RM 1380Sportlicher Tourer hat Blauwasser-Cruising im Fokus

Michael Good

 · 24.02.2024

Unprätentiös: Die RM 1380 sieht gut aus und segelt stark. Der geschwungene Kajütaufbau prägt die moderne Optik
Foto: EYOTY/Ludovic Fruchaud
Konsequent pflegt RM Yachts in Frankreich ihr eigenständiges Fahrtenkonzept und die hybride Bauweise in Holz und Kunststoff. Das neue Flaggschiff RM 1380 auf dem YACHT-Prüfstand

Starke Nummer für Individualisten

Der Markt kennt nicht viele Hersteller, die ihren individuellen Markenwerten über die vielen Jahre so sehr treu geblieben sind wie die Werft RM Yachts. Seit 1989 fertigen die umtriebigen Yachtbauer in La Rochelle hochseetaugliche Segelyachten aus GFK und Sperrholz in einem Längensegment zwischen 30 und knapp 50 Fuß Länge. Als wäre dies allein nicht schon speziell genug, mochten sich die Franzosen auch noch nie wirklich am aktuellen Zeitgeist orientieren, sondern haben an ihrem speziellen Konzept schon immer und bedingungslos festgehalten – scheinbar ohne Rücksicht darauf, wie sich die allgemeinen Trends gerade entwickeln. Eine RM soll unvergleichlich sein und auf dem Markt ihresgleichen suchen – so lautet die wichtigste Unternehmensphilosophie.

Trotzdem: 2019 ist die Werft RM Yachts wirtschaftlich in Schieflage geraten und musste sogar Insolvenz anmelden. Die Schuldenlast war für das mittelständische Unternehmen nicht mehr tragbar gewesen. Die Rettung kam Anfang 2020 mit der Übernahme der Marke RM durch die mächtige Gruppe Grand Large Yachting (Allures, Garcia, Outremer, Gunboat). Mit diesem starken Merger im Rücken und einem neuen Management hat sich RM wieder aufbauen und mit einem neu entwickelten Flaggschiff RM 1380 durchstarten können.

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Einzigartige Kombination aus Holzrumpf und GFK-Deck

Für den Bau der Rümpfe werden bei RM Yachts bereits konfektioniert angelieferte Sperrholzplatten über einer Mallen-Scha­blone zusammengesteckt, an den Stößen überlaminiert und der Körper mit Epoxid überzogen. Der fertige Rumpf wird dann nochmals mit Epoxidharz beschichtet und innen im Bereich der Kielaufnahmen mit galvanisierten Stahlrahmen versteift. Damit erreicht RM einen starken Verbund mit hoher Steifigkeit. Stringer und Bodenwrangen sind ebenfalls aus Sperrholz gebaut und anlaminiert, genauso wie der gesamte Innenausbau. Für die komplizierten verwinkelten Strukturen des Decks ist Sperrholz als Baumaterial hingegen nicht geeignet. Deshalb baut RM Yachts die Decks aller aktuellen Yachten als GFK-Sandwichkonstruktion im Vakuum-Infusionsverfahren. Die Kombination von Holzrumpf und GFK-Deck ist im Serien-Yachtbau weltweit einzigartig.

Mit dieser Bauweise zwangsläufig verbunden ist der Knickspant. Sperrholz lässt sich nur bedingt in Form biegen, weshalb im Rumpf unweigerlich hart abgesetzte Kanten zurückbleiben. Vor Jahren fielen die Multi-Knickspanter von RM deshalb schon rein optisch aus der Reihe, galten als Exoten. Heute, da die ausgeprägten und lang gezogenen Kimmkanten selbst bei reinen GFK-Fahrtenyachten aus der Serie kaum mehr wegzudenken sind, fallen die kantigen RM-Rümpfe weniger auf. Mehr noch: Die radikale Formensprache scheint zeitgemäßer denn je. Der Nachteil vom Sperrholzrumpf: Die Außenhaut bleibt trotz viel Spachtel- und Schleifarbeit oft etwas wellig, was vor allem bei den dunkel lackierten Oberflächen ins Auge fällt.

Verschiedene Kielvarianten stehen bei der RM 1380 zur Auswahl

Wie bei allen anderen Schiffen der Marke RM hat der Kunde auch für das neue Vorzeigemodell die freie Wahl zwischen verschiedenen Kielvarianten. Im Standard wird das Boot mit zwei Kimmkielen ausgeliefert – eine von vielen Spezialitäten von RM. Damit unterstreicht die Werft den Anspruch einer hohen Blauwasser-Tauglichkeit mit der Möglichkeit, das Schiff in Tidengewässern und mit Hilfe von Wattstützen problemlos trockenfallen zu lassen – wenn nötig auch regelmäßig.

Alternativ baut die Werft das Boot auch mit einem elektrohydraulisch aufholbaren Schwenkkiel und einer stattlichen Tiefgangvarianz von 1,45 bis maximal 3,35 Metern. Ebenfalls möglich ist ein Festkiel in sport­licher T-Form mit Ballastbombe. Diese Option wird bei RM aber nur selten in Auftrag gegeben.

Beim Probeschlag unter Segeln zeigt unser Testschiff, die Baunummer drei, mit Kimmkielen und zwei Ruderblättern eine rundum solide Leistung mit hohem Spaßfaktor. Bei Wind zwischen 12 und 15 Knoten lässt sich das Potenzial leicht abrufen. An der Kreuz schafft das große und mit einem Gewicht von knapp zehn Tonnen nicht besonders leichte Schiff immerhin 7,2 Knoten Speed. Ein guter Wert für eine Fahrten­yacht dieser Größe. Allerdings mangelt es im Test auch an Höhe am Wind, was für Boote mit Kimmkielen nicht ungewöhnlich ist. Der Wendewinkel mit der großen Genua liegt bei mindestens 90 Grad. Gemäß den Polardaten der Konstrukteure müsste das Schiff mit Schwenk- oder Festkiel mindestens fünf Grad mehr Höhe laufen können.

RM 1380 hat sportliches Potenzial

Das Standard-Rigg kommt vom Hersteller Z Spars und wird mit auffälligen langen und zudem extrem stark gepfeilten Salingen ausgestattet. Damit ist eine größere Überlappung der Genua (maximal 112 Prozent) möglich, was vor allem auch bei Leichtwind gewinnbringend sein kann. Für lange Schläge empfiehlt sich die Option auf ein kleineres Stagsegel, eine sogenannte Trinquette. Dafür müssen aber zusätzlich Backstagen angeschlagen werden, um den Mast im Wellengang zu stabilisieren. Eine Fock mit Selbstwende-Einrichtung ist nicht zuletzt wegen des riesigen RM-typischen Panoramafensters im Aufbau vor dem Mast keine Alternative.

Für das Layout im Cockpit setzt die Werft weiterhin auf das markentypische und vielfach bewährte Konzept. Heißt: Die Fallen und Trimmleinen laufen über den Kajütaufbau zurück auf die beiden Winschen am Niedergang. Für die Schoten von Genua und Gennaker stehen etwas zurückversetzt und tiefer nochmals zwei Winden zur Verfügung. Sie sind auf separaten Podesten montiert und dort in guter Höhe und dicht am Körper im Stehen sehr effizient zu bedienen.

Die Großschot wird als German-Cupper-System beidseitig endlos über den Mastfuß nach achtern auf zwei große Winschen auf dem hinteren Süll umgelenkt. Diese sind sowohl für Mannschaftsmitglieder aus dem Cockpit wie auch vom Steuermann von seiner Arbeitsposition hinter dem Rad sehr gut zu erreichen.

Für reibungsarme Abläufe in den Manövern sorgen überdies die qualitativ hochwertigen Decksbeschläge der renommierten Hersteller Harken und Antal sowie die erfreulicherweise üppig groß gewählten Standard-Winden.


Die Konkurrenz der RM 1380: schick und auch schnell

Beneteau First 44: stimmiger Mix aus sportlichen Segeleigenschaften und Tourentauglichkeit. Erhältlich in zwei Ausführungen als Fast Cruiser oder ausgewiesene Regattayacht. Attraktiver Preis. Lüa 13,17 m; Breite 4,25 m; Gewicht 10,5 t; ab 416.620 Euro
Foto: YACHT/Olivier Blanchet

Unter Deck mangelt es an Möglichkeiten zum Lüften

Auch für den Innenausbau verarbeitet RM fast ausschließlich Sperrholz. Allerdings werden die Einbauten nicht wie sonst in der Serienfertigung üblich mit Echtholz-Furnieren überzogen, sondern akkurat gespachtelt und mit Farbe beschichtet. Die Oberflächen sind schlichtweg perfekt. Dabei hat der Kunde freie Farbwahl in Kombination mit den zahlreichen Varianten für die Polsterungen und die Bodenbretter. Optisch ist so ein großes Maß an Individualität geboten. Beim Testboot überwiegen die schneeweißen Farb­töne, sowohl für die Möbel als auch für die Stoffe. Das wirkt auf der ersten Blick sehr angenehm und schafft im weitläufigen, loftartigen Salon eine fast schon mediterrane Wohnatmosphäre.

Zudem überrascht das Interieur mit ungewöhnlich viel Lichteinfall durch die großen Fensterflächen im Kajütaufbau und im Rumpf sowie vor allem durch das große Panoramafenster vor dem Mast, durch das man auch von innen nach vorn in Fahrt­richtung spähen kann. Trotzdem fehlt es unter Deck generell und im Speziellen im Salon an wirkungsvollen Möglichkeiten zum Lüften.

Kabinenlayout kann auf Wunsch modifiziert werden

Standard ist der Innenausbau mit einer großen Eignerkabine im Vorschiff und einem funktional getrennten Bad. Das heißt: Das WC und der Waschraum mit Dusche sind separat in zwei kleineren Nassbereichen seitlich untergebracht, was für die Nutzung auf einer langen Tour sehr angenehm ist. Das fast komplett freistehende, rechteckige Inselbett im Vorschiff bietet zwar gute Zugänge, ist mit einer durchgehenden Breite von nur 1,33 Metern aber recht schmal für zwei Personen. Auf Wunsch und für den Einsatz im Yachtcharter kann die Werft das Vorschiff auch längs unterteilen und somit zwei Kabinen realisieren, jeweils mit einem eigenen Bad.

Achtern bleibt es bei einer symmetrischen Aufteilung mit zwei Doppelkabinen. Die Kojen sind hier ebenfalls rechteckig und erfüllen mit einer Breite von 1,40 Metern gerade noch die Komfort-Mindestansprüche für zwei. Dafür baut RM einen sehr großzügigen Technikkanal mittig zwischen die hinteren Kabinen, was die beiden Bereiche auch akustisch entkoppelt. Der Tunnel ist mit einer Breite von 73 Zentimetern groß genug für viele technische Einbauten wie etwa einen Generator, einen Wassermacher oder für zusätzliche Tanks für Frischwasser oder Treibstoff.

Hoher Preis, aber hohe Gegenleistung

Knapp 480.000 Euro stehen auf dem Preisschild für die RM 1380. Das ist nicht wenig Geld für einen 44-Fußer im Vergleich. Allerdings gilt es einmal mehr zu differenzieren, denn die RM kommt ab Werft in einem besonders hohen Bau-, Ausbau- und Ausstattungsstandard. Überdies ist im Grundpreis auch ein einfacher Satz Standard-Segel aus Dacron enthalten. RM kann zudem eine Individualität bieten, die sich viele Kunden wünschen und anderswo nicht bekommen. Das eigenständige Konzept und die außergewöhnliche Machart begeistern.

Die Messwerte zum Test der RM 1380

Bild 1

Die RM 1380 im Detail

Der Mast steht recht weit achtern. Damit wird das J-Maß länger und die Segelfläche insgesamt größer. Zwei Ruderblätter, das ist der Standard. Auf speziellen Wunsch würde die Werft aber auch ein Einzelruder einbauen. Bi-Kiele, Schwenkkiel oder ein Festkiel in T-Form mit Bleibombe, der Käufer muss sich entscheiden | Zeichnung: YACHT/N. Campe

Technische Daten der RM 1380

  • Konstrukteur: Marc Lombard Design Group
  • CE-Entwurfskategorie: A
  • Rumpflänge: 13,30 m
  • Gesamtlänge: 14,40 m
  • Wasserlinienlänge: 12,39 m
  • Breite: 4,53 m
  • Tiefgang Kimmkiele: 1,95 m
  • Tiefg. Schwenkkiel: 1,45–3,35 m
  • Masthöhe über WL: 20,50 m
  • Theor. Rumpfgeschwindigk.: 8,6 kn
  • Gewicht: 9,8 t
  • Ballast/-anteil: 2,87 t/30 %
  • Großsegel: 58,0 m²
  • Rollgenua (112 %): 57,0 m²
  • Maschine (Volvo P.): 44 kW/60 PS
  • Kraftstofftanks (PVC): 2x 150 l
  • Frischwassertanks (PVC): 2x 135 l
  • Fäkalientanks (PVC): 3x 55 l

Rumpf- und Decks­bauweise

Rumpf: Sperrholz (Okoume) im Multi-Knickspant mit Epoxid-Überzug. Deck: GFK-Sandwich

Preis und Werft

  • Grundpreis ab Werft: 477.740 €
  • Standardausrüstung inklusive: Segel (Groß und Genua), Motor, Schoten, Reling, Positions­laternen, Batterie, Kom­pass, Polster, Pantry, Lenzpumpe, WC, Feuerlöscher, E-Kühlfach, Fä­kalientank mit Absaugung
  • Gegen Aufpreis: Segelkleid (Lazy-Bags) 2.350 €, Mooring Kit (Anker mit Kette/Fender/Festmacher) 2.185 €, Antifouling-Anstrich 1.700 €, segelklare Übergabe 7.975 €
  • Preis segelfertig: 491.950 €
  • Garantie: 2 Jahre

Aufpreis für Komfort-Ausstattung

  • Leinenverstellb. Holepunkte: inkl.
  • Traveller mit Leinenführung: inkl.
  • Elektrische Ankerwinsch: inkl.
  • Rohrkicker: inkl.
  • Achterstagspanner: inkl.
  • Springklampen: inkl.
  • Sprayhood: 3.580 €
  • Teak im Cockpit (synth.): 8.535 €
  • UKW-Funkgerät: E-Paket
  • Logge und Echolot: E-Paket
  • Windmessanlage: E-Paket
  • Autopilot: E-Paket
  • Elektronik-Paket: 15.710 €
  • Ladegerät: inkl.
  • Elektropaket: inkl.
  • Landanschl. mit FI-Schalter: inkl.
  • 230-Volt-Steckdose (eine): inkl.
  • 12-Volt-Steckdose in Navi: inkl.
  • Heizung: 13.100 €
  • Druckwassersystem: inkl.
  • Warmwasser-Boiler: inkl.
  • Dusche WC-Raum: inkl.
  • Cockpitdusche: inkl.

Komfortpreis: 532.875 €

Im Preis enthalten: Bugspriet mit Ankerhalterung, Badeleiter, Staufach für Rettungsinsel

Stand 01/2024, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, finden Sie hier!

Segel

Das Großsegel mit drei Reffbahnen sowie die Rollgenua mit UV-Schutz (beides Dacron) gehören zum Lieferumfang ab Werft. Stagfock, Gennaker oder Code Zero optional

Rigg

Mast und Großbaum aus Aluminium vom Hersteller Z Spars mit Drahtwanten (1:19). Kutterstag mit Back­stagen möglich. Kohlefaserrigg von Z Spars mit Dyform-Wanten als Ex­tra (Aufpreis ca. 51.500 €)

Motorisierung

Einbaudiesel Volvo Penta D2-60 mit Saildrive-Antrieb und 2-Flügel-Festpropeller. Mögliches Upgrade: Volvo Penta D2-75 (55 kW/75 PS)

Winschen

2x Harken 55 Radial STA für die Genua-Schoten, 2x Harken 45 STA für Fallen und Trimmleinen

YACHT-Bewertung der RM 1380

Attraktive Mischung aus gehobener Blauwasser-Tauglichkeit und sportlichen Segeleigenschaften. Die Bauweise mit Sperrholz-Rumpf und GFK-Deck ist ebenso einzigartig wie das übrige Boot. Es sind unterschiedliche Kielvarianten erhältlich

Konstruktion und Konzept

  • + Breites Einsatzspektrum
  • + Durable Bauweise
  • + Mehrere Kielvarianten
  • - Rumpf-Außenhaut teils uneben

Segelleistung und Trimm

  • + Hohes Leistungspotenzial
  • + Agile Segeleigenschaften
  • - Nur bedingt einhandtauglich
  • - Sehr wenig Ruderdruck

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Tadelloser heller Ausbau
  • + Große Fensterflächen
  • - Schmales Inselbett im Vorschiff
  • - Fehlende Handläufe im Salon

Ausrüstung und Technik

  • + Gut erreichbare Steuerung
  • + Viele Stauräume an Deck
  • + Optimale Winschenpositionen
  • - Wenig Lüftungsmöglichkeiten

Werft

RM Yachts, 17185 Périgny; www.rm-yachts.com

Vertrieb

Blue Yachting, D-28237 Bremen; www.blue-yachting.de


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