Charterriese Moorings hat 1993 ein Yachtverkaufsbüro in Fort Lauderdale, Florida, eröffnet. Was das mit einer gebrauchten Oceanis 361 zu tun hat? Die Nachfrage nach Kaufcharteryachten wuchs so enorm zu dieser Zeit, dass eine solche Verkaufsstelle sinnvoll erschien. Die Monohull-Yachten kamen und kommen von Beneteau und heißen, wenn unter Moorings-Flagge laufend, Moorings 362 oder 363, je nachdem wie viele Kabinen verbaut sind.
Warum sich Moorings für Beneteau entschied? Die Franzosen lieferten, was die Vercharterer suchten. Solide Yachten, ordentlich segelnd, wichtiger noch, die den harten Anforderungen des Chartermarktes gerecht werden: viel Raum unter Deck, große Cockpits, leicht zu warten, ohne viel Firlefanz. Die Oceanis 361 ist solch ein Boot, ein Arbeitstier. Topprigg ohne Trimmmöglichkeiten, massiv laminierter Rumpf, Wellenantrieb und große Nasszelle. Dabei segelt sie, ohne große Fragezeichen auf die Stirn des Rudergängers zu zaubern. Sehr solide Kost also.
Für Eigner war sie ebenfalls interessant, da es die Französin auch mit zwei Kabinen gab. In dem Fall sind Pantry und Backskiste geradezu riesig, und auch die Kammer achtern hält dann eine scheinbar riesige Koje bereit. Pantry, Navigationstisch und Nasszelle haben die Designer von Berret-Racoupeau geschickt an der breitesten Stelle im Schiff platziert, sodass nirgends der Eindruck von Enge entsteht. Auch im Cockpit finden die Mitsegler alle Platz, eine Fußstütze in der Mitte hilft dabei, dass man sich gegenübersitzen kann, selbst bei Lage. Und was Charterkunden recht ist, ist Eignern billig. Denn auch die suchen oftmals Raum, soliden Bau und einfache Pflege. Die Segeleigenschaften und Trimm-Möglichkeiten sind dabei mitunter zweitrangig.
Dass die bei der Oceanis durchaus ausreichend gut sein können, zeigt das Testschiff vor Lemmer. Die ziemlich neuen Segel der „Menami“ stehen noch ganz gut. Als der Wind dann mit rund zwölf Knoten weht, fährt sie los. Etwas Ruderdruck, alles bestens beherrschbar, sechs Knoten hoch am Wind sind drin. 90 Grad Wendewinkel klappen nur bei glattem Wasser und voller Konzentration am Ruder: 1,53 Meter Tiefgang helfen bei flachen Gewässern, aber eben nicht auf der Kreuz.
Als die Kollegen Ende der neunziger Jahre die damals neue 361 testeten, wehte es mit 6 Beaufort vor Laboe. Erst bei übertriebener Qual mit Vollzeug am Wind ließ sich die Oceanis dabei aus der Ruhe bringen. Die große Breite, so das Fazit der Tester damals, sorge bei viel Krängung für enorme Luvgierigkeit. Letztlich würde dann das Ruder ausgehebelt, und es gehe ab in die Sonne. Ansonsten sei alles sehr kontrolliert und spurtreu. Trimmsensibel ist sie dabei natürlich nicht, aber ein bisschen was geht schon: Fallspannung, Unterliek, Holepunkte, Kicker, Traveller und natürlich die Schoten selbst helfen, wenn der Druck zu sehr zunimmt. Und reffen darf man ja irgendwann durchaus auch noch.
Stichwort Schoten: Hier herrscht verkehrte Welt. Der Rudergänger fährt die Genua, die Crew das Groß, so sind die Winschen angeordnet. Dass der Rudergänger nicht an die Großschot kommt, weil diese auf dem Kajütdach ruht, ist nicht wirklich schön, aber auch nicht wirklich tragisch, da die Kräfte des recht gedrungenen Toppriggs eben zumeist mit dem Ruder pariert werden können: Wer kreuzt bei sechs Windstärken schon mit Vollzeug?
Als es beim Test vor Lemmer schließlich auch mal mit 16 Knoten weht, kommt sogar Leben ins Schiff. Immer mit voller Kontrolle, bei gut spürbarem Ruderdruck und simpler Bedienung. Die könnte der Eigner mit höherwertigeren Beschlägen noch vereinfachen: bessere Umlenkblöcke, kräftige Hebelklemmen, etwas größere Winschen. Eben das, wo bei allen Großserienyachten gespart wird, und auch das, was zu unnötiger Reibung und damit Arbeit an den Winschen führt.
Weiteres Manko unter Segeln: Typischerweise bringt ein nicht allzu hohes Topprigg eine große Genua mit sich. Die gepaart mit einem Babystag sorgt automatisch für Verdruss. Wenden müssen sehr langsam gefahren werden, damit das Tuch Zeit findet, sich am kleinen Stag entlangzuzwängen, und damit der Vorschoter dennoch möglichst viel Lose per Hand holen kann. Drei Meter Schot zu kurbeln macht einfach keinen Spaß.
Ansonsten gefällt die Einfachheit des Segelplans. Einmal getrimmt, verlangt das Rigg keine weitere Beachtung, nicht mal ein Achterstag ließe sich überhaupt weiter durchsetzen. Das ist völlig okay so, angesichts von Topptakelung und der Zielgruppe seinerzeit. Seglerisch stimmig in Anbetracht des Bootskonzeptes beschreibt das Gefühl unter Segeln.
Der Volvo-Diesel arbeitet vernehmlich unter dem Niedergang, hier können sich Eigner noch mit verbesserter Isolierung selbst einbringen. Der Motor überträgt seine Kraft auf eine Welle. Auch das ist simpel und deutlich wartungsärmer als ein Saildrive, der regelmäßig neue Wellendichtringe verlangt und auch dann und wann aufwändig gern eine neue Manschette hätte. Die einzige Wartung auf der Oceanis: alle paar Jahre eine neue Dichtung innen am Stevenrohr und ein neues Lager außen. Fertig. Vielleicht mag man für ruhigeren Lauf noch eine Flexkupplung nachrüsten. Wichtig allerdings: Die Motorstützen müssen intakt sein, denn sonst fluchtet die Maschine nicht mit der Welle, was mittelfristig zu Schäden führen kann.
Weitere Besonderheit des Wellenantriebs: ein starker Radeffekt. Der wird sicher die ein oder andere Kaution von Charterkunden auf dem Gewissen haben. Wer ihn aber zu nutzen weiß, wird auch das Manövrieren auf engem Raum in kürzester Zeit bestens beherrschen. Wer diesbezüglich auf Nummer sicher gehen möchte, sucht nach einem Exemplar mit Bugstrahler oder rüstet nach.
Ebenfalls die Wahl hat man unter Deck. Zwei oder drei Kabinen? Sind drei Unterkünfte verbaut, fehlt der Pantry achtern Arbeitsfläche, da es dort dann in die Kabine geht. Auch der Kammer an Steuerbord wird Fläche weggenommen. Am Ende bleiben 2,03 Meter auf einer Breite von 1,15 Metern übrig. Innen steht zwar noch etwas mehr Breite zur Verfügung, dort ist die Koje jedoch bloß 1,71 Meter lang. Das ist knapp. Bequem schläft man nur außen, zumal innen im Fußbereich lediglich 34 Zentimeter Höhe unter der Rudermechanik zur Verfügung stehen. Dieses Problem teilen sich die Achterkammern.
Ist nur eine verbaut, expandiert diese über die Schiffsmitte hinaus. Sie wird dann auch 2,03 Meter breit, aber ausschließlich vorn. Durch die Krümmung des Rumpfes nach achtern bleiben ganz hinten nur 1,56 Meter übrig. Auch nicht viel. So richtig bequem schlafen lässt es sich zu zweit mithin nicht in den Achterkammern, egal in welcher Konfiguration. Immerhin: Die Belüftung stimmt.
Üppig hingegen ist die Kammer vorn. 1,50 Meter breit auf Schulterhöhe, dabei 2,06 Meter lang, im Fußbereich auch noch 48 Zentimeter breit und immer über einen Meter hoch. Das ist schon eher für zwei geeignet. Sechs oder gar acht Gäste auf dem Schiff unterzubringen, in dem Fall mit Belegung der Salonkojen, erscheint aus heutiger Sicht wirklich nicht mehr zeitgemäß, damals war das noch ein Verkaufsargument. Seinerzeit meinte die Werft das noch ernst.
Die Steuerbordkoje im Salon, die sich mit Hilfe eines Polsters erweitern lässt, ist dann 2,20 mal 1,05 Meter groß. Da der Salontisch solide vor dem Herausfallen schützt, ist dies die optimale Seekoje. An Backbord schrumpft die Länge der Bank wegen des Navitisches dort auf 1,80 Meter. Wer hier bequem schläft, den stört auch die Stehhöhe von durchgängig 1,90 Metern nicht. Das ist ebenfalls aus heutiger Sicht knapp. Dafür aber sind die Linien außen eben noch gefällig.
Gar nicht knapp sind Pantry und Nasszelle. Erstere ist, zumindest in der Zweikabinenversion, geradezu riesig. Zwei Kühlschränke, ein gigantisches Lagerschapp für Vorräte, Schränke und viel Arbeitsfläche machen aus der U-förmig angelegten Küche einen echten Arbeitsplatz auf See. Das gilt übrigens ebenfalls für die Navi, die vor der Pantry liegt. Auch hier: viel Platz zum Arbeiten und für den Einbau von allerlei Geräten. Erfreulich in der Nasszelle: die separate, tatsächlich nutzbare Dusche, die auch als Ölzeugschrank dient. Das passt.
Der Rumpf ist aus Massivlaminat gefertigt, das wird wenig Probleme bereiten. Kritischer zu betrachten ist da schon das Deck: Der Balsakern kann wegrotten, wenn er feucht wird, etwa an Beschlägen, besonders wenn diese nachträglich und nicht fachgerecht montiert wurden. Ist das Trägermaterial schadhaft, wird das Deck weich.
Auch ein Teakdeck kann zum teuren Problem werden, wenn es altert. Wer dauerhaft sorglos unterwegs sein will, muss ein Exemplar ohne Holzauflage suchen. Beim Kauf ebenfalls überprüfen sollte man das Spiel der Welle im Stevenrohrlager, mehr als ein Millimeter verlangt nach Austausch. Gleichfalls wichtig: die Ausrichtung des Motors zur Welle. Die Wellendichtung innen verlangt alle sieben Jahre nach Erneuerung. Sie kostet jedoch nur rund 100 Euro. Ansonsten sind in erster Linie die üblichen Punkte bei einem Gebrauchtboot zu beachten: Zustand von Segeln, Sprayhood, Kuchenbude und Lazy-Bag sowie Polster, Schwarzwassersystem, Elektrik, Dieseltank.
Diese Dinge zu erneuern kostet schlicht Geld. Auch die Ruderlager verschleißen, ein Austausch ist jedoch keine allzu große Herausforderung. Kurzum: Die Oceanis wirft wenig Fragen auf, das liegt auch an dem soliden Bau. Besonders die Holzarbeiten im Inneren sind mit massiven Umleimern und ordentlichen Furnierstärken langlebig. Eine weitere Sache verdient bei einer Besichtigung Beachtung: Rund um den Spiegel unter der dicken Gummileiste sind Rumpf und Deck verklebt. Gerade im Mittelmeer, wo häufig rückwärts angelegt wird, können Rammings mit dem Steg hier für Undichtigkeiten sorgen. Daher den Bereich gut auf Hinweise zu Kollisionsschäden kontrollieren.
Wer ein solides Fahrtenschiff sucht, das wenig Pflege verlangt, schiffig ausgebaut ist und das absehbar wertstabil bleibt, der findet sicher eines zwischen 70.000 und 80.000 Euro je nach Ausstattung in Europa. Traditionell verkaufte Beneteau auch viel in die USA. Dort sind daher eine ganze Reihe von Schiffen zu finden. Hier wartet jedoch noch die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer in Europa auf die Käufer, zusätzlich zum Transport. Alternativen zur Oceanis sind natürlich die Boote der Cruiser-Reihe von Bavaria, die Schiffe von Dufour, wie die 365, oder die Catalina 36 Mk II.
Ihnen allen gemein ist der robuste Bau, die unambitionierten Segeleigenschaften und viel Raum unter Deck. Das gewisse französische Verve, die pfiffigen Details wie der verschiebbare Durchgang zur Badeplattform, die gefälligen Linien oder die sehr wohnliche Aufteilung unter Deck bietet nur die Oceanis.
Windgeschwindigkeit: 12–16 kn (4–5 Bft), Wellenhöhe: ca. 0,5 m
Mit Topprigg ohne Trimmeinrichtungen sehr fahrtenorientiert. Aus heutiger Sicht hohe Segeltragezahl
* Dimensionslose Zahl. Berechnung: 2√S/3√V. Je höher der Wert, desto mehr Segelfläche (S) hat das Schiff in Relation zur Verdrängung (V)
Größter Unterschied in den verschiedenen Modellen ist die Anzahl der Kabinen. In der Zweikabinenversion gewinnt die Pantry. Gebaut wurde der Rumpf aus Massivlaminat, das Deck ist ein Balsasandwich. Die Verbindung wurde verklebt und durch die Fußleiste verschraubt
Eine Oceanis 361 kostet je nach Pflegezustand zwischen 65.000 und 80.000 Euro. In Europa wird sie weniger oft gehandelt als in den USA. Dort sind die Preise etwas niedriger beziehungsweise können Wechselkursschwankungen helfen. Die Einfuhrumsatzsteuer einkalkulieren
Besonders im Bereich nachgerüsteter Beschläge oder bei Teakdecks darauf achten, dass das Deck nicht weich ist. Ausrichtung des Motors zur Welle und Zustand der Motorlager checken. Spiel des Wellenlagers und des Ruderlagers anschauen. Osmose ist weitgehend unbekannt, aber möglich. Da auch aus den USA importierte Schiffe im Umlauf sind, auf einen schlüssigen Mehrwertsteuernachweis achten!
Stand 04/2024
Die konsequente Fahrtenyacht ist solide gefertigt, simpel zu bedienen und wohnlich ausgebaut. Rundum gelungen!
Beneteau, Frankreich, www.beneteau.com
Der Artikel erschien erstmals in YACHT 21/2023 und wurde für die Online-Version aktualisiert.