Zentrum Klassischer YachtsportPrivatinvestor bevorzugt – Aus für Klassiker-Projekt in Kiel?

Lasse Johannsen

 · 22.09.2022

Zentrum Klassischer Yachtsport: Privatinvestor bevorzugt – Aus für Klassiker-Projekt in Kiel?Foto: FKY
Bild vergangener Tage - der British Kiel Yacht Klub aus der Luft

Drohende Absage an das geplante Zentrum Klassischer Yachtsport in der Segelhauptstadt Kiel. Einem offiziellen Vorschlag nach soll das ehemalige Gelände des British Kiel Yacht Club an einen Privatinvestor gehen

Die von der Stadt Kiel mit dem Vergabeverfahren betraute Kommission schlägt der Ratsversammlung als Pächter für das ehemalige Gelände des British Kiel Yacht Club einen Privatinvestor vor (hier geht es zum Protokoll der betreffenden Sitzung des Vergabeausschusses). Folgt die Stadtpolitik in der Anfang Oktober anstehenden Abstimmung diesem Vorschlag, wäre das das Aus für das vom Freundeskreis Klassische Yachten vorgelegte Konzept eines öffentlich zugänglichen Zentrums für die maritime Kultur rund um den traditionellen Bootsbau und den klassischen Yachtsport.

“Es ist ein Affront gegenüber dem Stadtteil”, sagt Wilfried Horns, einer der Sprecher des Projekts “Zentrum Klassischer Yachtsport”. Denn die jahrelange Arbeit seines ehrenamtlichen Teams hatte vor allem auch darauf abgezielt, Schulen und Vereine in die am Standort geplanten Aktivitäten einzubinden.

Mit dieser Idee hatten die Freundeskreisler Auflagen erfüllt, die der Stadt von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) beim Kauf des Grundstücks für dessen Verpachtung gemacht wurden. Ob dieser Aspekt bei der Empfehlung der Vergabekommission ausreichend Berücksichtigung gefunden hat, soll nun auf dem Weg einer Verfahrensrüge geklärt werden, die der Freundeskreis auf den Weg gebracht hat.

Die Idee des Freundeskreises Klassische Yachten für ein der Öffentlichkeit zugängliches Zentrum rund um die maritime Kultur auf dem ehemaligen Gelände des British Kiel Yacht Club in der “Segelhauptstadt Kiel Sailing City” wird von der Vergabekommission abgelehntFoto: FKY
Die Idee des Freundeskreises Klassische Yachten für ein der Öffentlichkeit zugängliches Zentrum rund um die maritime Kultur auf dem ehemaligen Gelände des British Kiel Yacht Club in der “Segelhauptstadt Kiel Sailing City” wird von der Vergabekommission abgelehnt

Langwieriges Vergabeverfahren

Die Ratsversammlung der Stadt Kiel hatte bereits am 10. Dezember 2015 einstimmig beschlossen, vom Bund das Areal in Holtenau zu erwerben, auf dem seit Kriegsende das Segelzentrum der britischen Streitkräfte beheimatet war. Nach dem Kauf im November 2020 bewarb sich der Freundeskreis Klassische Yachten darum, das Gelände – es umfasst Steganlage, Slipbahn, Bootshalle und diverse Nebengebäude – in Erbpacht zu übernehmen und hier das “Zentrum Klassischer Yachtsport” aufbauen zu können.

Die Liegenschaft hatte schon lange als “Sahnestück” die Fantasie vieler Institutionen und Investoren beflügelt. Auch der Freundeskreis hatte bereits seit vielen Jahren daran gearbeitet, sein oben verlinktes Konzept vorlegen zu können, das die Vorstellungen und Wünsche der Stadtvertreter als Interessenvertreter der Kieler Öffentlichkeit berücksichtigt.

Bindender Ratsbeschluss

Die ergeben sich aus einem Ratsbeschluss, der ein klar definiertes Nutzungskonzept der Stadtverordneten für das Gelände vorsieht. Demnach gilt es, auf dem Areal einen “musealen Bildungs- und Handwerksstandort zum Thema Segelsport und Schiffbau” zu schaffen. Doch es ist in dem Beschluss auch die Rede von der “Berücksichtigung des Erweiterungsbedarfs der gewerblich-industriellen Nachbarschaft der Werften”.

Dieser Aspekt wurde bei der Empfehlung, die Anfang der Woche vom Vergabeausschuss ausgesprochen wurde, vielleicht höher bewertet als die Interessen der Allgemeinheit. Der Favorit der Kommission betreibt einen nahegelegenen Servicebetrieb mit Reparaturwerft, Yachthandel und Winterlager.

Konzept “Open Harbour” des Freundeskreises

Im Konzept des Freundeskreises hingegen liegt der Schwerpunkt auf der Forderung, das Gelände für die Allgemeinheit zu öffnen und dort einen musealen Bildungs- und Handwerksstandort zu entwickeln, wie auf der Internetseite www.fky.org ausgeführt wird:

Tragend sind die Einrichtungen eines Dokumentations- und Kommunikationszentrums „Zeithaus“ und einer „Gläsernen Werft“ sowie die am Steg liegenden klassischen Yachten:

  • die GLÄSERNE WERFT zur Fortführung und zum Erhalt des klassischen Holzbootsbaus, öffentlich und erlebbar für Besucher. Durchführung von Restaurierungen und bootsbaugeprägten Jugendprojekten und Segelfreizeiten, das von uns betriebene Winterlager in der Halle wird zur verlängerten Werkbank der Gläsernen Werft.
  • das ZEITHAUS als Ort der zeitgeschichtlichen Sammlung rund um den Yachtsport mit wechselnden Ausstellungen, ergänzt durch eine zeitgemäße Präsentation klassischer Yachten am Steg.
  • die STEGANLAGE als Liegeplatz für klassische Yachten und Grundlage für Segelevents und Segelprojekte.

Durch Aktionen für Jedermann, durch Workshops und Vorträge werden das maritime Handwerk und dessen Kultur erleb- und sichtbar gemacht. Insbesondere Jugendlichen aus den angrenzenden Stadtteilen wird in Zusammenarbeit mit Schulen, Vereinen und örtlicher Kirche ermöglicht, von der Jolle bis zum Folkeboot in einem Jugend-Kutterprojekt an geeigneten Booten zu arbeiten und sie im Sommer zu segeln.

Diese Angebote sind durch Partnerschaften mit den Vorhaben maritimer Unternehmen und kultureller Initiativen eng verbunden, die auf den Schutz, den Erhalt und die nachhaltige Nutzung der Meere ausgerichtet sind.

So der Unterwasserpfad und der Aquator der Coastal Research & Management CRM, die Aktivitäten der Ocean Basis und der Kieler Meeresfarm oder die Vorhaben der Lighthouse Foundation ähnlich den Aktivitäten in Schleimünde und der Badeanstalt Holtenau. Der OPEN HARBOUR wird zur Keimzelle für einen nachhaltigen und wissensvermittlungsorientierten Standort für maritime Umweltprojekte und bereits bestehende sowie neu gegründete Handwerksbetriebe, die klassische Bootsbautradition und Innovation verbinden.

Auf den Grünflächen des ehemaligen British-Kiel-Yacht-Club entstehen Inseln zum Verweilen sowie für Spiel und Sport und laden ein, das maritime Ambiente des Plüschowhafens 24/7 aus der Gästeperspektive zu genießen – egal ob vom Steg, vom Strand oder bewirtet von der revitalisierten Kantine im zentralen blau-weißen Gebäude aus.

Alle Einrichtungen zusammen bilden einen OPEN HARBOUR, den Rahmen für maritime Veranstaltungen, Begegnungspunkte am Wasser für die Bewohner der umgebenden Stadtteile, Attraktionen wie Führungen, Ausfahrten, Regatten, Bildungs- und Jugendprojekte in Zusammenarbeit mit ortsansässigen Schulen, Vereinen und Trägern der Sozialen Arbeit.

Für uns müssen wir festhalten, dass die Umsetzung eines OPEN HARBOUR mit klassischen Yachten, Jugend-Kutterprojekt, Wassersport für Jedermann, Restaurant, Spielplatz, Werkstätten, Bildungsprojekten etc. den umfassenden Zugriff auf die Areale Mitte und Ost und auf die Steganlage erfordert.

Eine besondere Lösung streben wir für die Gebäude in der Parzelle Mitte an. Für uns ist es Fakt, dass eine Bestandslösung, die den Kantinenbau und das Bürogebäude erhält, deutlich vorteilhafter ist als eine Neubaulösung. Wir treten an für eine Revitalisierung unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte der Baukultur und Umweltbelange. Eine CO2- Bilanzierung z.B. zeigt diesen Vorteil. Überschläglich: 70 % der CO2-Emissionen betreffen das Gebäude in der Herstellung, 30 % den Betrieb. Auch seitens des Gesetzgebers sind entsprechende Regeländerungen in Vorbereitung, die den Footprint als Vorgabe für die Bewertung der Neubauwelt auf den gesamten Lebenszyklus ausdehnt.

Fazit: Wir wollen einen kulturellen Bildungs-und Handwerkerstandort zum Thema Segelsport und Holzbootsbau als OPEN HARBOUR verwirklichen – verbunden mit starken Initiativen zur Entwicklung der Stadtteile in touristischer, sozialer und ökonomischer Hinsicht sowie zum Schutz der Meere und deren nachhaltiger Nutzung. Geben Sie, verehrte Jury, dem zivilgesellschaftlichen Engagement, das sich durch Freiwilligkeit, fehlende persönliche, materielle Gewinnabsicht und eine Ausrichtung auf das Gemeinwohl auszeichnet, eine Chance.

Empfehlung mit Formalien begründet

Im September 2021 startete schließlich das Konzeptverfahren, während welchem der Vergabekommission neben dem “Zentrum Klassischer Yachtsport” weitere vier Nutzungskonzepte vorgestellt wurden. Im Januar 2022 seien dann die formalen Voraussetzungen für die endgültige Bewerbung mitgeteilt worden, von denen lediglich ein Kandidat alle erfüllt habe, wie sich die Projektleiterin der Stadt von den “Kieler Nachrichten” zitieren lässt.

In einer Verfahrensrüge wird vom Freundeskreis beanstandet, dass dabei die inhaltlichen Anforderungen der Stadtpolitik nicht genug Berücksichtigung fanden, wie sie mit Rücksicht auf das Allgemeinwohl beschlossen wurden. So fehle es insbesondere an dem geforderten musealen Bezug.

Ein weiterer Anknüpfungspunkt ist der in der Ausschreibung geforderte Abriss von Büro- und Kantinengebäude und der Bau eines neuen. Begründet wird diese Voraussetzung mit der Schaffung eines wasserseitigen Durchgangs für die Allgemeinheit. Das Konzept “Open Harbour” sah vor, diesen Durchgang über eine zu errichtende Promenade zu gewährleisten, die Gebäude sollten nach Revitalisierung allerdings im Hinblick auf die ebenfalls geforderte Nachhaltigkeit stehen bleiben.

“Der Neubau von Büro- und Kantinengebäude (teilweise) ist nach unserer Auffassung und unserer Kalkulation nur durch rein gewerbliche Nutzungen zu erreichen”, so die Vertreter des Freundeskreises. Mit der Bevorzugung einer solchen Konzeption weiche die Landeshauptstadt Kiel allerdings von ihren eigenen Bewertungsvorgaben ab.

Neubewertung der Konzepte gefordert

In einem Schreiben an das Verfahrensmanagement der Stadt Kiel haben die ehrenamtlich tätigen Mitglieder des Projekts “Zentrum Klassischer Yachtsport” nun die Erwartung formuliert, dass im Lichte ihrer Kritikpunkte nochmals in die Bewertung der Konzepte eingetreten werde.