Sich als neue Werftlinie an der Seite der großen und etablierten Serienhersteller zu behaupten ist schwer. Viele versuchen sich an der diffizilen Herausforderung, diverse scheitern auch. Einige hingegen schaffen den Durchbruch und können mit frischen Ideen, ausgefallenen Konzepten, überdurchschnittlicher Qualität oder einer besonders gelungenen Formensprache in einem hart umkämpften Markt Fuß fassen. Andersartigkeit und die Möglichkeit zur Individualisierung sind dabei in vielen Fällen ein Schlüssel zum Erfolg.
Eleva Yachts in Italien hat das Zeug dazu. Die Werft in Fano an der Adriaküste nahe Pesaro hatte mit ihrem Erstlingswerk unter der Bezeichnung The Fifty ein vielbeachtetes Debüt hingelegt. Der exklusive 50-Fußer wurde 2017 auf der Messe in Cannes als Premiere vorgestellt und zwischenzeitlich gebaut. Für einen recht stolzen Preis allerdings.
Mit ihrem Typ Eleva Fortytwo wollen die Italiener dasselbe Konzept in einer etwas weniger exklusiven, etwas kleineren, dafür aber auch im Verhältnis deutlich erschwinglicheren Variante anbieten. Mit einem Grundpreis von gut 535.500 Euro ist die Fortytwo deutlich günstiger als ihre größere Schwester, die 2,50 Meter länger ist.
Stand 04/2025, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, lesen Sie hier!
Das erste Boot vom neuen 42-Fuß-Modell ist fertig gebaut, ein zweites entsteht derzeit. Und die Auftragsbücher der Werft sind nach eigenen Angaben gut gefüllt. Die Marke Eleva gehört als Ableger zur Werft Carbon Line, welche vor allem für den Bau von sehr großen und noblen Luxus-Motoryachten bekannt ist. Am Standort in Fano hat der Betrieb seit seiner Gründung im Jahr 2013 nicht weniger als 160 Neubauprojekte realisiert und beschäftigt dafür 180 Angestellte. Zudem gilt das Unternehmen als Spezialist für sehr große Glas- und Kohlefaser-Teile im Vakuum-Infusionsverfahren. Ein beachtliches Knowhow ist dort also vorhanden.
Auch der Rumpf und das Deck der Eleva Fortytwo entstehen als Glasfaserkonstruktionen mit Vakuum-Harzinfusion. Aufgebaut werden die Laminate mit einen PVC-Schaumkern sowie Vinylesterharz. Bei stark belasteten Stellen im Rumpf, etwa im Bereich von Ruderwelle, Kiel oder der Bodengruppe, spart die Werft nicht an zusätzlichen Kohlefasergelegen für weitere Strukturversteifungen. Der Rumpf und die Bodengruppe werden zudem in einem Arbeitsgang zusammen laminiert, im sogenannten One- Shot-Verfahren. Diese Bauweise gilt gleichermaßen als aufwändig wie auch als besonders robust.
Die ebenfalls mit Vakuum-Infusion hergestellten Komposit-Schotten und Möbelfundamente werden an Rumpf und Deck laminiert. Bis zur Hochzeit, also bis zum Zusammenbau von Rumpf und Deck, bleibt der Kasko in seinen Bauformen liegen, um Spannungen und Verformungen zu vermeiden.
Die Konstruktion stammt vom Italiener Giovanni Ceccarelli, einem Schwergewicht im modernen Yachtdesign mit beachtlichen Leistungsnachweisen. Er hat für Eleva Yachts die Baupläne beider aktuellen Modelle ausgearbeitet und die Designs mit einer ganz besonderen Identität geprägt. Typisch für die Marke ist der augenfällige Knick im Deck nach vorn; so liegt es im Vorschiff hochgestuft auf einem sichtlich höheren Niveau als achtern im Cockpit. Funktional schafft diese ausgefallene Gestaltung mehr Volumen, mehr Raum und damit vor allem mehr Stehhöhe (1,88 Meter) im Vorschiff.
Die Eleva Fortytwo kann man in unterschiedlichen Varianten bestellen. Wie der Name schon beschreibt, soll die Version Mediterraneo den Ansprüchen für den Einsatz im Mittelmeer genügen. Als Performance-Cruiser kommt das Schiff mit einem tiefen T-Kiel (2,50 Meter Tiefgang), einem sportlichen Segelplan und einem Traveller im Cockpit. Die Version Oceano ist – ebenso selbsterklärend – eher für längere Schläge auf hoher See konzipiert. In dieser Cruising-Ausführung erhält das Schiff ein etwas kürzeres Rigg sowie einen L-Kiel mit nur 2,00 Meter Tiefgang, dafür aber mehr Ballastanteil. Überdies wird der Cruiser mit einem ziemlich wuchtig wirkenden Targabügel über der Plicht, einem soliden Cockpittisch sowie mit einer Selbstwendefock ausgestattet. Und für den ultimativen Regattaeinsatz definiert die Werft eine spezielle Version Race mit einem nicht ausgebauten Vorschiff zur Lagerung der Segel und einem noch höheren Rigg aus Carbon.
Das Testschiff, die Baunummer 1, entspricht der Version Mediterraneo mit einem Upgrade bei der Segelgarderobe und einem Großsegel mit effizient ausgestelltem Kopfteil (Square Head). Entsprechend ist dieses Boot mit doppelt geführten Achterstagen anstelle des am Heck zentral geführten Mastbiegers ausgerüstet. Um diese effizient einzusetzen, war aber leider beim YACHT-Test in Italien nicht ausreichend Wind vorhanden – gerade einmal 6 Knoten waren es, die die Eleva Fortytwo mit der kurz überlappenden Genua auf 4,8 Knoten bei einem Winkel von 45 Grad zum Wind beschleunigten. Die Werte sind schwer einzuordnen, weil starke Strömungen aus unterschiedlichen Richtungen genaue Messungen fast unmöglich gemacht haben.
Gemäß den theoretisch errechneten Leistungsdaten von Konstrukteur Ceccarelli mag es die im Vergleich zur Konkurrenz recht breite, allerdings auch leichte Eleva Fortytwo generell, wenn mehr Wind vorhanden ist. Bei 10 Knoten sagen die Prognosen für die optimalen Kurse an der Kreuz (40 Grad wahrer Windeinfall) schon einen Speed von 6,8 Knoten voraus, bei 16 Knoten Wind sind es 7,6 Knoten.
Eine Kostprobe ihres gehobenen Leistungspotenzials vermag die Italienerin beim Test dennoch abzugeben: Mit dem flach geschnittenen Reacher-Gennaker (A3) als Zusatzsegel kann man das Schiff bis zu 75 Grad an den Wind nehmen, wobei die Logge dann schnell deutlich mehr als die Windgeschwindigkeit anzeigt.
Trotz zwei Ruderblättern ist die Steuerung selbst bei der schwachen Brise eine wahre Offenbarung. Feinfühlig und lebhaft lässt sich das Boot an der Windkante halten, fast schon wie bei einem echten Racer mit Einzelruder. Und es reagiert sofort schon auf die kleinsten Steuerbewegungen. Die Qualität und die Ausführung der Steueranlage ist überdies bemerkenswert. Die beiden Steuerzüge mit Ketten und Kabeln führen zu einem walzengelagerten Wagen auf einem Traveller, welcher am Querschott zur Achterpiek installiert ist. Von dort aus werden die Ruderwellen mit Schubstangen angesteuert. Das System von Jefa ist sehr robust ausgeführt und dabei extrem leichtgängig. Es liefert dem Steuermann mit angenehmem Ruderdruck schon bei leichtem Wind gut spürbare Rückmeldungen – klasse!
Die Steueranlage ist mechanisch zwar nicht redundant, dafür greift der Autopilot als separates System direkt auf die Ruderquadranten und sorgt so für Sicherheit.
Wegen der geringen Höhendifferenz zwischen Cockpitboden und Deck sitzt der Steuermann seitlich am Rad sehr tief und nur bei Krängung wirklich bequem und entspannt. Bei Leichtwind muss man dauerhaft stehen, um einigermaßen gute Sicht nach vorn und in die Segel zu haben. Fragwürdig ist die Anordnung der zwei Winschen, die auf dem flachen Cockpitsüll in einer Linie und nicht seitlich versetzt hintereinander montiert sind. Sind Schoten von Genua oder Großsegel auf dem hinteren Dichtholer zu bedienen, müssen sie um die vordere Winsch gelenkt werden und blockieren diese dann für andere Funktionen.
Weil sämtliche Leinen – und davon gibt es nicht wenige – bis nach achtern auf die Süllränder durchgeführt werden, ist die sehr kompakte Anordnung der Beschläge auf dem Süllrand geradezu prädestiniert dafür, schnell eine heillose Wuhling entstehen zu lassen. Übersicht und eine ordentliche Manövervorbereitung sind hier auf jeden Fall gefragt; auch Fallenschapps wären wünschenswert. Die bei Performance-Booten sonst übliche Führung von Fallen und Trimmleinen über den Kajütaufbau zu Winschen seitlich am Niedergang könnte die Situation vielleicht entspannen, wird aber von der Werft zugunsten einer klaren, unverbauten Optik nicht angeboten.
Für den Innenausbau der Eleva Fortytwo stellt die Werft Ausbauvarianten mit zwei oder drei Doppelkabinen zur Wahl. Auf Wunsch kann zudem im Vorschiff ein zusätzlicher Toilettenraum eingebaut werden. Entscheidet sich der Käufer für ein Interieur mit nur einer Achterkabine, wird der Raum achtern backbords als große Backskiste ausgebaut, welche dann direkt aus dem Cockpit zugänglich ist. Gerade für den Einsatz als Tourenschiff wird das zusätzliche Volumen willkommen sein, weil an Deck gut nutzbare Stauräume sonst nur eingeschränkt vorhanden sind.
Die Eigner schlafen im Vorschiff mit geradezu fürstlichen Platzverhältnissen, weil das strukturell tragende Hauptschott möglichst dicht am durchgesteckten Mast und daher ziemlich weit hinten steht. Auch die Doppelkoje im Vorschiff ist als Inselbett groß genug für zwei, wenn man mit den Füßen nach vorn schläft. Die Liegeflächen achtern sind mit einer Breite von 1,40 Metern auf Schulterhöhe für eine Doppelbelegung gerade noch groß genug. Soll das Boot als Zweikabiner mit Backskiste ausgebaut werden, so verschiebt die Werft das Längsschott zwischen den Kammern achtern um 20 Zentimeter nach Backbord. Wählt man diese Option, fällt die Doppelkoje auf der Steuerbordseite größer aus.
Viele Fenster in Aufbau und Rumpf, dazu große Luken in allen Wohnbereichen sorgen für Licht unter Deck, schöne Aussichten mit stimmigen Sichtachsen sowie für gute Möglichkeiten zur Ventilation. Die großflächigen Innenverkleidungen mit hellem Stoff schaffen zudem ein gemütliches Wohnambiente unter Deck. Die Möbel sind ordentlich verarbeitet, auch wenn die Werft die Verbindungen zum Beispiel bei Randleisten, Umleimern und Türzargen nur stumpf aneinander stoßen lässt und keine formverleimten Teile anbaut. Auch gibt es im Schiff kaum Festhaltemöglichkeiten; Griffmulden oder Handläufe fehlen komplett. Im Salon und in der offenen Pantry in U-Form sucht man auf See vergeblich nach Halt.
Die Farben und Materialien für die Polster und für die Seitenverkleidungen kann der Kunde selbst bestimmen. Wahlweise sind auch alternative Holzsorten für die Möbel erhältlich. Über mangelnde Stauräume braucht man sich unter Deck nicht zu beklagen: In den Kabinen stehen große Schränke zur Verfügung, und unter den Sofas im Salon finden sich ebenfalls tiefe Fächer, in denen auch Sperriges untergebracht werden kann. Eine ganze Reihe von seitlich angebrachten Fächern zieht sich als durchgehendes Band auf beiden Seiten vom Salon bis ins Vorschiff durch. Die Schrankzeilen mit ihren weißen Abdeckungen offerieren nicht nur ein gewaltiges Stauraumangebot, sondern sind als gelungenes Stilelement auch für die Optik unter Deck prägend.
Mit der neuen Fortytwo hat Eleva Yachts jetzt einen überaus spannenden Wettbewerber im Programm, welcher mit seinem vielseitigen und wandelbaren Konzept und seiner aparten Optik jene Individualität bieten kann, die viele Eigner wollen – auch wenn sie etwas mehr kostet. Im Vergleich mit einer ebenfalls starken Konkurrenz ist das Angebot der Italiener nämlich nicht gerade ein Schnäppchen. Die hochwertige Bauausführung, die guten Beschläge, die tadellose Bordtechnik sowie das gut ausgestattete Rigg sind schlüssige Argumente, um den Aufpreis zu erklären. Das Konzept ist rund, der Kompromiss gelungen. Letztlich passt dann doch alles ziemlich gut zusammen.
Robuste Bauausführung
Eigenständiges Design
Hochpreisig im Vergleich
Leicht und lebendig auf dem Ruder
Hohes Leistungspotenzial
Schotführung nicht optimal
Reichlich Stauraum unter Deck
Offene, luftige Innenraumgestaltung
Kaum Festhaltemöglichkeiten innen
Perfekte Steuermechanik
Gangway in Badeplattform integriert
GFK-Sandwichkonstruktion mit Schaumkern und Kohlefaser-Verstärkungen. Gebaut in Vakuum-Infusion.
Eleva Yachts, Carbon Line Srl., 61032 Fano (Italien); www.elevayachts.com
Der Test erschien zum ersten Mal 2021 und wurde für diese Onlineversion überarbeitet.