JPK 10.30Nur die Leistung zählt bei diesem Performance-Cruiser

Michael Good

 · 28.06.2023

Eigenartig: Der Steven ist abgekantet. Dies soll die Wasserlinie für die Vermessung kürzen, aber das Volumen vorn beibehalten
Foto: YACHT/Jean-Marie Liot
Viel Performance, wenig Cruising – oder anders ausgedrückt: Schnell sein und auf der Regattabahn abräumen, das ist als Hauptaufgabe für die JPK 10.30 definiert. Der Test des Racers aus Frankreich

Jean-Pierre Kelbert (JPK) hat in seiner Produktion in der französischen Bretagne die JPK 10.30 als eine Weiterentwicklung der ebenfalls überaus erfolgreichen JPK 10.80 realisiert. Das Konzept bleibt im Wesentlichen dasselbe: viel Performance, kompromisslose Vermessungsoptimierung, kaum Cruising.

Seit ihrer Einführung fährt die JPK 10.30 Siege ein, etwa beim Rolex Fastnet Race. Eigentlich für Regatten nach dem Vergütungssystem IRC gedacht, holen Crews auch unter ORC Siege, etwa bei der Weltmeisterschaft 2022, bei der gleich drei JPK 10.30 auf den ersten drei Plätzen ihrer Gruppe lagen. Werftchef Jean-Pierre Kelbert (kurz: JPK) steuerte beim Fastnet Race 2019 seinen jüngsten Renner auf Anhieb eigenhändig zum Sieg. Kelbert weiß also nicht nur, wie man Regattaboote schnell segelt, sondern auch, wie man sie baut.

Der Performance-Cruiser war auch für Olympia geplant

Ursprünglich hatte sich JPK mit der 10.30 auch für die neue olympische Disziplin Mixed Offshore für die Spiele 2024 in Marseille beworben. Als vermessungsoptimiertes IRC-Boot mit einer üppigen Auswahl an verschiedenen Extras bezüglich Besegelung und Ausrüstung war die JPK 10.30 für das olympische Programm aber noch nicht wirklich geeignet. Deshalb hatte Werftchef Kelbert zusammen mit seinem Hauskonstrukteur Jacques Valer das Konzept nochmals angefasst und daraus eine Version Olympic gestrickt. In dieser Fassung sollte das Schiff einen 300 Kilogramm leichteren T-Kiel mit mehr Tiefgang und Bleibombe anstelle des Flossenkiels bekommen. Das Großsegel sollte im Topp leicht ausgestellt sein und der Mast mit doppelten Achterstagen getrimmt werden können. Zudem sollte sich diese Ausführung mit nur wenig Optionen als echtes One Design präsentieren – eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine olympische Bootsklasse. Doch schließlich entschied sich das IOC gegen die neue Olympia-Offshore-Disziplin zugunsten einer zweiten Kiter-Disziplin, womit die Olympia-Planungen bei JPK, wie auch bei anderen Bewerbern, obsolet wurden.

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Schwierige Bedingungen beim Test der JPK 10.30

Die YACHT konnte 2020 die Baunummer 1 testen, das Standardboot. Es gibt sie, diese Tage, an denen ein YACHT-Test förmlich ins Wasser fällt. Ausgerechnet bei unserem Besuch auf dem aufregenden Boot bietet das sonst windsichere Segelrevier vor Lorient nahezu aussichtslose Bedingungen mit Dauerregen und dazu Flaute. Für die Bebilderung des Artikels müssen deshalb Fotos aus besseren Tagen herhalten. Leider blieb es den Testern bislang auch verwehrt, die JPK 10.30 nochmals bei mehr Wind zu segeln.

Bild 1
Foto: YACHT

In einigen lichten Momenten im Test kann sich dennoch eine schwache Brise aufbauen – gerade genug, dass ein Eindruck von den Segeleigenschaften entsteht. Und diese sind bemerkenswert: Schon bei nur 5 Knoten Wind marschiert die JPK 10.30 mit einem Speed von 4,4 Knoten auf einem Winkel von 40 Grad zum wahren und 29 Grad zum scheinbaren Wind. Es ist dabei erstaunlich, wie rasch dieser Performance-Cruiser anspringt und mit welcher Leichtigkeit er sich an der Pinne steuern lässt.

Im Ostseeraum ist die 10.30 seit ihrer Einführung inzwischen ebenfalls angekommen und hat auf vielen Einhand- und Zweihand-Regatten wie Baltic 500 oder Silverrudder ihr enormes Potenzial bewiesen – mit Top-Platzierungen ebenso wie mit starken Segeleigenschaften. Sie kommt für ein nach IRC optimiertes Boot früh ins Gleiten und kann bei 5 bis 6 Windstärken anhaltend Geschwindigkeiten um die 14, 15 Knoten loggen, in der Spitze sind mit etwas Wellenunterstützung auch über 22 Knoten drin.

Die JPK 10.30 verfügt über eine hochwertige Grundausstattung

Als mehrfacher Gewinner der Einhand- und Zweihand-Transatlantik-Regatta Transquadra weiß Jean-Pierre Kelbert genau, wie ein effizientes Deckslayout gestalten sein muss und wo Beschläge, Winschen und Klemmen ihren optimalen Platz haben. Auch geht die Werft keine Kompromisse ein, was die Güte der Grundausstattung betrifft. Die Anbauteile stammen durchweg aus den gehobenen Sortimenten; Schoten, Leinen sowie alle Fallen bestehen aus Dyneema-Material und sind, wo immer möglich, verjüngt und gespleißt. Das ist der Standard ab Werft.

Standardmäßig wird ein Aluminiummast für die 10.30 angeboten, geordert wird jedoch fast ausschließlich der optionale Kohlefasermast. Für Regatten im Einhand- oder Zweihand-Modus kann das Boot zudem mit Wasserballasttanks ausgestattet werden. Die achtern im Rumpf fest einlaminierten Speicher fassen jeweils 300 Liter Seewasser, sie werden über einen sogenannten Schnorchel befüllt und entleert, ein drehbares Kunststoff-Rohr mit einseitiger Öffnung, welches durch den Rumpf nach unten ausgestoßen wird. Das Füllen geht bei guter Fahrt schnell, etwa 100 Sekunden, das Entleeren dauert etwas länger. Die beiden Tanks sind über armdicke Schläuche miteinander verbunden. Kurz vor den Wenden und Halsen wird der Wasserballast mithilfe der Schwerkraft auf die andere Seite transferiert; je mehr das Boot dabei krängt, desto schneller erfolgt der Vorgang. Die dafür nötigen Absperrschieber werden aus dem Cockpit bedient.

Der Performance-Cruiser ist wenig für Touren geeignet

Sind wie beim Testboot Wasserballasttanks eingebaut, gibt es auf der Backbordseite achtern keine Doppelkabine, so wie beim Standardboot vorgesehen. Ersatzweise bieten Rohrkojen zusätzliche Schlafgelegenheiten. Weichen muss in diesem Fall aber das ohnehin sehr minimalistisch ausgeführte Angebot eines Toilettenbereichs mit Pump-WC und Waschbecken; Regattasegler werden damit aber klarkommen.

Im Salon dominieren beidseitig die zwei auffällig großen Arbeitsflächen der Navigation und der Pantry. Zwischen diesen Bereichen und dem Kajütschott baut die Werft auf beiden Seiten jeweils einen wasserdicht gepolsterten Liegesitz ein. Hier können sich Einhandsegler auf langer Strecke gut geschützt und nahe am Cockpit erholen, etwas kochen oder navigieren.

Die JPK 10.30 ist ein seglerisch anspruchsvoller und technisch ausgefeilter Racer. Touren- und Familiensegler werden damit kaum glücklich werden können, ambitionierte Regattasegler dafür umso mehr.


Dieser Artikel erschien zuerst in YACHT 6/2020 und wurde für diese Online-Version überarbeitet.


Die ehemals geplante Olympia-VersionFoto: YACHTDie ehemals geplante Olympia-Version

Technische Daten

  • Konstrukteur Jacques Valer
  • CE-Entwurfskategorie A
  • Rumpflänge 10,34 m
  • Breite 3,24 m
  • Tiefgang/alternativ 1,96/2,30 m
  • Gewicht 3,6 t
  • Ballast/-anteil 1,5 t/42 %
  • Großsegel 34,0 m2
  • Rollgenua (106 %) 26,0 m²
  • Maschine (Volvo P.) 13 kW/18 PS

Rumpf- und Decksbauweise

GFK-Sandwich mit Schaumkern und Vinylesterharz, gebaut mit Vakuum-Infusion. Hauptschotten aus Sperrholz. Kiel im unteren Teil aus Blei

Preis

Grundpreis ab Werft 141.500 Euro (ohne Segel, ohne Elektronik)

Werft und Vertrieb

JPK Composites, 56260 Larmor-Plage (Frankreich); www.jpk.fr

YACHT-Bewertung

Das starke Performance-Boot von JPK aus Frankreich hat als IRC-Racer bereits einen eindrucksvollen Leistungsnachweis erbracht.

Konstruktion und Konzept

  • + Kompromisslose Ausrichtung
  • + Version Olympic in Vorbereitung
  • + Konkurrenzfähiger Grundpreis

Segelleistung und Trimm

  • + Starke Leistung auch bei Leichtwind
  • + Einhand- und Zweihand-Tauglichkeit
  • - Komplizierte Trimmeinrichtungen

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Konsequenter Leichtbau
  • - Minimaler Komfort zum Touren

Ausrüstung und Technik

  • + Beste Ausstattung an Deck
  • + Wasserballasttanks machbar
  • - Kaum Stauraum an und unter Deck

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