Jochen Rieker
· 29.09.2022
Nachhaltigkeit ist eines der am inflationärsten gebrauchten Schlagworte derzeit, inzwischen auch im Yachtbau, der gerade erst anfängt, sich in diese Richtung zu orientieren. Der Vaan R4 aus Holland dagegen ist von Beginn an so entwickelt worden. Und hat auf der Hiswa prompt den Innovationspreis gewonnen. Alex Worms war für uns an Bord
Das Projekt von Igor Kluin hat länger gedauert als beabsichtigt, viel länger. Angekündigt war der Vaan R4 schon für 2020, aber die Corona-Pandemie und andere Unwägbarkeiten haben die Premiere immer wieder bis zu dieser Saison verschoben. So mal eben erfindet man den Fahrten-Katamaran um zwölf Meter Rumpflänge halt nicht neu.
Neu und mutig ist das Boot zweifelsfrei. Und das nicht nur in puncto Wiederverwertbarkeit. Der Vaan R4 will anders als das Gros der Kats nicht bloß schwimmende Ferienwohnung am Wasser sein, sondern viel Spaß und Gefühl unter Segeln vermitteln.
Sein Interieur ist nicht vollgestellt mit allerlei Mobiliar und Komfort-Schnickschnack, darunter den heute üblichen drei bis gar vier Nasszellen (als ob irgendjemand in einem Drei-Zimmer-Apartment an Land mehr als zwei Bäder hätte!). Der Ausbau wirkt vielmehr pur, stylish, dabei aber fast schon karg. Wer es gern anders hätte, kann zumindest im Salon Varianten gegen Aufpreis ordern.
Und in fast jeder Hinsicht ist die Ausrüstung anders als gewohnt. Das fängt bei den beiden V-förmig am achteren Ende des Cockpits montierten Winschpodesten an, geht beim Kork-Deck weiter, schließt den E-Antrieb ein (wahlweise mit zwei Oceanvolt- oder Torqeedo-Motoren) und umfasst auch die verwendeten Materialien.
Am augenfälligsten ist fraglos der zu 60 Prozent aus recyceltem Aluminium bestehende Rumpf. Um die Platten zu gewinnen, werden in großem Stil Verkehrsschilder und Fensterrahmen aus dem Hausbau eingeschmolzen. Extrudierte Teile bestehen gar zu drei Vierteln aus wiederverwertetem Alu.
Wie das Ganze segelt, steht in Kürze in der YACHT. So viel schon vorab: Auch da entspricht der Vaan R4 nicht den Üblichkeiten am Markt. Er will zwar kein Renner sein; dafür ist er ohnehin zu robust konstruiert. Aber mangels Einbaudieseln und hoher Reichweite muss er eine gewisse Lebhaftigkeit und Manövrierbarkeit unter Windkraft an den Tag legen. Und das tat er im Test.