Der lange Schwell kommt von der einen Seite, der Wind von der anderen. Das gibt es häufig an der Küste Liguriens. Dazu fällt Regen. Es herrschen also denkbar ungünstige Bedingungen für den Test der neuen Bavaria Cruiser 46 vor Loano in Norditalien. Aber immerhin: Wind ist da. Zwölf Knoten ermittelt die Windmessanlage im Durchschnitt. Mal mehr, mal weniger.
Unter solchen Verhältnissen hilft nur eins: jede Menge Twist in die Segel und versuchen, die Wellen sauber auszusteuern. Das klappt auf der Cruiser 46 auch ganz prima. Mit den doppelten, zweiseitig geführten Schottaljen kann das Großsegel mit dem Baum zur Mitte oder gar etwas nach Luv gezogen werden, ohne dass es oben zu stark schließt. Dies verlangt zwar nach etwas Arbeit an den Winschen am Niedergang, ersetzt aber in Kombination mit dem kräftigen Baumniederholer die Traveller-Funktion.
Zudem zeigt sich auch die Steuerung den anspruchsvollen Bedingungen durchaus gewachsen. Die voluminöse und deshalb auch optisch eher behäbig wirkende Bavaria lässt sich spielend durch das konfuse Wellenbild lenken, zeigt gute Reaktionen im Manöver und setzt sauber ein. Dafür sind die Bavaria-Rümpfe aus dem Hause von Farr Yacht Design mittlerweile auch hinlänglich bekannt. Trotzdem lassen sich aufgrund der schwierigen Verhältnisse im Test keine verlässlichen Messwerte bezüglich gesegelter Höhe am Wind und Geschwindigkeiten ermitteln. Für das Datenblatt auf der nächsten Doppelseite müssen deshalb die theoretisch errechneten Leistungswerte nach VPP (Velocity Prediction Program) bemüht werden.
Im Zuge der umfangreichen und sehr konsequent durchgeführten Kompletterneuerung von Bavarias Cruiser-Programm ist auch die neue 46er „nur“ eine Überarbeitung auf Basis der Cruiser 45 aus dem Jahr 2010 (Test in YACHT 13/2010). Die Themen der Auffrischung bleiben im Wesentlichen wie gehabt: gleicher Rumpf mit denselben Anhängen, unverändertes Riggkonzept, aber neues Deck mit einem umgeformten Cockpit, gefälligere Optik mit größeren Fenstern sowie eine Menge von Anpassungen und Verbesserungen unter Deck.
Für die Cruiser 46 standen insbesondere Anpassungen im Cockpit im Lastenheft. Die neue Plicht sollte im Zug der Erneuerung so breit wie möglich werden. Dafür fällt das Süll jetzt etwas weniger wuchtig aus, aber gerade noch breit genug, damit die Antriebe für die optional erhältlichen Elektrowinschen darin Platz haben. Und die innenliegenden Flanken der Sülls sind deutlich steiler geworden, dazu ist der Knick weg. Im Cockpit sitzt man deswegen jetzt weniger bequem als beim Vorgängermodell. Dafür sind die Duchten nach vorn in L-Form ausgeführt. Im Hafen könnten so zwei Personen mehr draußen sitzen.
Für ein einfacheres Handling der schweren Rettungsinseln sind jetzt die Backskisten anders ausgeschnitten. Der Deckel öffnet das Staufach nun bis zum Cockpitboden. Fender, Festmacher und Badeutensilien finden dagegen in einem großen Staukasten im Heck Platz.
Unverändert bleibt die Badeplattform. Nur die elektrischen Antriebe werden auf dem neuen Serienschiff ersetzt durch einen Schotzug über eine kaptive Winsch, eingebaut in der Backskiste. Der Antrieb soll die Heckbühne künftig schneller hochholen und auch weniger anfällig sein für Defekte, etwa durch eine Kollision mit der Mole beim Rückwärtsanlegen oder durch Wellenschlag in der Badebucht.
In der Annahme, dass die Cruiser 45 vorwiegend im Chartermarkt Absatz findet, ist für das Interieur vorerst keine Layout-Variante mit nur einer Achterkabine und großer Backskiste erhältlich – bei den meisten Booten der direkten Konkurrenz übrigens auch nicht. Eigner auf Langfahrt werden die Möglichkeit nutzen, eine der beiden symmetrischen Kabinen ausschließlich als Stauraum zu nutzen.
Varianz bietet die Bavaria Cruiser 46 dagegen im Vorschiff, wo sich die Eignerkabine mittels eines flexiblen Schottsystems in zwei getrennte Kabinen mit jeweils separatem Zugang unterteilen lässt. Die trennenden Wände sollen im Handumdrehen ein- und ausgebaut sein, sagen die Werftvertreter.
Bleibt es beim Standardausbau mit nur einer Kabine im Vorschiff, freuen sich die Eigner über außergewöhnlich großzügige Platzverhältnisse und über ein enormes und vor allem gut erreichbares Stauraumangebot in großen Schränken sowie unterhalb der Kojenfläche. Das Bad im Vorschiff ist räumlich getrennt: einerseits ein Waschraum mit WC, andererseits eine Nasszelle nur mit Duschfunktion. Allerdings fehlt es in sämtlichen Nassbereichen an Belüftung, auch in den beiden Toilettenräumen achtern. Zudem fallen die WC-Schüsseln schmerzlich klein aus.
Die Pantry im Salon ist als eine lange Zeile seitlich ausgeführt, eine Anordnung, die mittlerweile etwas aus der Mode gekommen ist und deshalb vom Wettbewerb meist nur als Layout-Alternative angeboten wird, wenn überhaupt. Auf der Cruiser 46 ist dieses Arrangement allerdings der Standard, der angehende Eigner kann nicht wählen. Der Vorteil der langen Küchenzeile: mehr Stauräume, mehr Arbeitsfläche und eine bessere Integration der wichtigen Pantry-Funktion in das Leben an Bord.
Als Sicherheit zum Anlehnen unterwegs dient jetzt eine zentrale Kücheninsel anstelle des Hockers mit der hohen Rückenlehne. Das Möbel steht auf dem Testschiff allerdings dafür noch ein wenig wackelig.
Gänzlich weggefallen beziehungsweise umfunktioniert ist die Navigation. Kartenmaterial findet jetzt im aufklappbaren Salontisch Platz. Ein logischer Schritt: Für das Studium von Seekarten war die Fläche der bisherigen Navigation ohnehin deutlich zu klein, zudem wird heute ja fast nur noch mit Plotter gearbeitet.
Überzeugen kann das Interieur der neuen Bavaria mit einer sauberen Bauqualität. Nicht nur die Holzarbeiten gefallen, auch bedienen sich die Giebelstädter für Beschläge und Armaturen durchweg aus der Schublade für höherwertige Anbauteile. Der Fußboden mit Laminat über Sperrholz wird schwimmend auf einem Montageboden verlegt. Damit fallen die Spaltmaße der Bodenbretter kaum sichtbar aus, und das Knarzen unter Belastung gehört endlich der Vergangenheit an.
Mit einem Grundpreis von 330.582 Euro kann sie preislich zwar immer noch vorlegen. Allerdings schließt sich die Lücke zur Konkurrenz allmählich.
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Vom Typ Cruiser 46 hat Bavaria Yachtbau schon einige Boote verkaufen können. Viele davon gehen vorab in den Chartermarkt. Aber auch für Privatleute ist das Boot interessant. Für einen attraktiven Preis bekommen Eigner ein komplettes und gut funktionierendes Gesamtpaket.
Grundsolide Gesamtkonstruktion
Unbequemes Sitzen im Cockpit
Keine Alternative mit zwei Kabinen
Effiziente Trimm-Möglichkeiten
Angenehmes Verhalten in der Welle
Enormes Stauraumangebot
Getrennte Nasszelle vorn
Lange Küchenzeile seitlich
Große Badeplattform
Perfekt eingerichtete Segellast
Schlechte Ventilation in den Bädern
GFK-Konstruktion im Handauflageverfahren, teilweils im Sandwich gebaut mit Schaumkern.
Bavaria Yachtbau, 97232 Giebelstadt, www.bavaria-yachtbau.com
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Der Test erschien erstmalig 2013 und wurde für diese Onlineversion überarbeitet.