Ein Wesenskern der Vereinsaktivitäten ist es, den seglerischen Nachwuchs auf Hochseereisen auszubilden. Das geschieht seit 1992 auf dem Flaggschiff “Peter von Danzig”. Die 55-Fuß-Hochseeyacht wurde nach einer Konstruktion von Georg Nissen bei den Thyssen Nordseewerken in Emden gebaut und seither auf kaum mehr zu zählenden Seemeilen über blaues Wasser erfolgreich eingesetzt.
Doch die selbstgesetzten Ansprüche des Vereins lassen Überlegungen über zeitgemäßen Ersatz laut werden. ASV-Vorsitzender Owe Jessen will mit seinen Mitgliedern dafür sorgen, dass in seinem Verein auch weiterhin Studierende im Hochseesegeln ausgebildet werden können. Im Gespräch mit YACHT online verrät der 50-Jährige, wie konkret die Pläne sind.
Owe Jessen: Nein, aber das Schiff ist jetzt über 30 Jahre alt und wir müssten ein großes Refit machen. Dabei würden wir sehr viel Geld, Zeit und Aufwand investieren, und den alten Rumpf behalten. Und 10, 15 Jahre später stünden wir vor der gleichen Situation. Deswegen haben wir beschlossen, das große Projekte jetzt anzugehen.
Es gibt ja nur drei Möglichkeiten, man kann ein Gebrauchtboot kaufen, ein neues Serienboot, oder ein One-Off bauen lassen. Wir haben uns in den vergangenen eineinhalb Jahre den Markt genau angeschaut und uns dazu entschlossen, ein Boot nach unseren Wünschen neu bauen zu lassen, so wie wir das mit dem heutigen „Peter von Danzig“ damals auch gemacht haben.
Wir sind mit Designern und Werften im Gespräch und kurz davor zu entscheiden, mit wem wir das Projekt umsetzen.
Das Ziel ist es, ein ähnlich großes Schiff, so um die 55 Fuß, mit zeitgemäßeren Segeleigenschaften zu bekommen, aber den sehr wohnlichen Charakter des jetzigen „Peter“ zu behalten. Es soll beispielsweise weiterhin möglich sein, mit der zwölfköpfigen Crew am Salontisch zu sitzen und es soll für alle Platz im Cockpit sein. Wir haben außerdem ein Lastenheft entwickelt, das Vorgaben enthält wie etwa die maximale Durchfahrtshöhe von 26 Metern oder zwölf feste Kojen.
Das Segeln selbst soll effizienter und dabei auch etwas einfacher werden. Möglichst ohne die vielen Vorsegel einer Kuttertakelung. Was sich wirklich gut bewährt hat, ist das Innenlayout mit den Kabinen, der erwähnte Salon, und die vielen Staumöglichkeiten. Wir können ja für zwölf Leute Proviant stauen, der sechs Wochen lang ausreicht. Trotzdem wollen wir gerne den Geschwindigkeitsvorteil, den eine modernere Rumpfform hat, um größere Etmale zu schaffen.
Wir versuchen, alle Mitglieder mitzunehmen. Es wurden alle Alternativen dargestellt und alle, die sich interessieren, können in einer Arbeitsgruppe mitwirken. Daneben haben die bewährten Gremien ein Mitspracherecht und am Ende versuchen wir, über die Mitgliederversammlung die notwendigen formalen Beschlüsse zu erwirken.
Also der erste Schritt ist natürlich, einen Entwurf zu entwickeln, mit dem wir die Mitglieder ansprechen können, um die Finanzierung anzugehen. Der ASV finanziert sich ja ganz überwiegend selbst. Wir haben Rücklagen, daneben müssen wir aber auf Spendenbereitschaft setzen. Dafür brauchen wir ein überzeugendes Konzept für ein neues Schiff, mit dem die Studierenden auch in Zukunft noch diese großen, tollen Reisen in die ganze Welt machen können. Das ist unser erster Schritt. Bis Ende des Jahres wollen wir so konkrete Pläne haben, dass man damit zu einer Werft gehen kann, um einen Kostenvoranschlag zu bekommen.
Ja, und wenn es perfekt laufen würde, wäre es Ende 2027 möglich, in die Bauphase einzusteigen. Mit dem fertigen Schiff rechne ich nicht vor 2030.
Wir brauchen nicht, wie Traditionssegler oder Kojencharterschiffe, ein Sicherheitszeugnis mit entsprechenden Begehungen durch die BG Verkehr. Aber wir haben selbst sehr hohe vereinseigene Sicherheitsstandards, die der Neubau erfüllen muss. Wir orientieren uns dabei an den ORC-Special-Regulations, und da gibt es in den Bauvorschriften viele Vorgaben, die einzuhalten sind, etwa die Anzahl der Luken und Wasserstanks.
Auch intern. Zum Ende einer laufenden Saison erfolgt eine Begehung und die Abnahme durch unseren Schifferrat. Der macht dann Auflagen für das nächste Jahr. Etwa wenn ein Seeventil nicht mehr gut aussieht, oder am Motor etwas zu tun ist. So eine Begehung dauert mehrere Stunden, und beinhaltet gegebenenfalls auch eine sogenannte Werkstattfahrt.
Das Schiff war für manche Mitglieder ein emotionaler Anker, eine gedankliche Brücke in die Vorkriegszeit und die Heimatstadt Danzig…
Natürlich gibt es auch Stimmen, die am Bewährten festhalten wollen. Aber wir konnten schon viele derer, die anfangs ganz stark für ein Refit waren, überzeugen. Jedenfalls, soweit ich das wahrnehme - wir haben ja ein Verein mit 400 Mitgliedern und ich habe nicht mit allen gesprochen. Wir haben aber eine schriftliche Abstimmung unter allen Mitgliedern gemacht und da haben die meisten gesagt, wir wollen ein neues Schiff.
auch dieser „Peter von Danzig“ ist sicher für viele Mitglieder ein Stück Heimat. Für mich auch. Ich bin ja monatelang auf dem Schiff gewesen und ich weiß, wenn ich an Bord gehe, komme ich nach Hause. Aber jetzt ist es das Ziel, ein Schiff für uns zu finden, dass ein neues Zuhause wird. So, wie es mit diesem Anfang der 1990er Jahre ja auch gelungen ist. Dabei können Emotionen eine Stärke sein.
Weil sie etwa dabei helfen, die einfache Art zu bewahren, wie wir segeln. Dass man weiterhin bei sechs Windstärken mit mehreren nach vorne muss, um Segel zu wechseln - und hinterher sind alle nass. Hinzu kommt, dass viele Mitglieder den Übergang zum heutigen „Peter“ noch gut erinnern können. Man hat schon einmal erlebt, dass es auch emotional gelingt, von einem alten Schiff auf ein Neues zu gehen und daher, denke ich, haben wir auch die meisten dafür gewinnen können, das wieder zu tun.
Das begann schon mit der Jungfernfahrt 1992, die führte in die Karibik. Dann sind sie 1995 nach Grönland gefahren, das war sicher auch etwas Besonderes. In den Jahren 1996 bis 1997 nahm der „Peter“ an der Hongkong Challenge statt, eine Regatta auf der Barfußroute um die Erde. Im Jahr 2000 wurde, schon fast etwas gewöhnlich, eine Atlantikrunde gesegelt. Und 2002 bis 2003 folgte eine Karibikreise mit abschließender Teilnahme an der Daimler-Crysler-Nordatlantik-Challenge. Danach gab es noch mehrere Atlantik-Reisen, teilweise mit Überwinterung in der Karibik, und 2017 eine Kanada-Reise. Aber auch in den Jahren ohne großen Hochseetörn wurde der „Peter“ immer sechs bis acht Wochen auf Ausbildungsreise.
Der zu erwartende Erlös ist keine entscheidungsbelebende Größe dabei, nein. Es wäre schön, wenn sich jemand damit einen Herzenswunsch erfüllen würde wie es jetzt mit der „Bank von Bremen“ geschehen ist oder wie es ganz besonders herausragend Christoph von Reibnitz mit dem ersten „Peter von Danzig“ gemacht hat.
Wenn ich mir anschaue, was Serienboote in einer vergleichbaren Größe kosten, sind es 2 bis 3 Millionen Euro. Ein Einzelbau ist aber teurer, denn es wird ja extra für uns eine Form gebaut werden müssen. Außerdem würden wir gerne in Deutschland bauen, wenn es sich irgendwie darstellen lässt, und dann kommt eins zum anderen…
Darüber möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts verraten. Nur so viel, dass es auf das gute Zusammenwirken von Konstrukteur und Werft ankommt, und darauf, dass beide auch mit den Eigenheiten eines Vereins als Auftraggeber zurechtkommen müssen. Das schränkt die Wahl schon sehr ein.