„Pinta Smeralda“Willi Illbrucks letztes Denkmal ist ein Fahrtenboot

Alexander Worms

 · 03.11.2024

Auch nach 30 Jahren sind die Linien durchaus gefällig. Sportliche Attribute wie ein freies Vordeck und breite Seitendecks gehören dazu
Foto: De Valk/Dick van der Veer
Die „Pinta Smeralda“ ist die letzte Yacht mit dem Namen „Pinta“. Mit einer nahezu perfekten Kombination aus sportlichen Attributen und Komfort ist sie auch einer der ersten Performance-Cruiser. An Bord auf einem Stück deutscher Segelgeschichte

Es ist 1993. Deutschland gewinnt, denkbar knapp, den Admiral’s Cup vor Cowes, die inoffizielle Weltmeisterschaft der Hochseesegler. Eine kleine Sensation ist das, denn der letzte deutsche Erfolg bei der prestigeträchtigen Regattaserie, die 1979 durch das verlustreiche Fastnet Race zu trauriger Berühmtheit gelangte, liegt schon zehn Jahre zurück. Diesmal hatte niemand das deutsche Trio ernsthaft auf dem Schirm.

Eines der drei Siegerboote ist Willi Illbrucks „Pinta“. Auch 1983 war eine gleichnamige Yacht von Illbruck im deutschen Gewinnerteam. „Pintas“ waren bekannte Namen auf internationalen Regatta-Bahnen. Genau wie Willi Illbruck selbst, der zur letzten großen Generation der Gentleman-Segler gehörte, bevor sich der Sport professionalisierte.

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Der Grandseigneur hatte 1952 in der Nähe von Leverkusen ein Unternehmen gegründet und es zu einem Weltkonzern ausgebaut. Dafür brauchte es offenbar eine gute Nase für aktuelle Entwicklungen. Und mit ebender spürte Illbruck, dass die Zeit der IOR-Boote, jener Vermessungsformel, die ganz besondere, fast schon absurde Rennziegen hervorbrachte, dem Ende entgegenging. Zwar gewann er 1994 noch den One-Ton-Cup, dann aber war das Thema Rennyachten namens „Pinta“ für Illbruck beendet. Am Horizont ist zu der Zeit schon das neue International Measurement System, kurz IMS, zu sehen.

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Ein Schiff für Illbruck und die Familie

Am 9. Juni 2002 läuft dann allerdings ­unvergessen vor Kiel erneut eine Yacht von ­Illbruck unter dem US-Profi John Kostecki beim Volvo Ocean Race ein. Als Siegerin. Eine Sensation für Segeldeutschland. Damals aber steht schon Sohn Michael Illbruck am Firmenruder. Das Schiff heißt auch nicht mehr „Pinta“, sondern „Illbruck“. Auch wenn Vater Illbruck nicht mehr um die Tonnen hetzt, das Segeln freilich lässt ihn nicht los. Schon 1994 reifte offenbar ein Boot in seinem Kopf. Der Weg führt den ehemaligen Wirtschaftskapitän wie so oft in seiner Segelkarriere zu den Kon­struk­teuren von Judel/Vrolijk & Co. „Das Projekt hat damals Rolf (Vrolijk) selbst ­betreut, daran erinnere ich mich noch“, ­berichtet Torsten Conradi, heute Geschäftsführer bei den Bremerhavenern Konstrukteuren. „Das Boot war schon ­innovativ in der Größe damals.“

Befreit von den zuletzt schon post-sinnvollen Auswüchsen der International Offshore Rule (IOR), nach der die Admiral‘s Cupper gebaut wurden, wollte Illbruck ein Schiff für sich und die Familie. Leicht, ebenso leicht zu bedienen von sehr kleiner Crew, Platz für Kinder und ­Enkel und mit einem Hubkiel ausgestattet. Aber eben auch performant und dadurch durchaus geeignet, um Illbrucks ungebrochenen Hang zum schnellen Segeln zu befriedigen.

Dabei ist die Rumpfform angelehnt an das IMS, also an jene neue Vermessungsformel, die damals en vogue wird, so sagt es der Designkommentar der Bremerhavener. Und eine Idee, wo er damit umherfahren möchte, hat Illbruck offenbar ebenfalls schon. Das Schiff heißt „Pinta Smeralda“, denn genau dort an der Costa Smeralda im Nordosten Sardiniens soll sie ihr Zuhause finden. Sie wird die letzte Yacht von Illbruck sein, die den Namen „Pinta“ trägt.

Rolf Vrolijk macht sich ans Werk. Ein eleganter 60-Fuß-Entwurf mit Raum für genügend Kabinen unter Deck, luftig, leicht, hell. Ein Hubkiel mit Crashbox, ein einfach zu nutzendes Rigg mit Rollsegel im Baum, vollhydraulisch bedienbar und ein großes Cockpit für eine gute Zeit vor Anker im wunderschönen La-Maddalena-Archipel. Natürlich leicht und schnell, denn Illbruck will tatsächlich nicht auf einmal langsam unter Segeln reisen. Daher wird das Boot von Marten Marine in Neuseeland mit Wabenkern und Carbongelegen ähnlich wie ein Cupper gebaut. „Die waren damals sehr gut und auch günstiger als eine Werft hier. Und das Ergebnis gibt ihnen ja recht“, so Conradi. 1997 wird sie fertig.

Voller Komfort für zwei auf 60 Fuß

Ob Illbruck die erwünschte Zeit mit der Familie an Bord verbracht hat, ist nicht überliefert. Im Jahr 2004 aber stirbt Willi Illbruck. Irgendwann wird „Pinta Smeralda“ verkauft, nach Hongkong. Dort findet ihr jetziger Eigner das Schiff, verliebt in die Linien, und die Bauqualität holt der Zahntechnikunternehmer das Schiff zu sich nach Hause in die Niederlande.

Ein Refit steht an: Die Crashbox am Kiel kam schon zum Einsatz und muss erneuert werden, einige Veränderungen an der Hydraulik machen das System noch solider. Elektronik und Polster werden angefasst und auch ein exakt baugleicher, aber nagelneuer Motor findet sich durch Zufall bei einem Yachtservicebetrieb und wird eingebaut. Eigner Björn Ginsberg pflegt und genießt seine „Pinta“ durch und durch. Vor allem die Tatsache, dass er und seine Frau das doch recht große Schiff alleine fahren können, bereitet Freude. Keine langwierige Crewsuche, kein bezahltes Personal: einfach voller Komfort für zwei auf 60 Fuß. Das ist kommod.

Schon am Steg strahlt das Schiff eine souveräne Gelassenheit aus, wie es zum Beispiel Sportler tun, die wissen, dass man sie unterschätzen wird. Das immerhin 30 Jahre alte Design ist hervorragend gealtert. Zeitlos, sportlich, elegant. „Pinta Smeralda“ erinnert eher an den Vorläufer der späteren „Illbruck“, auch wenn die von Bruce Farr entworfen wird, als an einen tumben Cruiser. Breites Heck und großes, hinten offenes Cockpit, breite Gangbords, ein geduckter Aufbau und das freie Vordeck sind echte Sportlerattribute, das Teakdeck freilich ist es nicht. Auch den Deckssprung sieht man heute eher nicht mehr bei Racern. Dennoch: Das ist ein Wolf im Schafspelz, mit großem Carbonrigg und bis zu 3,80 Metern Tiefgang. Zeit, endlich segeln zu gehen!

Kaiserwetter: um die 15 Knoten Wind, ein paar Böen bis 20 für das Salz in der Suppe und dazu Sonne. Besser geht es nicht. Etwas schade ist, dass das Schiff am Haringvliet liegt und nicht in seinem namensgebenden Revier. Das Binnenmeer in den Niederlanden ist zwar ein sehr schönes, aber für das Schiff auch irgendwie ein zu kleines Revier, Mittelmeer wäre irgendwie besser. Egal. Die empfundene Enge liegt am Speed, den die „Pinta“ aufs Wasser zaubert. Am Wind, mit der Selbstwendefock sind es spielend leicht acht Knoten, mit etwas Trimmarbeit wäre auch mehr drin. Darauf aber hat der Eigner keine Lust: „Lohnt nicht, ist ja eh kein Platz hier.“

Gute Rückmeldung gibt die Yacht auch so: Angenehmer Druck in Ruder und Schiff sowie bei Böen, die sehr direkte Umsetzung in Speed und leichte Krängung machen das Steuern zur Freude. Dabei ist „Pinta“ sehr steif. 41 Prozent Ballastanteil, wohlgemerkt größtenteils in knapp vier Metern Tiefe, und gut fünf Meter Breite nehmen es durchaus auf Augenhöhe mit dem kräftigen Rigg auf. So geht Segelfreude. Die wird auch genährt durch die Gewissheit, dass Veränderungen am Tuch keinen Kraftaufwand bedeuten. Knopfdrücken reicht, auch bei Vor- und Großschot.

Erst sportliche Ambitionen, dann komfortabler Cruiser

Das würde ebenfalls für die ­Arbeit am Steuer gelten, denn natürlich ist auch der Autopilot kräftig genug für die gut 19 Tonnen Verdrängung, aber selbst am Rad zu drehen bereitet hier durchaus große Freude. Die Position der beiden aus Esche laminierten Steuer mit Carbonspeichen vorne im Cockpit ist un­gewöhnlich. Unter der großen Sprayhood aber befinden sich zwei Plätze, auf denen man sehr geschützt auf langen Passagen Wache gehen kann. Um von dort schnell ­an einem der Kommandostände zu sein, wenn das mal erforderlich sein sollte, sind diese eben nahe am Niedergang verbaut.

Vom Rad aus hat der Steuermensch beste Sicht ins Vorsegel, kann präzise nach ­Fäden dirigieren und ist zugleich durch die Sprayhood vor den Elementen geschützt. Sitzen kann man dort im Regatta-Modus in Luv auf dem dafür bestens ausgelegten Süll oder ganz vorne auf einer der Cockpitbänke. Eine fantastische Steuerposition.

Zudem bleibt man so Teil des Lebens im Außenbereich. Durch die konsequent leichte Bauweise ließe sich das Boot sicher auf der ein oder anderen Regatta durchaus behände bewegen. Ohne das Bimini ist der Blick in die Segel noch besser und sportliche Ambitionen könnten, dann mit Crew an Bord, ausgelebt werden. Der Partytrick der „Pinta“ ist aber, dass sie am Tag danach gleich wieder der schnelle und komfortable Cruiser ist, als der sie gebaut wurde, der dank des Hubkiels auch in kleinere Buchten vordringen kann und spielend leicht große Etmale ­ermöglicht, wenn das Ziel mal hinter dem Horizont liegt.

Das und noch vieles mehr sieht Eigner Björn Ginsberg seinerzeit in der „Pinta Smeralda“. Als sich die Gelegenheit bietet, greift er zu. Er ist detailverliebter Perfektionist und macht sich gleich emsig ans Werk, um der nach der Zeit in Hongkong etwas abgerockten Yacht neues Leben einzuhauchen: „Hätte ich die damals nicht gekauft, läg die jetzt irgendwo im Südchinesischen Meer auf Grund. So ein schönes Schiff, aber sie hatte echt Zuwendung nötig.“ Und die hat Ginsberg ihr gegönnt.

Nach Refit schlug zwei Mal der Blitz ein

Neben der erneuerten Crashbox und dem Austauschmotor kamen die Seeventile, die Elektrik, die Elektronik frisch an Bord. Alles neu. Zu den Anzeigen im Cockpit gibt es – wie für die meisten Dinge auf dem Schiff – eine Geschichte. „B&G baut diese Anzeigen nicht mehr. Ich habe aber eine Firma in England gefunden, die die Spritzgussformen noch hatte. Die haben die dann für mich nachgebaut und innen mit moderner Elektronik versehen, so bleibt alles original“, berichtet der Eigner. Eine weitere Anekdote zur Detailverliebtheit betrifft das WC im Eignerbereich. Das steht ganz vorne in der Bugspitze. Nach ­einem etwas raueren Törn zeigte sich ein Haarriss im Fuß unter dem WC. Undicht war es freilich nicht. Auch nicht zu sehen, weil er sich an der Hinterseite befand. Getauscht wurde der Thron dennoch. Und natürlich wieder passend zum Auto des Eigners lackiert.

Auch der Tisch im Cockpit ist besonders: Der Holzeinsatz scheint darin zu schweben. Kontaktstellen zur Edelstahlkonstruktion drumherum sieht man nicht. Die Schweißnähte an den Rohren sind ebenfalls bis zur Perfektion poliert, es wirkt, als sei das aus einem Guss entstanden. „Das hat den Edelstahlbauer echt Zeit gekostet, aber das Ergebnis ist wirklich top. Leider war der etwas später pleite, ich glaube aber, an unserem Tisch lag das nicht“, so Ginsberg. Die Elektronik wurde nun insgesamt dreimal erneuert. Nach dem ersten Refit schlug insgesamt zwei Mal der Blitz ein. Das mögen elektronische Geräte bekanntermaßen nicht. Jetzt ist das Hercules 500 System von B&G verbaut plus Bordcomputer. Wetterrouting­software ist dabei selbstverständlich. Die Navigationsecke erinnert ein wenig an die modernerer Ocean Racer.

Etwas weniger Hightech, dennoch mit viel Aufwand verbunden: die Polster. Sie geben dem ansonsten eher kühlen Interieur einen warmen Touch. Die Kombination aus Leder und Stoff hatte der Hersteller so noch nicht geliefert. „Da haben die eine Weile für gebraucht, bis es so war, wie wir das wollten, auch mit den Ecken und so. Heute machen die das häufiger, haben sie mir erzählt.“, so der Eigner. In der Spüle liegt eine Corian-­Abdeckung. Wer sie in die Hand nimmt, glaubt, sie sei aus Blei. „Generator und Hydraulik sind an Backbord verbaut und um nun nicht mit Ballast arbeiten zu müssen, haben wir uns gedacht, warum nicht die Arbeitsplatte einfach so dick wie möglich aus Corian bauen, um das Gewicht zu kompensieren? Und so ist es dann gemacht worden.“ Zu beinahe allem an Bord gibt es eine Geschichte.

Bei Illbruck durfte seinerzeit offenbar nur an Bord, was gut und teuer war. Von Wassermacher bis Winsch, von Spülmaschine bis Schot: nur vom Feinsten. Und so wurde übrigens auch gebaut. Zwei wasserdichte Schotten in Bug und Heck, ebenso wie das Hauptschott aus Carbon mit Wabenkern und einer speziellen schall­isolierenden Schicht in der Mitte unter Vakuum verklebt. Das gilt übrigens auch für das Teakdeck, nur dass bei dem die untere Lage nicht aus Marine-Sperrholz, sondern ebenfalls aus Carbon gefertigt wurde. Fast schon selbstverständlich, dass auch der wassergekühlte Auspuff extra für das Schiff angefertigt wurde und ebenfalls aus dem sechsten Element des Periodensystems besteht.

15 Knoten Fahrt scheinen absolut realistisch

Stichwort extra angefertigt: Das gilt für vieles an Bord. Die Spülmaschine etwa oder der schon beschriebene Cockpittisch, die Instrumente, ach ja, und die Auflagen in Rumpfform, in denen das Schiff sanft auf dem Tieflader transportiert werden kann. All das gibt es nur einmal. Den zukünftigen Eigner muss diese Einzigartigkeit faszinieren, denn mal eben ein Teil austauschen ist schlicht unmöglich. Wenn mal ­etwas seinen Dienst versagt, bedeutet dies Recherche, Überzeugungsarbeit und meist eben auch hohe Kosten. Wer jedoch den Reiz des Besonderen versteht, nun, der ist mit dem in Holland zum Verkauf stehenden Schiff vielleicht genau richtig.

Doch anders als andere Luxusartikel kann die „Pinta“ nicht nur extravagant, sie kann auch segeln. Als der Haringvliet enger wird und der Rückweg ansteht, geht der noch aufgerollte Code Zero empor. Viele Wicklungen später zerren gut 200 Quadratmeter Tuch am Schiff. Es gibt noch einen Gennaker mit 320 Quadratmetern, aber der bleibt in der Backs­kiste. Zu wenig Platz hier auf dem Wasser für solcherlei Manöver. Egal, denn schon der Code Zero legt mächtig los, zehn, elf, dann zwölf Knoten – die von den Kon­struk­teuren vorhergesagten 15 Knoten scheinen absolut realistisch. Die Böe kommt, dann etwas Druck, bisschen abfallen und ab geht die Post. Die gut 18 Meter reagieren auf jeden Ruderausschlag – die Blätter sind übrigens ebenso aus Carbon gefertigt wie deren Schäfte.

Man stelle sich vor, das Schiff führe auf dem Meer und die Wellen würden von schräg achtern etwas mithelfen, Wind, Druck, Welle, Angleiten, dann mit dem Bug in den nächsten Wasserberg rein oder besser drüber, Spritzwasser und wieder von vorne. Wahnsinn. Auf einem soliden und dennoch leichten Schiff mit mächtig Segelpower steht man im Cockpit gut geschützt und laviert das eigene Zuhause durch die See. Da kommen unweigerlich die Bilder des Volvo Ocean Race in den Kopf von „Pintas“ Nachfolgerin, der „Illbruck“. Doch dieser Tagtraum endet alsbald, denn am Ende des Testgewässers wartet völlig unerbittlich der Haringvlietdamm. Und mit dem sollte sich auch eine Carbonyacht nicht anlegen. Also: fix den Code Zero und das Groß weggewickelt und schon geht es zurück an den Steg. Dabei hilft übrigens ein kräftiges Bugstrahlruder. Eines von Max Power. Ausfahrbar.

Extra angefertigt, alles perfekt

Die „Pinta“ hinterlässt Eindruck. Die Geschichte, die Bauweise, die Leistung unter Segeln, die Besonderheiten, aber auch die schlichte Eleganz an und unter Deck. Die runden Schappdeckel, deren Spaltmaße selbst nach 30 Jahren noch perfekt passen, die lange Pantry, die wirklich keine Wünsche offenlässt, die große Sitz­ecke, üppige Nasszellen und die sehr geschickt ins Layout eingepasste Kielbox – das ist alles wohldurchdacht. Nicht mal den Motor, der mitten im Salon steht für einen besseren Schwerpunkt und mehr Raum in den Achterkabinen, bemerkt man auf den ersten Blick. Dass die Schallisolierung ebenfalls perfekt ausgeführt wurde, wundert nicht. Neben dem Eignerbereich im Bug gibt es übrigens drei weitere Kabinen für Gäste und eine Nasszelle.

Wirklich faszinierend aber ist die Konsequenz, mit der Illbruck die Balance gefunden hat zwischen Dingen, die auf seinen Racern gut funktionierten, und dem Wunsch, einen echten Cruiser für die Familie zu bauen. Der Archetyp des Performance-Cruisers sozusagen. Mit etwas Hilfe vom Mistral wäre zum Beispiel eine Reise von Sardinien nach Mallorca in nur einer Nacht möglich, ein Etmal von 200 und mehr Meilen ist realistisch – und das mit allem möglichen Komfort bis hin zur Klimaanlage. Und so ist „Pinta Smeralda“ zugleich die erste und die letzte ihrer Art. Die letzte „Pinta“ von Willi Illbruck, aber auch die erste Yacht, die sehr schnelles, aber einfaches Segeln mit allen möglichen Annehmlichkeiten des heutigen Lebens auf See verbindet. Und so ist es ebenso erwähnenswert wie kurios: Ausgerechnet mit einem Fahrtenboot hat sich Willi Illbruck sein letztes Denkmal gesetzt.

Siege für die Geschichtsbücher

1983: Das Judel/Vrolijk-Design gewinnt mit „Outsider“ und „Sabina“ den Admiral’s Cup
Foto: YACHT-Archiv/Colin Jarman/AJAX NEWS PHOTOS

Willi Illbruck und seine verschiedenen Admiral’s Cupper namens „Pinta“ gehören zur Goldenen Ära des Yacht­sports, als das weltweit gängige Vermessungssystem International Offshore Rule große Felder und großartigen Sport, wenn auch weder die schönsten noch schnellsten Boote produzierte. 1983 gewann eine „Pinta“, die zusammen mit dem Schwesterschiff „Container“ als die ersten Waben- Sandwichboote der Welt gebaut wurden, den Admiral’s Cup, den Höhepunkt der IOR-Szene.

Den Erfolg konnte Illbrucks Crew unter Skipper Russell Coutts zehn Jahre später mit einem kleineren Eintonner wiederholen. Zu weiteren großen Siegen gehörte der Gewinn des prestigeträchtigen One-Ton-Cup mit demselben Boot 1993 vor Cagliari und 1994 vor Marseille. Skipper damals: der US-Segelprofi John Kostecki, der die Initiative von Illbrucks Sohn Michael im Volvo Ocean Race anführte.

Willi Illbruck war einer der Eigner, die früh das Hochseesegeln in Deutschland professionalisierten, sein Sohn führte das Thema fort und setzte mit seinem ­Ocean-­Race-Team neue Standards, was Technik, Vorbereitung, Internationalisierung und Budget betraf. Das Boot und sein Schwesterschiff wurden in Deutschland von einem europäischen Bootsbauerteam in einer eigens dafür errichteten Werft gebaut und vor dem Renneinsatz aufwendig gegeneinander getestet. Die siegreiche ­„Illbruck“ ist heute in Rostock beim Team­event-Anbieter Speedsailing beheimatet.

Technische Daten der “Pinta Smeralda”

defaultFoto: De Valk/Dick van der Veer
  • Design: Judel/Vrolijk & Co.
  • Werft: Marten Marine (Neuseeland)
  • Baujahr: 1995
  • Rumpflänge: 18,30 m
  • Wasserlinienlänge: 16,50 m
  • Breite: 5,05 m
  • Tiefgang (Hubkiel): 2,50–3,80 m
  • Verdrängung: 19,5 t
  • Ballast/Anteil: 7,9 t/41 %
  • Segelfläche: 202,0 m2
  • Segeltragezahl: 5,3
  • Motor (Yanmar): 105 kW/140 PS

Bauweise

Sandwich aus Honeycomb-Kern (Nomex) und Gelegen aus Carbon und Kevlar. Deck aus Nomex-Kern und Prepreg-­Carbon. Schotten: Carbon mit Nomex-Kern plus schall­isolierende Lage. Hubkiel mit Bleibombe und Edelstahlfinne, zwei Hydraulikzylinder, einer redundant. Fixierung mit Keil

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