BM 40 “Klippeneck”Edler Performance-Cruiser komplett aus Holz

Michael Good

 · 03.12.2023

Gemacht für den Bodensee. Klare, gestreckte Linien, wenig Freibord, dazu reichlich Segelfläche
Foto: YACHT/Tobias Störkle
Schön, schlank und komplett aus Holz gefertigt. Die „Klippeneck“ ist der neue, aufregende Eyecatcher am Bodensee, gebaut in der Werft von Willi Wagner, konstruiert von Berckemeyer Yacht Design

Müsste man Hotspots für besonders hübsche, exklusive und aufregende Segelboote bestimmen, so stünde wohl der Bodensee ganz oben auf der Liste möglicher Kandidaten. Dort sind sie zahlreich zu sehen, die nautischen Schönheiten, Yachten von erlesener Ästhetik mit Wow-Effekt. Es sind nicht nur die oft wunderbar restaurierten Oldtimer, die hier majestätisch kreuzen und die Blicke auf sich ziehen, sondern auch die vielen reizvollen Neubauten vom edlen Retroklassiker bis zum atemberaubenden Binnenracer aus Kohlefaser. Der Bodensee ist zum Sammelbecken geworden für Boote der ungewöhnlichen Art, weitab vom Mainstream.

Seit diesem Frühjahr ist die Palette der segelnden Besonderheiten am Schwäbischen Meer nun um ein weiteres Prachtstück aus individueller Fertigung reicher. Mit ihren aufregend schönen Linien, der augenscheinlichen Sportlichkeit und der exklusiven Holzbauweise sorgt die „Klippeneck“ derzeit für Aufregung am Bodensee. Es handelt sich um eine Yacht mit der Bezeichnung BM 40. BM steht für Berckemeyer Yacht Design aus Stein an der Kieler Förde.

”Klippeneck” ist ein modernes, richtiges Bodenseeboot

Der Eigner der „Klippeneck“ möchte im Rahmen dieses Porträts namentlich nicht genannt werden. Es gehe ja nicht um ihn, sondern um sein neues Schiff, sagt er. Dies gilt es zu respektieren. Nur so viel gibt er zu Protokoll: Elf Segelyachten habe er in seinem Leben sein Eigen genannt – bisher. Jetzt sollte es mit dem zwölften und vermeintlich letzten Schiff auch etwas ganz Besonderes sein, ein reiner Einzelbau, nach seinen ganz eigenen Wünschen und Bedürfnissen – ein Boot, das sonst keiner hat und obendrein komplett aus Holz gebaut ist. Eine letzte, individuelle Yacht für den Rest des Lebens. Der Name „Klippeneck“ übrigens bezieht sich auf den gleichnamigen Berg am Rande der Schwäbischen Alb nahe der Heimat des Eigners. Alle seine bisherigen Schiffe trugen diesen Namen.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Ein „richtiges Bodenseeboot“ sollte es werden, nicht zu klassisch, eher modern, elegant, schlicht und zeitlos. Dazu einfach zu segeln, auch mit kleiner Crew oder einhand. So lauteten die Design-Instruktionen zu Händen von Berckemeyer Yacht Design. Seit dem Tod von Oswald Berckemeyer 2004 ist Martin Menzner der Inhaber des Konstruktionsbüros an der Ostsee. Der diplomierte Produktdesigner und erfolgreiche Regattasegler betreibt das Studio seither in Eigenregie und hat unter dem Namen Berckemeyer (BM) schon mehr als hundert Yachten aller Art und Größe gezeichnet und mitentwickelt – ein durchaus beachtlicher Leistungsausweis.

Auf Basis der Vorgaben des Eigners hat Martin Menzner einen auffällig schlanken, modernen und flachen Rumpf gezeichnet, geeignet für den Bodensee mit seinen überwiegend leichten Winden und nur wenig Wellengang. Natürlich haben für die Konstruktion auch Überlegungen bezüglich der Hafennutzung eine Rolle gespielt. Am zweitgrößten Binnensee Deutschlands sind Liegeboxen von über 3,50 Metern eher rar. Eigner von schlanken Schiffen wie der „Klippeneck“ haben beim Touren auf dem Bodensee deshalb selbst während der Ferienzeit und nach 15 Uhr immer noch die Chance, einen Platz in ihrem Lieblingshafen zu ergattern.

Performance-Cruiser “Klippeneck” springt bei kleinster Brise an

Das offene Cockpit ist ebenfalls entsprechend modernen Gesichtspunkten gestaltet und nach Funktionen klar gegliedert. Fallen und Trimmleinen führen über das Kajütdach und werden seitlich vom Niedergang mit zwei großen Winschen bedient. Für die Schoten von Genua und Großsegel stehen achtern auf Deck nochmals jeweils zwei kräftige Winschen zur Verfügung, die auch vom Steuermann aus seiner Position am Rad noch gut bedient werden können. Der rückt dazu ein Stück weit nach vorn und nimmt das Rad zwischen die Beine, um beide Schoten handhaben zu können.

Wenn es allein nach Designer Martin Menzner gegangen wäre, hätte er die BM 40 am liebsten mit einer Pinnensteuerung bauen lassen. Die Konstruktion der Rumpfanhänge mit dem langen und schlanken Einzelruder wäre dafür wohl prädestiniert gewesen. Der Eigner allerdings hat sich dennoch für eine doppelte Radsteuerung entschieden, was in dem Fall weder die Segeleigenschafen noch das Steuergefühl mindert. Leicht und mit wunderbar viel Gefühl lässt sich der zwölf Meter lange Performance-Cruiser am Wind steuern. Und es reicht ein Hauch von Bodensee-Brise, damit die „Klippeneck“ bereits losfeuert, als ginge es darum, neue Streckenrekorde zu brechen. Zweifellos: Die Menzner-Konstruktion hat seglerisch was drauf.

Kohlefaser trifft Edelholz

Denn Sportlichkeit und Leistungsvermögen haben ebenfalls auf der Wunschliste des Eigners gestanden. Regattatauglichkeit mit Siegpotenzial gehören mit Priorität zu dessen Interpretation des perfekten Bodenseeboots. Martin Menzner hat seiner Konstruktion deshalb einen modernen, hohen und schlanken Segelplan verpasst und diesen mit einem Kohlefaserrigg von Pauger Carbon Composites mit zwei Salingen und Rod-Wanten versehen. Und passend dazu ist für die Amwind-Garderobe selbstverständlich nur hochwertige Laminat-Ware in Frage gekommen. Ein Gennaker und ein Code Zero komplettieren das Segel-Inventar von North Sails auf der „Klippeneck“. Dafür ist am Bug ein Spriet aus Kohlefaser fest angebaut. Der Rüssel dient auch als Ankerhalterung und ist – nebst Rigg, Beschlägen und Steuerrädern – eines der wenigen Kunststoffteile am Boot.

Alles andere ist aus feinstem Edelholz gefertigt, zusammengebaut auf der Werft von Wilhelm Wagner in Bodman, einem kleinen verträumten Ort am äußersten Ende des Überlinger Sees. Hier stellt der Familienbetrieb seit 1882 Schiffe aller Art her, und dies ausschließlich aus Holz. Waren es anfänglich vor allem Arbeitsboote für die Berufsfischerei, kamen später robuste Ruderboote ins Werftprogramm, die Wagner mit großem Erfolg auch heute noch in Serie baut. Später, mit der Fertigstellung des Sportboothafens in Bodman in den fünfziger Jahren, erhielt die Werft auch die ersten Aufträge für Segelyachten.

”Klippeneck” in aufwändiger und robuster Bauweise gefertigt

Seit 1982 führt Wilhelm (Willi) Wagner in nunmehr dritter Generation den traditionellen Werftbetrieb am Bodensee. Gelernt hat er sein Handwerk in der Werft von Josef Martin im benachbarten Radolfzell – seinem heutigen Hauptkonkurrenten, wenn es um die Fertigung von individuellen Einzelbauten aus Holz geht, wie aktuell der „Klippeneck“. Überdies bietet sich Wagner auch für umfangreiche Restaurationen sowie für Neubauten in Kleinserie an, unter anderem zum Beispiel die Typen Wagner 23 Classic und Sport sowie die Modelle Wagner 32 und 33, die ebenfalls in Zusammenarbeit mit Martin Menzner entstanden sind. Die Kooperation der beiden hat sich somit schon vor dem Projekt BM 40 verschiedentlich und auf breiter Basis bewährt.

Willi Wagner erstellt die Rümpfe seiner Boote in formverleimter Bauweise über einem Gerüst von Mallen aus Sperrholz. Im Fall der „Klippeneck“ heißt das: zweimal zwei Lagen Cedro-Holz (ähnlich Mahagoni, aber robuster und gleichzeitig leichter) diagonal, darüber als letztlich sichtbare Außenhaut eine Lage feinmaseriges Mahagoni längs. Die Furniere werden schichtweise aufgetackert und unter Vakuum mit Epoxidharz gegeneinander verklebt.

Als Rumpfaussteifung werden dem formverleimten Rumpf zudem Längsstringer aus Mahagoni über die ganze Rumpflänge einlaminiert, drei massive Stränge auf jeder Seite. Man würde vielleicht denken, dass die aufwändige und robuste Bauweise auch zu einem gewissen Übergewicht führen könnte. Dem ist aber nicht so – ganz im Gegenteil. Mit einer Verdrängung von nur gerade sechs Tonnen bei einem Kielgewicht von 35 Prozent ist die „Klippeneck“ deutlich leichter als viele vergleichbare Performance-Cruiser in der Klasse um zwölf Meter Rumpflänge, die meist über acht Tonnen auf die Waage bringen. Natürlich kommt der schlanke Riss auf ein geringeres Gewicht, weil für Rumpf und Deck insgesamt weniger Material eingesetzt werden muss. Aber auch beim Innenausbau spart Wagner Pfunde ein.

Ungewöhnliches und gegensätzliches Design unter Deck

So sind die Bodenbretter ebenso wie die Türchen zu Stauräumen und Schapps sowie andere Abdeckungen in der arbeits- und damit auch kostenintensiven Sandwich-Bauweise mit einem Schaumkern gefertigt. Die Teile sind so nicht nur robuster und verwindungssteifer als ihre Vollholz-Pendants, sondern eben auch deutlich leichter.

Moderne Formensprache. Das Heck mit dem ovalen Spant und der eingeschnürten Wasserlinie folgt dem aktuellen Zeitgeist Wer auf der „Klippeneck“ unter Deck geht, taucht ein in eine zunächst fremde Welt. Innen überschneidet sich nüchterne, moderne Funktionalität mit einer schon fast schwülstig wirkenden Yachtbau-Tradition. Hier stoßen mattweiß lackierte Oberflächen in hartem Kontrast an dunkles, hochglänzend lackiertes Mahagoni. Das Auge braucht ein ganzes Weilchen, um sich an den ungewohnten und gegensätzlichen Anblick zu gewöhnen.

Wenn man aber eine Zeit lang im Salon zugebracht hat, lässt sich auch dem Innenraum durchaus eine Menge Charme und Wohnlichkeit abgewinnen. Die helle, luftige und gradlinige Art hat etwas von einer ultramodernen Sommerresidenz am Mittelmeer, aber gleichzeitig auch von einem kuscheligen Ferienhaus in Dänemark. Der Eigner mag das, und natürlich bekommt er das dann auch so.

Der Ausbau im Salon ist symmetrisch mit zwei Sofakojen back- und steuerbords, dazwischen ein großer Tisch mit zwei klappbaren Platten. Spiegelbildlich auch das Layout im Vorschiff mit zwei Kojen und einem tiefen Ausschnitt zwischen den Liegeflächen. Eine weitere Doppelkabine mit zwei ebenfalls getrennten Kojen findet sich achtern auf der Backbordseite.

“Klippeneck” ist ein Hingucker am Bodensee

Dann das Bad: riesig, mit viel Platz für das, was man in Toilettenräumen zu tun pflegt, inklusive duschen. Eine Abtrennung dafür gibt es nicht. Dafür aber eine Öffnung zum Durchkriechen in die üppig große Backskiste, die man auch vom Cockpit aus erreichen kann. Darin ist ausnahmslos die komplette Bordtechnik integriert, die elektrische Verkabelung mit allen Sicherungen sowie auch die Leitungen für den Wasserkreislauf mit Zulauf zur Pantry und zum Bad. Alles ist sehr übersichtlich installiert und obendrein auch bestens zugänglich.

Etwa 7.000 Arbeitsstunden haben die Yachtbauer in Bodman in feinster, akribischer Handarbeit in die Fertigung der „Klippeneck“ gesteckt. „Dazu kommen etliche versteckte Stunden, die bei einem Einzelbau halt eben anfallen“, sagt Werftchef Willi Wagner.

Es sollte sich gelohnt haben: Denn, wo auch immer die neue Schönheit am Bodensee aufkreuzt, man wird sich danach umdrehen. Bootsbauer und Konstrukteur haben ganze Arbeit geleistet und dem Eigner ein makelloses Produkt ausgeliefert. Die Bau- und Ausbauqualitäten sind einwandfrei, ein Handwerk von erster Güte. Das Schiff ist wie ein Maßanzug dem Besitzer auf den Leib geschneidert – damit es letztlich auch wirklich passt.

Technische Daten der “Klippeneck”

  • Konstrukteur: Berckemeyer Yacht Design/M. Menzner
  • Rumpflänge: 12,20 m
  • Wasserlinienlänge: 11,25 m
  • Breite: 3,40 m
  • Tiefgang: 2,20 m
  • Gewicht: 6,0 t
  • Segelfläche am Wind: 96,0 m²
  • Maschine (Yanmar): 21 kW/29 PS
 | Zeichnung: Berckemeyer Yacht Design | Zeichnung: Berckemeyer Yacht Design

Weitere besondere Boote:

Meistgelesen in der Rubrik Yachten