoten
  • Gewicht: etwa 1.260 Tonnen
  • Kanonen: 34 Nachbildungen historischer Geschütze
  • Baukosten: etwa 25 Millionen Euro
  • Hauptbaumaterial: Eichenholz (2.000 Eichen wurden für den Bau verwendet)

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