Alexander Worms
· 15.12.2022
Die Friendship 28 ist das zweite Modell der Werft und wurde wohl an die 700-mal gebaut. Geräumig, solide, gut segelnd und auch gebraucht ein echter Bestseller. Zu Recht?
In diesem Artikel:
Werft und Schiff verbindet eine bewegte Geschichte. Erstere hatte sechs verschiedene Standorte und mindestens ebenso viele Inhaber und Insolvenzen. Die Friendship 28 selbst wiederum gab es in verschiedenen Längen, unterschiedlichen Tiefgängen, Interieuraufteilungen und Aufbaulayouts. Sogar zum Selbstausbau wurden Schiffe ausgeliefert. Allen gemein ist jedoch – fast schon verwunderlich angesichts der Geschichte von Hersteller und Modell –, dass die Fertigungsqualität durchgängig als solide gilt. Robust gebaut, mit ordentlichen Beschlägen, dabei ein guter Segler und sogar mit einigem Raum innen. Kurzum: ein rundes Paket.
Das kam gut an. Zwischen 1974 und 1984 wurden immerhin 400 Stück gebaut, fast eines pro Woche. Doch auch in den neunziger Jahren ging die Fertigung weiter – bei den diversen Nachfolgewerften, mit mehr oder weniger Anpassungen an Konzept und Design. Leider lässt sich die genaue Zahl der gebauten Einheiten nicht mehr nachvollziehen. Knapp 700 in den verschiedenen Ausführungen könnten es durchaus sein.
Das Testboot hat die Nummer 641, und es ist aus der letzten Serie. Die größten Veränderungen im Laufe der Historie sind sicherlich der Umstieg von den ursprünglichen, notorisch undichten großen Fenstern mit Aluprofilen als Rahmen zu den fertig vom Hersteller angelieferten Scheiben, die auch im Testschiff verbaut sind. Hierdurch wurde das Problem mit der fehlenden Dichtigkeit gelöst. Die zweite größere Änderung war die der Länge. Das Boot ist im Laufe der Zeit um 20 Zentimeter gewachsen. Das gelang durch das Ankleben einer Verlängerung am Heck, eines sogenannten Scoops. Dem Innenraum hat das nichts gebracht, nur die Segelperformance profitierte.
Die ist auch tatsächlich gut. Ein hoher Ballastanteil von bis zu 47 Prozent sorgt für Steifigkeit. Gleiches gilt für den massiv laminierten Rumpf. Konstrukteur Dick Koopmans ist überdies bekannt für seine sehr seegängigen Schiffe. Das, so berichten diverse Eigner, trifft auch auf die Friendship 28 zu. Beim Test auf dem Slotermeer in Friesland konnte das Schiff mangels Seegang nicht unter Beweis stellen, wie es sich verhält, wenn es mal etwas rauer zugeht.
Was die Friendship jedoch fast schon eindrucksvoll zeigen konnte, sind ihre guten Segeleigenschaften. Es weht mit konstanten zwölf Knoten. Das Testboot hat den mit 1,20 Metern untiefen Kiel, alternativ gibt es 1,60 Meter, und einen Festpropeller. Dennoch sind 5,2 Knoten ganz hoch am Wind drin. Der Wendewinkel liegt dann unter 90 Grad. Was unabhängig von der Segelleistung überzeugt, ist die gute Bedienbarkeit. Das Cockpit ist groß, der Traveller verläuft über die gesamte Breite des Brückendecks, und der Beschlag für die Großschot ist üppig. So lässt sich das Schiff fein kontrollieren. Allerdings wird es wegen der Pinne im Cockpit etwas eng unter Segeln, weil die Vorschot natürlich auch noch bedient werden mag.
Was gut ist: Man kann auf dem Süll sitzen und von dort aus mittels Pinnenverlängerung steuern. Auch hier sind sowohl die Großschot als auch andere Trimmeinrichtungen wie etwa die Leinen der verstellbaren Genuaholepunkte gut erreichbar. Einmal gut getrimmt, lässt sich das Schiff vorzüglich an die Windkante dirigieren, die Übersicht bleibt dabei voll erhalten, die Trimmfäden im Blick. Die in einigen Foren beschriebene starke Luvgierigkeit stellte sich beim Testschiff nicht ein.
Zugegeben: Bei zwölf Knoten Wind ist das kein Wunder. Zudem haben die diversen Werftinhaber im Laufe der Zeit verschiedene Veränderungen vorgenommen. Ein etwas anderer Skeg und eine angepasste Ruderform gehörten dazu. Eine Sache fiel beim Segeln auf: Die Summe aus hohem Freibord, Kajütaufbau und Cockpitsüll, gepaart mit dem hohen Ballastanteil und der daraus resultierenden großen Stabilität, vermittelt ein enormes Gefühl der Sicherheit. Hier möchte man auch dann noch sein, wenn die Bedingungen rauer werden. Das Rigg macht ebenfalls einen sehr soliden Eindruck. Dazu trägt sicher auch das Babystag bei, das allerdings in den Wenden ziemlich stört. Das wird noch gravierender, wenn die optionale 150-Prozent-Genua zum Einsatz kommt, denn dann muss die Crew sehr viel Tuch um den Stahldraht auf dem Vordeck herumwinden. Das dauert.
Zurück in den Hafen geht es unter Motor. Der MD 2020 von Volvo Penta verfügt über einen Saildrive. Ältere Modelle haben Motoren von Bukh oder auch Yanmar und werden über eine Welle angetrieben. Die Schallisolierung ist gut, die Erreichbarkeit auch. Auf älteren Schiffen ist der Motor sicher ein wunder Punkt. Einkreisgekühlte Antriebe mit mehreren Jahrzehnten auf dem Buckel nähern sich ihrem Ende. Das sollte bei der Auswahl einer Friendship 28 berücksichtigt werden. Idealerweise ist der Austausch bereits erfolgt. Ansonsten lautet der Tipp: Mit altem Motor günstiger kaufen und den Austausch budgetieren.
Unter Deck ist alles da: zwei Kabinen, Salon, ordentliche Pantry und eine separate Nasszelle. Damit wäre fast alles gesagt. Aber nur fast. Denn die Annahme, dass auf 28 Fuß Schiff alles genauso groß sein kann wie auf sagen wir mal 34 Fuß, ist natürlich eine Illusion. Ein wichtiges Thema ist die Stehhöhe. 1,84 Meter sind das im Salon maximal. In der Nasszelle sind es 1,74 Meter. Die ist überdies recht beengt.
Kabinen, Nasszelle, Pantry, Stauraum – alles da, was eine Familie auf einer Yacht zum Tourensegeln braucht
Ja, es ist alles da, außer eben viel Raum. Die Kojen gehen in der Größe indes völlig in Ordnung. Im Vorschiff sind es 1,98 mal 1,47 Meter, dabei ist die Höhe okay. Das ist achtern anders. Da ist die Koje mit 2,13 mal 1,50 Metern auf den ersten Blick groß. Innen beträgt die Länge allerdings nur noch 1,76 Meter, weil der Motor auch Platz beansprucht. Unter dem Cockpit ist die Koje dann nur 44 Zentimeter hoch. Sie ist zum Innenraum hin jedoch offen, sodass kein Gefühl der Beklemmung aufkommt.
Im Salon fühlt man sich wohl. Die Polster sind bequem, die Abmessungen und die Ergonomie der Bänke gehen völlig in Ordnung, ebenso die Tischfläche. Was auffällt, ist, dass die Friendship unter Deck nicht so düster daherkommt, wie man das von Koopmans-Entwürfen à la Breehorn oder Victoire gewohnt ist. Die diversen Fenster, besonders die beidseits des Niedergangs, bringen Licht ins Innere. Da viele geöffnet werden können, ist auch das Thema Lüften unter Deck geklärt. Kochen geht übrigens auch bestens auf der Friendship. Das Testboot verfügt über einen zweiflammigen Gaskocher und einen Schrank darunter, es gibt zudem Modelle mit Kocher und Ofen – der Raum dafür reicht aus unter dem Kocher –, dann jedoch ohne Schrank. Davon sind eine ganze Menge auf der Friendship vorhanden. Alle sind gut nutzbar. Die Nasszelle neben dem Niedergang gab es erst in späteren Modellversionen. In älteren Schiffen befindet sie sich im Vorschiff zwischen Salon und Koje. Dann ist die Pantry da, wo später das WC untergebracht wurde.
Die Bauweise ist durchaus aufwändig: Handauflegeverfahren und Massivlaminat im Rumpf. Leicht ist die Friendship dabei nicht: 3,5 Tonnen für 28 Fuß sind eine Ansage. Die Robustheit aber ist es, die auch größere Reparaturen rechtfertigt, wie etwa eine Osmosesanierung. Die Substanz des Schiffes gibt das her. Wichtig aber, dass das Deck nicht weich ist. Das passiert leider mit älteren Balsa-Sandwichkonstruktionen durch eingedrungenes Wasser gern mal. Die Folge: Das Deck federt, wird weich. Das lässt sich reparieren, ist aber sehr aufwändig. Daher gilt dem Deck während einer Besichtigung besondere Aufmerksamkeit.
Die 28 ist ein bisschen wie ein VW Golf. Sie macht sehr wenig falsch. Genug Raum, aber nicht sehr viel. Zügig, aber nicht echt schnell, solide, aber nicht unsterblich. Eben ein sehr guter Kompromiss aus vielem. Insofern ist die Friendship 28 ein No-Nonsense-Boot für junge Familien, die Sicherheit, aber eben auch Segelspaß und Platz unter Deck suchen. Alternativen zur Friendship 28 sind die Victoire 933, die Contest 28 oder 29, eventuell die Dehler 28, zumindest bei neueren Modellen, oder die Etap 28i. Die Friendship jedenfalls leistet sich nur wenige Schwächen.
Windgeschwindigkeit: 12 bis 14 kn (4 Bft), Wellenhöhe: keine
Die Segeltragezahl variiert je nach Vorsegelgröße. Beide Werte weisen das Boot klar als Fahrtenyacht aus
Gebaut seit 1974, war sie zunächst 8,70 Meter lang und wurde mit Tiefgängen von 1,20 oder 1,60 Meter angeboten. Die Fenster waren in Alurahmen in den Aufbau integriert, die häufig undicht wurden. Die Fenster ersetzte die Werft durch Standardteile. Diese sind dicht. Später wurde das Schiff durch einen Anhang um 20 Zentimeter verlängert. Bei jüngeren Modellen wurde in den Außenlagen Isophthalsäureharz verwendet, was die Osmosebeständigkeit verbessern sollte. Zuletzt wurde das Boot von der Werft de Slinke weitergebaut, die den Kiel nach achtern versetzte, um die Luvgierigkeit zu reduzieren.
Meistens sind die Schiffe in den Niederlanden zu finden, da die Friendships dort gebaut wurden. Zwingend auf den Motor achten: Ist das teure Bauteil bereits ersetzt worden oder wenigstens zweikreisgekühlt?
Neben den Fenstern unbedingt den Balsakern im Deck prüfen. Er sollte noch nicht weich sein, besonders im Bereich der Beschläge. Osmose kann auftreten. Die Ausbauqualität von Selbstbauten ist recht heterogen, die der Werftbauten hoch.
Die Friendship 28 ist robust, zuverlässig und segelt ordentlich. Raumaufteilung und Platzverhältnisse sind angesichts der Größe gelungen. Insgesamt ein echter Gebrauchtboot-Tipp