Elan 310Youngtimer mit hohem Unterhaltungswert im Gebrauchtboot-Test

Alexander Worms

 · 08.07.2024

Da ging es noch: Auf tiefen Kursen konnte der Gennaker gesetzt werden. Später folgte der Sonnenschuss
Foto: YACHT/A. Worms
Gebraucht sehr gefragt: Die  Elan 310 vereint sportliches Segeln mit gutem Wohnkomfort. Obendrein ist sie ordentlich gebaut und war als Neuboot günstig. Ein perfektes Schiff für ambitionierte Aufsteiger?

Es ist böig am Testtag auf dem IJsselmeer vor Medemblik. Dicke graue Wolken hängen tief. Immer wieder springt der Wind in Schauern von 16 auf über 20 Knoten. Die Elan kämpft am Wind um Haltung. Da passiert es: Der Tester rutscht bei kräftiger Krängung mit dem Fuß vom Stützbügel in Luv und segelt das breite Cockpit herab. Der Fuß fädelt zwischen Travellerschiene und Leine ein. Das Boot geht sofort durch den Wind und liegt mit viel Krängung bei. Etwas beklemmt liegt der Steuermann da und leidet – wie das Boot – unter maximalem Kontrollverlust.

Der Eigner ist mit an Bord und reagiert wieselflink, er wirft die Großschot los. Das Boot richtet sich auf, das Chaos löst sich langsam. Kann passieren. Kaputt ist nichts, also nicht weiter schlimm, aber es wird deutlich, dass die Elan aufmerksam gefahren werden will. Sicher, die Bedingungen würden ein Reff im Großsegel durchaus rechtfertigen, aber sobald man genug vom Wind abfällt, reicht die Stabilität der Elan vollkommen aus, die ganze Am-Wind-Garderobe zu tragen.


Gebrauchtboot-Steckbrief der Elan 310

  • Typ: Elan 310
  • Konstrukteur: Rob Humphreys
  • Gebaut: 2009–2013
  • Stückzahl: 92 (+13 als 320)
  • Neupreis segelfertig: 90.000 €
  • Preis heute: um 100.000 €

Eine große Breite im Verhältnis zur Länge plus 1,1 Tonnen Ballast in 1,90 Meter Tiefe (1,60 Meter als Alternative) sorgen auf der Elan 310 für ein sicheres Gefühl. Das Testboot ist gar mit dem 2,15 Meter tiefen Performance-Kiel ausgestattet. So hebt sie in jeder Bö das Beinchen in Luv ein wenig und setzt den Druck in Vortrieb um. Mindestens eines der beiden Ruder bleibt jedoch auch bei großer Krängung umströmt, was dem Steuermann ein gutes Gefühl vermittelt, auch bei viel Druck.

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Ein Boot mit Lernkurve

Dabei sitzt der bequem auf dem Süll, Pinnenausleger und Bedienelemente für das Großsegel sind sinnvoll um ihn herum drapiert. Wenn nur der an sich sinnvolle Fuß­bügel nicht so glatt wäre. Dennoch lässt sich die Windkante gut finden, der Druck bleibt dabei weitestgehend nach Wunsch einstellbar, die Trimmgelegenheiten sind passend zum Bootstyp vielfältig.

Wer selbst steuert, kann mit ansteigender Lernkurve den Druck aus dem Ruder her­austrimmen. Für den Autopiloten ist das ohnehin sinnvoll, weil er dann weniger Strom braucht. Dazu kommt das kräftige Achterstag zum Einsatz, das aufwändig unter dem Cockpitboden bis auf eine Curry­klemme neben dem Rudergänger geführt wird. Der eiserne Steuermann stammt auf dem Testboot von NKE, das ist feinste Ware aus dem Offshore-Regattabereich. Der Eigner hat als IT-Unternehmer offenbar Spaß an gehobener Elektronik.

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Die beiden Anzeigen im Kajütschott weisen so zum Beispiel aus, wie viel Prozent des laut Polardiagramm erreichbaren Speeds tatsächlich gefahren werden; das spornt den ambitionierten Steuermann natürlich an. Und mit etwas Konzentration und voller Sensorik für Windfelder und Schiffsgefühl lässt sich dieser Polarspeed durchaus herauskitzeln. Das, so der Eigner, ginge auf den meisten Kursen auch ohne Gewicht auf der Kante und nur zu zweit. Ob das bei den Versionen mit weniger Tiefgang auch der Fall ist, bleibt fraglich.

Dabei fühlt sich das Schiff steif und direkt an, wenngleich die Doppelruder ein klein wenig weniger auf den Punkt sind, als es ein einzelnes Blatt wäre. Die in einigen Foren zur Elan 310 beschriebene Gefühl­losigkeit am Ruder ließ sich beim Test nicht konstatieren; vielleicht jedoch ist das bei weniger Wind der Fall. Die optional angebotene von Backbord nach Steuerbord und retour klappbare Jefa-Steuersäule vermisst niemand, der das Schiff ernsthaft schnell bewegen will.

Beim Test der damals neuen Elan vor zehn Jahren hatte das Vorführboot diese Option. Die Folgen davon: reduzierter Platz in Achterkammer und Cockpit sowie ein weniger präzises Steuergefühl. Anders die Pinne, die aus Carbon allerdings ein Extra ist, sie vermittelt feines Steuern. Das macht Spaß. Und über den breiten Traveller lassen sich auch kräftigere Böen gut parieren.

Zubehör kommt in Paketen

Sinnvoll ist die Suche nach einer gebrauchten 310, die seinerzeit mit dem Performance- Paket ausgestattet wurde. Für sportliche Yachten Selbstverständliches wie Faltpropeller, Traveller und versenkte Rollanlage sind darin enthalten, ebenso wie Inhauler für die Vorschoten. Der soll der bauartbedingt trägen Am-Wind-Leistung ein wenig auf die Beine helfen, was leidlich gelingt.

Die Wendewinkel bleiben recht üppig, was jedoch beinahe egal ist, da die tieferen Kurse die Superkraft sind, mit denen die Elan begeistert. Also: Gennakerbaum raus, der ist ORC-freundlich und Halsen-unfreundlich kurz, und Blase hoch. Schon geht die Post ab. Zum Gleiten, so der Eigner, brauche es echte Wellen, beim Test auf dem IJsselmeer gelingt es nicht.

Allerdings kann er mit dem großen Genni nur sehr tief fahren. Mit rund 20 Knoten Wind ist der an der absoluten Grenze des Machbaren angelangt. Mehrere Sonnenschüsse während der Ausfahrt zeugen davon. Aber, so berichtet der sichtlich glück­liche Eigner, auf dem Weg nach England habe man durchaus schon das eigene Wellensystem verlassen und sei geglitten.

Dabei sorgen die beiden Ruderblätter für stabiles Steuern. Wer jedoch übertreibt, wie beim Test unter Gennaker, der wird bestraft. Diese eingebaute Sanktion für Übermut hat die Elan 310 jedoch keineswegs exklusiv. Genau diese Herausforderungen, diese Ritte auf des Messers Schneide jedoch sind es, die den Neu-Eigner damals auf die Elan 310 gebracht haben.

Er wollte ein sportliches Schiff, das ihm während der nächsten Jahre immer neue Milestones eigenen Könnens zeigen kann, dessen Potenzial er nicht gleich leicht ab­rufen kann, an dem er seglerisch zu wachsen vermag. Er suchte also die Herausforderung. Und die, so erzählt er, finde er immer noch in ausreichendem Maße. Eine beeindruckende Haltung, denn seine Segelvita ist überraschend kurz. Erst 2015 geht er zum ersten Mal überhaupt auf ein Boot.

In kurzer Folge erledigt der Mann diverse Scheine. 2018 dann das eigene Schiff. Auf dem lässt er sich von Profis fit machen, um es bestmöglich, sicher und schnell zu bewegen. Das gelingt, Reisen nach England und entlang der französischen Küste belegen es. 4000 Meilen hat er in zwei Jahren immerhin abgespult – stets mit dem Auge auf dem Polarwert auf den Displays. So lernt er, sagt er. Das Schiff dankt die Zuwendung, die es in Form von feinstem Tauwerk und exquisiten Tüchern erfährt, mit zuverlässigem, spaßigem und schnellem Segeln.

Wenig Schwachstellen

Kaputt gegangen sei bislang wenig, freut sich der Elan-Eigner. Der Kragen am Mast ist gebrochen, für den Tausch musste der durchgesteckte Mast gezogen werden. Dessen Gummimanschette ist von Zeit zu Zeit undicht, was jedoch nicht ungewöhnlich ist.

Weiterhin seien die Schlösser an den Schränken der Belastung nicht immer gewachsen, sie öffnen auch, wenn sie das nicht sollen. Die Belüftung des Dieseltanks ist ungünstig gelöst, was zu Problemen beim Tanken führt. An Deck zeigen sich an stark belasteten Stellen leichte Gelcoatschäden. Nichts, was wirklichen und teuren Ärger verursacht, denn ansonsten ist die Elan solide.

Der Rumpf ist ein Sandwich mit Schaumkern und wird im Vakuum gebaut. In den äußeren Lagen besteht er aus Vinylesterharz, sodass er absehbar keine Osmoseprobleme bereiten wird. Das Deck ist ebenfalls ein Sandwich mit Schaum, allerdings wird es im Handauflegeverfahren gebaut.

Bei der Montage neuer Decksbeschläge gilt es mithin darauf zu achten, dass die Bohrlöcher vor der Montage verstärkt und zum Schaum hin mit Harz versiegelt werden. Auch wenn Schaum nicht so empfindlich gegenüber Wassereintritt ist wie ein Balsakern, sollte er dennoch so trocken wie möglich gehalten werden.

Ein wenig Aufmerksamkeit verlangt zudem die Doppelruderanlage. Die Spurstange muss genau eingestellt sein, sodass die beiden Ruder den richtigen Anstellwinkel zueinander haben. Ebenfalls im Bereich Ruder ist ein echter Kostentreiber beim Gebrauchtbootkauf verbaut: der Autopilot. Er sollte dem Schiff und seinem Potenzial gewachsen sein. Ein Pinnenpilot reicht für ambitioniertes Segeln mit kleiner Crew nicht aus, ganz sicher nicht, wenn ein Gennaker im Spiel ist. Fehlt der Autopilot, stehen gleich einige tausend Euro für einen ausreichend schnellen Linearantrieb plus Steuerungseinheit auf der Anschaffungsliste, bevor mit kleiner Crew auf See mit Unterstützung gesegelt werden kann.

Die Kielstruktur hingegen wirkte sehr solide; große, abgerundete Unterlegplatten und für die Bootsgröße recht hohe Wrangen sorgen für Steifigkeit. Dennoch: Bei den Wrangen sehr genau auf Haarrisse achten. Diese können auf unsanfte Grundberührungen hindeuten, die Schäden in der Struktur hinterlassen haben – bei schlanken und tiefen Profilen wie auf der Elan ein durchaus üblicher Schaden.

Die Wanten greifen außen am Deck an, sodass auch keine aufwändigen Unterzüge installiert sind, die zur Schwachstelle werden könnten. Generell wirkt das Boot bis ins Interieur gut verarbeitet. Die Maße passen zur Schiffsgröße: Die Stehhöhe beträgt außer im Vorschiff immer knapp 1,80 Meter, die Kojen sind ausreichend bemessen. Nur die innere Liegefläche der Achterkammer ist mit 1,83 Metern zu kurz. Ist eine Radsteuerung installiert, fehlt es zudem an Höhe über den Füßen.

Die Nasszelle hat sogar Platz für ein kleines Ölzeugschapp. Auch Navigation und Pantry sind vorhanden. Letztere ist nicht riesig, aber ausreichend für eine Crew von maximal vier Leuten. In puncto Lebensqualität unter Deck ist die Elan mithin voll touren­tauglich, wenn seinerzeit das Paket für den Innenausbau angekreuzt wurde. Denn dann sind die herausnehmbaren Schapps im Salon ebenso enthalten wie das Kühlschapp und ein Warmwassersystem, bei­nahe unerlässliche Annehmlichkeiten. Im Testschiff war zudem eine Warmluftheizung verbaut. Die ist schön, umso mehr, wenn nach einer längeren Strecke auf See auch mal Ölzeug getrocknet werden soll.

Breite Zielgruppe

Für wen ist die Elan nun gebaut worden? Sie hält Fähigkeiten für ein breites seglerisches Spektrum bereit. Leicht fortgeschrittene Segler finden die Windkante gut, haben schnell Spaß am Segeln, werden aber kaum das Rating auf Regatten herausfahren. Wer am Schiff wachsen möchte, für den hat die Slowenin genügend Potenzial in petto. Fast schon nebenbei taugt sie auch noch ohne einschneidende Kompromisse als Fami­lien-Tourenschiff im Urlaub.

Wer eine haben möchte, sollte um die 100.000 € dafür kalkulieren. Dafür bekommt man auch sehr gute gebrauchte Winner 10.20, First 30 oder Dehler 32 J/V. Noch deutlich darunter mit dem entsprechenden Spielraum für Investitionen in Segel oder anderes Equipment und viel geräumiger liegt eine Bavaria 42 Match.

Die Elan hingegen macht Spaß wegen ihrer Handlichkeit, dem kompletten Innenausbau und den guten Segeleigenschaften. Sie ist damit ein ideales Aufsteigerboot für junge Familien, die vielleicht in eine gemeinsame Regattaleidenschaft hereinwachsen wollen und im Urlaub dennoch nicht auf eine warme Dusche verzichten mögen.

Die Elan 310 im Detail

Riss der Elan 310 | Zeichnung: A. HoppenhausRiss der Elan 310 | Zeichnung: A. Hoppenhaus

Technische Daten der Elan 310

  • CE-Entwurfskategorie: A
  • Rumpflänge: 9,25 m
  • Breite: 3,22 m
  • Tiefgang/alternativ: 1,60/1,90, 2,15 m
  • Gewicht: 3,3 t
  • Ballast/-anteil: 1,1 t/33 %
  • Großsegel: 30,1 m2
  • Rollgenua (112 %): 23,5 m2
  • Maschine (Volvo): 13 kW/20 PS

Rumpf- und Decks­bauweise

Rumpf: Schaumsandwich in Vakuum, außen Vinylester, Deck: Schaumsandwich im Handauflegeverfahren, Iso-Harze

YACHT-Bewertung der Elan 310

„Vielseitig“ beschreibt die Elan 310 am besten: sportlich, wohnlich, gut gebaut. Für die Größe und Auslegung viel Raum an und unter Deck, dabei ambitioniert zu fahren. Ideal für sportliche Familien oder Paare

Konstruktion und Konzept

  • + Immer noch modernes Design
  • - Leichte Schwächen am Wind

Segelleistung und Trimm

  • + Aktives Segeln gefordert
  • + Sinnvolle Trimmeinrichtungen

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Erstaunlich wohnlich
  • - Achtere Koje innen zu kurz

Ausrüstung und Technik

  • + Gute Beschlagsausstattung
  • + Sinnvolle Ausrüstungspakete

Schiffshistorie

Zwischen 2009 und 2013 entstanden 92 Stück. Nach dem Facelift zur 320, die einen doppelten Steuerstand erhielt, wurden weitere 13 hergestellt. Mit 1,60 Meter Tiefgang wurden nur sehr wenige gebaut, zwischen 1,90 und 2,15 Meter teilt sich der Rest der Stückzahl zu etwa gleichen Teilen auf. Nur 20 Boote wurden mit dem schwenkbaren Steuerrad ausgerüstet, die restlichen 72 erhielten eine Pinne

Marktsituation

Die Elan 310 ist auch gebraucht sehr gefragt. Viele Schiffe, wie auch das Testboot, liegen in Frankreich. Wer gezielt nach einer 310 sucht, sollte im Falle eines Angebotes am Markt nicht zögern. Je nach Einsatzgebiet und geplanter Nutzung sind Tiefgang und Ausrüstung entscheidend, ein Umbau von Rad auf Pinne ist möglich und kann sich lohnen, wenn alle anderen Kriterien passen.

Der Artikel erschien erstmals in YACHT 15/2020 und wurde für die Online-Version aktualisiert.

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