Etap 28iSolide und unsinkbare Familienyacht im Gebrauchtboot-Test

Alexander Worms

 · 09.05.2024

Volle Fahrt: Selbst bei Windstärke sechs auf dem IJsselmeer vermittelt die Etap noch viel Sicherheit. Das liegt auch an der geschützten Plicht
Foto: YACHT/A. Worms
Anders als manche Artgenossinnen ist die Etap 28i ein durchaus sportliches Exemplar. Segelspaß ist garantiert, doch auch unter Deck zeigt die unsinkbare Belgierin Größe. Ein ideales Familien-Einsteigerboot?

Manchmal steht eine Sieben vor dem Komma auf der Logge. Eine mächtige Bugwelle belegt, dass das Schiff gern schneller will, aber nicht so recht kann. Die Rumpfgeschwindigkeit ist lange erreicht, denn es weht mit guten 20 Knoten aus Nord.

Eine Welle hebt das Heck an, im richtigen Moment ein bisschen Abfallen, und los geht die Rauschefahrt, die nach einigen Sekunden Euphorie durch die nächste Wasserwand gebremst wird – nur um alsbald erneut zu beginnen. Segelspaß bei Sonnenschein auf dem IJsselmeer, das am Testtag zwar kurze, aber trotzdem ansehnliche Wellen hervorbringt. Zwei Reffs im Groß und die Fock sind genug, um die Etap 28i anzutreiben. Das Boot liegt so auf Raumwindkurs ganz gut in der Balance, der Ruderdruck ist moderat, die Kursstabilität nicht atemberaubend, aber ausreichend. Die Genua kann heute in der Backskiste bleiben. Sie bringt bei wenig Wind gehörig Leben ins Schiff.

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Dank des 7/8-Riggs hilft auch gerefft noch ein Zug am Achterstagspanner, um in Böen Druck abzulassen und das Vorsegel flacher zu trimmen. Und während die Wellen selbst in der Abdeckung vor Medemblik noch durchaus imposant sind, wühlt sich die 8,6 Meter lange Yacht ziemlich ungestört hindurch. Das Cockpit hinter dem Kajüt­aufbau bietet Schutz, und der hohe Freibord lässt die Crew das Geschehen wie auf einem deutlich größeren Schiff wahrnehmen. Und irgendwie bleibt ganz weit im Hinterkopf immer noch der Gedanke der Unsinkbarkeit, der ein Stück weit zum Sicherheitsempfinden beiträgt.

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Diese Unmöglichkeit des Untergehens ist ein Alleinstellungsmerkmal der belgischen Werft aus Malle bei Antwerpen. Zusammen mit einer recht ordentlichen Bauqualität, vor allem bei den GFK-Teilen, und einer hohen Fertigungstiefe haben die Yachten immer noch eine große Fangemeinde.

Tragischer Niedergang

Immer noch – auch wenn es die Werft am Standort seit 2009 nicht mehr gibt. Nach einer Übernahme durch die damals schon beinahe selbst insolvente Dehler-Werft in Freienohl ging bei Etap alsbald das Licht aus. Formen und Geräte wurden nach Polen geschafft, die Serienproduktion dort aber nie wieder aufgenommen. Die heutigen Inhaber der Marke haben es bislang nicht geschafft, den Schiffen mit der Ente neues Leben einzuhauchen. Das ist schade, denn die Modelle, die schon bei 21 Fuß begannen, waren eine Bereicherung des Marktes. Das Ende wurde eingeläutet, als Etap auch größere, renditestärkere Schiffe bauen wollte, wie zum Beispiel die 46 DS.

Allerdings bedeutete die doppelschalige und somit ausschäumbare Fertigung, dass für jede Innenausbauvariante eine eigene, teure Form nötig gewesen wäre. Das jedoch gaben die Stückzahlen nicht her. Es blieb ­also oft bei nur einer Version – zu wenig im oberen Segment.

Ebenso war die Art, wie Etap Yachten baute, zu aufwändig, um sich dauerhaft im renditehungrigen Chartermarkt behaupten zu können. Das Ende der Firma, die zu besten Zeiten 110 Menschen beschäftigte und die Teil eines heute noch bestehenden Herstellers von Lampen war, war besiegelt. Zudem haben die Belgier nie die Losfertigung aufgegeben: Die Schiffe wurden auf Vorrat gebaut und dann verkauft. Bootsbau aus heutiger Sicht geht anders: erst wird bestellt, dann exakt gemäß Kundenauftrag gebaut. Dank der Anzahlungen reduziert sich für die Werft damit auch das Liquiditätsrisiko.

Stabiles Angebot

Die Schiffe wurden seinerzeit sehr solide gefertigt, und heute ist ein reichhaltiges und auch preisstabiles Angebot an Gebrauchtbooten gegeben. „Wer gut kauft und etwas pflegt, kann seine Etap nach einigen Jahren fast zum gleichen Preis wieder verkaufen. Das Baujahr spielt kaum eine Rolle“, erläutert André Hochfeld von Yachthandel Hamburg die Marktlage. Das Unternehmen im Nordosten der Hansestadt war seinerzeit Etap-Händler für Deutschland und ist heute noch mit Gebrauchtbooten und Ersatzteilen im Geschäft. „Von der 28i wurden, schätze ich, 500 Stück produziert“, sagt Hochfeld. Sie sei eine richtige kleine Yacht.

Das muss sie nun beim Test beweisen. Es geht hoch an den Wind. Ein tiefer Vorfuß samt leicht schrägem Steven lässt die Etap ziemlich gutmütig in den kurzen Wellen stampfen. Dabei legt sie sich nur wenig auf die Seite. Satte 3,13 Meter ist der Rumpf breit, das entspricht einem Längen-Breiten- Verhältnis von 2,75. Die Ente wurde offenbar gut gemästet.

Prominente Pinne auf der Etap 28i

Der nur 1,15 Meter tiefe Kiel trägt bei geringer Krängung zunächst wenig zur Stabi­lität bei, die kommt aus der Form. „Der Tandemkiel mit seinen 90 Zentimetern war noch besser am Wind, darum wurde die 1,15 Meter tiefe Variante später aus dem Programm genommen“, weiß Hochfeld. Die Alternativ- Version hat 1,60 Meter. Doch auch mit der dem Vernehmen nach am wenigsten geeigneten Am-Wind-Flosse erweist sich die 28i als durchaus lebendiges Segelboot. Etwas Ruderdruck, rechte Winkel, die der Track auf das iPad malt und knappe sechs Knoten Fahrt gehen voll in Ordnung.

Im Cockpit ist für die kleine Crew alles da, wo es sein muss. Der Rudergänger hat sowohl Vor- wie Großschot samt Traveller in Reichweite. Allerdings verbraucht die Pinne eine Menge Platz bei Manövern. Sind vier Leute in der Plicht, gilt es, sich gut zu organisieren. Auch unter Motor verlangt die Pinne nach andauernder Andacht, geradeaus fährt die Etap von allein nicht. Bei Manövern stört der Anschlag zu beiden Seiten, der jedoch unumgänglich ist, da ansonsten das Ruderblatt gegen den Rumpf stoßen würde.

Die 28i – wobei das „i“ für Innovation steht – folgte auf die Etap 28. Die ist teils schon für unter 10.000 Euro zu haben, allerdings handelt es sich dabei um einen deutlich älteren Entwurf ohne Doppelkammer achtern und ohne echte Nasszelle. Nachfolgerin ist die 28s, die von Automobil-Designer Bertone entworfen wurde. Die Yacht mit dem riesigen Cockpit und dem elliptischen Aufbau wird, wenn angeboten, für über 55.000 Euro gehandelt.

Viel Raum unter Deck

Die beiden neueren Modelle haben unter Deck einen ähnlichen Grundriss. Backbord gibt es eine wirklich große Achterkammer, in der zwei Erwachsene gut schlafen können. Innen wird es einzig unter der Cockpitwanne mit knapp 40 Zentimetern etwas niedrig. An Steuerbord ist Raum für eine erstaunlich geräumige Nasszelle. WC und Waschbecken und sogar ein kleines Ölzeugschapp finden dort Platz.

In einem Stück Schlauch lässt sich der Füllstand des Diesels ablesen. Der Tank in der Backskiste dahinter verfügt über ein Inspektionsluk – vorbildlich. Der Clou: Eine Leine kommt aus den Backskisten in die Nasszelle. Wird sie in der dortigen Curryklemme belegt, sind die Backskistendeckel von außen nicht mehr zu öffnen.

Die Pantry ist zwar klein, bietet aber Schrankraum, ein Waschbecken, einen Kühlschrank sowie einen Kocher. Auf dem Testschiff war dort ein Spiritusgerät installiert. Platz wäre jedoch auch für einen rich­tigen Herd mit Ofen, dann müsste jedoch eine Gas­anlage installiert werden. Weiter vorn im Salon, der nur knapp 1,80 Meter Stehhöhe bietet, schließt sich eine gemütliche U-Sitzgruppe an. Auch auf ihr kann notfalls geschlafen werden. Die großen Pano­ramafenster oberhalb sorgen für Licht und die achteren an den Seiten auch für Luft. Der Tisch lässt sich seitlich verstellen.

Zum Salon hin offen folgt eine weitere Koje. Die ist allerdings recht schmal, zwei Erwachsene müssen sich schon mögen, um dort entspannt schlafen zu können. Die Abtrennung zum Salon erfolgt mittels Vorhang. Für kleinere Kinder ist die Schlafstatt vorn die ideale Lösung. Die 28i ist also ein prima Familienschiff: solide gebaut, durch die große Breite mit wenig Krängung segelnd und für den Hinterkopf eben mit dem Sicherheitsaspekt der Unsinkbarkeit. Zudem sind die wenigen Schwachstellen durchaus beherrschbar.

Gebrauchtbootpreise der Etap 28i hängen vom Zustand, nicht vom Baujahr ab

Von Osmose ist bei neueren Etaps wenig zu hören. Die Belgier hatten eine sehr ana­lytische Herangehensweise ans Thema Bootsbau. Schon früh wurden NPG-Harze verwendet. So oft es ging, wurden zudem geschlossene Formen verwendet, was für prima Ober­flächen sorgte, wie etwa an den Backskistendeckeln zu sehen ist.

Auch der TBS-Decksbelag ist vorkonfektioniert als Ersatzteil erhältlich. Die Ruder­lager, die naturgemäß im Laufe der Zeit ausschlagen, sind ebenfalls noch verfügbar und mit ein wenig Geschick durch den Eigner zu tauschen. Das Seldén-Rigg wirft keine Fragen auf. Wenn das stehende Gut regelmäßig getauscht wird, dürfte es keine Probleme bereiten. Beim Kauf zu klären ist das Alter der Saildrive-Manschette. Sie muss gemäß Vor­gabe des Herstellers ersetzt werden.

Da die Gebrauchtbootpreise kaum vom Baujahr, sondern vielmehr vom Zustand abhängen, lohnt es, ein schön erhaltenes Exem­plar zu suchen. Nach einigen Jahren mit guter Pflege sollte sich das Schiff mit nur geringem Wertverlust – wenn denn gewünscht – wieder verkaufen lassen. So genießt man günstigen Segelspaß, vorausgesetzt, es sind keine größeren Reparaturen etwa am Motor nötig. Die Etap 28i jedenfalls ist vielseitig und solide genug für viele sorgenfreie Jahre.

Darauf ist zu achten

Schaum: Nur die älteren Modelle aus den achtziger Jahren haben Probleme mit offenporigem Schaum. Wird dieser nass, nimmt er Wasser auf, und es kann Schimmel entstehen. Doch auch bei späteren Baujahren kann sich unter Umständen Feuchtigkeit zwischen den Rumpfschalen festsetzen. Eine Messung von außen ist schwierig, ein Blick in den Zwischenraum (Backskiste) zu empfehlen
Foto: YACHT/Alexander Worms

Etap-Yachten gelten als robust, und das zu Recht. Die Schwachpunkte bei Gebrauchtyachten sind überschaubar, wenn der Schaum in Ordnung ist

Die Etap 28i im Detail

Riss der Etap 28i | Zeichnung: YACHT/N. CampeRiss der Etap 28i | Zeichnung: YACHT/N. Campe

Technische Daten der Etap 28i

  • Konstrukteur: Harlé/Mortain
  • Rumpflänge: 8,58 m
  • Breite: 3,13 m
  • Tiefgang/alternativ: 0,90/1,15/1,60 m
  • Gewicht: 2,8 t
  • Ballast: 820/895 kg

Rumpf- und Decks­bauweise

Doppelschalig, massives GFK mit Schaumfüllung zwischen den Schalen. Handauflegeverfahren

Preise

  • Grundpreis ab Werft 1988: ca. 58.000 €
  • Gebrauchtpreis: 23.000–35.000 €

YACHT-Bewertung der Etap 28i

Solide, unsinkbare Familienyacht mit gutem Leistungspotenzial. Durch separate Achterkammer familienfreundlich

Konstruktion und Konzept

  • + Unsinkbar
  • + Badeplattform
  • - Geringe Stehhöhe

Segelleistung und Trimm

  • + Gute Segeleigenschaften
  • + Viele Trimmmöglichkeiten

Ausrüstung und Technik

  • + Backskistendeckelverschluss
  • + Ölzeugschapp
  • - Einkreisgekühlte Motoren

Der Artikel erschien erstmals in YACHT 17/2017 und wurde für die Online-Version aktualisiert.

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