Jochen Rieker
· 22.04.2020
Beharrlich, aber leise hat sich der Deutsche Segler-Verband bisher um die Abwendung faktischer Segelverbote gekümmert. Jetzt droht er erstmals Klagen an
Auf diplomatischer Ebene würde man von einem Eklat sprechen. Mit unmissverständlichen Worten hat der DSV-Vizepräsident und Syndikus Andreas Löwe gestern gegenüber dem baden-württembergischen Sportministerium eine umgehende Aufhebung der Hafensperren am Bodensee gefordert.
Die jüngste Änderung der Corona-Verordnung in dem Bundesland vom 17. April habe "die völlig unakzeptable Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 5a unverändert gelassen", wonach ein generelles Ein- und Auslaufverbot besteht. Auch Lockerungen ab dem 4. Mai, wie etwa in Schleswig-Holstein angekündigt, würden darin "nicht in Aussicht gestellt". Und schärfer noch: "Die Landesregierung kommuniziert nicht."
Der Konstanzer DSV-Vize führt auch aus, welche Folgen die anhaltenden Verbote finanziell bedeuten:
"Neben den individuellen Interessen der einzelnen Sportler sind auch die Vereine durch diese ebenso überflüssige wie unsinnige Regelung wirtschaftlich betroffen. Nicht genug, dass kein Trainings- und Wettkampfbetrieb stattfinden kann, wird der individuelle Sport untersagt und damit den Vereinen ein Großteil ihrer wirtschaftlichen Grundlage, der Liegeplatzbeiträge, entzogen."
Wegen der "Absurdität der Regelung", wonach im Schweizer stets, im österreichischen Teil des Bodensees seit Ostern wieder gesegelt werden darf, auf deutscher Seite jedoch nicht, wachse der Unmut unter den Seglern. Die Stimmung sei "bereits gekippt", so Löwe. Von "zunächst verständnisvollem Murren zu erheblicher Verärgerung" sei man inzwischen "bei offener Wut angelangt". Zahlreiche E-Mails belegten dies "eindrücklich".
Unverhohlen droht Löwe in seinem Schreiben an die Sportministerin Susanne Eisenmann mit einer Klage. Es ist das erste Mal, dass sich der DSV derart klar und hart positioniert:
"Zwischenzeitlich werden wir unmissverständlich dazu aufgefordert, ... gerichtlich gegen diese willkürliche Ungleichbehandlung (Art. 3 GG) vorzugehen. Und wir werden diesen Forderungen in den nächsten Tagen nachgeben müssen. ... Weder der Landessportverband Baden-Württemberg noch der DSV kann seinen Mitgliedern die Situation noch vermitteln. Ein Zuwarten bis zum 03.05.2020 in der Hoffnung, dass etwas geschieht, ist nicht mehr zumutbar."
Lesen Sie dazu in der neuen YACHT 10 den ausführlichen Report über das Regelungs-Chaos, das seit März bundesweit Wassersportler verunsichert und teils massiv verärgert hat. Darin nimmt Andreas Löwe, neben anderen, auch zu dem Hin-und-her lokaler Auslegungen am Bodensee Stellung, die schließlich zu den generellen Hafensperrungen führten. Die Ausgabe, die einen 32-seitigen Brennpunkt Corona enthält, ist von Freitag an bei den Abonnenten und ab Mittwoch, den 29. April, im Zeitschriftenhandel erhältlich.