BM 36Aluminiumyacht made in Germany im Test

Fridtjof Gunkel

 · 11.02.2025

Das unbehandelte Alu legt sich mit der Zeit eine homogen graue Oxidschicht zu, die hier noch sichtbaren Schleifspuren verschwinden dann. Der Code Zero ist am festen Bugspriet gesetzt.
Foto: YACHT/N. Krauss
Robust, tiefgangsvariabel, individuell: Auf dem Papier bringt die BM 36 aus  Aluminium  schon viel Wünschenswertes mit – was vermag das Boot aus komplett deutscher Produktion in natura zu leisten?

Es muss nicht immer GFK aus der Großserie sein. Fernab des Mainstreams hat sich Aluminium als alternativer Werkstoff für Yachten behauptet, wenn nicht gar weiter etabliert. Die gehobenen Erzeugnisse von Al­lures, Ovni oder Garcia aus Frankreich sind bei Blauwasserseglern ebenso beliebt wie die von K & M, Koopmans oder Hutting aus Holland. Nebenbei hat der polnische Katamaranhersteller Sunreef mit Yachten aus dem Leichtmetall Marktanteile erobert. Alle eint: Es handelt sich um reine Tourenyachten, gebaut meist für die lange Fahrt, gern genutzt auch für die hohen Breiten.

Insofern nehmen die Aluminiumschiffe von Berckemeyer Yacht Design eine Sonderstellung ein. Inhaber Martin Menzner aus Stein bei Kiel, selbst ein erfahrener und vielseitiger Segler mit Hang zum Sport und Inhaber von rund 15 Titeln als Deutscher Meister in den Klassen J/22 und J/80, setzt auf leistungsorientierte moderne Yachten.


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Zwar hat er mit seiner „Bristol“-Reihe ebenfalls eine konservative Linie im Programm und zeigt mit der vielbeachteten Mahagoni-Zigarre LA 28 eine weitere Seite seines Könnens. Aber das Hauptgeschäft mit großer Typenvielfalt ist die übrige BM-Reihe. Sie zeichnet sich durch moderne Linien mit breiten Hecks aus, der Modetrend der Chines kommt der Bauweise mit Aluminiumplatten entgegen. Viel Tuch und effektive Anhänge, wahlweise auch schwenk- oder liftbar, runden das Angebot ab.

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Die Boote können bei diversen Werften gefertigt und von verschiedenen Experten ausgebaut werden. Eine vielfach bewährte Kombination ist eine komplett deutsche Lösung. Sie lautet Kasko von Benjamins in Ostfriesland, Ausbau von Nachbar Siemer oder von Koch in Thüringen, wie im Fall der getesteten BM 36.

Leichtes Aluminium

Das Schiff ist die kleinste Aluminiumyacht des Konstrukteurs. „Ein Boot dieser Größe ist noch vertretbar aus fünf Millimeter dicken Platten herzustellen. Ein kleineres würde zu schwer werden. Und dünnere Platten verbeulen sich beim Schweißen“, so der Experte.

Indessen: Ein Gewichtsproblem plagt die BM 36 offenbar nicht. Mit einem Dis­place­ment von 6,0 Tonnen wiegt das Boot nicht mehr als vergleichbare GFK-Yachten. Segelfläche und Gewicht ins Verhältnis gesetzt (Segeltragezahl), kommt die BM 36 auf einen (dimensionslosen) Wert von 4,7, was es der Theorie nach als sportives Fahrtenboot ausweist.

So gibt sie sich auch optisch. Beim Test im Jahr 2018 fällt am Steg in Neustadt der angeschweißte Bugspriet ins Auge, der den Hals von Gennaker oder Code Zero führt, den Anker dauerhaft trägt und als willkommener Tritt dient. Die große Breite von satten 3,80 Metern fällt ebenso auf wie der eigentlich hohe Kajütaufbau, der sauber gespachtelt filigraner daherkommt als der Rest einiger aluminiumtypisch gröberer Details wie beispielsweise die angeschweißten Klampen; schön weiß gespritzt, wirkt er auch flacher, als er eigentlich ist. Mittlerweile sind die Rumpflinien bis zum Jahre 2025 noch weiter überarbeitet worden. Im großen Cockpit arbeitet ein Rad, das mit seinen 1,60 Meter Durchmesser durch einen lenzenden Graben geführt wird. So ist es ausreichend groß, um außen sitzen zu können, und flach genug, um dahinter stehend zu steuern.

Pfiffige Steuerung

Das Boot ist mit doppelten Ruderblättern ausgestattet, was sich beim rückwärtigen Ablegen nicht und ansonsten im Manöver kaum auswirkt. Die Flossen werden durch eine hervorragend funktionierende Jefa-Anlage bewegt, die auf Schubstangen basiert. Das Rad arbeitet spiel- und schlupffrei und recht direkt; eine Umdrehung reicht, um die Flossen von Anschlag zu Anschlag zu bewegen.

Die Kraftübertragung erfolgt per Schub­stange auf ein Getriebe, das senkrecht steht und so gegenüber der konventionellen Anordnung eine Umlenkung weniger benötigt, was Geld und Reibung spart. Das Getriebe bewegt zwei Schubstangen, die mit den Ruderkokern verbunden sind. Der Linear­antrieb des Autopiloten, ebenfalls von Jefa, wirkt auf das Steuerbord-Ruder, das über die Anlage die Steuerimpulse simultan mit dem Backbord-Ruder ausführt. Insgesamt eine praktische und hervorragend arbeitende Lösung.

Um als Rudergänger perfekt außen zu sitzen und optimalen Blick nach vorn zu haben, wäre ein größeres Rad wünschenswert, das sich ebenso realisieren lässt wie zwei kleinere Räder oder gar eine Pinnensteuerung. Alu ermöglicht eben Individualbau mit vielen Lösungen. So ist das Boot auch mit einem Schwenkkiel zu haben.

Doppelte Vorsegel

Das Rigg weist ebenfalls Besonderheiten auf. Das mit hohen Sicherheitsreserven ausgewählte Seldén-Profil C 227 (227 mal 119 Millimeter) ist mit einem Kutterstag ausgestattet, das permanent angeschlagen gefahren wird. Es setzt am Mast weit unter und an Deck reichlich hinter dem Vorstag an. Die Arbeitsfock oder Trinquette, wie die Franzosen sagen, bei denen diese Geometrie sehr viel Verbreitung findet, ist einsatzbereit aufgerollt mit einem eigenen Satz Schoten, Schienen und Umlenkern. Um das Kutter­stag auf Spannung zu halten, genügen dem Boot um 23 Grad angewinkelte Salinge.

Zusätzlich hängen Backstagen aus Dy­neema bereit, die zum Stabilisieren des Mastes eingesetzt werden können, was laut Martin Menzner angesichts eines ordentlichen Widerstandsmomentes des Mastes eine reine Vorsichtsmaßnahme ist.

Beim Test zeigen sich die Eigenheiten und Vorzüge des Riggs. Bei 12 bis 15 Knoten Wind und zunehmender Welle schafft die BM 36 solide 6,5 Knoten Speed unter Genua und vollem Groß am Wind, und dies bei kleinem Wendewinkel von 80 Grad. Zum Wenden muss die Genua um das Kutterstag gezogen werden – das kostet etwas Zeit, aber kaum Mühe. Und bei dieser Windgeschwindigkeit kann bereits die Arbeitsfock zum Einsatz kommen, die sich mit eingerollter Genua sehr einfach wenden lässt.

Für weniger Wind wird auf der BM 36 am Bugspriet ein ebenfalls gerollter Code Zero gesetzt, der wie die übrige Garderobe von UK Sailmakers aus Flensburg stammt und einen hervorragenden Eindruck hinterlässt. Das hochgeschnittene und oben eher runde Laminatsegel lässt sich auch gut auf tieferen Kursen einsetzen und ist angesichts des einfachen Handlings eine gute Alternative zum Gennaker.

Egal welches Segel zu bedienen ist: Die Größe und Positionierung der Winschen, Blöcke, Stopper und Schienen ist sinnvoll.

Innen schiffig

Unter Deck präsentiert sich das Boot nach dem Willen des Eigners, der mit dem Boot seine erste hochseetaugliche Yacht besitzt und mittelfristig eine Atlantikrunde plant, schnörkellos und modern – von der rauen Schale des Äußeren keine Spur mehr. Der Aluminiumbau lässt sich hier nur hinter Verkleidungen oder in der Bilge finden.

Die großen Aufbauscheiben, das Panoramafenster und die vielen weißen Flächen bringen reichlich Licht ins Schiff. Das ist hübsch, aber noch nichts Besonderes. Auffällig ist die ums Eck gebaute Navigation, die im Seegang Halt liefert und deren große Fläche sich auch für Arbeiten in der gegenüberliegenden Pantry nutzen lässt. Die voluminöse Backs­kiste ist nicht nur von oben, sondern auch durch die Nasszelle erreichbar, was Vorteile mit sich bringen kann. Die passgenauen Bodenbretter sind mit Abstandshaltern ru­hig­gestellt und entknarzt. Lange Griffe an der Salondecke geben Halt, und die hochklappbaren Rückenlehnen der Salonsofas schaffen Platz wie Komfort, machen sie mit Leesegeln zu willkommenen Seekojen.

Verbessern ließe sich die Querbelüftung und das Stauraumangebot im Salon – Punkte, die sich wie jedwede Gestaltung, Dimensionierung oder Aufteilung ganz einfach abstellen oder modifizieren lassen. Alu­miniumbau eben.

Die BM 36 segelt hervorragend, lässt sich spielend bedienen, macht auch am Rad große Freude, bringt ein vielseitiges Rigg mit, und sie bietet einen gelungenen Ausbau. Obendrein ist das Boot fast so individualisierbar wie ein Einzelbau. Keine Sorge, es gibt eine Kehrseite: Mit rund 340 000 Euro kostet das Schiff im Basispreis rund das Doppelte wie eine Yacht aus Großserie. Ausstattungsbereinigt – die BM 36 ist sehr gut ausgerüstet – ist das Delta immer noch enorm. Die kleine Auflage und die damit verbundenen krassen Nachteile im Einkauf beispielsweise schlagen sich im Preis nieder.

Der ist hoch, erscheint letzlich aber angemessen. Immerhin erhält der Eigner nicht nur ein hochgradig personalisierbares, sondern von Haus aus individuelles Boot, ja eine Hochseeyacht besonderer Art: Die BM 36 gehört zu den wenigen Exemplaren von Aluminium-Performance-Cruisern.

Diverse Modelle

Ein Aluminiumboot entsteht aus einem Spanten- und Stringerskelett, ...
Foto: bm-yacht.de

Eine Besonderheit von Aluyachten ist, dass der Ausbau nicht zur tragenden Struktur beiträgt, die Position der Schotten und Einbauten frei gewählt werden kann. Daraus folgt: Boot und Ausbau müssen nicht aus einer Hand stammen. Die BM-Rümpfe fertigt beispielsweise die Yachtwerft Benjamins in Ostfriesland oder ein anderer Hersteller, die Ausbauten kommen von Betrieben wie dem benachbarten Siemer Jachtservice. Der Kunde beauftragt Kaskowerft und Ausbauer oder wählt einen Generalunternehmer, beispielsweise Siemer, der ein fertiges Boot abliefert. Denkbar ist auch der Erwerb des Kaskos und ein Ausbau komplett in Eigenregie oder mit profes­sioneller Unterstützung – was natürlich für die Kosten interessant ist.

Die Messwerte zum Test der BM 36

Windgeschwindigkeit: 12–15 kn (4 Bft.); Wellenhöhe: ca. 0,5 Meter; * Mit Code Zero.

Die BM 36 im Detail

Riss der BM 36Foto: YACHT/N. CampeRiss der BM 36

Technische Daten der BM 36

  • Konstrukteur: Martin Menzner
  • CE-Entwurfskategorie: A
  • Rumpflänge: 11,00 m
  • Wasserlinienlänge: 10,30 m
  • Breite: 3,80 m
  • Tiefgang: 2,20 m
  • Tiefgang Schwenkkiel: 1,15–2,70 m
  • Masthöhe über Wasserlinie: 16,80 m
  • Theor. Rumpfgeschwindigkeit: 7,8 kn
  • Gewicht: 6,0 t
  • Ballast/-anteil: 2,2 t/37 %
  • Großsegel: 40,0 m²
  • Rollgenua (105 %): 34,0 m²
  • Maschine (Yanmar): 29 kW/39 PS
  • Kraftstofftank (Alu): 300 l
  • Frischwassertank (Alu): 300 l
  • Fäkalientank (Kunststoff): 80 l

Rumpf- und Decks­bauweise

Seewasserbeständiges Aluminium (AlMg4,5Mn) in 5 Millimeter dicken Platten, geschweißt auf Gerüst aus Spanten und Stringern

Ausstattung, Preise und Werft

  • Grundpreis ab Werft: 476.000 Euro mit Carbonmast
  • Standardausrüstung inklusive: Motor, Schoten, Reling, Positionslaternen, Batterie, Kom­pass, Polster, Pantry/Kocher, Lenzpumpe, WC, Anker/Kette, Fender, Festmacher, Feuerlöscher, E- Kühlfach, Fäkalientank mit Absaugung, Antifouling, Zuwasserlassen/segelklare Übergabe

Stand 02/2025, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, lesen Sie hier!

Kasko

Yachtwerft Benjamins, 26723 Emden; Tel. 04921/658 53; www.aluminium-yachten.de

Ausbau

Kontakt

Martin Menzner, 24235 Stein; www.bm-yacht.de

YACHT-Bewertung der BM 36

Robuste, aber dennoch sehr agile Aluminiumyacht, die sich durch den Kunden maximal individuell mitgestalten lässt. Ausgesprochen funktionales Deckslayout, komfortables Rigg für alle Wetterbedingungen, hochwertige Ausstattung. Option auf Schwenkkiel

Konstruktion und Konzept

Durable Bauweise

Sehr hohe Individualisierbarkeit

Flachwassertauglich

Hoher Basispreis

Wohnen und Ausbauqualität

Seegerechter Innenraum

Helle Gestaltung

Segelleistung und Trimm

Großes Potenzial auch am Wind

Angenehmes Steuerverhalten

Einfache Bedienung/einhandtauglich

Hervorragendes Deckslayout

Ausrüstung und Technik

Starkes Riggkonzept mit Trinquette

Sehr hochwertige Komponenten

Dieser Test erschien zum ersten Mal 2018 und wurde für diese Onlineversion überarbeitet.

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