Michael Good
· 09.07.2021
Alles frisch, vieles anders: Hanseyachts überrascht mit der Ankündigung von einem neuen 14-Meter-Tourer und wechselt dafür den Konstruktionspartner
Dass Hanseyachts für ein neues, großes Schiff den Konstruktionsauftrag an das Studio Berret/Racoupeau nach Frankreich vergibt, überrascht und erstaunt gleichermaßen. Seit jeher haben die Yachtbauer in Greifswald für die Entwicklungen der Marke Hanse eine enge Zusammenarbeit mit dem Büro von Judel/Vrolijk & Co gepflegt. Alle bisherigen und auch aktuellen Modelle stammen von den Konstrukteuren in Bremerhaven. Warum also der Wechsel zu den Franzosen? Hanse-Pressechef Morten Strauch erklärt den Hintergrund der neuen Kooperation: "Wir haben für das neue Schiff erstmals einen Konstruktionswettbewerb ausgeschrieben, und Berret/Racoupeau hat die für uns beste und auch passendste Vision abgeliefert." In der jetzt veröffentlichen Pressemitteilung schreibt Hanse zudem von einem "Startschuss in eine neue Modellreihe". Bedeutet: Hanse plant wohl den größeren Generationenwechsel. Welche Modelle für den weiteren Programmausbau geplant sind, wann die kommen und ob für die Konstruktionen ebenfalls das Büro von Berret/Racoupeau beauftragt wird, war Pressechef Strauch zunächst nicht zu entlocken.
Dennoch soll auch das neue Schiff durch und durch eine richtige Hanse sein, mit der typischen Konzept-DNA. Heißt: möglichst einfaches und übersichtliches Handling auch für die kleine Crew dank Standard-Selbstwendefock, viele Möglichkeiten zur Individualisierung an und unter Deck sowie bei der Ausstattung, exklusive Detaillösungen und gute und sportliche Segeleigenschaften. Das neue Schiff von Berret/Racoupeau hebt sich dabei sowohl optisch als auch konstruktiv doch deutlich von der aktuellen Hanse-Linie von Judel/Vrolijk & Co ab. So zeigt das Riss aus französischer Feder recht markante Chines, welche maximales Rumpfvolumen mit einer dennoch schlanken Wasserlinie kombinieren und unter Deck ein maximales Platzangebot ermöglichen. Bei der Betrachtung der Konstruktionszeichnungen ist zudem vom Heck bis fast zu den Wanten ein fast quadratischer Grundriss erkennbar. Das bedeutet: Das Boot ist hinten am Heck genauso breit wie an der Schiffsmitte, nämlich 4,79 Meter. Trotzdem bleibt es beim neuen Modell bei nur einem Ruderblatt.
Dazu fertigt Hanse nun erstmals überhaupt ein Schiff mit einem fest am Rumpf angebauten Komposit-Bugspriet inklusive integrierter Ankerhalterung und Anschlagpunkt für Gennaker oder Code Zero. Typisch für die Werft: Die Selbstwendefock gehört aber weiterhin zur Grundausstattung. Eine kurz überlappende Genua (105 Prozent) sowie auch eine größere Genua mit 145 Prozent Überlappung wird man als Option alternativ oder zusätzlich bestellen können. Das relativ hohe Aluminium-Rigg mit zwei Salingspaaren steht an Deck und trägt 106 Quadratmeter Segelfläche am Wind mit Selbstwendefock. Das entspricht einer Segeltragezahl von 4,5, was für ein reines Fahrtenboot schon ziemlich sportlich ist. Zudem ist der L-Kiel aus Gusseisen in zwei Ausführungen erhältlich, mit 2,25 Meter oder alternativ mit 1,75 Meter Tiefgang.
Alle Fallen, Schoten und Trimmleinen werden unter Deck zurück bis vor die Steuerstände geführt, wo dafür auf jeder Seite jeweils zwei große Winschen zur Verfügung stehen. Hier soll der Steuermann auch im Alleingang problemlos zurechtkommen. Die Badeplattform öffnet elektrisch und bietet sich zusammen mit der am Heck integrierten "Wetbar" als willkommene Ruhezone an. Eine Heckgarage für das Dingi sieht das Konzept aber nicht vor. Dafür stehen teleskopierbare Davits als Option bereit. Die zwei absenkbaren Tische im Cockpit ermöglichen es, mit zusätzlichen Einlegepolstern die Duchten in schöne breite Sonnenliegen umzuwandeln. Auch kann das Cockpit mit einem Hardtop zumindest teilweise überdacht und dazu mit einer festen Windschutzscheibe kombiniert werden. Solarpaneele für eine autarke Stromversorgung gibt es obendrauf.
Für den Innenausbau haben die Kunden die Qual der Wahl mit nicht weniger als 48 Kombinationen aller möglichen Varianten. Standard ist der Dreikabiner mit zwei geräumigen Toilettenräumen und jeweils komplett abtrennbaren Duschzellen. Dazu kann auf Wunsch auch ein drittes Bad bestellt werden. Für den Einsatz in der Yachtcharter sind überdies Varianten mit vier Kabinen und vier Nasszellen oder sogar fünf Kabinen vorgesehen, dazu wahlweise Doppelkojen oder übereinanderliegende Pullmann-Betten. Die Layoutvarianten sind in der unten angehängten Bildergalerie ersichtlich. Keine Ausbauvarianz ist für den zentralen Salon zu erwarten. Es bleibt hier beim großen U-Sofa sowie einer langen, seitlich eingebauten Pantryzeile, welche große Arbeitsflächen und sehr viel Stauraum verspricht.
Die 460 ist jetzt bei Hanse in Greifswald im Bau und soll schon im September 2021 fertig werden. Ob das neue Schiff schon auf der großen Messe in Cannes zu sehen sein wird, ist noch unklar. Geplant ist jedenfalls die Präsentation im Januar 2022 auf der Messe boot in Düsseldorf. Die Werft hat auch schon Preise genannt: 292.620 Euro soll die Hanse in der gut ausgestatteten Basisversion ab Werft kosten, inklusive einem einfachen Satz Dacron-Segel und einschließlich 19 Prozent Mehrwertsteuer. Damit ist die Neue nur wenig teurer als die nur wenig kleinere Hanse 458 (262.870 Euro), welche Hanse parallel zunächst noch im Angebot behalten möchte.
Technische Daten Hanse 460
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