Trimaran Dragonfly 36Cruisen auf der Überholspur - der Test

Hauke Schmidt

 · 07.10.2025

Wellenbrecher: Die Kante im Hauptrumpf vergrößert den Wohnraum, zudem wirkt sie als Wasserabweiser.
Foto: Nils Günter
Der Trimaran Dragonfly 36 katapultiert sich auf über 20 Knoten, ohne Steuermann oder Crew zu überfordern. Das sorgt für Segelspaß und enorme Etmale. Beim Wohnraum liegt er nur knapp hinter dem 40er.

Eine feine Gischtfontäne steigt am Bug des Leeschwimmers empor und signalisiert, dass wir soeben die 14-Knoten-Marke passiert haben. Ein kurzer Blick über die Schulter nach Luv – ja, der dunkle Fleck auf der Wasseroberfläche kommt näher, gleich gibt es mehr Druck. Zeit, fünf Grad abzufallen. Sekunden später geht die Post richtig ab.

Die Bö ist da, der Code Zero reißt den Tri regelrecht nach vorne. 16, 17, 18, 19, 20, schließlich rasen wir mit mehr als 21 Knoten über den Kleinen Belt. Das Verblüffende dabei: Außer kontinuierlichem Abfallen, um dem immer spitzer einfallenden scheinbaren Wind zu folgen, ist bei der Beschleunigungsorgie nichts zu tun. Die Auftriebsreserven der Schwimmer verkraften den Druck ohne Probleme, sodass nicht einmal die Krängung merklich zunimmt. Einzig die Höhe und Intensität der Gischtfontäne in Lee sowie das zunehmend direktere Steuergefühl lassen auf den Speed schließen.

Das Test-Video Dragonfly 36

Entwicklung und Bau des Dragonfly 36

Rund 2,5 Jahre hatte das Team um Jens Quorning am neuen Dragonfly 36 designt und gewerkelt, bevor der erste Rumpf des neuen Modells Mitte letzten Jahres präsentiert wurde. Offizielle Premiere hat der 36er auf der boot in Düsseldorf gefeiert, wo er sich zum Publikumsmagneten entwickeln konnte. Die YACHT hat das Boot damals bereits vorgestellt. Kaum ein halbes Jahr später ist das fünfte Boot im Bau und es liegen 28 Bestellungen vor – genug, um den Familienbetrieb am Ausgang des Kolding-Fjords über ein Jahr lang auszulasten. „Von den kleineren Modellen haben wir bis zu 60 Boote im Jahr gebaut, aber in den 40er und 36er fließen so viele Arbeitsstunden, dass unsere Kapazität auf rund 24 Einheiten pro Jahr gesunken ist“, erklärt Werftchef Jens Quorning.

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An den drei in verschiedenen Stadien im Bau befindlichen Booten lässt sich beim Werftrundgang die akribische Arbeit der Dänen gut verfolgen. Die Rumpfschalen entstehen im Handauflegeverfahren als Sandwich mit Divinycell-Kern und werden von X-Yachts in Polen laminiert. Die hoch belasteten Beams und Schotten produziert Quorning vor Ort im Vakuuminfusionsverfahren. Die fertigen Bauteile werden schließlich getempert.
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Handhabung und Ausstattung des Dragonfly 36

Herausragendes Merkmal des 36ers sind die in die Struktur integrierten Komposit-Faltscharniere. Bisher wurden diese aus Edelstahl gefertigt und mit dem Rumpf und den Beams verschraubt. „Jetzt laminieren wir sie zusammen mit den Schotten aus GFK, sodass eine homogene Einheit entsteht. Das fertige Kunststoffteil wird anschließend per CNC-Fräse zugeschnitten. Damit entfällt das aufwendige Justieren der Scharniere, außerdem ist der Tri ohne die Metallteile wartungsärmer und leichter“, erklärt Quorning die Vorzüge der neuen Bauweise.

Auf dem Wasser arbeiten die Kompositscharniere genauso unauffällig wie die Metallversionen der Vorgängermodelle. Nachdem der gefaltete Tri aus dem Hafen manövriert ist, genügt es, pro Seite einen Fallenstopper zu öffnen. Da die Schwimmer beim Einklappen etwas tiefer ins Wasser gedrückt werden, schwenken sie beim Ausfalten automatisch heraus. Lediglich für das letzte Stück und zum abschließenden Durchsetzen der Backstagen ist die serienmäßige E-Winsch nötig. Der gesamte Faltvorgang lässt sich bequem vom Steuer aus kontrollieren und dauert kaum eine Minute, etwa ebenso lange, wie das gigantische, 73 Quadratmeter messende Squarehead-Großsegel benötigt, um den Mast zu erklimmen. Es wird per 2 : 1 Fall gesetzt, wobei die kräftige Elektrowinde erneut gute Dienste leistet.

Leistungsprofil und Geschwindigkeit

Um die Landabdeckung zügig zu verlassen, kommt zudem der Gennaker aus dem Sack oder besser gesagt aus dem Schwimmer. Die vier großen Stauräume in den Floats fassen nicht nur Beiboot und Falträder, sondern sind auch optimal, um voluminöse Segelsäcke zu lagern. Bei etwa zwölf Knoten Wind geht es mit acht bis zwölf Knoten Bootsgeschwindigkeit zügig, aber unaufgeregt in Richtung Kleiner Belt.

Dabei liegt der Tri sehr neutral auf dem Ruder. Die Steuerung ist mit eindreiviertel Umdrehungen von hart zu hart relativ stark untersetzt. Daher sind bei geringen Geschwindigkeiten und unter Motor vergleichsweise große Steuerwege nötig. Sobald die waldgesäumten Ufer zurückweichen, legt der Wind etwas zu, womit auch die Logge weiter klettert. 14 bis 16 Knoten stehen raumschots auf der Uhr.

Mit zunehmendem Speed steigt auch der Grip des dünnen Kohlefaserruders und die nötigen Steuerbewegungen werden kleiner. Jenseits der 15 Knoten beginnt der Dragonfly, wie ein Gokart am Rad zu hängen.

SegelleistungenFoto: YACHT

Um das volle Potenzial des Dreibeiners auszuschöpfen, wechseln wir auf den Code Zero. Er stammt wie die übrige Garderobe von Elvström und wird auf dem Testboot mit einem in die Bugnase integrierten Elektro-Furler von Facnor gefahren. Das System arbeitet enorm schnell, Aus- oder Einrollen des 67 Quadratmeter großen Segels dauert kaum zehn Sekunden.

Inklusive Epex-Segel ruft die Werft dafür knappe 26.000 Euro auf. Die günstigste handbetriebene Variante ist für rund 11.600 Euro zu haben. Unabhängig von den Kosten macht der Code dem Tri so richtig Beine. Unter Gennaker entspricht der Boatspeed etwa der Windgeschwindigkeit. Mit dem Code fällt diese Grenze. Da gleichzeitig der Wind zulegt, segelt der Dragonfly konstant um die 19 Knoten, wobei jede Bö unmittelbar in zusätzlichen Speed verwandelt wird.

Am Ende unseres Tests liegt der Topspeed bei 21,6 Knoten, und das bei rund 19 Knoten Wind. Damit überbietet der 36er sogar den Spitzenwert des 40-Fuß-Topmodells, das wir bei vergleichbaren Bedingungen getestet hatten. Ein Grund dafür könnten die weiterentwickelten Schwimmer sein. Anders als beim 40er sind sie asymmetrisch und besitzen ein flaches Unterwasserschiff. Dieses Design ist bei aktuellen Regatta-Tris üblich und sorgt für einen besseren Wasserablauf und weniger Widerstand. „Wir wollten zwei Schwimmer gleichzeitig laminieren können und haben doppelte Formen gebaut. Damit waren asymmetrische Rümpfe logisch“, so Quorning.

PotenzialFoto: YACHT

Raumschots oder mit halbem Wind schnell zu sein, ist das eine, der Weg nach Luv ist in der Regel deutlich mühsamer. Dem Dragonfly kommt auch an der Kreuz die gute hydro und aerodynamische Auslegung zugute. Bei 43 Grad wahrem Windeinfall segelt der Tri um die zehn Knoten, was eine Geschwindigkeit nach Luv von 7,5 bis 8 Knoten ergibt. Werte, von denen Eigner ähnlich großer Einrumpfer nur träumen können. Auffällig an der Kreuz: Der Tri läuft wie auf Schienen an der Windkante und erfordert kaum Korrekturen. Wir vermissen allerdings die aus optischen Gründen nicht montierte Sprayhood, denn Fahrtwind und wahrer Wind summieren sich zu einer steifen und sehr kühlen Brise.

Innenausbau und Komfort des Dragonfly 36

Da nur der schlanke Mittelrumpf bewohnt wird, geht es auf Trimaranen unter Deck eng zu. Hier macht der 36er keine Ausnahme. Quorning setzt aber wie beim 40er auf eine spezielle Spantform des Hauptrumpfes. Während das Unterwasserschiff schlank und scharf geschnitten ist, wächst die Breite oberhalb der Wasserlinie deutlich an, das schafft Platz.

Die Aufteilung entspricht Einrumpfer-Standard mit einer Achterkammer. Die Kammer liegt unter der Plicht, bietet aber im Eingangsbereich Stehhöhe und über der Koje angenehm viel Kopffreiheit. Dies erkauft man sich durch die niedrige Matratzenposition. Das Bett liegt auf den Bodenbrettern.

Bild 1
Foto: YACHT

Durch die obligatorische Fluchtluke ist Seeblick vorhanden, zusätzliches Licht spenden optionale Rumpf und Cockpitfenster. Der Stauraum ist dagegen knapp. Einen Kleiderschrank gibt es hier nicht. Der einzige Schrank befindet sich gegenüber der Toilette im Vorschiff und fällt klein aus. Dafür sind der Salon und die Kammern mit umso mehr Schapps ausgestattet. Im Salon sorgen das breite Fensterband und eine große Decksluke für Tageslicht. Auf Wunsch gibt es zudem die im Testboot installierten, öffenbaren Rumpffenster. Im Vorschiff sind die festen Seitenfenster serienmäßig. Gut gelöst ist die Integration des Schwertkastens, er ersetzt den Tischfuß und stört so kaum.

Insgesamt überzeugt der Innenausbau mit exzellenter Verarbeitung. Die Holzarbeiten mit formverleimten Einfassungen sind genauso makellos wie die seidenmatte Lackierung. Die Spaltmaße sind perfekt, und die Mase rung des Ulmenfurniers ist sehr schön abgestimmt. Dies ist mit ein Grund für den enormen Aufpreis des Echtholzausbaus. Im Standard verwendet Quorning auf den Schotten ein Eschenimitat. Damit entfällt das aufwendige Selektieren der Furniere.

Marktplatzierung und Preis

Mit der Kombination aus edlem, fahrtauglichem Innenausbau und den enormen Segelleistungen ist der Dragonfly 36 praktisch konkurrenzlos. Ältere Trimarane wie ein Corsair 37 können in keiner Disziplin mithalten und selbst das 40-Fuß-Topmodell der Dänen dürfte es schwer haben, dem agilen Falter zu folgen. Konkurrenzlos ist aber auch der Preis des Bootes. Aufgrund der manufakturartigen Fertigung und des deutlich höheren Bauaufwands hinkt jeder Vergleich mit Einrumpfern. Nominell kostet der Dragonfly etwa das 2,5-Fache eines gleich langen Monos. Dieser hätte zwar mehr Platz, aber bei Weitem nicht das gleiche Speedpotenzial. Ein ähnlich schneller Einrumpfer wiederum müsste locker doppelt so groß sein und würde damit in der Anschaffung und den Unterhaltskosten in gänzlich anderen Sphären liegen.

Grundpreis ab Werft:

  • Touring 627.130
  • Performance 659.260

Weitere Preise:

  • Preis segelfertig 650.522
  • Komfortpreis 689.638

Stand 2025, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, lesen Sie hier!

Standardausrüstung inklusive:

Motor, Schoten, Reling, Positions­laternen, Batterie, Kom­pass, Groß, Genua, Polster, Pantry/Kocher, Lenzpumpe, WC, Feuerlöscher, ­Fäkalientank mit Absaugung, Festmacher. Gegen Aufpreis: E-Kühlfach 2.350 €, Segelkleid 1.276 €, Anker mit Leine und Winsch 7.336 €, Fender 154 €, Antifouling 7.325 €, segelklare Übergabe 4.951 €

Garantie/gegen Osmose 2/5 Jahre

Aufpreis für Komfort-Ausstattung:

  • Leinenverstell. Holepunkte 1.369
  • Traveller mit Leinenführung entf.
  • Elektrische Ankerwinsch inkl.
  • Rohrkicker inkl.
  • Achterstagspanner entf.
  • Springklampen 541
  • Sprayhood 4.189
  • Smartdeck im Cockpit 4.189
  • UKW-Funkgerät 2.309
  • Logge und Echolot 5.819
  • Windmessanlage inkl. Logge
  • Autopilot 10.383
  • Ladegerät inkl.
  • Landanschl. mit FI-Schalter inkl.
  • 230-Volt-Steckdose (eine) inkl.
  • 12-Volt-Steckdose in der Navi inkl.
  • Heizung 5.694
  • Druckwassersystem inkl.
  • Warmwasser-Boiler 2.219
  • Dusche WC-Raum 1.541
  • Cockpitdusche 863

Im Preis enthalten:

Kohlefaserrigg, kugelgelagerte Mast­rutscher, vier elektrische Winschen, Wechselrichter 800 Watt.

Weitere Varianten:

Ausbau

Beim Serienausbau kommt eine Eschenachbildung zum Einsatz. Das Ulmen-Echtholzfurnier des Testbootes kostet 23.878 € Aufpreis.

Motorisierung

Anstelle des 30-PS-Yanmars kann auch ein Motor mit 40 PS gewählt werden. Er macht den Tri aber kaum schneller und empfiehlt sich nur in Kombination mit der 230-Volt-Lichtmaschine von Dynawatt.

Elektro-Furler

Auf dem Testboot ließ sich der Code Zero mit einem E-Furler von Facnor aufrollen. Das System funktioniert sehr gut, kostet mit dem passenden Segel aber auch 25.912 € Aufpreis.

E-Herd

Optional bietet die Werft einen elektrischen Kocher mit Backofen an. Dann sind allerdings die ebenfalls optionalen Lithiumakkus nötig. Alles zusammen kostet 14.917 € extra.

Werft & Vertrieb

Quorning Boats Aps, Skærbækvej 101, 7000 Fredericia/Dänemark ; Tel.: +45/75 56 26 26; www.dragonfly.dk


Technische Daten Dragonfly 36

Quorning setzt bei allen größeren Trimaranen auf Kohlefaserriggs aus eigener Fertigung. Die Sportversion kommt mit zwei Metern mehr Rohr und kann mehr Tuch setzen. Bauweise und Gewicht der Rümpfe sind gleich. Tanks: A  Frischwasser, B  Diesel, C  Fäkalien. Kühlschrank: 85 l.Foto: YACHTQuorning setzt bei allen größeren Trimaranen auf Kohlefaserriggs aus eigener Fertigung. Die Sportversion kommt mit zwei Metern mehr Rohr und kann mehr Tuch setzen. Bauweise und Gewicht der Rümpfe sind gleich. Tanks: A  Frischwasser, B  Diesel, C  Fäkalien. Kühlschrank: 85 l.
  • Konstrukteur: Olsen Design/Quorning Boats
  • CE-Entwurfskategorie A
  • Rumpflänge 11,55 m
  • Gesamtlänge, gefaltet 13,43 m
  • Wasserlinienlänge 10,90 m
  • Breite 3,70/8,12 m
  • Tiefgang 0,67–2,00 m
  • Masthöhe über WL 16,50/18,50 m
  • Theor. Rumpfgeschwindigk. 8,0 kn
  • Gewicht 4,5 t
  • Ballast/-anteil 0,0 t/0 %
  • Großsegel 61/73 m²
  • Rollgenua (108 %) 32,5/37 m²
  • Maschine (Yanmar) 21,3 kW/30 PS
  • Kraftstofftank 70 l
  • Frischwassertanks 200 l
  • Fäkalientank 80 l
  • Batterien 3 x 82 Ah + 1 x 70 Ah

YACHT-Bewertung Dragonfly 36

Die enormen Durchschnittsgeschwindigkeiten, gepaart mit entspanntem Segeln, bietet kaum ein anderes Boot. Der trimarantypisch knappe Wohnraum ist gut genutzt, sodass im Vergleich zum 40-Fußer kaum Abstriche zu machen sind. Der Preis ist enorm, lässt sich aber mit der gebotenen Manufakturqualität begründen.

Konstruktion und Konzept

Überzeugendes Faltsystem

Auf wendige Bauweise

Kann trockenfallen

Klapp- statt Steckschwert

Segelleistung und Trimm

Geschwindigkeitspotenzial sehr leicht abzurufen

Einhandbedienung

Sehr agil und komfortabel

Wohnen und Ausbauqualität

Sehr gute Raumausnutzung

Formverleimte Umleimer

Esche nur als Nachbildung zu haben

Ausrüstung und Technik

Sehr hochwertige Beschläge

E-Winschen serienmäßig

Sehr saubere Installationen

 (+) Carbonrigg serienmäßig


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