Grand Soleil 42 LCWandelbarer Allrounder im YACHT-Test

Jochen Rieker

 · 13.02.2024

Sieht praktisch aus, segelt aber flott und macht auch unter Deck eine Menge her: die Kleinste der Long-Cruise-Modellreihe
Foto: EYOTY/Rick Tomlinson
Sie kann Barfussroute ebenso wie Mittwochsregatta. Und es gibt sie sogar ohne diesen hoch aufragenden Cockpitbügel. Unterwegs mit Grand Soleils jüngster Multifunktionsyacht

Sie ist die jüngste und kleinste Yacht der Baureihe, mit der die feine italienische Marke komfortorientierte Eigner ansprechen will. LC steht für Long Cruise, eine etwas unorthodoxe Übersetzung für Langfahrt. Sinngemäß träfe der Begriff Fahrten­segeln den Charakter noch besser, denn für Abenteuertörns in hohen Breiten ist die Grand Soleil nicht gedacht.

Werftbesitzer und Vordenker Gigi Servidati hat den eleganten Kreuzer eher fürs Mittelmeer und für Ozeanpassagen im Passat konzipiert. Dabei ließ er bewusst eine ungewöhnlich starke Spreizung zu: vom reinen Fahrtenboot mit Rollgroß, Selbstwendefock und Cockpitbügel bis zur Sportversion mit höherem Alumast, Rodrigg, deutlich mehr Segelfläche und offenem Heck lässt sich die 13-Meter-Yacht konfigurieren.

Nur wenige Serienwerften bieten ein solches Maß an Individualisierbarkeit – zumal Cantiere del Pardo daneben noch die Entwicklung eines eigenständigen, mehr fürs Regattasegeln optimierten Modells vorantreibt: der für diesen Sommer angekündigten Grand Soleil 44 Performance.

Damit decken die Bootsbauer aus Forli, unweit von Rimini an der Ostseite der ita­lie­nischen Halbinsel gelegen, ein extrem breites Spektrum ab – vom Tourer bis zum Racer. Gigi Servidati, der den Markt seit Jahrzehnten kennt, erklärt die Strategie so: „Eigner erwarten im gehobenen Segment heute ein Schiff, das genau ihren Vorstellungen entspricht. Diesen Anspruch könnten wir mit nur einem Modell und wenigen Optionen nicht erfüllen.“

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Große Bandbreite: Standard- oder Sportversion

Schon die Wandelbarkeit der 42 LC ist außergewöhnlich groß. In der oben abgebildeten Ausführung „Sport“ (Aufpreis) zeigt sie nicht nur visuell Eleganz und Rasse; am Wind trägt sie auch fast 15 Prozent mehr Segelfläche. Die Standardversion dagegen, durch den Bügel in der Plicht und die höher abschließende Badeplattform wuchtiger in ihrer Erscheinung, bietet mehr Stauraum und Praktikabilität.

An ihrer das Cockpit überspannenden Trägerkonstruktion aus Kohlefaser ist nicht nur die Großschot angeschlagen; hier lassen sich an Kederschienen auch Sprayhood und Bimini fixieren, wodurch die Crew vor Sonne und Spritzwasser sehr gut geschützt ist. Man muss sich das Boot wie einen modernen Luxus-SUV vorstellen – mit viel Platz und Komfort, dazu ordentlich Leistung, den es auf Wunsch auch tiefergelegt und mit einigen Extra-PS gibt.

An Temperament mangelt es der 42 LC nicht einmal in der Basisausstattung. Kon­strukteur Marco Lostuzzi hat den Mast etwas weiter nach achtern gerückt als bei den größeren Schwestermodellen, wodurch sich ein langes J-Maß ergibt. Deshalb kommt schon die Selbstwendefock auf 43,5 Quadratmeter Segelfläche; eine auf dem Kajütdach geschotete Genua 3 misst am Standardmast 49,5 Quadratmeter. Für Schwerwetter lässt sich am wegnehmbaren Kutterstag auch eine Starkwindfock mit 18 Qua­dratmeter Fläche fahren – eine empfehlenswerte Option für Hochseetörns.

Segelleistungen und Bedienbarkeit der Grand Soleil 42 LC

Die Grand Soleil zeigte im Test respek­table Segelleistungen. Mit Standardrigg und -besegelung kam sie bei mäßiger Brise am Wind auf rund 5,5 Knoten Fahrt. Mit leicht achterlichem Wind und unter Code Zero loggte sie während unserer Messungen an die 8 Knoten. Dabei lag sie ausreichend direkt und mitteilsam auf dem Ruder. Auch bei mehr Druck, im Mittel gut 5 Beaufort, folgte sie unter Vollzeug noch willig jedem Steuer­impuls. Dann loggte das Boot 7,5 Knoten an der Kreuz und geriet raumschots mit Wellenunterstützung bisweilen sogar kurz ins Gleiten bei Geschwindigkeiten durchs Wasser zwischen 9 und über 11 Knoten.

Die 42 LC segelt erstaunlich steif. Zum einen sorgt der L-Kiel mit Bleibombe für einen niedrigen Schwerpunkt, zum anderen liefert das breite Heck viel Formstabilität. Auch in gröberem Seegang bewegt sie sich nicht ruppig, sondern ausgewogen und vorhersehbar. Das unterscheidet sie wohl­tuend von sportlicher ausgelegten Booten mit ex­tremerer Spantform und geringerer Verdrän­gung.

Die Cockpitgeometrie ist ebenfalls gelungen. Die beiden Steuerstände liegen weit außen, was einen guten Blick in die Segel und auf die Wellen ermöglicht. Im Sitzen kann sich der Rudergänger mit einem Fuß sicher gegen die aus dem Süll ragende Säule abstützen. Auch der Trimm bereitet keine Probleme, weil die Großschot beidseitig nach achtern auf jeweils eigene Winschen geführt ist und die Selbstwendefock kaum Arbeit macht.

Deckslayout mit Vor- und Nachteilen

Lediglich der Abstand der Stopper zu den achteren Trommeln ist etwas zu lang, um vom Steuerstand aus sicher überbrückt werden zu können; da muss man sich schon arg strecken. Dieses Manko wird jedoch nur bei Segelwechseln oder beim Reffen spürbar. Wer sich die Arbeit erleichtern will, sollte zwei Winschen mit E-Antrieb wählen (Aufpreis). Sie erscheinen besonders für jene sinnvoll, die häufig Genua, Gennaker oder Code Zero setzen, weil deren Flächen beim Dichtkurbeln sonst herzhaftes Zupacken erfordern.

Etwas knapp bemessen sind die seitlichen Cockpitsülls, zumal sie zu den Winschen hin noch abfallen; bequemes und auf See sicheres Anlehnen ermöglichen sie kaum. Das geht nur, wenn man gegen die Fahrtrichtung und mit dem Rücken zur Kajütwand sitzt. Dafür sind die Bänke in der Plicht mit 59 Zentimetern komfortabel breit und mit 1,94 Metern auch lang genug.

Der Gang aufs Vorschiff führt bei der 42 LC über breite Decks und bleibt unverbaut. Die Oberwanten greifen außen an der Rumpfwand, die Unterwanten am Kajütaufbau an – heute leider keine Selbstverständlichkeit. Gut auch der zweigeteilte Stauraum in der Vorpiek. Hinter dem Kasten für die Ankerkette befindet sich unterm selben Lukendeckel ein zweites, weit größeres Fach, das auch Raumwindsegel und Fender aufzunehmen vermag. Das erspart lange Wege.

Zwei- oder Drei-Kabinen-Ausbau

Klein ist sie wahrlich nicht, die neueste Grand Soleil. Im Gegenteil: Sie bietet so viel Raum, dass sie nicht nur gegen gleich lange Konkurrenzmodelle besticht, sondern auch zur Rivalin der 46 LC aus eigenem Haus werden könnte.

Schon dem Basismodell mit drei Kammern und zwei Nasszellen fehlt es an nichts. Geradezu üppig wirkt die Version mit zwei Kabinen, die allerdings einen nicht ganz nachvollziehbaren Zuschlag von kostet. Hier fällt die Achterkammer breiter, die Pantry länger und die Backskiste an Backbord um mehr als anderthalb Kubik­meter voluminöser aus. Vor allem für Eigner, die monatelang unterwegs sein wollen, empfiehlt sich diese Kajütaufteilung.

Das Ambiente unter Deck ähnelt auf den ersten Blick dem vieler moderner Fahrtenboote: sachlich, geometrisch – so sehen heute auch Yachten günstigerer Preisklasse aus. Doch die Anmutung der 42 LC ist hochwertiger, wärmer auch, die handwerk­liche Qualität besser: Geringe Spaltmaße zeugen davon und fein lackierte Holzoberflächen. Die Deckenpaneele sind besonders gut gelungen: Auf Rahmenkonstruktionen ist das Deko-Textil Whisper gespannt, das eine einerseits weiche, zugleich sehr ebene Oberfläche bildet. Funktional wie ästhetisch eine tolle, so bisher kaum gesehene Lösung.

Die Komfortmaße stimmen auch. Mit Stehhöhen von 1,87 bis 1,93 Metern bietet die Grand Soleil ausreichend Kopffreiheit. Die Doppelkojen sind durchweg breit genug. Und das Stauraumangebot passt ebenfalls: Gut 400 Liter sind es jeweils in den Achterkammern und in der Pantry, mehr als 800 Liter in der Eignerkabine vorn. Einzig die im Seegang klappernde Corian-Abdeckung des Herdes und das bei Marschfahrt raue Motorgeräusch trüben die ansonsten sehr starke Bilanz in der Komfortwertung.

Insgesamt punktet die 42 LC somit in nahezu allen relevanten Bereichen, und das bereits in der von uns getesteten Standardversion. Sie ist nicht billig, rechtfertigt den Premiumzuschlag aber durch ihre vielen Qualitäten – und durch die Möglichkeit, sie sehr präzise auf das Anforderungsprofil ihrer Eigner hin zu spezifizieren.

Die Messwerte zum Test der Grand Soleil 42 LC

Windgeschwindigkeit: 8–10 kn (3 Bft.); Wellenhöhe: ca. 0,2 Meter; * Mit Code Zero

Die Grand Soleil 42 LC im Detail

Die 42 LC verfügt im Standard über drei Kabinen und zwei Bäder. Es gibt aber viele Optionen, auch für Kiel und Rigg | Zeichnung: YACHT/N. CampeDie 42 LC verfügt im Standard über drei Kabinen und zwei Bäder. Es gibt aber viele Optionen, auch für Kiel und Rigg | Zeichnung: YACHT/N. Campe

Technische Daten der Grand Soleil 42 LC

  • Konstrukteur: Marco Lostuzzi
  • CE-Entwurfskategorie: A
  • Rumpflänge: 12,95 m
  • Breite: 4,18 m
  • Tiefgang/alternativ: 2,25/1,80 m
  • Gewicht: 9,5 t
  • Ballast/-anteil: 2,5 t/26 %
  • Großsegel: 52,8 m2
  • Selbstwendefock: 43,5 m2
  • Maschine (Volvo Penta): 38 kW/51 PS

Rumpf- u. Decks­bauweise

GFK-Sandwichkonstruktion im Handauflegeverfahren, Vinylesterharz. Kielfinne Eisen, Bombe aus Blei

Preis und Werft

  • Grundpreis ab Werft: 461.720 € inkl. 19% MwSt.
  • Garantie/gegen Osmose: 2/5 Jahre

Werft

Cantiere del Pardo SPA, Via Fratelli Lumiere, 34, 47122 Forlì, Italien. www.grandsoleil.net

YACHT-Bewertung der Grand Soleil 42 LC

Cantiere del Pardo hat mit der Grand Soleil 42 LC eine Yacht entwickelt, die extrem gut an die Vorlieben ihrer Eigner anpassbar ist. Sie bietet viel Volumen, gibt sich wohnlich, handlich und unter Segeln angenehm agil

Konstruktion und Konzept

  • + Sinnvolle Wahlmöglichkeiten
  • + Solide Bauweise
  • - Mit Komplettausstattung teuer

Segelleistung und Trimm

  • + Selbst mit S-Fock recht flott
  • + Intuitives Rudergefühl
  • - Schwergängige Genua-Rollanlage

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Bis in Details sauber verarbeitet
  • + Als Zweikabiner sehr viel Stauraum
  • + Gute Längs-/Querbelüftung

Ausrüstung und Technik

  • + Hochwertige Beschläge
  • - Zu tief liegende Badeplattform

Dieser Artikel erschien erstmals in YACHT 05/2020 und wurde für diese Online-Version aktualisiert.


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